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Kapitalanlage Gesundheit

Von Dr. Oliver Everling | 9.Januar 2021

Die Einschränkungen der Corona-Krise musste Beate Sander noch erleben. Sie durfte allerdings auch noch erleben, wie aus ihrem bescheidenen Anfangsvermögen aus den 1990er Jahren ein Millionenwert im Jahre 2020 wurde. Zu ihren letzten guten Investments gehörten Unternehmen aus den Bereichen Gesundheit. Ihre glückliche Hand in der Auswahl der Aktien dieser Branche lag aber nicht an besonderen Erkenntnissen oder Einsichten aufgrund ihrer eigenen Erfahrung ihrer schweren Erkrankung, der sie schließlich erlag, sondern darin, einen Trend frühzeitig richtig erkannt zu haben.

Beleg dafür ist ein Buch, das sie gemeinsam mit Jürgen Hannemann im FinanzBuch Verlag schon 2014 vorlegte: „Mit Biotech, Medtech und Pharma erfolgreich an der Börse investieren -Kapitalanlage Gesundheit“. Das Buch schließt heute noch eine Lücke in der Literatur, da es doch wenige Buchtitel gibt, die sich dem Thema in einer für jedermann verständlichen Sprache widmen. Die Stärke der als „Börsen Omi“ bekannt gewordenen Autorin lag insbesondere darin, mit gesundem Menschenverstand sich dem Thema Börse zuzuwenden und leicht verständlich zu erklären.

Die Pandemie hat vor Augen geführt, welche Bedeutung Investitionen in den Gesundheitssektor haben. Es geht nicht nur um Erkrankte, sondern insbesondere auch um Prävention. Monatelang gab es im Jahr 2020 keine Nachrichtensendung mehr, in der es nicht auch um Impfstoffe ging. Die Namen von Biotechnologieunternehmen gelangen in das Bewusstsein von vielen Sparern und Anlegern, die sich sonst kaum mit diesem Wirtschaftssektor – und damit auch Börsensegment – befasst hätten. Die erfolgreichen Anbieter von Impfstoffen erzielten sprunghaft steigende Bewertungen an den Börsen.

Das Buch von Jürgen Hannemann und Beate Sander ist klar und übersichtlich strukturiert. Im ersten Kapitel geht es um Chancen und Risiken, im zweiten werden wichtige Biotech, Medtech und Pharmafirmen vorgestellt. Schließlich gibt es noch einen Anhang mit einem kleinen Gesundheitslexikon und der Würdigung eines Nobelpreisträgers für Medizin. Da das Buch nicht in elektronischer Version angeboten wird, sondern mit einem stabilen Hardcover-Umschlag gut in der Hand liegt, kann es nicht elektronisch durchsucht werden, deshalb macht das Sachwortverzeichnis viel Sinn.

Biotechnologie hat nichts mit Bioprodukten zu tun, bei denen für leicht verderbliche Lebensmittel sowohl Dünger als auch Konservierungsstoffe gespart, zugleich aber auch den Konsumenten höhere Kaufpreise abverlangt werden – was für Investoren durchaus interessant sein kann. Bei der Biotechnologie geht es dagegen um die Geißeln der Menschheit, wie insbesondere dem Krebs, der in seinen vielen Varianten Jahr für Jahr mehr Menschenleben fordert, oder nun, seit der Pandemie, um das Virus Covid 19.

„Das erste Produkt der modernen Biotechnologie war Insulin, quasi der Abgleich, die Kopie eines menschlichen Hormons“, schreiben Beate Sander und Prof. Dr. Jürgen Hannemann, der an der Hochschule Biberach lehrt. Auf der Suche nach dem Jungbrunnen konnte die Menschheit bereits viele Erfolge erzielen. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts konnten die Lebenserwartungen der Menschen jährlich um etwa drei Monate gesteigert werden. „Bezüglich der Lebenserwartung klafft die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander. Männer mit einem niedrigen Einkommen profitieren von der in Deutschland gestiegenen Lebenserwartung weniger als ihre einkommensstärkeren Altersgenossen“, berichten die Autoren aus einer Studie des Max-Planck-Instituts in Rostock und skizzieren die Rahmenbedingungen, unter denen Biotech-Unternehmen tätig sind.

