Zurück zur Zentalbankbilanzblähung
Von Dr. Oliver Everling | 20.Oktober 2014
„Die anderen großen Notenbanken haben ihre Zentralbankbilanzen nicht zurückgeführt, wohl aber die Europäische Zentralbank“, erklärt Dr. Heinz-Werner Rapp, Chief Investment Officer der FERI AG, die Entwicklung nach dem Draghi-Put. Dieser Put habe eine erneut eine starke Konvergenz der EMU-Rentenmärkte erzeugt. „Die EZB war mit zu wenig Schwung unterwegs“, erläutert Rapp die Kehrtwende. Nun strebe Draghi an, zum alten Krisenniveau der Bilanzaufblähung zurückzukehren.
Ausgeprägte Kriseneffekte und strukturelle Rigiditäten sieht Rapp als die wesentlichen Treiber des deflationären Wegs ins Niedrigzinsumfeld. „Wir sehen massive Strukturprobleme speziell in den Ländern der EMU-Peripherie. Das Niedrigzinsumfeld resultiert aus starken deflationären Kräften.“ Griechenland habe gerade seine ohnehin schon 30jährigen Verbindlichkeiten bei den heutigen niedrigen Zinsen noch einmal auf 50 Jahre verlängert.
„Viele Faktoren sprechen auch weiterhin für ein gedämpftes Zinsumfeld“, so Rapp, der Hintergrund seien Verschuldungsexzesse, „Burst Bubble“, Schuldenüberhang, Systemkrise bei den Banken, strukturelle Faktoren und demografische Trends. Treiber seien die Politik (Austerität), Zentralbank (Q.E.), „Forced Deleveraging“, Bankenrettung, Ersparnisüberhang und „Secular Stagnation“. Die Konsequenzen sind finanzielle Repression, globale Reflationierung, „Debt Restructuring“, Niedrigzinsumfeld, „Asset Price Inflation“ und deflationäre Risiken. Wenn es aber Zweifel gäbe, ob der Draghi-Put halte, könne es zu erheblichen Erschütterungen kommen.
„Auch der Wirtschaftsmotor Deutschland stottert. Deutschland hat nicht mehr die Umdrehungszahl, um die Eurozone am Laufen zu halten“, warnt Rapp. „Draghi hält den Laden zusammen. Aber es kann sein, dass die Anlagemärkte das rosige Bild von der Peripherie beginnen zu korrigieren.“ Das verlorene Jahrzehnt Japans hatte Anfang der 1990er Jahre mit einer Halbierung der Aktienkurse begonnen. Der Kick in die deflationäre Zone sei durch den zögerlichen Rückgang der Zinsen in Japan zu sehen gewesen. „In der Eurozone haben wir noch nicht die Fehler gesehen, die zu einer derartigen Verfestigung führen würden.“ Rapp schließt jedoch nicht aus, dass solche politische Fehler demnächst noch gemacht werden.
„Vor dem Hintergrund hoher Verschuldung und struktureller Wachstumsschwächen zeigen große Teile der Weltwirtschaft deflationäre Grundströmungen“, sagt Rapp. „Die Geldpolitik ist weiterhin zu außergewöhnlich starkem Engagement gezwungen. Der systemische Druck zu niedrigen Zinsen hält vorerst noch an, in Euroland, Japan und China, Amerika ist da schon ein wenig ehrausgerutscht.“
Trotz deutlicher Verschlechterung drohen in der EMU keine „japanischen Verhältnisse“. Die EZB habe aber die Probleme „Währung“ und „Krediterosion“ bereits aktiv adressiert. Die Fiskalpolitik werde künftig in der EMU wieder stärker gefordert sein mit Ausgabenprogrammen mit dem Ziel aktiver Wachstumsbelebung. Trotzdem werde es keinen starken Aufwärtsdruck auf Zinsen geben. „FED Exit“ werde vorerst noch keinen dauerhaften Aufwärtsdruck auf Zinsen auslösen, denn die Strukturprobleme außerhalb der USA wirken zinsdämpfend.
Rapps Schlussfolgerungen: Deflationäre Trends und monetäre Reflation sind weiter starke Szenario-Treiber. Globale Finanzmärkte sind durch Zentralbanken-Interventionen stark verzerrt. Globales „race for yield“ hat Risikoprämien in einigen Assetklassen stark reduziert. Explizite „Versicherung“ der Zentralbanken erzeugt „complacency“ am Markt. Wichtige Anlagemärkte erscheinen zunehmend verletzlich (und überbewertet). Rapp mahnt zur Vorsicht vor abruptem Szenariowechsel und „Regime Change“ (FED-Exit). Renditen um 3 bis 4 % mit „reasonable risk“ sind zunehmend schwer erzielbar. Alternative Renditequellen sollen aktiv in Betracht gezogen werden. Somit bleibt die Quintessenz nach Rapp, dass das Niedrigzinsumfeld noch einige Zeit dominant sein werde, speziell in der EMU, so dass überinvestierte Anleihemärkte zu vermeiden und gering korrelierte Renditetreiber aufzubauen sind.
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Start der Credit Education Alliance in China
Von Dr. Oliver Everling | 18.Oktober 2014
Mehr als 100 Akademiker aus den relevanten Abteilungen von 60 bekannten Universitäten Chinas versammeln sich an der Peking Universität in China, um über die Zukunft des Trainings von Kreditspezialisten zu sprechen. Die Veranstaltung steht im Kontext mit dem Sozialen Kreditsystemaufbauprogramm (2014 – 2020), veröffentlicht vom Staatsrat der Volksrepublik China.
Jason Guan, Chairman der Dagong Global Credit Rating Co., Ltd., stellt die Herausforderungen im Rating dar. Das Kreditsystem sei intensiver Veränderung unterworfen, aber ein Missverhältnis des Wachstums des Kreditsektors zum Aufbau von Knowhow sei unverkennbar. Daher ergebe sich ein Engpass für die weitere Entwicklung.
Dagong Global Credit Rating Co., Ltd., Peking University, Renmin University of China und Tianjin University of Finance and Economics und mehr als 20 Universitäten in China und Researchinstitutionen wie auch die Chinesische Akademie des Sozialsystems schlossen sich daher zu einer Credit Education Alliance zusammen.
