Immobilienportfolien versus -unternehmen

Von Dr. Oliver Everling | 12.Januar 2009

Die Kapitalanforderungen nach Basel I waren unabhängig von der Bonität des Kreditnehmers; aufgrund dieser in die Kritik geratenen Gleichbehandlung von Kreditnehmern mit erheblichen Risikounterschieden wurde durch Basel II eine risikoorientierte Bemessung der Eigenkapitalanforderungen im Bankensektor umgesetzt. Hierdurch sollte es zu einer risikoorientierten Margenspreizung im Kreditgeschäft kommen; d.h. günstigere Kreditkonditionen für Kunden mit ausgezeichneter Bonität und gleich bleibende bzw. unvorteilhaftere Konditionen für Kunden mit durchschnittlicher bzw. minderer Bonität. Es wurde erwartet, dass Basel II gerade die kapitalintensive, risikoreiche und traditionell mit wenig Eigenkapital ausgestattete Bau- und Immobilienbranche vor Finanzierungsprobleme stellen könnte, leitet Dr. Frank Blumberg seinen Beitrag “ Rating von Immobilienportfolien vs. Rating von Immobilienunternehmen“ ein zum Buch „Rating von Immobilienportfolios“ im Immobilien Manager Verlag (www.immobilienmanager.de). Dr. Frank Blumberg ist Geschäftsführer der LBBW Immobilien GmbH in Stuttgart.

Während das Regelwerk für Immobilienkredite an private Kreditnehmer (Finanzierung von privaten Wohnbauten) zahlreiche Erleichterungen hinsichtlich der bankaufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen brachte, wurden andere Immobilienkredite (z.B. für Erschließungs- und Bebauungsmaßnahmen) zum Teil mit hohen Risikoaufschlägen belegt, berichtet Blumberg. Basel II eröffnete den Banken jedoch die Möglichkeit, die vorgegebenen Risikoaufschläge für gewerbliche Immobilienfinanzierungen nicht in Anwendung zu bringen und das mit der Immobilienfinanzierung verbundene Risiko selbst zu bestimmen. Voraussetzung sei, so Blumberg, ein Immobilienratingmodell, welches den Qualitätsanforderungen von Basel II entspricht und von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht akzeptiert wird.

„Diese Entwicklungen hinsichtlich der Fremdfinanzierung machten nicht nur in der Bankenwelt, sondern auch bei den Unternehmen der Immobilienbranche Veränderungen erforderlich. Denn die Verfahren im Bereich des Bonitätsrating, wie sie zur Überprüfung der Kreditwürdigkeit von Schuldnern eingesetzt werden, sind nicht direkt“, warnt Blumberg, „auf den Bereich der Immobilienfinanzierung oder die Immobilie selbst anwendbar.“

Noch immer sei die Frage, welche Auswirkungen Immobilienrating auf die Immobilienbranche haben, stark auf die Bankensicht fokussiert. In den Immobilienunternehmen herrsche oft noch, so die Erfahrung von Blumberg, eine abwartende, beobachtende, vielfach auch noch unaufgeklärte Haltung darüber, was Immobilienrating eigentlich ausmachen, wie sie aufgebaut sind, welche Aussagen sie machen. „Und dies, obwohl seit Oktober 2003 der europäische Dachverband der nationalen Immobilienbewertungsorganisationen, The European Group of Valuers Associations (TEGoVA), seine Broschüre „Markt- und Objektrating“ veröffentlichte.“

Mit diesem Ansatz sollen Chancen und Risiken von Einzelimmobilien und Immobilienportfolien differenzierter untersucht und verglichen werden können. Die seitdem verstärkt begonnene Durchsetzung von Standards für ein Property- und Market-Rating zeigt, so Blumberg, dass das Thema Immobilienrating weiter an Bedeutung gewinnt. Ein Grund dafür ist nicht zuletzt die zunehmende Internationalisierung von Investoren, die in Objekte außerhalb der eigenen Landesgrenzen investieren. Im internationalen Kontext sind jedoch Immobilien und Immobilien-Portfolios hinsichtlich des Risikos noch schwerer vergleichbar.

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Ein Rückschritt für die sinnstiftenden Aspekte der Globalisierung

Von Ami de Chapeaurouge | 11.Januar 2009

„Eine zweite große deutsche Bank“ ist das Mantra der Frankfurter Globalisierungsgegner in heutigen Leitartikeln und Glossen. Wenn es Ernst wird mit der Globalisierung im positiven Sinne, wird die sich so sehr der übergeordneten nationalen Perspektive und gar der Weltläufigkeit verschriebene Frankfurter Presse ein gleichgeschaltetes lokales Kampfblatt.

