Moody’s sendet Weckruf an Länder und Kommunen
Von Dr. Oliver Everling | 12.Mai 2022
Die steigenden Energieausgaben der deutschen Kommunen sind für sie und ihre jeweiligen Bundesländer negativ, sagt Moody’s Investors Service in aller Deutlichkeit. Am 3. Mai zeigte eine Umfrage der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW, Aaa stabil), dass die Energieausgaben der deutschen Kommunen im Januar auf durchschnittlich 2 % ihrer gesamten Haushaltsausgaben gestiegen sind. Fast die Hälfte der Umfrageteilnehmer gab an, dass sie trotz Gegenmaßnahmen möglicherweise neue Schulden aufnehmen werden, um die zusätzlichen Kosten zu bewältigen, ein !Kreditnegativ“, so Moody’s, für Kommunen und ihre Länder (Regionalregierungen), trotz historischer niedrige Zinsen.
Deutschlands Einzelhandelspreise für Strom und fossile Brennstoffe sind im Februar gegenüber 2019 um 40 % gestiegen, wobei ein Großteil des Anstiegs laut KfW in den letzten Monaten erfolgte. Bis Februar lagen die Verbraucherkosten allein für Erdgas um 32 % über dem Durchschnitt von 2021 und um 38 % im Vergleich zu 2019.
„Kommunen sind von steigenden Energiepreisen durch die gestiegenen Kosten für die Beheizung kommunaler Einrichtungen, Schulen, öffentlicher Verwaltungsgebäude und Energie betroffen“, so Moody’s. Die Agentur erinnert an Infrastruktur wie Schwimmbäder und Fitnessstudios, während die Preise für andere Waren und Dienstleistungen ebenfalls steigen.
Die Befragten der kommunalen KfW-Umfrage gaben an, dass sie es schwierig oder fast unmöglich fanden, die Energiepreissteigerungen zu verkraften, und erwägen verschiedene Maßnahmen zur Verwaltung, darunter die Erhöhung der Investitionen in Energieeffizienz, die Erhöhung der Verschuldung, die Kürzung anderer Haushaltsposten, die Erhöhung der Preise für Dienstleistungen, die Reduzierung der Investitionen und energieintensive Aktivitäten und kein ausgeglichenes Budget.
„Der institutionelle Rahmen bietet den Kommunalverwaltungen eine gewisse Flexibilität, um sowohl Ausgaben als auch Einnahmen zu verwalten“, sieht die Ratingagentur im internationalen Vergleich, aber auch innerhalb Deutschlands. „In dieser Hinsicht sind sie besser als die Bundesländer in der Lage, ihre Betriebseinnahmen und -ausgaben aktiv zu steuern und sich an sich ändernde wirtschaftliche Umstände anzupassen. Kommunen haben beispielsweise die Möglichkeit, lokale Steuern zu erhöhen, die Preise ihrer Dienstleistungen zu erhöhen und Investitionen anzupassen oder zu verschieben.“
Die internen Kontrollen und die Finanzplanung lokaler Regierungen sowie ihre Fähigkeit, Einnahmen- und Ausgabenströme genau vorherzusagen, sind Schlüsselelemente von Moody’s Governance-Bewertung. „Daher sehen wir den rechtzeitigen Umgang der Kommunen mit tatsächlichen oder erwarteten Änderungen der aktuellen wirtschaftlichen Umstände positiv.“
„Wir gehen jedoch davon aus,“ warnt Moody’s, „dass die Verschuldung der Kommunalverwaltungen weiter zunehmen wird, wodurch die finanzielle Flexibilität der Kommunen allmählich eingeschränkt wird. Dies führt zu einer Verringerung ihrer Mittel für allgemeine Investitionen und zu Verzögerungen bei anderen, weniger wichtigen Haushaltsposten.“
Die deutschen Bundesländer haben ihre Kommunalverwaltungen in der Vergangenheit durch verschiedene Maßnahmen, wie z. B. Entschuldungsprogramme, unterstützt, hebt Moody’s hervor. Die weniger verschuldeten Bundesländer wie Bayern (Aaa stabil), Baden-Württemberg (Aaa stabil), Sachsen und Hessen sieht Moody’s besser positioniert, um ihre Kommunen zu unterstützen.
