Japans geldpolitische Kapriolen für die globalen Kapitalmärkte

Von Dr. Oliver Everling | 27.Mai 2025

Selten zuvor waren die Stimmungsumschwünge der Marktteilnehmer abrupter und die Schwankungen an den globalen Börsen größer als in den vergangenen zwei Monaten. Am Tiefpunkt des Abverkaufs im Zuge des von Donald Trump so genannten „Liberation Day“, als der US-Präsident umfassende Zölle verkündete, zeigte sich die Nervosität der Anleger deutlich: „Der Fear and Greed Index, der die Stimmung der Anleger misst, signalisierte massive Panik“, erklärt Dr. Eduard Baitinger, seit 2015 Leiter Asset Allocation der FERI AG.

Das Sentiment war so schlecht wie seit Jahren nicht mehr. Doch nur kurze Zeit später wendete sich das Blatt. Eine schnelle und kräftige Erholung der Märkte ließ die Aktienindizes sogar überkauft erscheinen, der Fear and Greed Index schlug in den Bereich der Gier aus. Entscheidenden Einfluss hatte dabei die Einsicht, „dass selbst Trump eine – ökonomische – Schmerzgrenze hat und keinen vollständigen wirtschaftlichen Kollaps der USA in Kauf nehmen will“, so Baitinger weiter. In der Folge leitete Trump Maßnahmen zur handelspolitischen Deeskalation ein, die prompt einen drastischen Stimmungsumschwung an den Kapitalmärkten auslösten. Die derzeitige Konsolidierungsphase sei daher nicht überraschend, denn die Märkte müssten die „raschen Kursanstiege ‚verdauen‘“, sagt Baitinger.

Trotz dieser Entspannung sollten Investoren die bestehenden Risiken nicht unterschätzen. Die jüngste Marktberuhigung könnte Trump verleiten, erneut „handelspolitische Drohungen auszusprechen, um die Verhandlungen in seinem Sinne zu beeinflussen“, warnt Baitinger. Zudem hätten die Börsenturbulenzen im April nicht nur kurzfristige Spuren hinterlassen: „US-amerikanische Verbraucher und Unternehmen wurden nachhaltig verunsichert.“ Eine solche Unsicherheit gilt als gefährlich für die Wirtschaft, da sie sowohl Investitionen hemmt als auch Konsumenten von größeren Anschaffungen abhält. Erste Auswirkungen seien bereits in Frühindikatoren sichtbar, und „die Erfahrung zeigt, dass sich eine solche Nachfrageschwäche zeitverzögert meist auch in den ‚harten‘ Konjunkturdaten widerspiegelt.“ Hinzu kommt, dass trotz politischer Entspannung der effektive US-Zollsatz deutlich gestiegen ist – mit inflatorischen Folgen. Analysten gehen davon aus, „dass Einzelhändler ab Mitte Juni damit beginnen werden, die gestiegenen Zollsätze in Form höherer Preise an die Verbraucher weiterzugeben.“ Baitinger zufolge droht der US-Wirtschaft damit ein Sommer mit klaren „stagflationären Tendenzen“.

Auch aus Japan kommen beunruhigende Signale. Eine eigentlich routinemäßige Auktion von 20-jährigen japanischen Staatsanleihen führte „für Aufsehen an den Finanzmärkten“ und ließ die Renditen langlaufender Anleihen weltweit ansteigen. Der Grund: „Die Nachfrage fiel überraschend schwach aus – es war die geringste Beteiligung seit über einem Jahrzehnt.“ Die Bank of Japan steht damit vor einem geldpolitischen Dilemma. Einerseits will Japan die Deflation hinter sich lassen und die Geldpolitik normalisieren. Andererseits würden steigende Zinsen angesichts der hohen Staatsverschuldung „die Zinsausgaben perspektivisch auf ein unhaltbares Niveau steigen lassen“ und damit weitere Turbulenzen an den Märkten riskieren. Die aktuellen Entwicklungen zeigen laut Baitinger: „Der geldpolitische Kurs der Bank of Japan entfaltet zunehmend unerwünschte Nebenwirkungen für die globalen Finanzmärkte.“ Professionelle Anleger sollten daher auch diesen Aspekt aufmerksam im Blick behalten.

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Zinswende mit Folgen: Wie die Anleihemärkte unter Druck geraten sind

Von Dr. Oliver Everling | 27.Mai 2025

Die Anleihemärkte stehen unter Druck wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Nach einem über 30 Jahre andauernden Zinsrückgang hat der Inflationsschock ab 2021 zu einem dramatischen Kurswechsel geführt. „Der Epochenwechsel führte hohe Verluste bei langlaufenden Anleihen mit sich“, schreibt Christoph Bruns. Die daraus resultierenden Kursverluste haben viele Anleger kalt erwischt. Besonders deutlich wird das Ausmaß der Zinswende beim Blick auf den REXP Index, der die Renditeentwicklung deutscher Staatsanleihen mit etwa fünfjähriger Restlaufzeit abbildet. Bruns stellt fest: „Am Ende des Jahres 2020 stand der REXP bei 499 Punkten und ist seither um 8,4 % auf 457 zurückgefallen.“