Arbeits- und Lebensgewohnheiten verändern sich. „Die mit dem Alterungsprozess einhergehenden Veränderungen sollten im Blick bleiben: der tägliche Kalorienbedarf singt. Er ist mit 75 Jahren um ein Viertel geringer als mit 25. Wer beharrlich seine bisherigen Essensportionen beibehält, wird zwangsläufig dicker.“

Neben der sogenannten roten oder pharmazeutischen Biotechnologie geht es im Buch auch um die Gefahren in der Biotechnologie, die von der sogenannten grünen Biotechnologie oder Gentechnik ausgehen. „Für vorurteilslos denkende und handelnde Fachleute erscheinen beide Richtungen berechtigt und nachvollziehbar: zum einen ist das gezielte erzeugen von Erregertypen mit neuen Eigenschaften wichtig, um gegen deren Auftreten besser gewappnet zu sein. Zum anderen gilt das für die Bevölkerung bestehende Risiko im Falle einer Freisetzung hoch pathogener Erreger als untragbar. Diese Konflikte machen es nicht gerade leichter, eine eindeutige Position für oder gegen derartige Forschungsprojekte zu beziehen.“ Diese Ausführungen der Autoren sind vor dem Hintergrund der aktuellen Corona Krise zu bedenken, in der die Herkunft des Virus noch immer ungeklärt ist.

Das Buch hilft, die Geschichte der Biotechnologie zu verstehen, angefangen bei Friedrich Miescher aus Tübingen, der 1869 aus den weißen Blutkörperchen eine Substanz namens „Nuclein“, den Grundstein für die Erforschung der Nukleinsäuren, gewann, und Robert Koch, dessen Name wohl kein Schulkind mehr vergessen wird. „1878 entwickelt Robert Koch die auch heute weitgehend noch gültigen Verfahren zur Kultivierung von Bakterien, den Erregern vieler schwerer Krankheiten. Seitdem verliert die Tuberkulose (Schwindsucht) einiges von ihrem Schrecken.“

Den größten Teil des Buches machen in großer Fleißarbeit zusammengetragene Daten über Biotechnologieunternehmen aus. Im Unterschied zur Schnelllebigkeit in anderen Branchen sind die meisten der 2014 führenden Unternehmen auch heute noch für Investoren interessant. Manche mit Charts abgebildete Kursverläufen zeigen Erfolgsgeschichten, die bis heute fortgeschrieben werden konnten, während weniger erfolgreiche Adressen vom Kurszettel verschwanden.

Jürgen Hannemann und Beate Sander befassen sich detailliert mit einzelnen Werten und liefern daher eine Fundgrube für Stockpicker, die auf den Erfolg einzelner Aktien mit guten Ratings setzen wollen. Das direkte Investment in Aktien einzelner Biotech-Unternehmen passt jedoch nicht zu jedem Anleger, insbesondere dann nicht, wenn der Gesamtwert des Depots noch nicht die dafür notwendige Größenordnung erreicht.

Für solche Sparer empfehlen sich Investmentfonds, mit denen auf den für Unternehmen des Gesundheitssektors günstigen langfristigen Trend gesetzt werden kann. Daher bieten Jürgen Hannemann und Beate Sander auch eine gute Übersicht über Investmentfonds, die praktisch für jeden Geldbeutel passen. Die Autoren leiten den Leser mit einer Auflistung der Vor- und Nachteile von Aktienfonds auch zu dieser diversifizierten Form von Investment in Biotech-Unternehmen an und stellen relevante Kriterien vor. Konkrete Fonds, die allerdings zum Teil ebenso zwischenzeitlich vom Kurszettel verschwunden sind wie manche Biotech-Aktie, werden mit ihren Sternen, also den Fondsratings, benannt, vorgestellt und analysiert.

Das Internet liefert heutzutage zwar aktuelle Informationen, schneller und besser, als es jedes Printmedium schaffen könnte. Die Stärke des Buches liegt also darin, die Situation bis zum Jahr 2014 zu dokumentieren und damit dem Leser die Chance zu geben, damalige Einschätzungen mit zwischenzeitlich eingetretenen Entwicklungen zu vergleichen und daraus Schlüsse für die Zukunft zu ziehen.

Themen: Aktienrating, BIotechrating, Fondsrating | Kein Kommentar »

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