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Markt, Volatilität und Kreditmärkte
Von Dr. Oliver Everling | 28.April 2025
Die globale Finanzwelt befindet sich in einer Phase hoher Unsicherheit. Die jüngsten Kommentare von Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, zeichnen ein Bild großer Nervosität an den Märkten, getrieben durch erratische politische Entscheidungen und eine volatile Wirtschaftslage. Diese Faktoren haben nicht nur Auswirkungen auf die Aktienmärkte, sondern könnten auch die Entwicklung von Credit Ratings in den kommenden Monaten erheblich beeinflussen.
Nach Ansicht von Professor Viebig bleibt die Unsicherheit trotz gelegentlicher Entspannungssignale hoch. Die Wirtschaftspolitik der US-Administration, insbesondere die handelspolitischen Maßnahmen und der Umgang mit der US-Notenbank, haben das Vertrauen der Anleger nachhaltig beschädigt. Selbst wenn Präsident Trump versöhnlichere Töne anschlägt und von einer möglichen Reduktion der Zölle spricht, bleibt die politische und wirtschaftliche Lage angespannt. Auch die Haushaltsstreitigkeiten im US-Kongress und die wachsende Staatsverschuldung bergen zusätzliche Risiken für die Stabilität der Finanzmärkte.
In einem solchen Umfeld dürften die Credit Rating Agenturen wie Moody’s, S&P und Fitch besonders wachsam agieren. Die Kombination aus politischer Unsicherheit, konjunktureller Abschwächung – wie sie auch durch die Abwärtskorrekturen des Internationalen Währungsfonds bestätigt wird – und einer erhöhten Volatilität an den Märkten könnte in den kommenden Monaten vermehrt zu Herabstufungen von Ratings führen, insbesondere bei Staaten und Unternehmen mit bereits angespanntem finanziellen Profil.
Gerade Staaten mit hoher Verschuldung – wie die USA selbst – könnten unter Beobachtung geraten. Zwar wäre eine Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit ein gravierender Schritt mit weitreichenden Konsequenzen für die globalen Finanzmärkte, doch politische Instabilität und steigende Defizite erhöhen langfristig den Druck. Auch Unternehmen, deren Geschäftsmodelle stark von internationalem Handel abhängig sind oder die unter hohen Zinslasten leiden, könnten künftig häufiger negative Ratinganpassungen erfahren.
Professor Viebigs Analyse der historischen Marktbewegungen bietet jedoch auch eine Perspektive der Chancen: Phasen extremer Volatilität – wie zuletzt im April 2025, als der VIX-Index auf über 50 stieg – sind historisch betrachtet oftmals Einstiegsgelegenheiten für langfristige Investoren gewesen. Diese Marktdynamik könnte auch Auswirkungen auf die Kreditmärkte haben. Denn wenn Investoren bereit sind, Risiken einzugehen und Aktien in unsicheren Zeiten zu kaufen, könnte sich diese Risikobereitschaft auch in einer höheren Nachfrage nach Unternehmensanleihen niederschlagen – zumindest bei Emittenten mit stabilen Fundamentaldaten.
Zusammenfassend zeigt sich: Die Entwicklung der Credit Ratings wird in den kommenden Monaten maßgeblich von der weiteren politischen und wirtschaftlichen Lage bestimmt werden. Setzen sich die Unsicherheiten fort, sind vermehrte Herabstufungen wahrscheinlich. Eine Stabilisierung der politischen Verhältnisse und eine Erholung der Wirtschaft könnten hingegen die Kreditmärkte beruhigen. Investoren sollten daher nicht nur auf die aktuelle Marktvolatilität achten, sondern auch die längerfristigen fundamentalen Risiken im Blick behalten, die sich in den Credit Ratings niederschlagen werden.
Themen: Aktienrating, Anleiherating | Kommentare deaktiviert für Markt, Volatilität und Kreditmärkte
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