Doch nicht nur die nominalen Verluste sorgen für Unruhe, sondern auch die realen Einbußen. Die allgemeine Lebenshaltung in Deutschland hat sich im gleichen Zeitraum um 21,5 % verteuert. Bruns zieht ein klares Fazit: „Dann kommt ein enormer Vermögens- und Wohlstandsverlust zum Vorschein.“ Dies geschieht in einer wirtschaftlich ohnehin angespannten Lage. „Die Wirtschaft in Deutschland \[wächst] seit Jahren nicht und die Investitionen \[sind] sogar bereits seit 2019 rückläufig“, bemerkt Bruns. Hinzu kommen „anhaltend hohe Geldentwertungsraten“ und „ein starkes Wachstum des Staates“, die die wirtschaftliche Stimmung zusätzlich belasten.

Auch über Deutschlands Grenzen hinaus sind die Auswirkungen der Zinswende spürbar. In den USA etwa reagieren Anleger zunehmend nervös auf die Staatsverschuldung. Der Schritt der Ratingagentur Moody’s, die Bonität der USA herabzusetzen, überrascht Bruns: „Denn mit wie vielen A‘s müsste dann ein Land ausgezeichnet werden, welches überhaupt keine Schulden hat?“ Aus seiner Sicht ist auch die Bonitätsbewertung selbst von einer „gehörigen Inflation“ betroffen.

Ein besonders aufsehenerregendes Ereignis war der jüngste Renditesprung bei dreißigjährigen US-Staatsanleihen auf über fünf Prozent. Für den US-Staat und dessen Steuerzahler bedeutet das massive finanzielle Belastungen. „Bei derzeit ausstehenden amerikanischen Staatsschulden in Höhe von knapp 37 Billionen \$ sorgt ein Zinsanstieg um einen Prozentpunkt für zusätzliche jährliche Zinsaufwendungen in Höhe von 370 Milliarden \$“, rechnet Bruns vor. Mittlerweile seien die Zinszahlungen im US-Haushalt höher als die Ausgaben für Medicare oder Verteidigung. Ob die USA diese Last durch Wirtschaftswachstum stemmen können, bezweifelt er: „Es steht zu bezweifeln, ob die USA durch Wirtschaftswachstum aus der Schuldenfalle herausfinden können, wie es die US-Präsidenten jedweder Couleur stets beschwören.“

Schließlich verweist Bruns auf ein weiteres Problem: Die Finanzierung der US-Schulden durch ausländische Investoren. Der „zuletzt schwächelnde US-Dollar“ sei dabei ein Warnsignal. Um Investoren trotz steigender Risiken zur Finanzierung der US-Verschuldung zu bewegen, werde es künftig „tendenziell höherer Zinsen bedürfen“.

Dr. Christoph Bruns zeichnet ein klares Bild der aktuellen Lage an den Anleihemärkten – und es ist kein beruhigendes.

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Hollywoods heimliche Stars: Diese Autos dominieren die Leinwand

Von Dr. Oliver Everling | 27.Mai 2025

Eine umfassende Analyse von AutoScout24 (im folgenden Zitate aus der Studie) hat ergeben, dass es in Hollywood nicht unbedingt die teuren Sportwagen sind, die auf der Leinwand dominieren. Stattdessen sind es robuste Klassiker, die das Bild vieler Blockbuster prägen – vor allem amerikanische Polizeiwagen, SUVs und Limousinen. Über 50.000 Filme aus einem Zeitraum von 25 Jahren wurden ausgewertet, um jene Fahrzeuge zu ermitteln, die besonders oft eine prominente Rolle auf der Leinwand einnehmen. Das Ergebnis überrascht: „Es sind nicht etwa Luxusflitzer oder Sportwagen, sondern robuste Klassiker, die Filmgeschichte schreiben.“

Angeführt wird das Ranking vom Ford Crown Victoria, einem Modell, das in Actionfilmen fast schon Pflicht ist. Der Grund: „Er strahlt direkt Autorität aus“, besonders in der Variante als Police Interceptor mit typischer Lackierung. Dieses Modell ist unter anderem in »Scream 5« oder »Black Panther: Wakanda Forever« zu sehen. Auch der Ford Econoline, ein Kleintransporter, zeigt sich als vielseitiger Filmstar, etwa in »Bad Boys: Ride or Die« oder als Transportmittel für Claire Dearing in »Jurassic World: Dominion«.

Der Toyota Land Cruiser steht für „strapazierfähige Geländetauglichkeit“ und taucht regelmäßig in Szenen mit Extremsituationen auf, etwa in Kriegsfilmen oder Endzeitdramen wie »Guy Ritchie’s The Covenant«. Ebenfalls ein Klassiker ist das Lincoln Town Car, das als „Sinnbild für eine Chauffeur-Limousine“ VIPs durch Filme wie »Air« oder »21 Jump Street« fährt.