Jason Guan, Chairman der Ratingagentur, bringt mehr als 20 Jahre Erfahrung im Aufbau des Ratingsystems ein. Die Erforschung des Themas sei längst nicht abgeschlossen. Die Initiative der Ratingagentur, die Credit Education Alliance ins Leben zu rufen, sei daher nicht wirtschaftlich motiviert. Die Krise von 2008 könne nicht mit den bisherigen Erklärungsansätzen theoretisch erklärt werden. Daher müsse neu begonnen werden, das Thema zu erforschen.
Die Sorge gelte der nächsten Krise. Amerikaner und Japaner hätten die Geldmenge dramatisch gesteigert. Es handele sich um eine Kreditkrise, nicht um eine wirtschaftliche Krise. Die Regierung müsse daher verhindern, dass die Blase erneut platze. Damit würde nur Zeit gewonnen, aber nicht die Ursache beseitigt. Die Ratings der US-Agenturen hätten sich als nicht verlässlich erwiesen.
Gesetzliche Verantwortung von Ratingagenturen zu beseitigen, sieht Guan nicht als Lösung, da die Rolle der Ratingagenturen für die Wirtschaft dadurch nicht grundsätzlich verändert wird. Die US-Agenturen würden nach wie vor den Markt dominieren. Die ursprüngliche Motivation ist die Bereitstellung von Kredit. Wenn das Kreditsystem fern vom idealen Markt ist, dann würden Blasen und Krisen entstehen.
Die Amerikaner würden ihr Kreditsystem verbreiten, um mehr Vermögen anzuhäufen. Seit 2008 habe sich nichts fundamental geändert. Schon dies spreche dafür, dass erneut eine Krise kommen werde. Die Kreditkrise sei aber eine Chance, das Ratingsystem neu zu entwickeln.
Die Krise führe dazu, dass mehr Menschen am Ratingsystem der US-Agenturen zweifeln würden. Die Veränderung und Verbesserung des Systems müsse daher große Priorität haben. Auch in Europa sei der Umbruch erkennbar. Auch in der EU seien daher zahlreiche Ratingagenturen entstanden, aber eine durchgreifende Änderung der Struktur sei bisher nicht erkennbar.
China habe inzwischen das zweitgrößte Sozialprodukt der Welt. Daher würde die Rolle Chinas auch im Kreditbereich geändert. Die Art, wie man Kapital bekomme, sei in eine gefährliche Phase eingetreten. Derivate und andere Finanzinstrumente bewirken eine hohe Komplexität, die die Komplexität der wirtschaftlichen Beziehungen und Verbindungen reflektiere.
Der Bedarf an Ratingknowhow sei daher deutlich gestiegen. Der Präsident habe 2013 den Auftrag gegeben, ein chinesisches Ratingsystem aufzubauen. Das Kreditsystem sei die Grundlage des globalen Wirtschaftsaustausches. Der Präsident habe dem Austausch von Kreditinformationen priorisiert, denn erst durch den reibungslosen Austausch von Kreditinformationen kann die weitere Entwicklung gesichert werden. Guan unterstreicht daher die Bedeutung des Auftrags an die Wissenschaft, ihren Beitrag zur Erforschung und Ausbildung zu leisten.
Wenn China zur Nummer 1 in der Welt werde, sei es höchst gefährlich, wenn immer noch an alte Strukturen angeknüpft würde. Die Krise von 2008 sei daher ein Anfangspunkt für die grundlegende Reform des weltweiten Ratingsystems.
In einem Land gehe es um drei Kreditbeziehungen: Jetziges Vermögen, zukünftig geschaffenes Kapital und virtuelle Beziehung, jetzt und Zukunft. Die Blase werde sehr groß in der letzteren Beziehung. Die Vermehrung der Geldmenge verhindere zwar momentan das Platzen der Blase, aber trage nicht zum Wachstum bei.
In Hongkong sei noch kein Ratingobligatorium für Emittenten eingeführt, da man durch ein Ratingerfordernis befürchtet, dass weniger Anleihen an den Markt gelangen würden. Es gehe aber nicht um die Einführung eines gescheiterten, amerikanischen Systems, sondern um den Aufbau eines verlässlichen Ratingsystems.
Dagong habe sich mit dem Aufbau einer Kreditratingtheorie befasst. Die westlichen Agenturen hätten eigentlich keine einheitliche theoretische Basis. Es fehle eine vollständige theoretische Untermauerung. „Wir sind die einzigen, die dazu eine Theorie entwickeln“, sagt Guan. Gelddrucken könne nicht die Bonität von Unternehmen garantieren. Guan ruft dazu auf, wieder die tatsächliche Leistung von Unternehmen in den Mittelpunkt von Kreditbeurteilungen zu stellen.
Das Konkurrenzmodell der Ratingagenturen führe dazu, dass tendenziell bessere Ratings erteilt würden. Ratingagenturen seien aber Sonderinstitutionen im Finanzsystem. Es gebe auch keine einheitlichen Standards. Selbst Amerika habe zudem keine wirksame Kontrolle der Ratingagenturen. Daher strebe China das Modell eines dualen Ratingsystems an.
Die Zentralregierung könne sich nicht mit allen Wirtschaftseinheiten und deren Ratings befassen. Daher bedarf es eines Systems, mit dem die Kreditbeziehungen und die Bonitätsbeurteilungen systematisch unterstützt werden.
Guan kommt auf das Thema der Internetfinanzen zu sprechen. Das Phänomen lasse sich heute noch nicht exakt erklären. Im Internet würden Kreditbeziehungen entstehen. Das Internet unterstütze das Entstehen solcher Beziehungen. Die Entstehung von Krisen hänge mit der Justierung von Kredit zusammen.
Wirtschaftskrisen würden von einem „Überschuss“ von Kredit getragen. Das Wirtschaftssystem der USA sei eigentlich nicht so stark, aber die Amerikaner hätten ihr Kreditsystem sei weit ausgebaut. Daher würden den USA weltweit Ressourcen zufließen. Die globale Wirtschaft sei ein wertrealisierendes System, das dem Kreditsystem spiegelbildlich gegenüberstehe.
Dagong habe in Hongkong die Universal Credit Rating Group aufgebaut, die weltweit Aufmerksamkeit auf sich gezogen habe. Das Lehrmaterial für Rating, das bisher im Kreditbereich benutzt werde, sei für die Situation in China nicht angemessen. Daher müsse eigenes Knowhow aufgebaut werden. „Jetzt ist eine Zeit, um die Ratingkenntnisse um-, auf- und auszubauen“, sagt Guan.