Am 1. April kündigte Rheinland-Pfalz an, berichtet Moody’s, mehr als die Hälfte der rund 6 Milliarden Euro Kassenkredite von seinen Kommunen zu nehmen. Rheinland-Pfalz und seine Kommunalverwaltungen verzeichneten 2021 einen starken Überschuss, der von gestiegenen Körperschaftsteuereinnahmen profitierte, ein Großteil davon vom lokalen Unternehmen BioNTech SE, das erfolgreich mit Pfizer Inc. (A2 positiv) zusammenarbeitete, um einen COVID-19-Impfstoff herzustellen. Länder mit höherer Schuldenlast wie das Saarland, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt (Aa1 stabil) sind schwächer positioniert, um ihre Kommunen zu unterstützen, warnt Moody’s.
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Energiesicherheit ein Schlüsselfaktor für die deutsche Wirtschaft
Von Dr. Oliver Everling | 10.Mai 2022
Die Märkte reagieren empfindlicher als der öffentliche Diskurs, schreibt Florian Eberhard, Analyst für das Online-Brokerhaus GKFX, in seinem Marktkommentar: „Jede noch so kleine Meldung bewegt die Kurse, aber sie erholen sich oft schneller, als die Nachrichtenlage es erwarten lassen würde. Hier kommt es jetzt darauf an, wie man das vorhandene Geld einsetzt. Ob ein Ende des Krieges die wirtschaftliche Entwicklung wieder anschiebt, ist fraglich, denn die Ukrainekrise offenbart insbesondere die starke Abhängigkeit Deutschlands von Energie und Rohstoffen. Bereits bestehende Probleme in den Lieferketten wurden jetzt durch neue Versorgungsengpässe nochmals verschärft.“
Dabei berichtet Florian Eberhard auch Positives über den Wirtschaftsstandort Deutschland: „In Grünheide wurde wenige Tage nach der endgültigen Genehmigung Teslas Gigafactory eröffnet. Erste Elektroautos laufen bereits von den Bändern. Intel baut ein milliardenteures Halbleiterwerk in der Nähe von Magdeburg. An vielen Standorten entstehen Batteriefabriken. Experten gehen davon aus, dass Deutschland in dieser Technologie sehr gut aufgestellt ist. Auch Startups machen von sich Reden. Die kleine, bayerische Firma Volocopter liefert bereits erste Flugtaxis nach Frankreich, die während der Olympiade 2022 den Pariser Stadtverkehr entlasten sollen. Das Luft- und Raumfahrtunternehmen Wingcopter hat einen Großauftrag für Lieferdrohnen aus den USA erhalten.“
Allerdings zeigen diese Beispiele auch, dass die Energiesicherheit ein Schlüsselfaktor für die deutsche Wirtschaft ist. „Um Unabhängigkeit in energiewirtschaftlichen Fragen herzustellen,“ so der Analyst weiter, „diskutiert die Politik inzwischen die Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken und Kohlekraftwerken[2], von denen man sich in diesem Jahr noch weitgehend verabschieden wollte. Auch die Gasvorkommen in der Nordsee sollen erschlossen werden und 2024 genutzt werden – umweltfreundlich mit Elektrifizierung mittels Offshore-Windpark.“
Wenn es gelingt, die nationale Energieversorgung auf absehbare Zeit unabhängiger zu machen und zudem sichere Lieferketten für Rohstoffe zu schaffen, dann rechnet er mit einer starken Markterholung. Solange sich hier noch keine Lösungen zeigen, wird es wohl bei dem derzeitigen Auf und Ab an den Finanzmärkten bleiben. „Daytrader sollten die tägliche Nachrichtenlage genau verfolgen. Auch,“ spricht der Analyst für sein Online-Brokerhaus GKFX, „wenn man kein Rohstofftrader ist, lohnt ein Blick auf die Entwicklung in diesen Märkten. Weizen, Gas, WTI und Brent oder Metalle sind gute Indikatoren. Hier können über mögliche Korrelationen zu allen anderen Assetklassen, bis hin zum DAX, wichtige Trends ausgemacht werden.“
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Verkehrte Welt der ESG-Ratings und Rankings
Von Dr. Oliver Everling | 10.Mai 2022
Im Video-Interview „Jetzt streitbare Aktien kaufen?“ findet Martin Wirth mutige Worte mit Blick auf Ratings und Rankings zum Thema ESG, also der Berücksichtigung von Kriterien aus den Bereichen Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance) in der Kapitalanlage. „Wir sind ja kein kirchlicher Diskussionszirkel“, sagt Martin Wirth mit Blick auf die Praxis des Fondsmanagements.