Für Action- und Rennszenen ist der Dodge Charger wie gemacht. Mit seinem „markanten Profil und dem dröhnenden Motorengeräusch“ eignet er sich perfekt für temporeiche Verfolgungsjagden, etwa in »Smile« oder »Day Shift«. Ein weiteres Symbol für Luxus ist die Mercedes S-Klasse, die oft mit Agenten oder Superreichen assoziiert wird, etwa in »Tenet« oder »Grey Man«.

Der Cadillac Escalade stellt ein „perfektes Beispiel amerikanischer SUV-Kultur“ dar. In Filmen wie »Renfield« oder »The Man from Toronto« transportiert er Gangster oder Waffenschieber. Nicht weniger ikonisch ist der Ford Mustang, der „für seine einzigartige Kombination aus Kraft, Leistung und zeitlosem Stil“ bekannt ist – zuletzt zu sehen in »Fast X« oder »Operation Fortune«.

Auch der Chevrolet Impala ist aus der Filmwelt nicht wegzudenken. Ob als Familienkutsche oder Gangsterauto – er tritt in Filmen wie »They Cloned Tyrone« oder »Ambulance« auf. Der Chevrolet Caprice rundet die Liste ab, meist in Retro-Settings als Polizeiwagen oder Chauffeurslimousine. Besonders markant ist sein Auftritt in »Longlegs« oder »Barbarian«.

Viele dieser Modelle finden sich gebraucht bei AutoScout24. Die Datenbasis dieser Analyse ist bemerkenswert: Es wurden nur Filme mit mehr als 30.000 IMDb-Bewertungen berücksichtigt, um den Fokus auf bekannte Produktionen zu legen. Dabei wurden Modellvarianten mithilfe künstlicher Intelligenz zusammengeführt und Jahrgänge vereinheitlicht – ein aufwändiger Prozess, der eine neue Perspektive auf die Rolle von Autos in der Filmgeschichte eröffnet.

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European Finance Forum in Hamburg seit 22 Jahren

Von Dr. Oliver Everling | 26.Mai 2025

Am 7. Juli 2003 kam es in Hamburg zum ersten Treffen des Hamburger Finanz Forums – heute European Finance Forum -, einem Zusammenkommen engagierter Persönlichkeiten aus Finanzwirtschaft, Beratung und Industrie, das den Grundstein für einen offenen, interdisziplinären Austausch legte. Die Idee: ein Forum für aktuelle wirtschaftliche und finanzpolitische Fragen wie in Frankfurt am Main zu schaffen, jenseits formeller Strukturen, aber mit fachlichem Tiefgang.

Zum ersten MontagsMeeting im Hamburger Finanz Forum konnte ich unter anderem Ralf Garrn von Euler Hermes begrüßen. Freiherr von Weichs eröffnete die Veranstaltung mit einer Einführung, ich selbst stellte anschließend die Ziele und das Konzept des FFF Frankfurter Finanz Forums vor. Danach sprach Stefan Binder, Principal bei McKinsey & Company, über aktuelle Entwicklungen in der Versicherungsbranche.

Im Jahr 2025 wird nun in dieser Tradition das Forum nach einer Pause fortgeführt – inspiriert vom Geist des ersten Treffens: unabhängig, meinungsstark und dialogorientiert. Ziel ist es, an die damals gelegte Basis anzuknüpfen und das Hamburger Finanz Forum im eff.de als Ort der Begegnung und des Denkens über Zukunftsfragen von Industrie und Wirtschaft wiederzubeleben, insbesondere über Fragen von Investitionen und ihrer Finanzierung.

https://www.europeanfinanceforum.org/meetings/hamburg-meetings/strafrechtliche-aufarbeitung-von-cum-cum-geschaeften-ein-wendepunkt-durch-das-olg-frankfurt/

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Moody’s stuft US-Bonität herab: Ein Warnsignal für die Fiskalpolitik

Von Dr. Oliver Everling | 26.Mai 2025

Die USA haben durch Moody’s, als letzte der drei großen Ratingagenturen, ihre Spitzenbonität verloren. Am 16. Mai 2025 entzog Moody’s den Vereinigten Staaten die Bestnote Aaa und stufte sie auf die zweithöchste Kategorie Aa1 herab. Die Entscheidung fiel mitten in der laufenden Debatte über den US-Haushalt 2026 und ist Ausdruck wachsender Sorgen über die Tragfähigkeit der amerikanischen Staatsfinanzen. In der Begründung der Ratingagentur heißt es wörtlich, in der Herabstufung spiegele sich „der Anstieg der Staatsverschuldung und der Zinszahlungsquoten über mehr als ein Jahrzehnt“. Besonders alarmierend: Dieser Anstieg liege „deutlich über dem Niveau anderer staatlicher Emittenten“. Moody’s kritisiert dabei nicht nur einzelne politische Akteure, sondern konstatiert ein strukturelles Versagen: Verantwortlich seien „aufeinanderfolgende Regierungen und Kongresse“.

Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, verweist in seinem aktuellen CIO View auf den dramatischen Anstieg des US-Haushaltsdefizits: „Über die ersten sieben Monate des Haushaltsjahrs 2025 […] hat die US-Regierung per Ende April bereits ein Defizit von 1.051 Milliarden US-Dollar angehäuft.“ Dies entspricht einem Zuwachs von 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Konsequenzen für die Kreditwürdigkeit des Landes sind offensichtlich – und Moody’s hat nun darauf reagiert. Zweifel an der künftigen Haushaltsdisziplin waren ein zentrales Argument für die Rating-Herabstufung. Die Kreditanalysten von Moody’s gehen nicht davon aus, dass der derzeit diskutierte Haushalt 2026 zu „wesentlichen mehrjährigen Kürzungen der Pflichtausgaben und Defizite“ führen werde. Grund dafür seien „steigende Sozialausgaben, stagnierende Staatseinnahmen und eine stärkere Zinsbelastung“.

Die Prognosen des Congressional Budget Office (CBO) verdeutlichen die strukturellen Herausforderungen. Nach Berechnungen vom März 2025 wird sich die von der Öffentlichkeit gehaltene Verschuldung der US-Bundesregierung von derzeit rund 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bis 2034 auf 117 Prozent erhöhen – ein Anstieg, der vor allem auf ein dauerhaft hohes Primärdefizit und steigende Zinszahlungen zurückzuführen ist. Noch düsterer fällt die Perspektive des Committee for a Responsible Federal Budget (CRFB) aus: Sollte das aktuelle Haushaltsgesetz („Reconciliation Bill“) langfristig umgesetzt und um befristete Steuererleichterungen verlängert werden, könne sich die kumulierte zusätzliche Verschuldung über zehn Jahre auf bis zu 5,2 Billionen US-Dollar summieren – das entspräche 12,3 Prozent des BIP. In einem solchen Szenario würde die öffentliche Verschuldung auf bis zu 130 Prozent des BIP steigen.

Trotz der dramatischen Verschuldungsdynamik blieb eine unmittelbare Marktpanik bislang aus. Zwar stieg die Rendite dreißigjähriger US-Staatsanleihen jüngst auf über 5 Prozent – den höchsten Stand seit 18 Monaten – und der US-Dollar verlor leicht an Wert. Doch die Aktienmärkte reagierten bislang überraschend gelassen. „Allein die US-Aktienmärkte haben sich vom Downgrading durch Moody’s bisher wenig beeindruckt gezeigt“, stellt Viebig fest.

Die Herabstufung durch Moody’s ist weniger ein Schock als vielmehr eine Mahnung: Die USA befinden sich auf einem fiskalisch riskanten Pfad. Viebig resümiert: „Die Haushaltsdebatte hat in den USA erst begonnen. Sie dürfte in den kommenden Wochen an Fahrt gewinnen und an den Märkten zunehmend eine Rolle spielen.“ Die Unsicherheit über die künftige Ausrichtung der Fiskal- und Geldpolitik könnte dabei zunehmen – und auch die Fed könnte gezwungen sein, ihren geldpolitischen Kurs zu überdenken. Angesichts dieser Gemengelage rät Viebig zu Vorsicht: „Auch wenn sich an Wall Street weiterhin Unternehmen mit überzeugenden Geschäftsmodellen bei aus unserer Sicht nun niedrigeren Bewertungen finden lassen, gehen wir an den amerikanischen Märkten angesichts dieser ungemütlichen Gemengelage derzeit nur mit erhöhter Vorsicht vor.“ Die Entscheidung von Moody’s ist damit mehr als ein technisches Downgrade – sie ist ein Weckruf an die US-Politik, ihre fiskalischen Hausaufgaben zu machen. Ob dieser gehört wird, bleibt offen.

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Wachstum mit Weitblick: Die Bank der Zukunft braucht Kontrolle, Technologie und Vertrauen

Von Dr. Oliver Everling | 14.Mai 2025

In einer Welt, die von Unsicherheit, Wandel und Komplexität geprägt ist, stellt sich für Banken nicht mehr die Frage, ob sie sich transformieren müssen – sondern wie. Christian Rhino, CIO der Private Bank bei der Deutschen Bank, machte in seiner Keynote zur 20. Jahreskonferenz „Finanzdienstleister der nächsten Generation“ auf dem Frankfurt School Forum deutlich: Die Bank der Zukunft entsteht nicht zufällig, sondern durch strategisch gesteuertes Wachstum in einem klar definierten, sicheren Rahmen. Wachstum, das nicht nur auf die Bank selbst, sondern vor allem auf die finanziellen Ziele und die Sicherheit der Kunden/-innen ausgerichtet ist.

Die Deutsche Bank versteht sich als „Global Hausbank“ – ein Begriff, der nicht nur geografische Reichweite, sondern auch ein tiefes Bekenntnis zur Verantwortung ausdrückt. „Wir sind dem langfristigen Erfolg und der finanziellen Sicherheit unserer Kunden verpflichtet. Zuhause und in der Welt.“ Dieses Selbstverständnis prägt die strategischen Entscheidungen ebenso wie die technologische Ausrichtung der Bank. Das 50-jährige Jubiläum des bekannten Logos steht dabei nicht nur symbolisch für Kontinuität, sondern auch für den Aufbruch in eine digitale, vernetzte Zukunft.