Es wäre nicht nur schlimm, sondern verheerend, wenn die Kündigung von bis zu 10.000 Mitarbeitern der Dresdner Bank nicht vermieden werden könnte, bzw. der eigentliche heimliche Werttreiber des Zusammenschlusses zwischen Commerzbank und Dresdner Bank geworden wäre. Die China Development Bank (CDB) hatte in ihrem Übernahmekonzept schlüssig dargelegt, die Belegschaft der Dresdner Bank nicht anzutasten. Sie hätte der Dresdner Kleinwort in London und Frankfurt Perspektiven im Investment Banking durch die Anbindung an die Märkte in Shanghai und Hong Kong bieten können. Sie hat deutlich mehr geboten und die Absicht geäußert, auf einmal den Kaufpreis in Bar entrichten zu wollen. Jetzt ist – zur Rechtfertigung (?) – von suboptimalen juristischen Vertragsentwürfen die Rede. Das klingt wie ein unverhohlener Vorwand. Die „deutsche“ Lösung wäre zwar konzern- und aktienrechtlich nicht so anrüchig wie im März die „amerikanische“ Lösung des Verschiebens von Bear Stearns an JPMorgan Chase & Co. Aber es bleibt dennoch der Eindruck, dass in München und Frankfurt Gesichtspunkte bemüht werden, die weder betriebswirtschaftlich für die Allianz Sinn stiften, die Belange der Dresdner Belegschaft adäquat reflektieren noch die Internationalisierung des Standorts Frankfurt unterfüttern oder gar das Eigeninteresse der Allianz genügend mitreflektieren.

Offensichtlich kann und darf aktien- und konzernrechtlich die Allianz einen solchen Verkauf außerhalb einer fairen Auktion organisieren. Selbst nach der Rechtsprechung und den strengen Regeln des US Bundesstaates Delaware, wenn wir einmal für eine gedankliche Sekunde annehmen würden, dass es sich bei der Dresdner um eine unabhängige, börsennotierte Bank gehandelt hätte, hätte der Verwaltungsrat einem niedrigeren Angebot zustimmen dürfen, wenn es in einer klugen Güterabwägung zu rechtfertigen wäre. Indes ist die Dresdner eine 100%ige Tochter der Allianz und unsere Rechtsprechung zum Unternehmensverkauf im Wege der Auktion ist noch nicht so abgewogen wie die in Delaware.

Aber weg von einer solchen fiktiven juristischen Güterabwägung in die Mitte des Geschehens: Ist nach den uns eigenen Maßstäben wirtschaftlicher Vernunft der Nicht-Verkauf an die CDB ein weiser Schritt? Warum die Geringschätzung des Schicksals der Arbeitnehmer? Warum die Akzeptanz des niedrigeren Kaufpreises? Wäre eine langfristige strategische Verbindung mit der CDB als Mehrheitsgesellschafter nicht eine für die Allianz sinnvollere Lösung geworden im Kampf um Marktanteile in China? Will die Allianz sich denn nicht besser als bisher in China präsentieren, wo sie gerade in den Bereichen Asset Management und betrieblicher Altersversorgung für Aktive und In-Aktive – das für die Allianz strategisch bei weitem lukrativste Expansionsfeld weltweit – weit hinter der Generali und AIG hinterherhinkt? Obschon die Allianz in Indien bereits unbestreitbar erfolgreich auf diesen Geschäftsfeldern operiert, bemüht sie sich doch anscheinend vergebens seit mehr als einem Jahrzehnt um ähnliche Marktdurchdringung und bessere Aufstellung gerade in der Volksrepublik China.

Ein Vergleich mit dem unredlichen Einstieg und rechtswidrigen Ausstieg einer taiwanesischen Gesellschaft (BenQ) bei der Siemens Mobiltelefonsparte darf wohl kaum als plausibles Gegenargument gegen die Seriosität der CDB und ihrer Absichten für einen weitgehenden Know-how Transfer des modernen Investment Banking, Kredit- und Einlagegeschäfts und der Firmenkundenanbindung ins Feld geführt werden. Wenn wir einer Öffnung auch gerade des deutschen Markts im Hinblick auf die sinnvollen Aspekte der Globalisierung das Wort reden, ist diese Entscheidung des Aufsichtsrats der Allianz schwer nachvollziehbar.

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Alte Oldenburger sieht nicht alt aus

Von Dr. Oliver Everling | 8.Januar 2009

Die Ratingagentur Assekurata zeichnet die Alte Oldenburger Krankenversicherung AG wiederholt mit dem Spitzenurteil A++ aus und bestätigt auch alle Urteile in den Teilqualitäten.

Im Geschäftsjahr 2007 wuchs die Alte Oldenburger in der Vollversicherung deutlich stärker als der Markt. Trotzdem zeigen sich die branchenweiten Einschnitte nun auch beim Unternehmen in Form einer niedrigeren Zuwachsrate (2,40 %) gegenüber dem Vorjahr. Im laufenden Geschäftsjahr 2008 ist die Wachstumsprognose allerdings weitgehend stabil. Dagegen ist in der Zusatzversicherung die hohe Wachstumsdynamik ungebrochen, so dass die Alte Oldenburger insgesamt ein exzellentes Wachstumsurteil erhält.