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Kurzweiliger Schreck ungedeckten Geldes
Von Dr. Oliver Everling | 17.Oktober 2014
Wem die Lektüre der Werke von Ludwig von Mises und daraus selbst die Konsequenzen abzuleiten zu mühsam erscheint, findet mit dem Buch von Andreas Marquart und Philipp Bagus eine kurzweilige Alternative, die zugleich pointiert auf heutige Probleme unseres ausufernden Schuldensystems fokussiert ist: „Warum andere auf Ihre Kosten immer reicher werden: … und welche Rolle der Staat und unser Papiergeld dabei spielem“. Das Buch stützt sich im wesentlichen auf das wissenschaftlich tiefe und breite Fundament der Österreichischen Schule.
Das Buch stützt sich somit auf gesicherte Erkenntnisse. Da diese schon vor Jahrzehnten formuliert und immer wieder kritisch hinterfragt und diskutiert wurden, liegt der Wert dieses neuen Buches daher weniger in neuen Thesen und Theorien, sondern in den praktischen Denkanstößen, den vielen Beispielen aus der Praxis sowie der aufrüttelnden, manchen auch provozierenden Sprache.
„Wenn Sie nun erwarten,“ leiten die Autoren in ihr Buch ein, „dass dieses Buch eine Hetzschrift gegen die ‚bösen‘ Reichen und Unternehmer ist, die ihre armen Arbeitnehmer ausbeuten und die man mit Gesetzen zwingen muss, höhere Löhne oder Mindestlöhne zu zahlen, dann täuschen Sie sich.“
Die Autoren gehen vielmehr bis an die historischen Quellen des Geldes zurück und stellen fest, „dass dieses Geld irgendwann einmal nicht Geld, sondern einfach nur Ware war. Und weil diese Ware häufig gehandelt wurde, genau wie in unserer Geschichte, wurde diese Ware plötzlich zu Geld oder Warengeld, ganz ohne staatliche Autorität.“
Nicht nur in der Politik, sondern auch wer Volks- oder Betriebswirtschaftslehre studiert, wird kaum je ernsthaft hinterfragt, ob es nicht bessere Alternativen zu „der“ Notebank gibt, sondern meist nur die Funktionen einer Notenbank aufgezählt. „Bei jedem anderen Produkt würden sich die Verbraucher über die Monopolstellung eines Produzenten beklagen. Bei unserem Geld tut das niemand. Warum nicht? Mal ganz ehrlich, haben Sie sich jemals gefragt, warum der Staat für unser Geld zuständig ist?“
Die Autoren rütteln an Glaubenssätze, die heutzutage im deutschen Staatsfernsehen – ARD, ZDF usw. – praktisch als Wahrheiten präsentiert werden: Inflation ist nach „offizieller“ Ansicht unabdingbar, es „drohe“ die Deflation. Tatsächlich muss es erstaunen, wie viele Menschen diesen Lehren bedingungslos folgen, obwohl sie zu Hause im Haushalt wohl kaum etwas anderes als Klagen über Teuerungen und das knappe Haushaltsgeld hören. „Also, wir haben nichts gegen fallende Preise. Und Sie? Die Notenbank scheint aber etwas dagegen zu haben. Warum? Weil in einem Papiergeldsystem fallende Preise sich zerstörerisch auswirken.“
Was sich wie ein Scherz liest, ist bittere Wahrheit: „Wir überlassen unser Geldwesen also Menschen, die scheinbar nicht einmal in der Lage sind, einen Flughafen fristgerecht fertigzustellen. Aber beim Thema Geld kennen die sich ja sicher aus. Zugegebenermaßen ist das Funktionieren unseres modernen Geldsystems alles andere als trivial.“
Die Darstellungen von Marquart und Bagus lassen Zweifel daran aufkommen, ob die Monopolisierung der Geldschöpfung in der Hand von sehr wenigen Menschen wirtschaftlich begründet und gerecht ist. „Dürfen Sie Geld am Computer schaffen und anderen auf ihren Konten gutschreiben und dafür Zinsen kassieren? Nein, aber die Banken dürfen’s. Wieso dürfen die das und wir nicht?“
Die Autoren zeigen auf, wie schon durch Wortwahl und Definitionen der „Schwarze Peter“ der Finanz- und Wirtschaftskrisen Menschen zugeschoben wird, die dafür letztlich nicht verantwortlich sind: „Durch die Definition der Inflation als Teuerung wird von den Gründen abgelenkt. Man kann den Schwarzen Peter dann viel leichter anderen zuspielen. Dann war es eben der böse kapitalistische Eisverkäufer oder die raffgierige Erdölindustrie, die die Preise erhöht haben, um sich zu bereichern.“
Vor dem Hintergrund der aktuellen „Verwunderung“ über die „mangelnde“ Inflation trotz ungeheurer Geldmengenvermehrungen sind auch die Nachweise der Autoren zu folgender Überlegung wichtig: „Inflation als Teuerung zu bezeichnen ist so, als ob man ein Symptom einer Krankheit mit seiner Ursache verwechselt. Aber nicht das Fieber ist die Krankheitsursache, sondern die Viren im Körper. Genauso ist der Preisanstieg nur eine Folge der Geldmengenausweitung. Er ist noch nicht einmal eine notwendige Folge.“
„Fallende Preise sind das natürliche Ergebnis von Wirtschaftswachstum. Eine wirklich demokratische Art, den Produktivitätsfortschritt der breiten Bevölkerungsmasse zugutekommen zu lassen.“ Warum auch die heutige Bundesregierung sich nach Kräften dieser Wohlstandssteigerung trotz umgekehrter Lippenbekenntnisse entgegenstellt, macht das Buch von Marquart und Bagus klar.
Im Kern leidet unser Finanzsystem demnach an den Verlockungen des Goldschürfens: Wer als erster das Gold findet und in Umlauf bringt, genießt bei (noch) niedrigen Preisen einen Wohlstandsvorteil, da das zusätzliche Gold nur langsam auch Preisanpassungen in der gesamten Volkswirtschaft zur Folge hat. Im Unterschied zum Goldschürfen ist die heutige Produktion von Geld jedoch gänzlich mühe- und nahezu kostenlos, denn sie erfolgt tagtäglich per Mausklick. Diese Verlockung ist es, denen Regierungen auf allen Kontinenten verfallen sind.
