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Kritik an der Mitte-Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung

Von Dr. Oliver Everling | 11.Dezember 2025

Ein erfolgreicher Unternehmer aus Nürnberg, Ingmar Kruse, meldet sich mit einer pointierten und analytischen Kritik an der „Mitte-Studie 2024/25“ zu Wort. Seine Ausführungen verstehen sich als Gegenposition zu einem Diskurs, der aus seiner Sicht zunehmend von Alarmismus, politischer Einseitigkeit und einer problematischen Vermischung von Wissenschaft und politischer Agenda geprägt ist. Kruse betont, dass seine Perspektive nicht aus parteipolitischer Loyalität, sondern aus unternehmerischer Praxis, gesellschaftlicher Verantwortung und einer liberal geprägten Grundhaltung hervorgehe. Gerade als jemand, der seit Jahren wirtschaftliche Entwicklungen beobachtet, Mitarbeiter führt, Verantwortung trägt und gesellschaftliche Stimmungen aus betrieblicher Nähe wahrnimmt, sieht er im gegenwärtigen Umgang mit Kritik ein Symptom für eine tiefer liegende politische und institutionelle Schieflage.

Ausgangspunkt seiner Argumentation ist die Beobachtung, dass die Studie ein paradoxes Bild zeichnet. Zwar seien laut Erhebung nur noch drei Prozent der Bevölkerung Träger eines geschlossenen rechtsextremen Weltbildes, dennoch warne die Studie vor einer angeblich dramatischen „Entsicherung“ und „Verrohung“ der Mitte. Für Kruse ist dieses Ergebnis weniger ein Spiegel gesellschaftlicher Realität als Ausdruck eines methodischen und begrifflichen Problems. Er schildert, dass telefonische Befragungen in einem moralisch aufgeheizten Klima vor allem die Konformitätsbereitschaft messen und nicht die tatsächlichen Überzeugungen. Menschen sagten am Telefon eher das sozial Erwünschte, während Wahlen oder anonyme Befragungen regelmäßig ein anderes Bild zeichneten. Darin erkennt er eine erste grundlegende Verzerrung, die zu Fehlschlüssen im politischen Raum führe.

Besonders kritisch bewertet Kruse den begrifflichen Rahmen der Studie. Das von den Autoren eingeführte Konstrukt eines „Libertären Autoritarismus“ sei für ihn ein Beispiel dafür, wie bürgerliche, marktwirtschaftliche oder liberale Positionen in die Nähe extremistischer Einstellungen gerückt würden. Wenn der Wunsch nach weniger staatlicher Regulierung, Widerstand gegen übergriffige Eingriffe wie das Heizungsgesetz oder die Ablehnung ideologisch aufgeladener Sprache plötzlich als Vorstufe autoritärer Tendenzen interpretiert werde, verschiebe sich der Diskursraum auf eine gefährliche Weise. Der Begriff diene weniger der Analyse, so hält Kruse fest, sondern eher der Delegitimierung von Kritik, die in einer pluralistischen Demokratie selbstverständlich sein sollte.

Kruse weist darüber hinaus auf eine zirkuläre Logik hin, die durch institutionelle Abhängigkeiten entstehe. Wenn der Verfassungsschutz neue Kategorien wie die „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ einführe, können politische Proteste, die weder gewaltsam noch extremistisch sind, als verdächtig eingestuft werden. Die so produzierten Zahlen würden anschließend in Studien als Beleg einer wachsenden Gefahr herangezogen. Für Kruse entsteht dadurch ein Kreislauf, in dem Politik, Behörden und veröffentlichte Meinung sich gegenseitig bestätigen und eine Bedrohungslage konstruieren, die in dieser Form gesellschaftlich nicht existiere.

Aus dieser Analyse leitet er eine alternative Diagnose der Lage ab. Nach seiner Auffassung ist das, was Politik und Teile der Wissenschaft als Radikalisierung deuten, in Wirklichkeit eine rationale Reaktion auf gebrochene Leistungsversprechen, eine spürbare Gerechtigkeitslücke im Sozialstaat und den Verlust institutioneller Neutralität. Kruse beschreibt die wachsende Unzufriedenheit vieler Bürger als Folge materieller Belastungen und politischer Fehlentscheidungen, etwa im Bereich der Migrationspolitik, der Energiepolitik oder der sozialen Sicherungssysteme. Wenn Menschen, die jahrzehntelang eingezahlt haben, im Alter kaum mehr erhalten als neu Zugewanderte, oder wenn staatliche Regelungen Eigentum entwerten und Lebenshaltungskosten erhöhen, dann handelt es sich für ihn nicht um psychologische Verrohung, sondern um einen absehbaren Vertrauensverlust.

Auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und staatlich finanzierte NGOs nimmt Kruse in den Blick. Er schildert, dass viele Bürger diese Institutionen nicht mehr als neutrale Vermittler wahrnehmen, sondern als Akteure mit klarer politischer Haltung. Wenn Kritik an Migration, Klimapolitik oder Gender-Sprache reflexartig als Menschenfeindlichkeit oder Verschwörungsdenken bewertet werde, während regierungsnahe Positionen moralisch überhöht würden, entstehe ein Gefühl des Ausschlusses. Dies wirke nicht deeskalierend, sondern verstärke die Polarisierung, die man offiziell zu bekämpfen vorgibt.

Vor diesem Hintergrund formuliert Kruse konkrete Vorschläge für eine Kurskorrektur hin zu einer realistischeren, sachorientierten und demokratisch robusten Politik. Aus seiner Sicht braucht es keine pädagogische Behandlung der Bürger, sondern eine Rückkehr zu Leistungsgerechtigkeit im Sozialstaat, institutioneller Neutralität und einem politischen Diskurs, der Kritik wieder als legitimen Bestandteil der Demokratie anerkennt. Die Entpolitisierung von Behörden, die Reform der Medienlandschaft hin zu echter Pluralität und eine sozialstaatliche Politik, die die arbeitende Mitte nicht überfordert, seien zentrale Bausteine, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.

Am Ende seiner Ausführungen steht die klare These, dass nicht die Bevölkerung radikalisiere, sondern politische und gesellschaftliche Eliten den Kontakt zur Realität verloren hätten. Die Krise sei keine Krise der Demokratie im Volk, sondern eine Krise der demokratischen Vermittlung durch Institutionen, die ihre Neutralität und Glaubwürdigkeit zunehmend aufs Spiel setzten. Kruse plädiert für eine Rückbesinnung auf die Grundprinzipien des liberalen Rechtsstaates, auf die Anerkennung berechtigter Interessen und auf eine offene Streitkultur, die Differenz nicht als Gefahr, sondern als Grundlage demokratischer Erneuerung versteht.

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