Die Gewinnlage der Alte Oldenburger ist deutlich marktüberdurchschnittlich und damit exzellent ausgeprägt. Hauptträger des Erfolgs ist das Versicherungsgeschäft. Im Vierjahresmittel beträgt die versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote 15,05 %, womit sich die Alte Oldenburger als Nr. 4 im Krankenversicherungsmarkt positioniert. Besonders hervorzuheben ist die seit Jahren hohe Ergebniskontinuität. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor hierfür ist die äußerst günstige Kostensituation. Den Kapitalanlageerfolg sieht Assekurata im Wettbewerbsvergleich als durchschnittlich an. Die aktuelle Nettoverzinsung in Höhe von 4,08 % ist im derzeit schwachen Marktumfeld auf einem unauffälligen Niveau. Auch ohne Spitzenwert beim Kapitalanlageerfolg fällt die Rohergebnisquote der Alte Oldenburger sehr hoch aus. Im Vierjahresdurchschnitt beträgt sie 15,49 % und liegt damit zwei Prozentpunkte höher als im Markt (13,47 %). In 2007 erzielt die Alte Oldenburger mit 17,06 % eine der höchsten Ergebnisse im Markt.

Vor diesem Hintergrund fallen die Zuführungen zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB), die auch der Abmilderung von Beitragsanpassungen dient, entsprechend hoch aus. Die RfB-Zuführungsquote der Alte Oldenburger erreicht zeitweise Spitzenwerte im Wettbewerbsvergleich. Im Vierjahresdurchschnitt liegt sie mit 13,52 % stabil über dem Marktschnitt (11,14 %). Die RfB-Quote der Gesellschaft zeigt regelmäßig Ausprägungen um die 30 %. Gleichzeitig profitieren die Versicherten zeitnah und stark von der beitragsmildernden Wirkung durch vergleichsweise hohe Entnahmen. Im Vierjahresmittel ist die RfB-Entnahmequote (9,47 %) der Alte Oldenburger rund drei Prozentpunkte über dem Branchenwert (6,29 %) angesiedelt. Hiervon profitieren die Versicherungsnehmer durch unterdurchschnittliche Beitragsanpassungssätze. Über den Zeitraum 2003 bis 2008 waren dies zum Beispiel in der Vollversicherung durchschnittlich 3,90 %, wohingegen der Durchschnitt der von Assekurata gerateten Krankenversicherer (Assekurata-Durchschnitt) eine Anpassungsrate von 5,41 % aufweist. Diese Anpassungssituation bildet die Basis für eine insgesamt exzellente Beitragsstabilität der Alte Oldenburger.

Das Kundenzufriedenheitsniveau steigt in der aktuellen Befragung der Alte Oldenburger an. Der positive Gesamteindruck der Kunden führt letztendlich auch zu einer vergleichsweise geringen Kündigungsbereitschaft, die bei lediglich 13,5 % liegt und damit eine der niedrigsten Ausprägungen im Wettbewerb einnimmt (Assekurata-Durchschnitt: 16,4 %). Ein überdurchschnittlich beitragsstabiler Verlauf der Tarife sowie einen auch in Zukunft bezahlbaren Versicherungsschutz stellen zentrale Aspekte des kundenorientierten Handels der Alte Oldenburger dar. Assekurata bewertet die Kundenorientierung insgesamt mit gut.

Die Eigenkapitalquote der Alte Oldenburger erreicht mit 21,66 % in 2007 den Spitzenwert unter den konzerngebundenen Tochtergesellschaften. Damit verfügt das Unternehmen trotz hoher Überschussleistung zugunsten seiner Versicherten auch über eine deutlich marktüberdurchschnittliche Eigenkapitalausstattung (Markt: 13,76 %). Die Integration in die Versicherungsgruppe Hannover verbessert zudem nach Ansicht von Assekurata die Sicherheitslage. Ein sehr gutes Risikomanagement, in welchem Fehlentwicklungen frühzeitig erkannt und Gegensteuerungsmaßnahmen ergriffen werden, rundet die exzellente Sicherheitslage der Alte Oldenburger ab.

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Auf dem Weg zum Commerzbankbeamten?

Von Dr. Oliver Everling | 8.Januar 2009

Staatsrechtlich ist ein Beamter eine von einem Dienstherrn in ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis berufene Person. Haftungsrechtlich ist derjenige Beamte, welcher bei einer Behörde bestellt ist oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB). Der Beamte steht zum Staat in einem Sonderrechtsverhältnis. Während seiner Dienstzeit ist der Beamte einer gesteigerten Bindung an den Staat ausgesetzt, welche in ihrer Intensität über die normale Bindung des Bürgers an den Staat hinausgeht. Der Beamte steht also in besonderer Nähe des Staates; er ist dessen Repräsentant. Infolgedessen können die Grundrechte von Beamten eingeschränkt werden.