Im Mittelpunkt des Buches steht mithin der Cantillon-Effekt. Wer zuerst an billige Kredite kommt, profitiert von den niedrigen Preisen für Sachwerte (vor allem Aktien und Immobilien). Dagegen ist der gewöhnliche Sparer im Nachteil, weil er außer Haus und Hof keine Sachwerte hat, die er beleihen könnte. Zudem steigen die Preise für Sachwerte schneller als die Zinseinnahmen auf Sparguthaben. Diesen Prozess erläutern die beiden Autoren aus Sicht der österreichischen Schule der Nationalökonomie und beleuten die Rolle des staatlichen Notenbankmonopols in Verbindung mit dem Fiat-Geldsystem.
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US-Behörde kostete Kölner Unternehmen Millionen
Von Dr. Oliver Everling | 17.Oktober 2014
Die DF Deutsche Forfait AG, Köln, (Prime Standard, ISIN: DE0005488795) wurde vom Office of Foreign Assets Control (OFAC), einer Behörde des US-Finanzministeriums, von deren Sanktionsliste (SDN Liste) entfernt. Im Februar 2014 hatte das OFAC die Gesellschaft wegen behaupteter Verstöße gegen Iran-Sanktionen auf die Liste gesetzt.
„Durch die nun erfolgte Streichung von der SDN Liste sieht sich die Gesellschaft in ihrer Auffassung bestätigt, keine Verstöße gegen US-Sanktionsrecht begangen zu haben. Gleichzeitig kommt mit der Streichung von der Liste eine Vereinbarung zwischen der Behörde und der Gesellschaft zustande,“ heißt es in einer Pressemitteilung der Gesellschaft, „in der die Gesellschaft bestimmte Garantien gegenüber dem OFAC abgibt. Zudem hat sich die Gesellschaft darin verpflichtet, eng spezifizierte Auflagen und Berichtspflichten gegenüber dem OFAC einzuhalten. Die Streichung von der OFAC Sanktionsliste erfolgte ohne Strafzahlung.“
Durch die Vereinbarung der Auflagen verpflichtet sich die Gesellschaft insbesondere, ihr bestehendes Compliance-System im Einklang mit US-amerikanischem Sanktionsrecht jeweils zu erweitern bzw. anzupassen. „Die Erweiterung hatte die Gesellschaft bereits im März 2014 umgesetzt. Auch die übrigen Auflagen und Berichtspflichten will und kann die Gesellschaft erfüllen.“
Die Gesellschaft darf nach aufgrund der Streichung von der Sanktionsliste wieder im vollen Umfang Geschäfte in US-Dollar tätigen. Sie darf – unter Beachtung des US-amerikanischen Sanktionsrechts – ihr bisheriges Geschäft zudem in vollem Umfang wieder aufbauen.
Die erhebliche Einschränkung der operativen Handlungsfähigkeit durch das 249-tägige OFAC Listing hat in den ersten neun Monaten 2014 zu Verlusten von rund EUR 9,0 Mio. geführt. „Hiervon entfallen EUR 1,5 Mio. auf Rechts- und Beratungskosten als Einmalaufwendungen im Zusammenhang mit dem OFAC Listing“, berichtet die Gesellschaft. „Die Eigenkapitalposition der Muttergesellschaft DF Deutsche Forfait AG verringert sich gemäß vorläufiger Zahlen auf rund EUR 2,2 Mio. per Ende September 2014. Zur Höhe des Konzerneigenkapitals kann die Gesellschaft derzeit keine Angaben machen, da dies von den endgültigen Konzernzahlen 2013 abhängt, die noch Gegenstand einer Nachtragsprüfung sein werden. Auch im vierten Quartal wird mit weiteren Verlusten gerechnet, da der Wiederaufbau des Geschäftsvolumens auch nach Streichung von der Sanktionsliste noch einige Monate dauern wird.“
Der Vorstand will kurzfristig ein Konzept zur vollständigen Wiederherstellung der operativen Handlungsfähigkeit der Gesellschaft vorlegen: „Die Gesellschaft plant dabei verschiedene Maßnahmen zur Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis und zur Sicherung ihrer Fremdkapitalfinanzierung. Dazu wird ein Sanierungsbeitrag sowohl von Eigenkapital- wie von Fremdkapitalgebern erforderlich sein.“
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Bargeld durch Pfandsicherheiten
Von Dr. Oliver Everling | 15.Oktober 2014
Die marktorientierte Bewertung der Pfandsicherheiten ist bei iPfand selbstverständlich. Es ist das erste Online-Angebot in Deutschland, das Kredite gegen Wertgegenstände vergibt. Als Angebot der Deutsche Pfandkredit AG ermöglicht iPfand insbesondere Menschen mit Sachvermögen sowie Kleinunternehmern und Selbstständigen innerhalb von 24 Stunden Liquidität bis 100.000 € durch Hinterlegung von Leihgütern wie Luxus-Uhren, Schmuck, Edelmetallen, Edelsteinen oder anderen Wertgegenständen zu erhalten.
Die große Mehrheit der Pfandleihgegenstände sind Schmuckstücke, insbesondere aus Gold und Luxusuhren. Aber auch hochwertige Technik, wie zum Beispiel viele Apple Produkte, Kunst oder Fahrzeuge kommen in Frage. In der Pfandbranche sind Fachleute mit den Schätzungen der Wertgegenstände beauftragt.
„Oft haben die Experten langjährige Erfahrungen im Schmuckhandel“, heißt es dazu zur Erklärung bei iPfand, „oder sind ausgebildete Juweliere, Goldschmiede, Uhrmacher, Diamantgutachter oder Edelsteinfachleute. Maßgeblich für die Wert-Schätzung ist aber nicht der ursprüngliche Kaufpreis, sondern der aktuelle Marktwert beziehungsweise der mögliche Wiederverkaufswert.“
Gerade bei technischen Geräten kann der Unterschied zwischen Kaufpreis und dem aktuellen Wert schon nach relativ kurzer Zeit erheblich sein. Daher werden sehr gerne wertbeständige Gegenstände wie Gold- und Silber-Schmuck, hochwertige Markenuhren, Diamanten und Edelsteine beliehen.
