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Euro-Konjunktur: Dämpfer zum Jahresende
Von Dr. Oliver Everling | 16.Dezember 2025
Der einst von der Koalition aus CDU, CSU und SPD angekündigte „Herbst der Reformen“ fällt in eine Phase erhöhter wirtschaftlicher Unsicherheit im Euro-Raum und wird aus Sicht des Credit Ratings vor allem daran zu messen sein, ob er strukturelle Schwächen glaubwürdig adressiert hat. Die in diesem Artikel aufgegriffenen Einschätzungen und Argumentationslinien gehen auf Analysen der Eyb & Wallwitz Vermögensmanagement GmbH zurück, insbesondere auf Einschätzungen von Dr. Johannes Mayr, Chefvolkswirt des Hauses.
Ausgangspunkt ist die zuletzt eingetrübte Stimmung der Unternehmen im Euro-Raum. Der Einkaufsmanagerindex für die Gesamtwirtschaft ist im Dezember nach mehreren Anstiegen erstmals wieder gesunken und signalisiert trotz eines Niveaus oberhalb der Expansionsschwelle eine nachlassende Dynamik. Zwar dürfte die Wirtschaftsleistung im vierten Quartal noch deutlich zugelegt haben, doch haben sich die Zweifel an der Nachhaltigkeit dieser Belebung wieder verstärkt. Die Eintrübung zeigt sich sowohl bei den Dienstleistern als auch in der Industrie und betrifft insbesondere die großen Volkswirtschaften Deutschland und Frankreich.
Für die Bonitätsbewertung ist diese Entwicklung von zentraler Bedeutung, da sie verdeutlicht, dass konjunkturelle Erholung allein nicht ausreicht, um die mittelfristigen Wachstumsperspektiven zu sichern. Wie Dr. Johannes Mayr betont, ist der jüngste Rückgang der Stimmungsindikatoren „ein weiterer Fingerzeig, dass die Zeit überreif ist für mutige Reformschritte, sowohl auf nationaler Ebene als auch auf Ebene des Euro-Raums und der EU“. Aus Ratingsicht erhöht sich damit der Handlungsdruck auf die Politik, Reformen nicht nur anzukündigen, sondern zügig umzusetzen.
Gleichzeitig deuten die Daten darauf hin, dass der geldpolitische Druck begrenzt bleibt. Trotz eines etwas gestiegenen Preis- und Kostendrucks erscheinen Spekulationen über baldige Zinsanhebungen verfrüht. Dies verschafft den öffentlichen Haushalten und der Reformpolitik kurzfristig Spielraum. Zudem profitiert Europa derzeit von einem verstärkten Zufluss ausländischen Kapitals, was die Ausgangslage für strukturelle Anpassungen verbessert.
Aus Sicht des Credit Ratings ist dieses Zeitfenster jedoch eng begrenzt. Die von Eyb & Wallwitz hervorgehobene Reformagenda zielt darauf ab, das Arbeitskräftepotenzial zu erhöhen, die Innovationskraft zu stärken und die europäische Integration voranzubringen. Gelingt dies, kann der angekündigte Reformherbst einen positiven Beitrag zur langfristigen Kreditqualität leisten. Verzögerungen oder politische Blockaden würden dagegen die bestehenden Zweifel an der Tragfähigkeit der wirtschaftlichen Erholung verstärken, zumal sich mit Blick auf die ab 2027 anstehenden Wahlen in mehreren großen EU-Staaten das politische Umfeld absehbar verkomplizieren dürfte.
Themen: Länderrating, Ratings | Kommentare deaktiviert für Euro-Konjunktur: Dämpfer zum Jahresende
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