Anderes gilt für Bankangestellte, denn sie wurden nicht in ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis berufen. Noch bei einer Festveranstaltung „100 Jahre Bankhaus Neelmeyer“ im Januar 2008 zeigt Prof. Dr. Manfred Weber, Geschäftsführender Vorstand des Bundesverbandes deutscher Banken, auf, welche Bögen die Bankgeschichte geschlagen hat: „Zum Beispiel vom Kunden, der über Jahrzehnte treu zu seiner Bank stand und dem Bankbeamten auf dem Podest fast ehrfürchtig gegenübertrat, zum anspruchsvollen, wechselbereiten Kunden, um den sich heute ein modernes Kundenmanagement bemüht. Und Privatbankiers wie Neelmeyer hatten stets ein besonders gutes Gespür für die Ansprüche ihrer Kunden.“

Nun fragt sich, wie die von Prof. Dr. Manfred Weber zitierten Bögen der Bankgeschichte weiter geschlagen werden. Als erstes deutsches Kreditinstitut begibt die Commerzbank eine Anleihe mit Staatsgarantie. Um staatsgarantierte Anleihen zu begeben, bedarf es eigentlich keines privaten Kreditinstituts. Die Staatsgarantie kann nichts anderes bewirken, als dass mögliche Verluste sozialisiert, mögliche Gewinne aber privatisiert werden. Bei den gegenwärtigen Marktbedingungen wäre eine Staatsgarantie für die Commerzbank praktisch unbezahlbar.

An ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis, wie es für Beamten konstituierend ist, wird bei der Commerzbank nun nicht gedacht. Es genügt der Commerzbank, dass der Staat für eventuelle weitere Schieflagen aufkommt. Allein die Staatsgarantie erlaubt, dass die Anleihe der Commerzbank mit Bestratings an den Markt gehen kann. Der Anleger wird zufrieden sein, denn er erhält von seiner Commerzbank ein sicheres Produkt. Hermann Hesse hätte diesen Vorgang eventuell folgendermaßen kommentiert, schreibt die DZ BANK in ihrer Research- Publikation: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“

„Vielleicht mag man in diesem Fall nicht gerade an Zauber und Weltgeist denken, fügt DZ BANK-Analyst Jörg Birkmeyer hinzu, „doch ein Neuanfang scheint es zumindest in gewisser Hinsicht allemal zu sein.“ Die weltweite Finanzkrise, die die Realökonomie tief in Mitleidenschaft zieht, habe eine neue Assetklasse hervorgebracht, die bekanntlich die Besonderheit aufweise, eine begrenzte Laufzeit zu besitzen – wenn alles gut gehe und die staatlichen Garantien nicht über den augenblicklich festgelegten Zeitrahmen hinaus verlängert würden. „Denn konstitutives Element dieser Assetklasse sind Staatsgarantien, wie sie in den jeweiligen nationalen Rettungspaketen kodifiziert sind. In Kürze werden nun auch deutsche Banken hierzu einen Beitrag liefern“, erwartet Birkmeyer. „Mehr als ein Dutzend Banken haben entsprechende Anträge beim zuständigen Sonderfonds (Soffin) gestellt. Der Commerzbank werden in absehbarer Zeit HSH Nordbank und BayernLB folgen.“

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Noch mehr Staatshilfen für Großbanken?

Von Dr. Oliver Everling | 7.Januar 2009

Das DZ BANK Research kommentiert Zeitungsmeldungen, nach denen Gespräche zwischen Vertretern der Commerzbank, der Dresdner Bank und der Allianz mit dem SoFFin über Staatshilfen für die Dresdner Bank stattfinden: Es geht dabei angeblich um die Absicherung von Wertpapieren der Dresdner Bank, die aufgrund der anhaltenden Finanzmarktkrise weitere Verluste verursachen könnten. Es ist auch im Gespräch, dass die Allianz weitere Garantien für Risiken bei der Dresdner Bank übernehmen könnte. Konkretere Meldungen über den Inhalt der Gespräche werden in den nächsten Tagen erwartet.

Auch wenn es sich zunächst um unbestätigte Meldungen handelt, halten die Analysten der DZ BANK es nicht für unwahrscheinlich, dass die Dresdner Bank entgegen den Verlautbarungen der Allianz nach Veröffentlichung der Neun-Monatszahlen nun doch staatliche Hilfsmittel in Anspruch nehmen möchte. Die Dresdner Bank, die mittlerweile ja praktisch schon mehr oder weniger unter der Führung der Commerzbank agiert, hat in den ersten drei Quartalen 2008 einen operativen Verlust von 2,4 Mrd. Euro erlitten, und es sei durchaus zu erwarten, dass sich die Ergebnissituation im Oktober weiter verschlechtert hat.