Bei den Schätzungen kommt es ja nach Kompetenz und Infrastruktur des Anbieters regelmäßig zu erheblichen Differenzen. „Wer sich unsicher ist,“ rät iPfand, „sollte sich Angebote von mehreren Anbietern einholen. Grundsätzlich lohnt sich aber auch die Überlegung, ob unbedingt die höchstmögliche Auszahlungssumme in Anspruch genommen werden sollte. Denn: Je höher die Pfandsumme, desto höher sind auch die anfallenden Zinsen und Gebühren.“
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Bankenabhängigkeit des Mittelstands
Von Dr. Oliver Everling | 15.Oktober 2014
Nur knapp die Hälfte der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sehen sich selber bei der Unternehmensfinanzierung als von ihrer Bank unabhängig an. Das ist ein Ergebnis der Umfrage „KMU-Banken-Barometer 2014″, die der Verband „Die KMU-Berater – Bundesverband freier Berater e.V.“ in diesem Jahr erstmals durchgeführt hat. Alle Ergebnisse der Umfrage werden unter www.banken-barometer-2014.kmu-berater.de veröffentlicht.“
Das bedeutet, dass sich mehr als die Hälfte der KMU in eine gefährliche Abhängigkeit von einer Bank begeben haben“ betont Bernd Tovar von der Fachgruppe Finanzierung-Rating im KMU-Beraterverband. Und es bleibe die Frage, ob die von knapp 50 Prozent der Unternehmen gesehene Unabhängigkeit tatsächlich vorhanden sei? „Die Abhängigkeit von einer Hauptbank kann für ein Unternehmen aus zwei Gründen bestandsgefährdend werden“ erläutert Tovar.
Sollte nämlich die Hausbank die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens kritischer beurteilen, kann dies schnell zu einer restriktiveren Haltung bei der Verlängerung bestehender Kredite oder bei neuen Kreditwünschen führen.
„Zweitens erleben wir häufig in der Beratung, dass Banken ihre Risikopolitik verändern und sich Mittelständler plötzlich einer zurückhaltenderen Kreditvergabe gegenüber sehen, obwohl ihre wirtschaftlichen Verhältnisse unverändert gut sind“ berichtet Tovar aus der Beratungspraxis. Anlässe für solche Änderungen in der Risikopolitik seien zum Beispiel oftmals Bankfusionen oder neue Vorstände oder auch insgesamt zu hohe Risiken in der Bilanz einer Bank selber.
Der Handlungstipp der KMU-Berater: Mittelständler sollten eine zweite in etwa gleich starke Hauptbankbeziehung zu einem anderen Kreditinstitut aufbauen. „Dieser Schritt muss in Zeiten getan werden, in denen die Situation gut ist. Zum einen erleichtert das den Aufbau neuer Kreditbeziehungen, zum anderen benötigt der Aufbau einer zweiten Hauptbankverbindung Zeit gerade auch mit Blick auf die Verteilung der Sicherheiten“ so Tovar. Hintergrund für diese Empfehlung aus Sicht der KMU-Berater: Banken und Sparkassen haben oftmals unterschiedliche Sichtweisen und verfolgen verschiedene Risikostrategien. Das eröffne Unternehmen mehr Finanzierungsspielräume. Außerdem sei auch nur auf dieser Basis ein wirklicher Wettbewerbsvergleich von Angeboten der Banken möglich.
Außerdem fordern die KMU-Berater die mittelständischen Unternehmen auf, auch weitere Finanzierungs-Alternativen zu betrachten und ihren Finanzierungs-Mix auszubauen. Dies seien zum Beispiel Leasing, Factoring, Beteiligungskapital und auch die neuen Möglichkeiten im Internet, wie sie unter anderen das Finanz-Portal www.compeon.de biete.
„Erfreulicherweise sagen 70 Prozent der Unternehmen, dass sie eine klare Finanzierungsstrategie haben. Mit Blick auf die hohe Abhängigkeit von einer Hauptbank sehen wir aber auch bei diesen Unternehmen Handlungsbedarf, ihre Finanzierungsstrategie nochmals zu überprüfen“ betont Tovar.
Das KMU-Banken-Barometer umfasste zwölf Fragen. Die Umfrage konnte vom 15. Juni bis 31. August 2014 beantwortet werden. Davon haben 155 Unternehmer/innen Gebrauch gemacht.
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REAG, WISAG, Lagerhallen24.de & IndustrialPort erstellen Online-Ertragswertermittlung für Logistikimmobilien
Von Dr. Oliver Everling | 14.Oktober 2014
Die Immobilienberatungsgesellschaft REAG, der FM-Dienstleister WISAG, das Industrieimmobilienportal Lagerhallen24.de und die Industrieimmobilien-Researchgesellschaft IndustrialPort haben gemeinsam eine online-Ertragswertermittlung für Lager-, Logistik- und Produktionsimmobilien erstellt.
Die bundesweite Auswertung von Daten von Lagerhallen24, IndustrialPort, WISAG und REAG ermöglicht es, eine erste Wertindikation im Rahmen der vom Nutzer eingegebenen Daten abzuleiten. So werden verschieden Nutzungsarten, Objektqualitäten, regionale und objekttypische Mieten, Instandhaltungs- und Verwaltungskosten berücksichtigt und mittels Ertragswertverfahren nach deutschen Regularien (ImmoWertV) verarbeitet.
Zum ersten Mal wird diese Expertise mittels einer Online-Plattform (www.industrialport.de) zur Verfügung gestellt. Die Kooperation der vier bundesweit agierenden Unternehmen ermöglicht eine flächendeckende Betrachtung des gesamten Hallenflächenbestandes inklusive der dazugehörigen Büroflächen.
„Viele Eigentümer, Nutzer oder Kaufinteressenten möchten sich zunächst ein grobes Bild über den Wert der Immobilie verschaffen“, erläutert Peter Salostowitz, Geschäftsführer von IndustrialPort. „Dennoch ersetzt die Indikation selbstverständlich keine gutachterliche Begehung und sachverständige Wertermittlung einer individuellen Immobilie“, fügt Thomas Kral, Leiter Bewertung bei der REAG, an.
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Deutschland am Tropf des Euroraums
Von Dr. Oliver Everling | 13.Oktober 2014
„Deutschland kann sich der schwachen Dynamik im Euroraum nicht länger entziehen. Folge ist ein sehr moderates Wachstumauch im Jahr 2015. Die Politik bleibt gefordert, die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu sichern und einen Beitrag zur Lösung der Probleme in Europa zu leisten“, so die These von Axel Angermann von der FERI EuroRating Services auf der FERI Herbsttagung am Frankfurter Flughafen. Die deutsche Industrieproduktion leide unter der schwachen Exportentwicklung in den Euroraum. Die deutsche Industrieproduktion knickte ab. Während nach China und in die USA kräftig exportiert werde, blieben die Nachfrageimpulse aus dem Euroraum aus.
