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Marketingkonzepte für Einzelhandelsimmobilien

Von Dr. Oliver Everling | 8.September 2008

In der Immobilienwirtschaft wird Marketing häufig mit Kommunikationspolitik (Public Relations, Werbung, Public Affairs) assoziiert, berichtet Elisabeth Kammermeier, Geschäftsführerin der Activ Consult Real Estate GmbH in ihrem Vortrag beim Europäischen Finanz Forum in Frankfurt am Main. „Wir verstehen Marketing ganzheitlich als ein Konzept zur marktorientierten Unternehmensführung.“

Der deutsche Einzelhandel umfasst rund 420.000 Unternehmen mit 2,7 Millionen Beschäftigten. Einzelhandelsimmobilien haben ein starkes ökonomisches Gewicht für die Entwicklung der Städte. Außerdem wachse der Anspruch an Erlebnisqualität von Orten und Räumen, berichtet Kammermeier. Das Wachstum deutscher Shoppingcenter sei ungebremst, bis 2010 würden rund 1 Mio. qm neue Verkaufsflächen entstehen. Für 2008 seien in Deutschland 15 neue Einkaufszentren in Innenstädten geplant, zitiert Kammermeier aus dem Shoppingcenter-Report 2008/2009 des EHI Retail Institute /GCSC.

Vorrangig interessieren sich institutionelle Anleger für Gewerbeimmobilien, die dazu eine langfrstige Anlagepolitik verfolgen. Immobilien seien nicht mehr per se immobil, da eine Mehrzahl von Instrumenten zur Verfügung stehen, um in Immobilien zu investieren. Verlässlich Bewertungen sind ein Schlüssel dafür, Immobilien als Assetklasse zu erschließen. Der Leitfaden der European Group of Valuers Association (ETGoVA) hat sich für Gutachter in Europa etabliert. Er umfasst ex- und interne Faktoren der Kriteriengruppen Markt, Standort, Objekt und Kapitalfluss.

Marktsituation, Markterfordernisse, Altersstruktur, Sortiment, Differenzierung, Wachstumsmarkt, Leistungssituation, Marktanteil und vieles mehr sind Einflussfaktoren und Ansatzpunkte für ein umfassendes Rating von Einzelhandelsimmobilien. Das veränderte Konsumverhalten erfordere ein professionelles Immobilienmarketing, denn Kaufentscheidungen ingen zunehmend ab von Inhalten, Emotionen, ethischen Überlegungen. Immobilienprojekte müssen sich daher behaupten durch konzeptionelle Passgenauigkeit und umfangreichen Zusatznutzen.

Die Wertschöpfung werde vorrangig durch Produktabsatz und/oder Umsatz generiert, die Marketingstrategie biete hier einen entscheidenden Hebel, argumentiert Kammermeier: Sie trennt die Spreu vom Weizen. Das Konsumentenverhalten werde von Emotionen bestimmt, die sich auf einer Wertewelt gründen.

„Die Immobilienwirtschaft habe sich nie richtig viel Gedanken über Marketing gemacht“, heißt Kammermeier die Immobilienwirtschaft im 21. Jahrhundert willkommen. Sie gibt den Opernturm als Beispiel: Es werde zum schönsten Gebäude Frankfurts, in dem „man einfach sitzen wolle“. Emotionale Wertewelten müssten angesprochen werden. Die Mall of America, Bloomington, Minnesota, USA, sei ein Beispiel dafür, wie in einer Mall „alles“ untergebracht werden konnte.

Fehlende emotionale Ansprache führe zu verwaisten Food & Beverage-Courts. Kammermeier gibt aus ihrem Erfahrungsfundus eine Reihe von Beispielen mit vielen Details, die ihre These belegen, welche zentrale Bedeutung das Marketing für Einzelhandelsimmobilien besitzt: Materialien, Assoziationen, Perspektiven usw. Kammermeier illustriert z. B. am Vasco da Gama-Center in Lissabon, wie die Schifffahrt ein Leitthema für einen Shoppingcenter sein könne und damit einen Bezug zur Kultur der Stadt und zu den Menschen schaffe.

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