Die Kernkapitalquote (Tier1) der Dresdner Bank lag Ende September bei 8,1%, heißt es im Bericht der DZ BANK. Zum Jahresende 2007 hatte diese noch bei 10,6% gelegen (gerechnet nach Basel II). „Die Commerzbank hat als zukünftige Eigentümerin und Fusionspartner nun natürlich ein Interesse daran,“ schreibt Corinna Dröse vom DZ BANK Research, „die Dresdner Bank mit so wenig Risiken und so viel Eigenkapital wie möglich zu übernehmen. Die Inanspruchnahme staatlicher Kapitalhilfen durch die Dresdner Bank stehen daher unserer Meinung nach nicht gegen die Interessen der Commerzbank, die bereits selbst staatliche Kapitalhilfen in Höhe von 8,2 Mrd. Euro erhalten und damit ihre eigene Kapitalquote auf 11,6% erhöht hat.“

Ebenso sei es durchaus vorteilhaft für die Commerzbank, wenn die Allianz weitere Risiken abschirmt beziehungsweise Verluste der Dresdner Bank übernimmt. Zurzeit sei allerdings noch nicht absehbar, in welchem Umfang weitere Verluste im vierten Quartal bei der Dresdner Bank angefallen sind. „Die Allianz, für die ein Platzen des Verkaufs der Dresdner Bank die denkbar schlechteste Lösung wäre, könnte durchaus verhandlungsbereit in Bezug auf weitere Risikoabschirmung sein. Ein Scheitern der Fusion der beiden Banken kurz vor der nun für Januar vorgesehenen Umsetzung halten wir für recht unwahrscheinlich.“

Es wird erwartet, dass die Commerzbank in den nächsten Tagen eine staatlich garantierte Emission an den Markt bringen wird. Dröse: „Da bei dieser Emission die staatliche Garantie im Vordergrund steht, sollten die Gespräche über mögliche staatliche Kapitalhilfen oder eine weitere Risikoübernahme der Allianz neutral für dieses Vorhaben sein.“

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Norm für Printmedienanalyse

Von Dr. Oliver Everling | 7.Januar 2009

Für den wirtschaftlichen Erfolg von Zeitschriften, Tages- und Wochenzeitungen oder Inseratenblättern sind regelmäßige Medienanalysen unverzichtbar. Damit können Herausgeber nachweisen, welche Zielgruppen sie erreichen, wie ihre Leserschaft strukturiert und wie groß die Reichweite tatsächlich ist. Diese Daten liefern außerdem wichtige Entscheidungsgrundlagen für die Werbewirtschaft und die Mediaplanung.

Da z. B. Werbekampagnen zunehmend grenzüberschreitend geschaltet werden, ist es für Herausgeber und Agenturen wichtig, auf vergleichbare Ergebnisse zurückgreifen zu können. Wurden Medienanalysen bisher in einzelnen Ländern zum Teil recht unterschiedlich durchgeführt, so gibt es nun erstmals europaweit einheitliche Grundanforderungen dafür: in der neuen EN 15707, die seit 1. Jänner 2009 als ÖNORM in Deutsch und Englisch vorliegt.

„Diese Norm leistet einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung eines europäischen Markts für Printmedienwerbung“, erklärt dazu Dr. Holger Mühlbauer, Komitee-Manager für Dienstleistungsnormen im Österreichischen Normungsinstitut. Mühlbauer ist in der Ratingbranche bekannt durch das ISO Project Committee „Rating Services“.

Konkret regelt die Norm Begriffe und Anforderungen an die „Dienstleistung Printmedienanalyse“ und gibt Hinweise für die Mitwirkung des Auftraggebers, für die Einweisung des Forschungsdienstleisters, den Einsatz von Sub-Auftragnehmern, die Kontrolle der Datenqualität, die Auswertung und Präsentation der Ergebnisse, den Umgang mit personenbezogenen Daten, für Stichproben und Messverfahren sowie die Reichweiten- und Leserstrukturanalysen.

Die Norm ist in einer mit deutschsprachigen Fachkreisen abgestimmten Fassung bei Austrian Standards plus Publishing (AS+P) http://www.as-plus.at/shop bzw. http://www.as-plus.at/publishing erhältlich. Außerdem hat AS+P eine zwei-sprachige Publikation herausgegeben, in der die EN 15707 in Deutsch und Englisch im Volltext enthalten ist.

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Erfolg mit Geld – auch in der Krise?

Von Monika Müller | 6.Januar 2009

Viele Experten tappen derzeit im Dunkeln: Keiner hat die weltweite Finanzkrise so richtig eingeschätzt. Doch damit nicht genug – Keiner hat einen schlüssigen Ausweg parat. Deshalb lohnt es sich, einmal für einen Moment inne zu halten, Fernseher und Radio abzuschalten und sich selbst zu fragen: Was ist Geld? Haben Sie sich diese Frage schon mal ernsthaft gestellt? Viel zu selbstverständlich gehen wir jeden Tag mit Geld um, ohne einmal über dieses Thema nachzudenken.

Beginnen wir einfach damit, einige Irrtümer zu hinterfragen:

1. Irrtum: Geld ist begrenzt vorhanden

2. Irrtum: Schulden sind schlecht

3. Irrtum: Geld ist nur ein Tauschmittel

Ohne eine neue, qualifizierte Antwort auf diese Irrtümer tappen wir bei allen Entscheidungen zum Thema Geld im Dunkeln. Dass wir irrational reagieren, wenn wir mit Geld in Berührung kommen, zeigt uns bereits die Behavioral Finance. Warum wir irrational reagieren, liegt in diesen Irrtümern verborgen. Deren Auflösung ist der eigentliche Schlüssel für nachhaltige Veränderung. Besonders anschaulich hat dies der Geldforscher Peter Koenig untersucht und in seinem Buch „30 Lügen über Geld�?? vorgestellt.