Angermann bemerkt die gute Lage in den binnenmarktorientierten Bereichen, hegt aber verhaltene Erwartungen, sowohl nach Betrachtung des Geschäftsklimas Dienstleistungen, als auch bei den Baugenehmigungen. Arbeistmarkt und Einkommensentwicklungen stützen in Deutschland den privaten Verbrauch. 2015 sieht Angermann einen Wachstumsrückgang trotz höheren Konsums voraus und empfiehlt, unter fundamentalen Gesichtspunkten deutsche Aktien unterzugewichten.
Angermann bemerkt den Unterschied zwischen den USA und Europa auch im Bankensektor. Während in Japan keine einzige Großbank unverändert durch die Krise gegangen sei, blieb der Bankensektor z.B. in Deutschland praktisch ohne Veränderung. „Das zeigt den noch bestehenden Konsolidierungsbedarf“, kommentiert Angermann, denn viele maßgebliche Faktoren zur Veränderung der Bankwirtschaft wirken auch hier.
„Zwischen der Umsetzung der beabsichtigten Wirtschaftsreformen in China und einer periodisch wiederkehrend expansiver ausgerichteten Geldpolitik besteht ein Zielkonflikt“, richtet Angermann den Blick nach Asien. „Kurzfristig wird so zwar die Wirtschaft stabilisiert, langfristig erscheint der Ausgang der Reformagenda allerdings unsicherer denn je.“ Angermann beobachtet in China eine leicht expansiver ausgerichtete Geldpolitik und vermag Stabilisierung zu erkennen, aber keine grundsätzlich höhere Wachstumsdynamik. China biete Chancen für risikobewusste Anleger.
„Die Wachstumsdynamik der Schwellenländer bleibt – bei deutlichen Unterschieden zwischen den einzelnen Ländern – insgesamt begrenzt.“ Angermann seiht verbesserte Aussichten für Indien und Malaysia und macht dies an der Analyse von Faktoren wie Inflation, Leistungsnbilanz, Wechselkurs und Devisenreserven fest. In Osteuropa bestehen größere Risiken in Ungarn und Russland.
Wer in Schwellenländer investiert, muss sich detailliert mit den Länderratings der FERI EuroRating Services befassen. Die Wachstumsperspektiven für Schwellenländer zeigen, dass Länderdifferenzierung wichtig ist. Mit Blick auf Aktien sei die Hoffnung auf neuen Aufschwung noch nicht fundamental gedeckt. Renten aus Schwellenländern bieten allerdings eine Alternative zu Industrieländern.
Zusammenfassend warnt Angermann vor den Rentenmärkten in den USA, ist aber bullish bezüglich der US-Aktienmärkte. In Lateinamerika sind die Rentenmärkte attraktiver als die Aktienmärkte. Nur bei China sieht Angermann sowohl die Aktien- als auch die Rentenmärkte im grünen Bereich.
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Auch die sicheren Häfen sind in Gefahr
Von Dr. Oliver Everling | 10.Oktober 2014
„Die Mehrheit der Deutschen glaubt nicht daran, dass es bei der Geldanlage überhaupt möglich ist, einen Blick in die Zukunft zu werfen. Das meiste Geld investiert sie daher in die eigene Wohnung oder ins Eigenheim.“ Dass doch mit gesundem Menschenverstand der eine oder andere Blick in die Zukunft zu gelingen vermag, stellt Guido Lingnau in seinem Buch unter Beweis.
Guido Lingnau „Auch die sicheren Häfen sind in Gefahr – Schützen Sie Ihr Vermögen vor der demografischen Katastrophe“ 288 Seiten ISBN 978-3-89879-869-3 FinanzBuch Verlag, München 2014.
Im ersten Kapitel geht es um Prognosen und die analytischen Werkzeuge, „The trend is your friend“, Mode- und Megatrends. Lingnau taucht tief in die Geschichte ein, indem er sich Kondratieff-Zyklen vornimmt, Superzyklen an den Aktienmärkten, politische Ereignisse vom Fall der Mauer bis zum Putin-Hitler-Vergleich, Finanzkrisen und Preisentwicklungen. Im dritten Kapitel geht er Fragen nach dem Wie und Warum nach, identifiziert alterabhängiges Verhalten in den fünf Rollen „Produzieren, Konsumieren, Investieren, Sparen, sowie Reformieren und Risiken eingehen“. In diesem Kapitel geht er auch dem Kernelement seiner Argumentationen nach, nämlich den demografischen Wellen und den aus ihnen folgenden – wie er es nennt – „Jahreszeiten“: Es folgt ein Kapitel über die nächsten Krisenherde, ein Kapitel über lohnende Investitionsländer sowie ein Kapitel über konkrete Empfehlungen. Das Buch schließt mit einem Kapitel über „Deutschland: gestern, heute und morgen“.
