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Digitaler Euro als strategisches Zukunftsprojekt digitaler Finanzsouveränität

Von Dr. Oliver Everling | 3.Dezember 2025

Auf der Handelsblatt-Tagung BankenTech 2025 rückte eines der strategisch wichtigsten Projekte für Europas finanzielle Zukunft ins Zentrum: der digitale Euro. Im Gespräch mit Elisabeth Atzler, Bankenkorrespondentin des Handelsblatts, erläuterte Dr. Heike Winter, Bereichsleiterin Analyse, Policy und Ökosystem Digitaler Euro bei der Deutschen Bundesbank, warum es dabei um weit mehr geht als nur um ein zusätzliches Zahlungsmittel. Der digitale Euro ist ein geopolitisches und wirtschaftliches Schlüsselprojekt, das Europas digitale Finanzsouveränität stärken soll – in einer Welt, in der große Technologiekonzerne und ausländische Zahlungssysteme zunehmend Infrastruktur und Standards bestimmen.

Warum Europa einen digitalen Euro braucht, wie eine solche Form digitalen Zentralbankgelds im Alltag funktionieren könnte und welche Rolle Banken künftig in diesem neuen Ökosystem einnehmen werden, darüber sprach Winter mit präziser Klarheit. Ihr Beitrag setzte einen zentralen Akzent im Programm der BankenTech 2025: Er machte deutlich, dass technologische Innovation im Finanzsektor nur dann nachhaltig sein kann, wenn sie auf einem souveränen, stabilen und vertrauenswürdigen Fundament aufbaut – und genau dieses Fundament soll der digitale Euro schaffen.

Souveränität, Effizienz und Resilienz – das sind nach Winter die drei zentralen Schlagworte, die den digitalen Euro begründen. Es soll ein Zahlungsmittel entstehen, das im gesamten Euroraum digital nutzbar ist und auch in Notsituationen funktionsfähig bleibt. Resilienz stand anfangs nicht im Mittelpunkt, rückte jedoch insbesondere durch die baltischen Staaten stärker in den Fokus, die die Offline-Fähigkeit als unverzichtbares Element der Krisenvorsorge betrachten.

Anpassungen werden notwendig sein, unter anderem im Blick auf Drittdienstleister, das sogenannte Wasserfallmodell und das Haltelimit – alles Punkte, über die der EU-Rat noch entscheiden muss. Winter geht jedoch nicht davon aus, dass die EU-Finanzminister ECOFIN-Rat „Wirtschaft und Finanzen“ am 12. Dezember 2025 das Haltelimit bereits in dieser Phase mit einer konkreten Zahl festlegen werden.

Winter erläuterte zudem, dass PayPal seine Banklizenz nicht in gleicher Weise für den Zahlungsverkehr nutzt wie klassische Banken. Für große Technologieunternehmen sei der Erwerb einer Banklizenz in Europa nicht schwierig, betonte sie: „Für uns ist es schwierig, aber nicht für die.“ Zugleich relativierte sie mögliche Veränderungen für Big-Tech-Unternehmen durch die Einführung des digitalen Euro und stellte klar, dass dieser keine radikalen Einschnitte für deren Geschäftsmodelle bedeute.

Der digitale Euro sei nicht einfach ein Verrechnungssystem, betonte Winter. Vielmehr werde der Euro in einer neuen Form herausgegeben. Banken hätten den digitalen Euro zwar nicht von Beginn an begeistert aufgenommen, hätten den Prozess inzwischen jedoch konstruktiv begleitet.

Besonders hervor hob Winter die höhere Privatsphäre im Offline-Modus. Die Bank sehe nur, wie viel Geld vom Konto abgehoben werde, aber nicht, wofür es verwendet wird. Eine begrenzte Form von Anonymität werde damit möglich. In manchen Kreisen sei lange die Ansicht vertreten worden, dass „offline“ niemand brauche. Mittlerweile habe sich jedoch eine spürbare Wertschätzung dafür entwickelt.

Zum Stand des Gesetzgebungsverfahrens erklärte Winter, dass der EU-Abgeordnete Fernando Navarrete Rojas zwar seinen Entwurf zur Positionierung des Parlaments vorgelegt habe, dieser aber noch nicht endgültig sei. Anschließend folge der Trilog, das informelle Verhandlungsverfahren zwischen Europäischem Parlament, Rat und Kommission, das eine politische Einigung beschleunigen soll. Die dort erarbeiteten Kompromisse müssten später noch formell bestätigt werden.

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