Im Zentrum der Strategie steht das „Concept of One“. Was wie ein einfaches Schlagwort klingt, ist ein tiefgreifendes Leitprinzip für die Transformation der Deutschen Bank: One Innovation Approach, One Technology & Data Approach, One Control Framework, One People Agenda. Ziel ist es, mit einer einheitlichen technologischen Grundlage, einer konsistenten Datenstrategie, einem durchgängigen Kontrollrahmen und einer zukunftsorientierten Personalentwicklung ein belastbares Fundament für Innovation und Effizienz zu schaffen.

Die digitale Transformation betrifft dabei die gesamte Organisation – von den Marken Postbank, Deutsche Bank, Norisbank bis Fyrst. Das Ziel ist, diese Einheiten nicht nur operativ, sondern auch kulturell zu einer modernen, digitalen Bank zu integrieren. Rhino betonte, dass Technologie und Business heute nicht mehr zu trennen seien. Innovation bedeutet nicht nur neue Tools, sondern ein neues Denken – über Funktionen hinweg. KI und Blockchain eröffnen neue Chancen, doch der Umgang mit diesen Technologien muss ebenso selbstverständlich werden wie einst der mit Papier und Bleistift.

An konkreten Beispielen wurde das greifbar: Mit Formaten wie dem „Hackathon for Dementia“ zeigt die Bank, wie technische Kreativität und gesellschaftliche Verantwortung zusammengeführt werden. In den „Global Connect“-Veranstaltungen wird das Innovationsklima aktiv gefördert – nicht aus Angst vor Wandel, sondern mit Neugier und Freude an neuen Lösungen, immer in einem Rahmen, der sowohl Kund\:innen als auch die Organisation schützt.

Der Fokus auf Sicherheit ist dabei kein Widerspruch zur Innovationsfähigkeit, sondern deren Voraussetzung. Der kontrollierte Rahmen schafft die notwendige Stabilität, innerhalb derer Neues entstehen kann. Und: Nicht jede Neuerung braucht sofort das „Killer-Produkt“. Die „Cherry on the cake“, wie Rhino es nannte, ist oft das Ergebnis kontinuierlicher, disziplinierter Arbeit an den Grundlagen.

Mit der Kombination aus globaler Verantwortung, technologischer Exzellenz und strategischer Klarheit positioniert sich die Deutsche Bank als Vorreiterin eines neuen Bankverständnisses: robust, wandlungsfähig und immer im Dienst ihrer Kund\:innen. Wachstum wird nicht mehr nur gemessen in Zahlen, sondern in Vertrauen.

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Resilienz als Wachstumsmotor im Banking der Zukunft

Von Dr. Oliver Everling | 14.Mai 2025

In Zeiten permanenter Unsicherheit und globaler Polykrisen wird Resilienz zur entscheidenden Fähigkeit für Banken, nicht nur zu überleben, sondern profitabel zu wachsen. Matthias Scholz, Partner bei BearingPoint, machte in seinem Vortrag auf der Jahreskonferenz „Finanzdienstleister der nächsten Generation“ des Frankfurt School Forum deutlich: Die Herausforderungen unserer Zeit – vom Brexit über die Pandemie bis hin zu Kriegen, Handelskonflikten und einem wachsenden Fachkräftemangel – lassen keine Phase der Stabilität mehr zu. Banken, die in diesem Umfeld weiterhin Spitzenleistungen erbringen wollen, benötigen eine klare Antwort: eine strategisch verankerte, ganzheitlich gedachte Resilienz.

Scholz stellte dabei das Konzept des „NEW“-Banking vor – Nachhaltigkeit, Effizienz und Wachstum als Leitmotive für zukunftsfähige Geschäftsmodelle. Resilienz bildet dabei das Fundament: Sie schafft nicht nur Schutz, sondern eröffnet auch Chancen. Entscheidend ist jedoch, nicht nur auf Krisen zu reagieren, sondern die Widerstandsfähigkeit strukturell in die Organisation zu integrieren. Fünf zentrale Bereiche stehen dabei im Mittelpunkt: Kunden, Mitarbeitende, Governance, Daten und Technologie.

Im Zentrum steht der Kunde – und der Anspruch, ihn wirklich zu verstehen. Banken benötigen eine umfassende 360-Grad-Sicht auf ihre Kund\:innen, um deren Bedürfnisse vorausschauend zu adressieren. Der Trend ist eindeutig: 58 % der Bankkund\:innen bevorzugen mobile Anwendungen oder Webseiten als primären Kommunikationskanal. Erfolgreiche Banken kombinieren daher das Beste aus digitaler Effizienz und persönlicher Nähe in einem hybriden Modell, das Online und Filialerlebnis intelligent verbindet.

Die zweite Säule bilden die Mitarbeitenden – als Schlüsselressource und Engpass zugleich. Bis 2030 droht Banken und Versicherern der Verlust von bis zu 30 % der Arbeitskräfte. Umso wichtiger ist es, Prozesse intelligent zu digitalisieren, neue Arbeitsmodelle zu etablieren und Fähigkeiten gezielt zu steuern. Resilienz bedeutet hier nicht nur Widerstandsfähigkeit, sondern auch Anpassungsfähigkeit – in Strukturen, Kompetenzen und Denkweisen.

