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Aufwertung des Euro bald am Ende

Von Dr. Oliver Everling | 7.Juli 2017

„Seit Jahresbeginn hat der Euro gegenüber dem Dollar um 7 Prozent aufgewertet. Ende Juni wurde der höchste Stand gegenüber der US-Währung seit 13 Monaten erreicht. Stärke des Euro oder Schwäche des Dollar?“ Das fragt Axel D. Angermann – er analysiert als Chef-Volkswirt der FERI Gruppe die konjunkturellen und strukturellen Entwicklungen aller für die Asset Allocation wesentlichen Märkte.

Für beide Sichtweisen sieht Angermann gute Argumente. „Für eine relative Schwäche des Dollar sprechen derzeit vor allem zunehmende Zweifel an der generellen Handlungsfähigkeit der amerikanischen Regierung. Offenbar rechnen die Marktteilnehmer nicht mehr mit einer schnellen Umsetzung einer Steuerreform oder anderer konjunkturstimulierender Maßnahmen seitens der Trump-Regierung und verfolgen zunächst eine Strategie des Abwartens. Zudem deuten die aktuellen Konjunkturindikatoren nicht gerade auf ein besonders kräftiges Wachstum in den kommenden Monaten hin.“

Für eine Euro-Aufwertung aus eigener Kraft spricht nach Ansicht der Analysten aus Bad Homburg die verbesserte konjunkturelle Lage im Euroraum und das Ende politischer Unsicherheit nach dem eindeutigen Votum für Emanuel Macron bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Frankreich. Auch die Erwartung, dass die EZB damit beginnen könnte, aus der ultraexpansiven Geldpolitik auszusteigen, spielt hier eine Rolle.

„Die genannten Faktoren dürften nun allerdings im Wechselkurs des Euro zum Dollar weitgehend eingepreist sein. Dass der Euro jetzt noch weiter deutlich aufwertet,“ warnt Angermann, „ist daher unwahrscheinlich. Zwar dürfte der konjunkturelle Rückenwind im Euroraum eine Weile anhalten. Doch die strukturellen Probleme und die Heterogenität der wirtschaftlichen Entwicklung zwischen den einzelnen Ländern sind nicht verschwunden. Und auch wenn die Chancen für eine Erneuerung in Europa mit dem Wahlsieg Macrons gestiegen sind, wird der Weg dorthin schwierig sein und viel Zeit beanspruchen.“

Eine weitere Prüfung sieht Angermann für den Euro in den Parlamentswahlen in Italien. „Spätestens im Frühjahr 2018 entscheidet sich dort, ob es den populistischen Kräften gelingt, genügend Stimmen für ein Referendum über den Verbleib Italiens in der Währungsunion zu sammeln. Selbst wenn dieses Szenario nicht die größte Wahrscheinlichkeit haben mag, bleibt es doch eine latente Gefahr und steht im deutlichen Kontrast zur aktuellen Sorglosigkeit an den Märkten.“

Gegen eine Fortsetzung der Euro-Aufwertung spreche auch die im Vergleich zu den USA schwächere Wachstumsdynamik. Auch wenn sich der Abstand deutlich verringert habe, sei die US-Wirtschaft auch ohne zusätzliche Stimulierung mittels einer Steuerreform oder ähnlichem robuster als die des Euroraums.

„Vor allem aber wird in den Märkten derzeit die Tatsache unterschätzt, dass die Fed ihren Zinserhöhungszyklus fortsetzen wird, während die Leitzinsen im Euroraum noch längere Zeit bei Null bleiben dürften. Die an den Märkten derzeit herrschende Erwartung,“ so Angermann, „dass die Fed bis Ende des Jahres 2018 nur zwei weitere Zinsschritte unternimmt, könnte sich schnell als falsch herausstellen.“

Nehme man alle diese Faktoren zusammen, spreche vieles dafür, dass der Aufwertungstrend des Euro bald ein Ende findet und der Wechselkurs am Ende des Jahres spürbar niedriger sein wird als derzeit. Ein Drama wäre dies freilich nicht, schließlich gehen von einem schwächeren Euro noch einmal positive Wirkungen auf die Exporte und damit auf die Konjunktur im Euroraum aus.

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