Merken Sie, wie tief diese irrationalen Überzeugungen in uns eingepflanzt sind? Und doch, bei rationaler Überlegung kommt man all diesen drei Irrtümern auf die Spur: 1. Geld ist von uns geschaffen und wir können es im Überfluss produzieren wie keine andere Ressource. 2. Schulden sind ein ganz normaler Bestandteil unseres Geldsystems. Was passiert, wenn keine Schulden mehr gemacht werden, erleben wir aktuell am Geldmarkt. Also auch nicht wirklich die Lösung, oder? 3. Geld war zuallererst und immer schon ein Kommunikationsmittel und transportierte auch allzu menschliche Werte wie Status oder Wertschätzung.

Nach all dem: Was ist Geld nun wirklich? Wie wirkt es, wie funktioniert es? Diese Frage ist ganz besonders bedeutsam für Menschen, die in der Finanzbranche arbeiten. Sie  haben tagtäglich mit Ungereimtheiten zu kämpfen, die sie nicht begreifen. Beispiel: Sie machen einem Kunden einen hervorragenden Finanzplan und dieser lehnt Ihre Ausführungen dann jedoch aus heiterem Himmel ab, oder er hält sich nicht daran. Haben Sie das als Berater schon mal erlebt? Oder: Sie haben sich eine glasklare Investmentstrategie zurechtgelegt und dann reagiert der Markt plötzlich anders als jahrelang zuvor. Denken wir nur an das Modell der Diversifikation nach Markowitz.

Wenn Sie all diese Beispiele sauber analysieren, dann werden Sie feststellen, dass menschliche Finanzentscheidungen von ganz anderen Faktoren bestimmt werden, als sie die Finanzindustrie verkündet. Alle Bemühungen, Rationalität oder Ethik in den Markt zu bringen – ob mit neuen Produkten (z.B. ETFs), mit Anlagestrategien (z.B. nach Markowitz), oder mit Beratungsangeboten (z.B. Honorarberatung) – sie setzen nicht dort an, wo die menschliche Entscheidung beginnt. Nämlich bei der Frage: Was ist Geld für mich und wie wirkt es? Finanzpsychologisch würde man sagen: Geld löst im Menschen eine Psychodynamik aus, die all seinen Lebens- und Geldentscheidungen zugrunde liegt. Jeder Mensch hat im Laufe seines Lebens eine ganz persönliche Beziehung zu Geld aufgebaut. Diese Beziehung ist fast so individuell wie sein Fingerabdruck und drückt sich in seinen Projektionen auf Geld aus: „Geld ist schlecht, Geld ist Macht, Geld ist Sicherheit �?��?? Diese Auflistung können Sie beliebig weiter führen, sie ist so vielfältig wie die Lebensthemen, die einen Menschen begleiten. Ohne Bewusstsein über diese ganz persönlichen Projektionen tappt jeder – ob Profi oder Privatmensch – bei seinen Entscheidungen im Dunkeln.

Es sind also individuelle Projektionen, die am Geld haften und mitentscheiden, wie jeder Einzelne reagiert, wenn er mit Geld in Berührung kommt. Und nur ein neues Bewusstsein über diese Zusammenhänge kann Grundlage für einen Richtungswechsel sein. Ein erster Schritt ist, dass jeder Einzelne diese Projektionen bei sich selbst auflöst. Die Entwicklung, die sich daraus ergibt, wird auf jeden Fall ihn selbst, und damit vielleicht auch eine ganze Gesellschaft zu neuen Lösungen führen.

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40 % Verlust mit Aktienfonds

Von Dr. Oliver Everling | 6.Januar 2009

Mit Aktienfonds war der Anleger 2008 schlecht beraten. Das beweisen Zahlen von Lipper, einer Einheit von Thomson Reuters: Im Durchschnitt weisen alle Fonds einen Verlust von 40 % auf. Wer 2008 in Aktienfonds investiert war, besitzt heute durchschnittlich nicht einmal mehr zwei Drittel seines Vermögens. Dies berichtet die Ratingagentur Lipper von der Auswertung ihrer Datenbasis seit 1959, als die Datenbank von Lipper aufgebaut wurde. Bis dahin war der Negativrekord durch das Jahr 1974 bestimmt, in dem Aktienfonds als Folge der Ölkrise 24 % ihres Wertes verloren.