Governance und Unternehmenskultur bilden die dritte Säule. Deutschland liegt mit einer Cost-Income-Ratio von 59,2 % deutlich hinter skandinavischen Banken (CIR ca. 9,9 %). Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Banken effizienter, flexibler und kulturstärker werden. Resiliente Governance bedeutet: klare Strukturen, schnelle Entscheidungen, vereinfachte Prozesse – und eine Unternehmenskultur, die Wandel nicht nur zulässt, sondern fördert.

Daten und Technologie schließlich sind die Werkzeuge, mit denen Resilienz konkret umgesetzt werden kann. Nur wer datenbasiert handelt, kann flexibel auf Veränderungen reagieren, Risiken frühzeitig erkennen und gezielt steuern. Investitionen in Technologie sind dabei nicht nur ein Mittel zur Effizienzsteigerung, sondern auch zur Absicherung des Geschäftsmodells in einem volatilen Umfeld.

Matthias Scholz machte klar: Resilienz ist kein statischer Zustand, sondern ein dynamischer Prozess. Sie entsteht nicht durch einzelne Maßnahmen, sondern durch das Zusammenspiel von Kundenorientierung, Mitarbeiterkompetenz, guter Führung und intelligenter Technologie. Wer Resilienz im Sinne des „NEW“-Banking versteht und umsetzt, hat nicht nur die Kraft zur Krisenbewältigung – sondern auch die Grundlage für nachhaltiges, profitables Wachstum.

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Der perfekte Cyber-Sturm: Wenn KI und Weltpolitik kollidieren

Von Dr. Oliver Everling | 14.Mai 2025

In seiner eindrucksvollen Keynote auf der Jahreskonferenz „Finanzdienstleister der nächsten Generation“ des Frankfurt School Forum zeichnete Sergej Epp, Global CISO und Mitglied des Executive Teams bei Sysdig, ein alarmierendes Bild der aktuellen Bedrohungslage: Wir befinden uns am Beginn eines „perfekten Sturms“ – ausgelöst durch die Verschmelzung von Künstlicher Intelligenz, geopolitischen Spannungen und einer rasant wachsenden digitalen Angriffsfläche. Was heute noch Science-Fiction scheint, wird morgen Realität: autonome Hacking-Operationen, Deepfakes auf C-Level-Niveau und eine Geschwindigkeit der Bedrohung, mit der klassische Sicherheitsmechanismen schlicht nicht mehr Schritt halten können.

Epp begann seinen Vortrag mit einem eindrücklichen Beispiel: JoeBot, eine KI, die beim Online-Spiel Counter-Strike binnen kürzester Zeit das Spielverhalten von Profispielern imitieren konnte – präzise, adaptiv, gnadenlos effizient. Was in der Gaming-Welt beeindruckt, ist im Cyberraum brandgefährlich. Der Bogen spannte sich von der bekannten Carbanak-Bande, die über 100 Banken weltweit um Milliarden betrogen haben soll, bis hin zu modernen Angriffen wie der Scarleteel-Kampagne, bei der in nur 220 Sekunden sensible Daten erbeutet wurden – vom Erstzugriff bis zur Extraktion.

Die Bedrohungslage wird zusätzlich durch die geopolitische Entwicklung verschärft. Epp verwies auf den „China-Faktor“ – von Industriespionage über gezielte IP-Diebstähle bis hin zu digitaler Präpositionierung. Sektoren wie Wind- und Solarenergie seien bereits Ziel solcher Operationen. Der Cyberraum wird zum geopolitischen Schlachtfeld, auf dem nicht mehr nur Staaten agieren, sondern zunehmend auch autonome Systeme.

Zudem leidet die technische Grundlage vieler Unternehmen an strukturellen Schwächen: 92 % der erfolgreichen Ransomware-Angriffe erfolgen über unverwaltete Geräte, 97 % der Zugriffsrechte auf Workload-Identitäten bleiben ungenutzt, über 60 % aller Container leben weniger als eine Minute – perfekte Bedingungen für Angreifer, die kaum Spuren hinterlassen. Besonders beunruhigend: 77 % des Codes in heutigen Anwendungen stammt aus Open-Source-Quellen, und 74 % davon enthalten bekannte Schwachstellen. Die Risiken entlang der gesamten Software-Supply-Chain explodieren – etwa durch kompromittierte Tools wie „zx utils“.

Gleichzeitig verändert Künstliche Intelligenz die Angriffs- wie Verteidigungsseite radikal. Während Sicherheitsabteilungen früher noch mit Hackern und später mit Softwareentwicklern Schritt halten mussten, stehen sie ab 2025 zunehmend im Wettbewerb mit KI-Agenten. Autonome Hacking-Systeme sind keine Zukunftsvision mehr – sie werden bereits heute in simulierten Cyber-Ranges getestet, mit realistischen Szenarien und echten Zielumgebungen. OpenAI-Modelle wie o3 beweisen bereits ihre Effizienz in über 100 simulierten, multidisziplinären Cyberübungen.