Lingnau analysiert u.a. den Dow Jones Industrial, der seit 1900 insgesamt drei Phasen mit deutlich überdurchschnittlichen Erträgen durchlaufen hat. „Jede dieser Phasen wurde von einer Babyboomer-Generation angeschoben, als diese mehrheitlich das 20. Lebensjahr erreicht hatte, und der Boom endete jeweils, als diese Generation Anfang 40 war.“ Lingnau glaubt in den drei Superzyklen am US-Aktienmarkt und drei Kondratieff-Wellen ein gemeinsames demografisches Muster zu erkennen. „Die jeweils dominierenden Volkswirtschaften, im 19. Jahrhundert die europäischen und im 20. Jahrhundert die US-amerikanische, gaben dabei auch den weltweiten Takt für Wirtschaft und Finanzmärkte vor.“
Lingnau geht einer Reihe von Beobachtungen auf den Grund und gibt Beispiele von einem markanten Trend: „Sind die Babyboomer im Alter von unter 20 Jahren, so ist die Wahrscheinlichkeit einer hohen Inflation recht groß. Danach sinkt sie in der Tendenz deutlich.“
Da sich die Altersstruktur einer Gesellschaft langsam, aber fortlaufend ändere, ändere sich auch beispielsweise die Summe aller altersabhängigen Angebots- und Nachfrageimpulse in der Wirtschaft Tag für Tag ein klein wenig. „Die Babyboomer üben dabei aufgrund ihrer zahlenmäßigen Stärke zwangsläufig mit ihrem jeweiligen altersabhängigen Verhalten einen größeren Einfluss auf die Gesamtentwicklung aus als kleinere Altersgruppen.“
Aufgrund der Veränderungen des Verhaltens der Babyboomer durchleben Volkswirtschaften demografische – wie Lingnau es nett – „Jahreszeiten“. Die Jahreszeit, in der sich die Babyboomer zu einem gegebenen Zeitpunkt befinde, bestimme die Jahreszeit, die die Gesellschaft insgesamt durchlebt, folgert Lingnau. Zum Winterland werde ein Land, so Lingnau, dessen Babyboomer in den Ruhestand übergehen, ohne dass eine neue, stärkere Babyboomer-Generation geboren wurde. „Das Japan des Jahres 2014 bietet ein Beispiel.“
Lingnau befasst sich jedoch nicht nur mit demografischen Beobachtungen, sondern stellt diese auch in den Kontext weiterer Faktoren, wie etwa der Schuldenkrise der Staaten in Europa. „Bleibt es bei der positiven Leistungsbilanz der Eurostaaten, könnte eine neue Schuldenkrise tatsächlich in eine fernere Zukunft hinausgezögert werden. Der Unterschied zu Japan ist aber, dass die Eurostaaten keinen gemeinsamen Staatshaushalt haben. Die Bonität der einzelnen Staaten ist, gelinde gesagt, teilweise äußerst zweifelhaft. Banken und große Unternehmen werden ihre Guthaben eher ins Ausland bringen, als sie klammen Staaten anzuvertrauen.“
Unter den Industrieländern hält Lingnau langfristig aus rein demografischer Sicht nur die USA, Schweden und Australien für interessant. „Die letztgenannten Länder dürften aber erst dann zu attraktiven Anlageländern werden, wenn sie ihre Überwertung am Immobilienmarkt abgebaut und die nicht unwahrscheinliche Finanzkrise überwunden haben. Später, ab etwa 2023, könnte Großbritannien folgen. In Spanien und Portugal endet der Sommer in den kommenden beiden Jahren. Irland hätte noch bis 2020 demografischen Rückenwind. Junge Sommerländer finden sich ansonsten nur unter den Schwellenländern.“
Lingnau dämpft die Hoffnungen für Afrika. „Afrika galt in den letzten Jahren bei vielen Anlegern als eine Art Geheimtipp. Vor allem das starke Bevölkerungswachstum und die sehr junge Bevölkerung wurden immer wieder als Investitionsgründe benannt.“ Dabei sieht Lingnau zu viele Kinder eher als einen Bremsklotz für die Entwicklung an den Aktienmärkten. „Frühlingsländer leiden häufig unter einer hohen Inflation, Verteilungskämpfen und mangelnden Innovationen. All diese Faktoren behindern die Wertentwicklung von Aktien und erst recht von Anleihen.“
Innovationen identifiziert Lingnau als die Haupttriebkraft für Wirtschaft und Aktien. „Innovationssprünge fand man seit 1789 überwiegend in großen marktwirtschaftlich organisierten Ländern, wenn dort eine neue Babyboomer-Generation ins Erwerbsleben eintrat, also im demografischen Sommer. Dann lief es auch meist sehr gut an den Aktienmärkten, wie wir bereits gesehen haben.“
Zu den Guthaben der Deutschen bei Banken und Lebensversicherungen sieht Lingnau wesentlich bessere Alternativen. „Neben dem selbst genutzten Wohnraum sollte jetzt auch kein neues, nicht selbst genutztes Immobilienvermögen in Deutschland mehr erworben werden. Sehr viel spricht für ein breit gestreutes Portfolio aus Aktien, Anleihen, Währungen und Gold.“
Lingnau bleibt nicht bei diesem groben Raster der Empfehlungen, sondern kommt in seinem Buch noch wesentlich konkreter zur Sache, etwa in der Frage, wann Versicherungen zur Altersvorsorge optimalerweise abgeschlossen werden sollten. Indem er praktische Vorschläge macht, erhöht er den Nutzwert des Buches deutlich über eine rein akademische Abhandlung, denn seine Vorschläge erlauben es dem Leser, die Implikationen der Beobachtungen des Autors auch subjektiv nachvollziehen zu können.
Lingnau bezeichnet sich selbst – bescheiden – als „ökonomischen Laien“. Der Text des Buches zeigt, dass dies offenbar eine gute Voraussetzug für nachvollziehbare Argumentationen und Schlussfolgerungen ist, denn Lingnau argumentiert erkennbar frei von theoretischem Ballast und frei vom Streit unter Denkschulen, die gewöhnlich die Chefvolkswirte zur Einseitigkeit vorverurteilen. So kann sich der Leser ganz auf die Sache konzentrieren und muss sich nicht mit allfälligen Sticheleien gegen Keynsianer, Monetaristen oder mit Dogmen befassen.
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Die Geld Apokalypse
Von Dr. Oliver Everling | 10.Oktober 2014
„Die Geld Apokalypse – Der Kollaps des internationalen Geldsystems“ von James Rickards aus dem FinanzBuch Verlag der Münchner Verlagsgruppe trifft den Nerv einer Zeit, in der die Sorge um den künftigen Wert des Geldes offenbar ganz neue politische Parteien und Initiativen hervorzubringen vermag. Das Buch von Rickards reiht sich an weitere Titel aus dem FinanzBuch Verlag, die sich aus verschiedenen Persepktiven mit dem Thema „Geld“ und seiner Ordnung befassen.
Das Buch gliedert sich in drei Teile: Geld und Geopolitik, Geld und Märkte, Geld und Wohlstand. Im ersten Teil hat es der Leser mit einem Kapitel „Prophezeiung“ zu tun mit Abschnitten zu Trading, Terror-Trade, „Projekt Vorhersage“ und MARKINT, sowie einem zweiten Kapitel „Das Gesicht des Kriegsgotts“. Wie in einem unterhaltsamen Hollywood-Film präsentiert Rickards Action, Comedy, Drama usw. Der Leser erfährt Gruseliges von dunklen Machenschaften der Geopolitik, bekommt bekannte Klischees präsentiert, z.B. den Schrecken von Millionen getöteter chinesischer Mädchen als angebliche Folge der Ein-Kind-Politik usw.