Außerdem sortiert Martin Wirth die Begriffe Inflation und Stagflation und verweist auf die Flexibilität, die Unternehmen bereits in der Pandemie bewiesen haben und auf die Preissetzungsmacht, die seine Zielunternehmen nutzen können.
Markus Wirth schöpft aus seiner Erfahrung mit deutschen Aktien seit 1990, heute als Gründer und Vorstand der FPM Frankfurt Performance Management AG, zuvor mit Stationen als Portfoliomanager der Credit Suisse (Deutschland) AG, Aktienanalyst bei der Bank Julius Bär (Deutschland) AG und Aktienanalyst der Credit Suisse First Boston nach einem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln, Abschluss als Diplom-Kaufmann.
Er erklärt seine Devise „Verantwortungsethik schlägt Gesinnungsethik“ und hinterfragt kritisch, warum Hersteller von Luxusgütern, die in erster Linie Absatzmärkte von russischen und chinesischen Oligarchen bedienen, als moralisch einwandfrei gelten und sich bester ESG-Rankings erfreuen, während Hersteller von Pflanzenschutzmitteln, die die Ernährung von Millionen von Menschen gewährleisten, in den ESG-Rankings ganz unten stehen.
„Wir sehen die Welt so, wie sie ist, und nicht, wie wir sie gerne hätten“, sagt Martin Wirth in seinem gelungenen Interview:
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Markt attraktiv für Aktien Long/Short-Strategien
Von Dr. Oliver Everling | 10.Mai 2022
Im ersten Quartal 2022 kam es – mit Ausnahme von Rohstoffen – zu einem breiten Ausverkauf bei risikobehafteten Anlagen. Sowohl Aktien als auch Anleihen verzeichneten einen Verlust im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich. Der Jahresstart gestaltete sich auch für Hedgefonds schwierig, wie aus einem aktuellen Report der Schweizer Privatbank Union Bancaire Privée (UBP) hervorgeht.
Alternative Makro-Strategien könnten in den kommenden Monaten die stärkste Performance liefern. Infolge des Ukraine-Kriegs und der Zinswende der US-Notenbank stehen solche Strategien zwar Herausforderungen gegenüber. „Aus technischer Sicht ist der langfristige Trend für Makro-Strategien aber positiv“, schreibt Kier Boley, CIO Alternative Investment Solutions bei UBP, im jüngsten Quarterly Strategy Review & Outlook.
Dies zeigten die gleitenden Performance-Durchschnitte über die vergangenen zwölf Monate sowie drei und fünf Jahre. Zwischen verschiedenen Makro-Hedgefonds dürften nach Ansicht von UBP indes erhebliche Renditeunterschiede entstehen. So sind die Experten der UBP vorsichtig in Bezug auf Makro-Vehikel mit Währungsfokus, aber äußerst überzeugt von Rohstoff-Strategien.
Equity Long/Short Strategien haben im ersten Quartal 2022 gemessen am HFRI Equity Hedge (Total) Index per saldo 4,1 Prozent an Wert verloren. Ein erhöhtes Maß an Unsicherheit dürfte wahrscheinlich zu volatileren Märkten und kurzfristig ausgeprägten Korrekturen an den Märkten führen. „Das aktuelle Umfeld bleibt mittelfristig sehr attraktiv für Aktien Long/Short, insbesondere für Strategien mit niedrigem Marktexposure und dynamischem Exposure-Management, da höhere Volatilität und eine breitere Streuung der Ergebnisse das Chancenspektrum vergrößern“, ist Boley überzeugt.
„Der gezielte Einsatz von alternativen Anlagestrategien kann wesentlich zur Diversifikation und Renditeoptimierung institutioneller Portfolien beitragen. Gerade im aktuellen Umfeld können sich Investoren die hohe Volatilität über Liquid Alternatives zunutze machen“, ergänzt Thomas Body, Leiter von UBP Asset Management in Deutschland und Österreich.