Auch das Vertrauen in die digitale Identität erodiert. Prominente Beispiele wie der Deepfake-Angriff auf den Bayer-CEO zeigen: Die „menschliche Firewall“ wird durch täuschend echte Videos, Stimmen und Bots systematisch ausmanövriert. Die KI-Systeme werden so leistungsfähig und zugänglich, dass sie von jedermann eingesetzt werden können – für gute wie für zerstörerische Zwecke. Die Fähigkeit von KI, Aufgaben zu übernehmen, verdoppelt sich aktuell alle sieben Monate.

Was also tun in einem Umfeld, das sich schneller verändert als jede Abwehrmaßnahme greifen kann? Sergej Epp skizzierte eine neue Verteidigungsphilosophie: Zero Trust muss der Grundsatz jedes Unternehmens werden. Jeder Mitarbeitende wird als potenzieller Insider behandelt, jede Anwendung als kompromittiert, jeder Lieferant als Einfallstor. Digitale Identität – von Mensch und Maschine – muss neu gedacht, konsequent überwacht und permanent erneuert werden. Sicherheitsstrategien müssen nicht nur mithalten, sondern sich radikal neu erfinden. Wer sich nicht laufend anpasst, wird vom Sturm mitgerissen.

Epps Fazit: Die Zukunft gehört denjenigen, die den Wandel antizipieren, nicht denjenigen, die nur reagieren. Die neue Realität ist da – und sie ist schneller, intelligenter und gefährlicher als je zuvor.

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GRC neu gedacht: Mit Integration und KI zu resilientem IKT-Risikomanagement

Von Dr. Oliver Everling | 14.Mai 2025

In seinem Vortrag auf der 20. Jahreskonferenz „Finanzdienstleister der nächsten Generation“ des Frankfurt School Forum machte Dr. Hermann Hienz, Leiter Cybersecurity bei Sopra Steria, deutlich: Die Zeit fragmentierter Governance-, Risiko- und Compliance-Strukturen ist vorbei. Angesichts einer immer kritischeren Bedrohungslage und wachsendem regulatorischem Druck brauche es ein radikales Umdenken im IKT-Risikomanagement – weg von Silos, hin zu einem integrierten, technologiegestützten Ansatz.

Der finanzielle Schaden durch Cyberkriminalität allein im Jahr 2024 wird laut Bitkom auf über 178 Milliarden Euro geschätzt. Parallel dazu wächst das regulatorische Korsett unaufhörlich – von DORA, NIS2, CRA und DSGVO über die EBA-Leitlinien bis hin zu MaRisk, BAIT und dem IT-Sicherheitsgesetz. DORA allein umfasst über 650 Seiten – ein Zeichen dafür, wie komplex und tiefgreifend die Anforderungen inzwischen geworden sind. Doch während der externe Druck zunimmt, beobachten Hienz und sein Team in der Praxis häufig interne Schwächen: dezentrale Zuständigkeiten, widersprüchliche Rollenbilder, redundante Prozesse, fragmentierte Technologie und ein spürbarer Mangel an Veränderungsbereitschaft.

Sein Plädoyer: Nur ein integriertes GRC-Modell, das sämtliche Funktionen – von Prozessmanagement, BCM und Datenschutz über IKT-Assetmanagement bis hin zu Testprogrammen – in einem konsistenten Rahmen zusammenführt, kann den gestiegenen Anforderungen gerecht werden. Dieses Modell basiert auf klaren Zielbildern, strukturierter Periodisierung und einer übergreifenden Prozesslandkarte, die es erlaubt, IKT-Risiken nicht nur zu erfassen, sondern systematisch zu steuern und zu kommunizieren. Dabei rückt auch die Rolle des IKT-Risikomanagements als Informationsabnehmer immer stärker in den Fokus: Prozesse, die nicht klar beschrieben, gesteuert oder dokumentiert sind, bleiben blind für Risiken.

Ein zentrales Werkzeug dieser neuen GRC-Denke ist der technologische Unterbau. Der Einsatz moderner GRC-Plattformen ermöglicht Automatisierung, Transparenz und Standardisierung. Damit entsteht nicht nur Ordnung in der Komplexität, sondern auch eine neue Form der Zusammenarbeit – bereichsübergreifend, nachvollziehbar und resilient. „Der Einsatz von KI ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit“, so Hienz. Nur mit künstlicher Intelligenz sei es möglich, die riesigen Datenmengen zu bewältigen, Muster zu erkennen und Entscheidungsprozesse zu beschleunigen. KI unterstütze nicht nur bei der Optimierung, sondern sei auch zentraler Treiber für die kontinuierliche Verbesserung (KVP) der gesamten GRC-Architektur.

Hienz betonte außerdem die strategische Bedeutung der Governance-Struktur. Die Bündelung der sogenannten Second-Line-Funktionen im Bereich „Non-Financial Risk“ sei essenziell, um Widersprüche in der Steuerung zu vermeiden und klare Verantwortlichkeiten zu schaffen. Gleichzeitig müsse Schulung und Kommunikation auf allen Ebenen regelmäßig erfolgen – nicht nur als regulatorische Pflicht, sondern als Voraussetzung für gelebte Resilienz.