Das vierte Quartal 2008 alleine brachte einen Wertverlust (23,41 %), wie er 1974 nur über das ganze Jahr gerechnet zu ermitteln war. Nur im Dezember gab es seit Mai 2008 eine leichte Erholung mit +4,09 %, nachdem 94 % aller Aktienfonds und gemischten Fonds wieder positive Ergebnisse ermitteln konnten. „Während des Quartals war die Volatilität der US-amerikanischen Aktienmärkte in der Stratosphäre“, sagt Tom Roseen, Senior Research Analyst von Thomson Reuters Lipper in Denver. „Der CBOE Volatilitätsindex (VIX) erreichte Allzeithochs, schloss am 20. November 2008 mit 80,06 und endete am 31. Dezember 2008 mit 40,00.

Die Wertvernichtung durch Aktienfonds ist insbesondere auch deshalb bemerkenswert, da über Jahre hinweg auch nur ein Bruchteil der Fonds dem Anleger ein über die Rendite relevanter Vergleichsindizes hinausgehende Rendite liefern. Soweit es dem Anleger möglich ist, stünde er meist besser, direkt in die Aktien zu investieren, als die Kosten des Fondsvertriebs und des Fondsmanagements zu tragen.

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Mehr Zahlungsstörungen in Deutschland

Von Dr. Oliver Everling | 6.Januar 2009

Coface hat Deutschland im Länderrating auf die negative Beobachtungsliste gesetzt. Anlass ist die nun auch in Deutschland spürbare deutliche Verschlechterung des Zahlungsverhaltens von Unternehmen. In den ersten elf Monaten 2008 haben sich die Zahlungsstörungen nach Zahlen der Coface um 28 Prozent erhöht. Zudem wirke sich die aktuelle Krise besonders stark auf den Export deutscher Unternehmen aus.

Deutschland ist die letzte westeuropäische Industrienation, die von Coface abgewertet oder auf die Watchlist mit negativer Aussicht genommen wurde.

Wie Frankreich, das seit Oktober 2008 auf der Beobachtungsliste steht, bleibt Deutschland noch in der besten Stufe A1. Großbritannien und Spanien wurden bereits in A2 herabgestuft. Das Länderrating der Coface bezieht sich nicht auf die Stabilität eines Staates oder die Sicherheit von Staatsanleihen, sondern bewertet das Zahlungsausfallrisiko bei kurzfristigen Geschäften mit Unternehmen in einer Region oder in einem Land.

Die negative Entwicklung im Export könnte dazu führen, dass die davon betroffene Industrie Investitionen stoppt. Auf der anderen Seite könnten Investitionen in den öffentlichen Sektor und Bauvorhaben in der Infrastruktur ebenso leichte positive Auswirkungen haben wie der private Konsum. Denn in Deutschland sieht Coface keine Immobilienblase oder breite Überschuldung der privaten Haushalte.

Die Branchensituation bewertet Coface derzeit differenziert. Am meisten betroffen seien die Bereiche, die am stärksten von Exporten abhängig sind, wie Flugzeug- und Automobilzulieferer, Textil- und Bekleidungsindustrie, See- und Binnenschifffahrt und – in geringerem Ausmaß – Metall-, Chemie- und Ausrüstungsindustrie. Andere Branchen könnten der Entwicklung besser widerstehen. Dazu zählt Coface zum Beispiel die Möbelindustrie, die von einer steigenden Nachfrage profitieren könnte.

„Insgesamt haben sich deutsche Unternehmen als standfester erwiesen und sich länger als andere westeuropäischen Firmen gehalten, aber der Abschwung übertraf letztlich die Stabilität“, erklärt Yves Zlotowski, Chefvolkswirt der Coface. „Das Zahlungsverhalten in Deutschland beginnt sich zu verschlechtern und die Insolvenzen steigen.“ Angesichts des traditionell vergleichsweise guten Zahlungsverhaltens in Deutschland seien zunehmende Verzögerungen und Ausfälle umso alarmierender. „Jetzt ist eine deutliche Verschlechterung seit dem letzten Herbst festzustellen“, fasst Yves Zlotowski zusammen.

Die Coface-Länderbewertungen berücksichtigen insbesondere das Zahlungsverhalten der Unternehmen bei kurzfristigen Verbindlichkeiten in den jeweiligen Ländern. Es fließen aber auch Daten zur wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Entwicklung eines Landes ein sowie zum Geschäftsumfeld, wozu vor allem die Transparenz bei den Unternehmensbilanzen, der Gläubigerschutz und institutionelle Rahmenbedingungen gehören. Das Rating ist ein Indikator für Unternehmen, die in diesen Ländern Geschäfte machen. Die Bewertungen folgen einer ähnlichen siebenstufigen Skala wie die der Ratingagenturen: A1 bis A4 entsprechen Investmentgrades, B, C und D stehen für ein mittleres bis hohes Risiko. Regelmäßig werden über 150 Länder analysiert und bewertet.