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Europa im Bann des Krieges
Von Dr. Oliver Everling | 9.Mai 2022
Die Aussichten für die globale Konjunktur in den kommenden Quartalen sind von einer außergewöhnlich hohen Unsicherheit geprägt, weil mehrere Themenkomplexe zusammenwirken. Axel D. Angermann analysiert als Chef-Volkswirt der FERI Gruppe die konjunkturellen und strukturellen Entwicklungen aller für die Asset Allocation wesentlichen Märkte und zeigt auf, dass für die Themenkomplexe jeweils verschiedene Szenarien denkbar sind.
„Aus europäischer Perspektive ist der Fortgang des Krieges in der Ukraine von entscheidender Bedeutung. Im besten Fall würde eine schnelle Befriedung des Konflikts nicht nur das Leiden der Menschen in der Ukraine mindern,“ macht Axel D. Angermann klar, „sondern auch zu einer Normalisierung der Rohstoffpreise und damit der wirtschaftlichen Entwicklung insgesamt beitragen.“
Wie unverantwortlich es wäre, wenn die zögerliche Politik in Deutschland den Krieg in der Ukraine weiterhin zulässt, macht der Chef-Volkswirt ebenso klar: „Umgekehrt hätte eine weitere Eskalation des Krieges, vor allem ein Embargo gegen russische Rohstoffe oder ein Lieferstopp von russischer Seite, mit Sicherheit eine Rezession in wichtigen Ländern des Währungsraums, darunter Deutschland und Italien, zur Folge, auch wenn die Tiefe des Einbruchs kaum verlässlich abschätzbar ist.“
Die globalen Konjunkturperspektiven sieht Axel D. Angermann maßgeblich von der weiteren Entwicklung der US-Wirtschaft bestimmt: „Während die hohe Inflation in Europa vor allem auf die gestiegenen Rohstoffpreise zurückzuführen ist, ist dies für die Teuerung in den USA nicht der wichtigste Faktor. Vielmehr ist es dort der inzwischen sehr enge Arbeitsmarkt, der zu einem deutlichen Lohnwachstum und damit zu steigendem Inflationsdruck geführt hat. Deshalb rechnen die meisten Beobachter mit einer schnellen und starken geldpolitischen Straffung seitens der Fed, die damit bewusst eine verringerte Wachstumsdynamik der US-Wirtschaft in Kauf nimmt.“
Allerdings bestehe die signifikante Gefahr, dass die Wirtschaft dabei zu stark abgebremst wird und in die Rezession abgleitet. Dies hätte gravierende Folgen auch für den Euroraum. Umgekehrt ist aber auch ein positives Szenario denkbar, in dem die Langfristzinsen in den USA zumindest vorerst nicht weiter steigen, die bereits jetzt verminderte Wachstumsdynamik zu geringeren Lohnzuwächsen führt und die Fed in der Summe möglicherweise weniger Zinsanhebungen vornimmt als derzeit erwartet.
Den dritten Themenkomplex sieht Axel D. Angermann in China, dessen Wirtschaft im zweiten Quartal als Folge der Lockdowns in großen Städten kaum wachsen wird und dessen Wachstumsziel von 5,5 Prozent im laufenden Jahr kaum erreichbar erscheint.
„Eine Fortsetzung der strikten Null-Covid-Politik hätte nicht nur potenziell katastrophale Folgen für China selbst“, warnt der Experte aus der FERI-Gruppe: „Die damit verbundenen Angebotsstörungen würden den globalen Handel weiter belasten und die Inflation antreiben. Unterstellt man der chinesischen Führung ein rationales Vorgehen und die Fähigkeit, einen Ausweg aus der selbst verschuldeten ideologischen Überhöhung der eigenen Null-Covid-Politik zu finden, wäre aber auch eine stärkere Stimulierung der eigenen Wirtschaft und daraus resultierend ein positiver Impuls für die Weltwirtschaft denkbar.“
Nicht alle Kombinationen der hier skizzierten Szenarien seien ökonomisch sinnvoll: „Es verbleiben aber so viele Möglichkeiten mit sehr unterschiedlichen ökonomischen Auswirkungen, dass es vorerst bei einem sehr hohen Maß an Unsicherheit bleiben wird. Dies allein ist keine gute Nachricht für die Weltwirtschaft, weil es Konsum und Investitionen bremst.“
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Argumente für die Hypothese des Höchststandes der US-Inflation
Von Dr. Oliver Everling | 6.Mai 2022
Das Aufflammen der Inflation, das nicht abzureißen scheint, besteht nach Ansicht von EURIZON Asset Management aus drei Teilen: dem Nachfrageüberhang im Jahr 2021, den sich selbst verstärkenden Effekten durch die Löhne, die in den USA bereits im Gange sind, und in letzter Zeit der Energiekrise, die durch den Krieg zwischen Russland und der Ukraine verstärkt wird.