Sein Fazit: Ein integriertes GRC-Rahmenwerk ist mehr als ein neues Organigramm – es ist ein Kulturwandel. Es befähigt Organisationen, Risiken nicht nur zu verwalten, sondern aktiv zu gestalten. Und es macht Unternehmen bereit für das, was kommt – egal ob Angriff, Ausfall oder Audit. Wer Governance, Risiko und Compliance endlich zusammen denkt, gewinnt nicht nur Kontrolle, sondern Zukunftsfähigkeit.

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Resilienz braucht Führung, nicht nur Vorschrift

Von Dr. Oliver Everling | 14.Mai 2025

In seinem Praxisbeitrag auf der 20. Jahreskonferenz „Finanzdienstleister der nächsten Generation“ des Frankfurt School Forum stellte Tobias Ludwichowski, Chief Information Security Officer der Signal Iduna Gruppe, die zentrale Frage: „Wie wird ein Unternehmen wirklich resilient?“ Mit dem klaren Ziel vor Augen, dass nur ein widerstandsfähiger Geschäftsbetrieb auch zukunftsfähig ist, zeigte Ludwichowski auf, wie man Resilienz nicht nur auf dem Papier entwirft, sondern sie strukturell verankert – auf allen Ebenen, in allen Prozessen und mit klarer Verantwortlichkeit.

Angesichts der aktuellen Risikolage ließ Ludwichowski keinen Zweifel daran, dass es höchste Zeit für einen Perspektivwechsel ist: „Cyber Incidents“ stehen heute auf Platz eins der wichtigsten Unternehmensrisiken. Doch Resilienz ist weit mehr als IT-Sicherheit. Die Umsetzung regulatorischer Anforderungen wie DORA sei keine technische, sondern eine gesamtunternehmerische Aufgabe – strategisch, organisatorisch, kulturell.

Der Vortrag folgte dabei einem zweistufigen Ansatz: Zuerst gelte es zu klären, „was Resilienz im jeweiligen Unternehmenskontext bedeutet“ – welche Ziele verfolgt werden, welche konkreten Auswirkungen dies auf Geschäftsprozesse, Produkte und Organisationseinheiten hat. Danach folgt das „Wie der Umsetzung“: Welche Anforderungen ergeben sich daraus für Anwendungen, Systeme, Prozesse – bis hinunter zur Serverinfrastruktur und den Gebäuden? Ludwichowski betonte: „Gutes Design ist wichtig – echte Resilienz entsteht jedoch erst durch konsequente Umsetzung.“

Besonderes Augenmerk legte der CISO auf das Verständnis von Governance. Für eine erfolgreiche Umsetzung von DORA reiche es nicht aus, regulatorische Vorgaben zu erfüllen. Es brauche ein modernes Governance-Verständnis, das über die klassische Projektlogik hinausgeht. Gesetzliche Pflicht sei kein Treiber für Wandel – nur die tatsächliche Wirksamkeit könne überzeugen. Transparenz sei hierbei der Schlüssel, denn „niemand mag Überraschungen“. Deshalb müsse Resilienz ganzheitlich gedacht und entlang der gesamten digitalen Lieferkette operationalisiert werden – von der Strategie bis zur Datenbank, vom Prozess bis zum physischen Gebäude.

Ludwichowski kritisierte die typischen Schwächen klassischer Programmorganisationen: Ihnen fehle oft der Hebel, um neue Strukturen in den operativen Alltag zu überführen. Der Folgeaufwand für die Linienorganisation werde häufig unterschätzt. Deshalb sei es entscheidend, die Linienorganisation frühzeitig einzubinden – mit klarer Kommunikation, einheitlicher Steuerung und einem zentralen Vorgehen für die Operationalisierung. Nur so könne aus Konzepten gelebte Praxis entstehen.

Ein zentrales „Drehkreuz“ müsse sicherstellen, dass die in Projekten entwickelten Maßnahmen nicht nur konzipiert, sondern auch tatsächlich überführt, umgesetzt und qualitätsgesichert werden. Ludwichowski sprach dabei von einer systematischen Übertragung: von der Herstellung in die Operationalisierung – unterstützt durch Arbeitsaufträge, Tickets, klare Zuständigkeiten und lückenlose Nachvollziehbarkeit. Der entscheidende Punkt sei: „Jeder Manager hat ein großes Interesse daran, jeden Monat auf Null zu stehen.“ Die Methode: Tausende von Tickets, gezielt in die Organisation hineingeschossen, sichern Verantwortung, Verbindlichkeit und Umsetzung – transparent und überprüfbar.

Sein Fazit: Resilienz ist kein Projekt, sondern eine Haltung. Sie entsteht nicht durch Regulierungsdruck, sondern durch überzeugte Führung, durchdachte Strukturen und konsequente Operationalisierung. Nur wenn all diese Elemente zusammenwirken, wird aus einer Anforderung eine tatsächliche Fähigkeit zur Widerstandsfähigkeit – und damit ein echter Wettbewerbsvorteil im digitalen Zeitalter.

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