Wie für amerikanische Bücher inzwischen typisch, spielt auch im Buch von Rickards China eine große Rolle – bis hin zu Reiseeindrücken vom pompösen Südbahnhof in Nanjing. „Die ökonomischen Kosten eines Finanzkriegs gegen die USA sind vielleicht nicht höher als die eines Kriegs auf dem Wasser und in der Luft und der verursachte Schaden könnte sogar noch größer sein. China besitzt keine Flotte mit hochmodernen Flugzeugträgern, aber es hat Geld und Computer und wird sich sein eigenes Schlachtfeld aussuchen.“
„Die Federal Reserve glaubt, dass sie einen umkehrbaren Prozess managt. Sie glaubt, dass man mit der angemessenen Menge an Geld und Zeit Deflation in Inflation und später zu Disinflation verwandeln kann. In diesem Punkt liegt sie falsch“, schreibt Rickards. Deflation sei aus vielerlei Gründen der schlimmste Albtraum der Federal Reserve. „Reale Gewinne durch Deflation sind schwer zu besteuern. Wenn eine Schuldirektorin bei konstanten Preisen 100 000 Dollar im Jahr verdient und eine Gehaltserhöhung von 5 Prozent erhält,“ gibt Rickards ein Beispiel, „erhöht sich ihr realer Lebensstandard vor Steuern um 5000 Dollar. Aber die Regierung besteuert den Gehaltsanstieg und für die Direktorin bleibt weniger übrig. Wenn ihr Gehalt gleich bleibt und die Preise um 5 Prozent sinken, hat sie denselben Anstieg ihres Lebensstandards um 5000 Dollar. Diesen Zuwachs kann die Regierung aber nicht besteuern, weil er nicht durch eine Gehaltserhöhung, sondern durch niedrigere Preise zustande gekommen ist.“
Die Federal Reserve verstehe nicht, legt Rickards dar, dass Geldschöpfung ein irreversibler Prozess sein kann. „Ab einem bestimmten Punkt kann das Vertrauen in das Geld verloren gehen und es gibt keine Möglichkeit, es wiederherzustellen. Ein ganz neues System muss den Platz des Geldes einnehmen. Aus der Asche des alten Dollarsystems wird ein neues internationales Währungssystem hervorgehen, so wie das Dollarsystem 1944 in Bretton Woods aus der Asche des Britischen Commonwealth hervorgegangen ist, noch bevor die Flammen des Zweiten Weltkriegs gelöscht waren. Die Crux des Problems im heutigen internationalen Finanzsystem ist, dass es nicht um Geld, sondern um Schulden geht. Geldschöpfung dient dem Zweck, faule Schulden zu managen.“
Wie so oft bei volkswirtschaftlich orientierten Büchern, ist das Buch von Rickards stark in der Kompilation vieler Fakten, die Herleitung von konsistenten Schlussfolgerungen und Empfehlungen steht dagegen auf einem dünnen Fundament. So passt Rickards Sympathie für die Nutzung von Sonderziehungsrechten (SDR) wohl kaum zu seinen zahlreichen Beobachtungen vom „Ruin der Finanzmärkte“, der doch gerade durch sich jahrzehntelang ausweitende staatliche Eingriffe verursacht wurde. Woher die Hoffnung kommen soll, dass Politiker mit einer gestärkten Weltbank, der niemand mehr entrinnen kann, alles besser machen, bleibt daher offen.
Statt in den politischen Verlockungen staatlicher Zwangsgeldsysteme und Schuldenwirtschaft die Ursache der Krisen zu suchen, hofft Rickards offenbar auf die „Zentralbank der Welt“: „Um SDRs auf diese Weise zu verwenden, wird die Zustimmung der Chinesen erforderlich sein und im Austausch gegen diese Zustimmung werden die Chinesen darauf bestehen, dass SDRs nicht dazu verwendet werden, um wie in der Vergangenheit den Dollar zu retten, sondern um den Dollar so schnell wie möglich zu ersetzen. Dieser Prozess wird sich innerhalb weniger Monate abspielen, sozusagen in Lichtgeschwindigkeit, gemessen an den Standards des internationalen Währungssystems. Auf Dollarbasis wird dieser Übergang inflationär sein, nicht wegen des Druckens neuer Dollars, sondern weil der Dollar gegenüber dem SDR abgewertet werden wird. Ab diesem Zeitpunkt wird die US-Volkswirtschaft schwierigen strukturellen Anpassungen ausgesetzt sein, weil sie ihre SDRs im internationalen Wettbewerb verdienen muss und nicht durch beliebiges Drucken von Banknoten.“
Rickards hofft offenbar auf übergeordnetes Geschick einer Weltbank, die er selbst als „auf transparente Weise intransparent“ beschreibt. Die Aufweichungen der Prinzipien, nach denen die Europäische Zentralbank ursprünglich einmal ans Beispiel der Deutschen Bundesbank anknüpfen sollte, sind mit Blick auf weitere Zentralisierung keine ermutigende Erfahrung. Rickards scheint sich aber für diese Machtfülle zu begeistern: „Die fünf Topmanager des IWF sprechen effektiv für die ganze Welt, wenn sie an einem Konferenztisch sitzen.“
„Jede Bewegung hin zu Gold-Dollars oder Gold-SDRs wäre inflationär,“ analysiert Rickards, „weil man Gold wesentlich höher bewerten müsste, um den Welthandel zu stützen und mit den existierenden Goldbeständen zu finanzieren. So wie beim Szenario mit den Papier-SDRs würde die durch die Abwertung des Dollar ausgelöste Inflation jede Art von Ersparnissen auslöschen.“
Am Ende des Buches stellt Rickards plötzlich vor, wie man sein Geld anlegen sollte: „Alles in allem sollte ein Portfolio aus 20 Prozent Gold, 20 Prozent Land, 10 Prozent Kunst, 20 Prozent alternativen Fonds und 30 Prozent Cash unter den Bedingungen von Inflation, Deflation und sozialen Unruhen eine optimale Kombination der Wohlstandswahrung bieten und zudem hohe risikoadjustierte Renditen und angemessene Liquidität gewährleisten. Aber kein solches Depot wird funktionieren, wenn man es einfach kauft und hält.“ Bei seinen Empfehlungen überrascht vor allem, dass nach den vielen Seiten der Lektüre über den Kollaps des Dollars der Leser nun einen hohen Anteil Dollars als Bargeld halten soll. Abgesehen davon fehlt solchen Empfehlungen der praktische Nutzwert für den Leser, wenn z.B. sein persönliches Risikoprofiling und viele andere Faktoren wie die steuerliche Situation außer Acht bleiben.
Hohe Inflation und hohe Deflation sind Szenarien, die – gemessen am selben Warenkorb – nicht gleichzeitig richtig sein können. So bleibt nach Rickards letztlich nur die Unsicherheit: „Die erhoffte milde, mittelmäßige Inflation, die sich selbst trägt und mit einer Geldillusion alle Boote anzuheben scheint, ist nicht mehr möglich. Das verbliebene Angebot besteht nur noch aus hoher Inflation, Deflation, Unruhen, Zahlungsausfällen und Repression.“
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