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Markowitz-Modellkritik reißt nicht ab

Von Dr. Oliver Everling | 6.Januar 2009

„So im neuen Jahr habe ich noch nie so etwas schönes (auch sprachtechnisch) gelesen“, kommentiert Willem D. Okkerse vom OK-RATING INSTITUTE (http://www.ok-rating.nl/) den Artikel „Ende naiver Markowitz-Diversifikation“ im Everling Internet Newsletter Ausgabe 1/2009 vom 31. Dezember 2008, der überraschend viel Zustimmung erfuhr. Okkerse fügt seiner Nachricht kommentarlos die Wertentwicklung seines Portfolios und Vergleichszahlen hinzu: Wer gemäß seines Ratings statt nach Markowitz investiert hat, hat nur einen Bruchteil im Vergleich zu allen Indizes, zu Warren Buffet und zu anderen Investoren verloren.

Gegenstand des Artikels im Newsletter war die hartnäckige Anwendung des Markowitz-Modells in der Praxis sowie die unbeirrbare Lehre dazu, obwohl die realitätsfernen Prämissen und theoretischen Voraussetzungen in der Praxis nicht auch nur annähernd oder teilweise erfüllt sind. Die aktuelle Finanzkrise beweist, dass auch Ratings und Liquiditätsaspekte Börsenkurse zu beeinflussen vermögen. Markovitz sei sowieso falsch, stimmt Jürgen Braatz ein, geschäftsführender Gesellschafter der Ratingwissen GbR in Hamburg, da die Prämisse „Glockenkurve“ empirisch widerlegt sei. Braatz hatte schon vor zwei Jahren nach einem Vortrag beim SAS-Forum in seinem Fondswissen-Newsletter dezidiert dazu Stellung genommen.

Nach der Theorie des Nobelpreisträgers Harry Markowitz reduzieren sich die Anlagebedürfnisse von Investoren auf eine optimale Kombination von Chance (erwarteter Rendite) und Risiko (Varianz der Rendite). Wären alle Wahrscheinlichkeiten aller künftig möglichen Ereignisse und Entwicklungen bekannt, würden darüber hinaus weltweit alle Anleger über alle Informationen jederzeit und überall verfügen, weder Steuern noch Provisionen oder Gebühren an Banken bezahlen noch sonst Transaktionskosten berücksichtigen müssen, dann wäre es unter einer Reihe weiterer theoretischer Annahmen optimal, in eine Kombination aus Marktportefeuille und sicherer Anlage (z. B. Staatspapiere) zu investieren. Um diese zu finden, braucht man dann „nur noch“ die Nutzenfunktion des Anlegers zu bestimmen, die allerdings ethische, ökologische und soziale Aspekte nicht enthalten darf, da es auf bloße Rendite ankommen soll.

„Gestatten Sie mir bitte eine kleine Anmerkung zu Ihrem heutigen Newsletter, insbesondere zu Markowitz“, schreibt Michael Anton, Geschäftsführer der Index Portfolio Concept GmbH aus Dillingen (www.die-faire-rendite.de): „Ja, es ist äußerst bedauerlich, dass die Finanzwelt immer noch mit dem Modell Markowitz hantiert, das nicht nur aus der Mode gekommen ist, sondern schlicht und ergreifend falsch ist. Auch dies ist keine neue Erkenntnis, sie drückt nur aus, dass die Finanzindustrie mit hergebrachten Mitteln, die einmal – bedauerlicherweise durch den Nobelpreis zu falschen Ehren gelangt – nach wie vor den Markt konditioniert und zu bequem ist, die alten Modelle zu entsorgen und gegen bessere zu ersetzen.“

„Dies wird die etablierte Finanzindustrie nicht tun,“ so Anton weiter, „denn sie müsste Abschied nehmen von einem bequemen und einträglichen Geschäftsmodell. Bessere Mathematik ist seit langem vorhanden (siehe Mandelbrot), doch wir müssen mit der Erkenntnis leben, dass die großen Krisen – nach wie vor – nicht vorhersagbar werden. Daraus ist abzuleiten, dass Vermögen gegen – unvorhersagbare – Krisen besser geschützt werden müssen. Vermögen finden in der in der Gaußschen Glockenkurve nur vermeintlichen Schutz, der sich in der Krise als untauglich erweist.“

Die wissenschaftlichen Verdienste von Harry Markowitz, die finanzwirtschaftliche Forschung über ein halbes Jahrhundert hinweg maßgeblich beeinflusst zu haben, stehen trotz begrenzter praktischer Eignung seines Modells außer jedem Zweifel. Es liegt an der Praxis, die Tragweite seiner witzigen Idee von vollständig informationseffizienten und unendlich reaktionsschnellen Märkten nicht erkannt zu haben. Viele Phänomene der Praxis, wie das Auf- und Ab der Börsenkurse, wurden als Beweise dafür gedeutet, dass die Modellprämissen wenigstens annähernd erfüllt seien oder hinreichend modifiziert werden könnten. Der Kerneraufgabe, überhaupt erst die Risikosituationen von Unternehmen umfassend zu analysieren und durch ein Rating zu klassifizieren, wollten und konnten sich die meisten, auch institutionellen Anleger nicht stellen: Zu groß die Versuchung in Zeiten moderner Informations- und Kommunikationstechnologien, einfach historische Börsenkursdaten in der einen oder anderen Form in die Zukunft fortzuschreiben.

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