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Gelegenheiten und Herausforderungen in Lateinamerika

Von Dr. Oliver Everling | 11.Februar 2014

„Das durchschnittliche Rating für Staaten in Lateinamerika ist immer noch spekulativ, obwohl es ein positives Momentum gibt“,  sagt Shelly Shetty, Head Latin American Sovereigns von Fitch Ratings in Frankfurt am Main. Die Jahre 2011 bis 2012 sahen insgesamt viel mehr Heraufstufungen als Herabstufungen, während sich jetzt wieder ein differenzierteres Bild zeigt.

In Lateinamerika habe sich – wie auch im Rest der Welt – die Wirtschaft insofern stabilisiert, als dass die Wachstumsraten wieder über 2 % liegen. Shetty warnt allerdings davor, nicht die Unterschiede zu beachten. Panama, Peru, Bolivien und Paraguay profitieren überproportional, Mexiko und Brasilien gehörten 2013 jedoch zu den Underperformers.

Schwächeres Wachstum in China, weichere Handelsbedingungen, höhere Finanzierungskosten, schwaches Produktivitätswachstum und das Fehlen einer Agenda einer starken Strukturreform drücken in Lateinamerika das Wachstum. Sieht man von Venezuela ab, ist die Inflation in den meisten Ländern Lateinamerikas auf vergleichsweise moderatem Niveau. In Venezuela sei allerdings von einer Inflation von über 50 % zu sprechen.

Shetty kritisiert die Verschlechterung der fiskalischen Entwicklung. Die Staatsverschuldung ist in den meisten Staaten noch moderat. Shetty sieht noch keinen Anlass zur Besorgnis bei den Staaten, in denen die Staatsverschuldung gestiegen sei, denn diese würden im Kontext mit weiteren Beurteilungsfaktoren verkraftbar erscheinen.

Das größte Risiko sieht Shetty im US Fed Tapering. Mit Blick auf die Wechselkursentwicklungen kommentiert Shetty, dass der Wertverfall der Währungen in Lateinamerika den betroffenen Staaten helfen werde, Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen. Die Abhängigkeit der Staaten von den Rohstoffpreise sei unterschiedlich und reicht von Venezuela mit 90 % bis zur Dominikanischen Republik mit weniger als 10 %.

Das Zahlungsbilanzdefizit von Jamaica von 7,8 % steche hervor, sei aber mit einem Rating von CCC bereits ausreichend berücksichtigt. Ansonsten würden die Zahlungsbilanzdefizite nicht außerhalb der Bandbreiten liegen, die für die jeweiligen Ratings typisch seien. Shetty unterstreicht die Bedeutung von China, denn eine drastische Verminderung des Wachstums in China würde dramatische Konsequenzen in Lateinamerika haben können.

Joseph Bormann, Managing Director, Latin American Corporates bei Fitch Ratings, illustriert den Unternehmensausblick für Lateinamerika. 33 Downgrades standen 22 Upgrades in 2013 gegenüber. Bormann zeigt wenig Sorge bezüglich der Unternehmen in Argentinien, denn die Bilanzen dieser Unternehmen seien stark. Die Regierung interveniere jedoch nach wie vor in der Wirtschaft und im Privatsektor. In Brasilien, zum Vergleich sei die Unternehmensverschuldung hoch, aber auch die Liquidität robust.

In Chile würden Herabstufungen durch die zahlreichen Akquisitionen getrieben. In Kolumbien seien die Kapitalstrukturen der Unternehmen extrem stark und das Wachstum gut, so dass kaum Herabstufungen zu erwarten seien. Auch in Mexiko sei ein besseres Wachstum zu erwarten. Natürlich profitiere Mexiko von jedem Wiedererstarken der US Wirtschaft. Hohe Liquidität und Cashflow zeichnen Unternehmen in Peru aus, meint Bormann.

In Brasilien wurden die Preise durch Rekordproduktionen gedrückt, insbesondere Zucker war darfür verantwortlich. Daher habe sich der freie Cashflow ins Negative gewendet. Bormann geht detailliert auf die Einflüsse der Preisentwicklungen bei Kupfer, Zink, Nickel, Eisen und Stahl in der Region ein.

Bormann erläutert den Ausblick des Proteinsektors in Lateinamerika. Brasilien werden 2014 aufgrund einer anderen Phase des Zuchtzyklus die USA beim Rindfleisch outperformen, die Produktion von Hühnern und Schweinen werde von den geringeren Getreidepreisen profitieren.

Themen: Länderrating, Unternehmensrating | Kein Kommentar »

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