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Mit der SCHUFA gegen „Bonushopper“?

Von Dr. Oliver Everling | 10.September 2020

„Wer günstig Strom und Gas beziehen will, muss Preise vergleichen und gegebenenfalls den Anbieter wechseln. Energieversorger wollen das offenbar mit der Schufa und einer Wirtschaftsauskunftei ändern.“ So leitet ein Beitrag über Energieversorger auf tagesschau.de ins Thema ein: „Strom- und Gaskunden, die ihren Anbieter häufiger wechseln wollen, könnten schon bald systematisch davon abgehalten werden.“

NDR und „Süddeutsche Zeitung“ befassen sich mit einem geplanten Angebot der SCHUFA und der italienischen Wirtschaftsauskunftei CRIF Bürgel in München, branchenweit Vertragsdaten möglichst vieler Kunden von Energieversorgern zu speichern.

„Verbraucher- und Datenschützer fürchten, dass damit Energieversorger wechselfreudige Verbraucher identifizieren und in der Folge ablehnen könnten.“ Die Kritik: „Bisher dürfen nur Daten von Kunden, die ihre Rechnungen nicht zahlen oder die betrügen, branchenweit ausgetauscht werden.“ Die neuen Datenbanken würden dagegen mit ihren Daten vertragstreue Kunden zum „Freiwild“ machen.

„Bonushopper“, die sich die Mühe machen, selbst zu recherchieren und Energieversorger zu vergleichen, sind aber kaum ein Problem für Energieversorger. Abnehmer, die sich geduldig mit den verschiedenen Angeboten befassen und das für sie günstigste auswählen, gab es immer schon – nur eben in sehr geringer Zahl.

Die eigentlichen „game changer“ mit disruptivem Potential für die Energiewirtschaft sind Experten wie Wechselpilot oder SwitchUp. Diese ermöglichen dem Kunden das verlässliche und mühelose Wechseln des Energieanbieters. Registrierung und einige Angaben zum bisherigen Verbrauch und Versorger genügen, um – je nach Vorteilhaftigkeit – Jahr für Jahr automatisch zu wechseln und Kosten zu sparen. Das Rating anhand verschiedener Kriterien und kundenspezifischer Anforderungen übernehmen diese Vergleichsportale.

Der Mehrwert der angedachten Dienste von Schufa und CRIF Bürgel ist dagegen für die andere Seite des Marktes, die Energieversorger, nicht sehr hoch: Die Energieversorger erkennen schon heute wechselfreudige Kunden und können diese Kundendaten speichern.

Das ergibt sich aus der Logik des Systems: Vergleichsportale, die ihre Kunden über Jahre hinweg betreuen, sind darauf angewiesen, sich in die Kommunikation zwischen Kunden und Energieversorger einzuschalten. Nur so können diese dem Kunden die Mühe abnehmen, Verbrauch zu analysieren, Angebote einzuholen, Angebote zu vergleichen, Anträge zu stellen, Formulare auszufüllen usw.

Die Kommunikation läuft über kundenspezifische E-Mailadressen, z.B. bei SwitchUp nach dem Muster kundenname@mailsup.de. Aufgrund der noch geringen Anzahl von Vergleichsportalen erkennt deshalb der Energieanbieter ohnehin anhand dieser E-Mailadressen, wer zu den „Bonushoppern“ gehört. Zudem sind Energieversorger nicht verpflichtet, mit Schufa oder CRIF Bürgel zusammenzuarbeiten, so dass letztere im Wettbewerb um Daten stehen.

SwitchUp wurde von Arik Meyer gegründert, der zuvor Audible aufbaute und an amazon verkaufte. Bei Unternehmen wie SwitchUp laufen nun alle Daten über den Energieverbrauch deutscher Haushalte zusammen, die von den Vorteilen dieses Systems profitieren. Werden Vergleichsportale an amerikanische „Datenkraken“ verkauft, mehren ihre Daten lediglich die Datenpools US-amerikanischer Konzerne.

Daher ist unter Wettbewerbsgesichtspunkten fraglich, ob eine Regulierung, d.h. Einschränkung der Geschäftsmöglichkeiten europäischer Unternehmen wie SCHUFA oder CRIF Bürgel durch Verbot von E-Pools im Dienst des Wettbewerbs und der sozialen Marktwirtschaft wäre.

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