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Niedrigzinspolitik bleibt im Euroraum

Von Dr. Oliver Everling | 14.März 2018

„Mit Blick auf 2019 werden wir schwächere Wachstumsraten sehen“, prognostiziert Axel Angermann, Chefvolkswirt der FERI aus Bad Homburg. Die Fundamentaldaten bleiben nach seiner Meinung vorerst jedoch positiv für die Aktienmärkte. Das Wachstum in den USA sieht er oberhalb des Trends, u.a. aufgrund des fiskalischen Stimulus durch die Steuerreform. „Im Fokus stehen die USA.“

Senkung der Unternehmenssteuern, Infrastrukturinvestitionen, Protektionismus – „die drei Punkte haben wir bereits vor einem Jahr in den Mittelpunkt gestellt“, sagt Angermann und sieht Trump konsequent die Punkte umsetzen, die er im Wahlkampf versprochen habe. Wenn der Bau der Mauer zu Mexiko zurzeit noch nicht die notwendigen Mehrheiten finde, so könne man aber davon ausgehen, dass Trump schon bald wieder mit neuen Vorschlägen in dieser Richtung aufwarte.

Angermann will sich nicht auf den Beginn des wirtschaftlichen Abschwungs festlegen, sieht aber das Erfordernis, sich jetzt darauf einzustellen. Trump folge politischer (Populismus-) Logik. Die ökonomischen Nachteile würden bei Zöllen auf Kraftfahrzeuge stärker sichtbar werden. Nachteile seien bei Stahl und Aluminium in der Regel nicht unmittelbar sichtbar. „Wir befinden uns noch nicht in einem globalen Handelskrieg“, beruhigt Angermann, da Zölle auf Stahl und Aluminium für den Welthandel noch unkritisch seien. „Das sind durchaus keine neuen Erfindungen, das hat auch die EU schon einmal praktiziert.“ Erst die Kraftfahrzeugbranche, wenn diese Opfer werde, könne das Bild ändern.

Angermann macht klar, wie schwer die Wirkung von Zöllen abschätzbar ist, da ihre Wirkung von unternehmensspezifischen Strukturen abhängt. Die Autohersteller könnten sich zum Beispiel so organisieren, dass mehr in den USA hergestellt wird. Der Nettoeffekt sei daher die Frage. Für die Staten mit größter US-Exportabhängigkeit, wie Mexiko, Kananda oder Malaysia, sei das Thema Schutzzölle besonders wichtig.

Angermann rechnet auch in den USA damit, dass die Löhne stärker steigen könnten. Löhne und Importpreise seien die Treiber der Inflation in den USA, aber die chinesischen Erzeugerpreise bremsen. „Für die nächsten Monate wird sich das in einem Rahmen bewegen, das normal zu nennen ist. Das Lohnwachstum könnte durchaus aber auch etwas stärker werden.“

Der schwache Doller verteuere die Importpreise, auf der anderen Seite stehe aber ein deutlicher Rückgang der Dynamik der chinesischen Erzeugerpreise aufgrund der dortigen Abkühlung. Angermann zeigt ein Chart, in dem die Inflation bis auf 4 % hochschnellen und damit die Notenbank auf den Plan bringen könnte. „Es ist ein denkbar und auch ein nicht sehr unwahrscheinliches Szenario, so dass man es im Blick behalten muss.“

Die Arbeitslosenquote geht im Euroraum deutlich zurück, wenn man aber Deutschland herausrechne, so sei sie immer noch deutlich höher als vor der Krise. „In den USA liegt die Arbeitslosenquote dagegen deutlich unter dem Vorkrisenniveau.“ Den Inflationsdruck sieht Angermann daher im Euroraum begrenzt. Die EZB sei daher nicht aus Gründen der Preisstabilität gezwungen, aus der Niedrigzinspolitik auszusteigen.
Der weltwirtschaftliche Aufschwung sei noch intakt, aber dei Höhepunkt wahrscheinlich erreicht. Die globale Abschwächung (oder Rezession) ab 2019 oder 2020 werde wahrscheinlicher – Auslöser wären die USA. Ein echtes Inflationsproblem sieht Angermann vorerst nicht, aber potentiell einen „Inflation Scare“. Unsicherheitsfaktoren resultieren aus Protektionismus.

Themen: Aktienrating, Anleiherating, Länderrating | Kein Kommentar »

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