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US-Rating unter Druck: Schuldenlast, politische Einflussnahme und die Rolle der Fed
Von Dr. Oliver Everling | 21.August 2025
Das Rating der USA ist seit Jahrzehnten ein zentraler Indikator für die Stabilität des globalen Finanzsystems, doch angesichts der jüngsten Entwicklungen wird es zunehmend kritisch hinterfragt. Ratingagenturen bewerten nicht nur die ökonomische Stärke, sondern auch die Fähigkeit und den politischen Willen eines Staates, seine Verbindlichkeiten zu bedienen. In den Vereinigten Staaten rückt dabei die eskalierende Verschuldungssituation stärker in den Fokus. Wie Carsten Mumm betont, ist „die US-Staatsverschuldung zuletzt auf ein Rekordniveau von mehr als 37 Billionen Dollar, oder rund 120 Prozent bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt gestiegen.“ Dieser Wert verdeutlicht, dass die Vereinigten Staaten längst nicht mehr durch unbegrenzte fiskalische Handlungsfreiheit abgesichert sind, sondern strukturelle Risiken aufgebaut haben, die sich in einem schwächeren Rating niederschlagen könnten.
Carsten Mumm ist Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL. Als anerkannter Kapitalmarkt- und Konjunkturexperte kommentiert er regelmäßig geld- und wirtschaftspolitische Entwicklungen und ordnet deren Auswirkungen auf Finanzmärkte und Realwirtschaft ein. Seine Einschätzungen genießen Gewicht, da sie sowohl die kurzfristigen Markterwartungen als auch die langfristigen ökonomischen Strukturen berücksichtigen.
Ein wesentlicher Aspekt ist die wachsende Abhängigkeit von kurzfristigen Staatsanleihen. „Ein Großteil davon wurde in den letzten Jahren über kurzfristige Staatsanleihen refinanziert und muss daher in den kommenden Monaten zu höheren Zinskonditionen verlängert werden“, heißt es in der Analyse. Das bedeutet, dass jede geldpolitische Entscheidung der Federal Reserve direkte Auswirkungen auf die Tragfähigkeit der US-Staatsfinanzen hat. Der offen ausgetragene Konflikt zwischen Präsident Trump und Fed-Chef Jerome Powell hat diese Verflechtung noch verschärft. Mumm beschreibt den Druck aus Washington klar: „Es werden offen und teils in sehr unqualifizierter Weise deutliche Leitzinssenkungen gefordert, offiziell um der absehbaren konjunkturellen Abkühlung in den USA entgegenzuwirken. Der wichtigere Grund dürfte jedoch die desolate Haushaltslage des Staates sein.“
Genau hier beginnt die Gefahr für das US-Rating. Ratingagenturen achten nicht nur auf ökonomische Kennzahlen, sondern auch auf institutionelle Stabilität. Wenn der Eindruck entsteht, dass die unabhängige Notenbank nicht mehr allein datengetrieben, sondern politisch beeinflusst entscheidet, untergräbt dies das Vertrauen in die fiskalische Verlässlichkeit des Landes. Zudem sprechen die ökonomischen Daten gegen eine sofortige Zinssenkung. „Die Inflation lag im Juli mit 2,7 Prozent jedoch noch deutlich über dem Ziel von 2 Prozent“, während gleichzeitig die Löhne und Produzentenpreise weiter steigen. Ein solches Umfeld deutet auf nachhaltigen Inflationsdruck hin, den eine vorschnelle Lockerung der Geldpolitik nur verschärfen würde.
Ein schwächeres Rating für die USA hätte weitreichende Folgen. Schon eine kleine Abwertung könnte Investoren verunsichern und die Refinanzierungskosten weiter steigen lassen. Gleichzeitig würde der Dollar als Weltleitwährung unter Druck geraten, was globale Kapitalströme verschiebt und Schwellenländer destabilisieren könnte. Kurzfristig mag die Aussicht auf niedrigere Zinsen die Aktienmärkte stützen, doch langfristig ist entscheidend, ob die USA das Vertrauen in ihre fiskalische Stabilität bewahren können. Wenn der politische Druck auf die Fed weiter zunimmt und die Verschuldungsdynamik nicht eingedämmt wird, erscheint eine Herabstufung der Bonität nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich. Damit stünde das Fundament der weltweiten Finanzarchitektur auf wackeligeren Beinen, als es der Glanz der US-Wirtschaft momentan vermuten lässt.
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