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Credit Ratings und Aktienstrategien: Auf der Suche nach dem Burggraben
Von Dr. Oliver Everling | 19.August 2025
Credit Ratings und die in einem Kommentar von Bertrand Cliquet, Portfoliomanager der Strategien Lazard Global Listed Infrastructure und Global Equity Franchise, beschriebenen Kriterien für Infrastruktur- und Franchise-Investitionen teilen eine bemerkenswerte Gemeinsamkeit: Beide Systeme beruhen auf der Fähigkeit, Erträge und Risiken langfristig verlässlich einzuschätzen. So wie Ratingagenturen die Bonität eines Schuldners anhand stabiler Cashflows, planbarer Geschäftsmodelle und widerstandsfähiger Marktpositionen bewerten, orientieren sich auch die beschriebenen Strategien an Unternehmen, deren Ertragskraft vorhersehbar ist. Cliquet betont hierzu: „Beide Strategien – Infrastruktur und Franchise – eint ein gemeinsames Prinzip: Investitionsziele sind Unternehmen, deren Erträge sich gut prognostizieren lassen.“
Damit zeigt sich eine klare Parallele: Ratings spiegeln das Vertrauen in die zukünftige Zahlungsfähigkeit wider, während Investoren bei Infrastrukturwerten oder Franchise-Unternehmen auf Geschäftsmodelle setzen, die durch Regulierungen, Monopolstellungen oder starke Marken gegen externe Schocks abgesichert sind. Die Idee des ökonomischen „Burggrabens“, der Marktführer durch Skaleneffekte, Netzwerkeffekte oder hohe Wechselkosten schützt, entspricht funktional den Faktoren, die auch für ein starkes Kreditprofil entscheidend sind. Unternehmen mit solchen Vorteilen erhalten bessere Ratings, weil ihre Fähigkeit zur Schuldentilgung als besonders belastbar eingeschätzt wird.
Auch die Bedeutung makroökonomischer Rahmenbedingungen schafft Gemeinsamkeiten. Cliquet beschreibt den aktuellen Rückenwind für europäische Versorger durch Investitionsprogramme in Netzausbau, Energiewende und Versorgungssicherheit: „Für Versorger bedeutet das: stabile, inflationsgeschützte Renditen auf eine wachsende Anlage-Basis.“ Genau dieser planbare Cashflow ist es, den Ratingagenturen positiv berücksichtigen, wenn sie langfristige Bonitätseinschätzungen vornehmen.
Ebenso weisen die Risiken in beiden Systemen Parallelen auf. Ein niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis oder eine scheinbar defensive Marktstellung reichen nicht aus, wenn strukturelle Veränderungen die Fundamentaldaten aushöhlen. Cliquet mahnt: „Ein niedriges KGV ist nur dann ein Kaufargument, wenn der Ertragsstrom nachhaltig ist.“ Dieselbe Logik gilt bei Ratings: eine formale Kennzahl wie Verschuldungsgrad oder Zinsdeckungsgrad erhält nur dann Gewicht, wenn die Stabilität des Geschäftsmodells die Zahlen untermauert.
Damit wird deutlich, dass sowohl bei Kreditratings als auch bei der Auswahl von Infrastruktur- und Franchise-Investments nicht der kurzfristige Marktpreis im Vordergrund steht, sondern die nachhaltige Qualität und Widerstandskraft der Ertragsbasis. Beide Systeme bieten Anlegern Orientierung, indem sie nicht nur Risiken abbilden, sondern auch die Vorhersehbarkeit und Zuverlässigkeit künftiger Rückflüsse ins Zentrum stellen.
Themen: Aktienrating, Anleiherating | Kommentare deaktiviert für Credit Ratings und Aktienstrategien: Auf der Suche nach dem Burggraben
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