„In den USA hat die unter den Erwartungen liegende Kerninflationsrate für März die Hypothese eines möglichen Höchststandes auf diesem Niveau verstärkt“, schreiben die Asset Manager und sehen einige Punkte, die für diese Ansicht sprechen: „Die Rohstoffpreise haben deutlich zugelegt, sind aber seit Anfang März nicht mehr gestiegen. Darüber hinaus setzt die Fed auf sich selbst verstärkende Effekte durch die Lohnentwicklung, wobei die Geldpolitik zunehmend restriktiver wird, auch wenn dies zulasten des Wirtschaftswachstums gehen kann.“
Der Nachfrageüberhang aus dem Jahr 2021 werde zwar abgebaut, aber nur sehr langsam. „Dies könnte die ausschlaggebende Variable sein, die es zu beobachten gilt, auch im Hinblick auf die neuen Lockdowns in China.“
EURIZON Asset Management bringt vier Punkte in Betracht: Der erste Punkt sind die Kosten für den Transport von Containern aus China. Die Preise sind seit Anfang des Jahres gesunken, liegen aber immer noch im Bereich der historischen Höchststände von Ende 2021. Daraus folgern sie, dass hier keine zusätzliche Inflation zu erwarten ist, aber auch kein deutlicher Abbau der Spannungen.
Die Angaben des Freightos Baltic Index, der die Transportraten auf zwölf globalen Handelsrouten misst, lässt einen allmählichen Abbau der angespannten Lage erkennen, denn die Frachtkosten im Seeverkehr sind gegenüber dem Stand von Ende 2021 gesunken, liegen aber deutlich über dem Niveau der Zeit vor Corona.
Der Schienenverkehr in den USA ist fast wieder auf dem Aktivitätsniveau vor Corona (2019), was darauf hindeute, dass der Engpass in den Vertriebsketten überwunden ist. „Dies ist jedoch nur eine teilweise Rückkehr zur Normalität. Denn Öl und Fahrzeugverkehr, zwei Sektoren, die die Inflation gestützt haben, entwickeln sich weiterhin langsamer als 2019, was auf eine anhaltende Knappheit in diesen Schlüsselsektoren hindeutet.“
Im verarbeitenden Gewerbe in den USA habe sich der Abstand zwischen Auftrags- und Lagerbeständen verringert – im Vergleich zu den Spitzenwerten nach der Wiedereröffnung der Märkte. „Allerdings ist der Saldo nach wie vor zugunsten der Aufträge verzerrt, während die Lagerbestände an Fertigerzeugnissen weiterhin auf niedrigem Niveau liegen. Der Druck auf die Produktionsketten hat also noch nicht nachgelassen.“
Insgesamt scheint sich die Hypothese des Höchststandes der US-Inflation zu bestätigen. Der Inflationsdruck dürfte jedoch nur langsam nachlassen, räumt EURIZON Asset Management ein, insbesondere angesichts der neuen Lockdowns in China.
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Viel Wind um neuen Beteiligungszwang bei Investitionen
Von Dr. Oliver Everling | 5.Mai 2022
Der heute veröffentlichte Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts könnte weitreichende Folgen für die Gestaltung von Investitionen haben, bei denen die Wahl des Standortes aufgrund der erheblichen Auswirkungen auf die Einwohner bzw. Nachbarn eine große Rolle spielt.
Der Senat hat nämlich entschieden, dass das Gesetz über die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Gemeinden an Windparks in Mecklenburg-Vorpommern (Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz – BüGembeteilG) ganz überwiegend mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Das BüGembeteilG verpflichtet die Betreiber von Windenergieanlagen (Vorhabenträger), Windparks nur durch eine eigens dafür zu gründende Projektgesellschaft zu betreiben und Anwohnerinnen und Anwohner sowie standortnahe Gemeinden durch den Erwerb von Gesellschaftsanteilen oder stattdessen durch den Erwerb von Sparprodukten durch die Anwohner und die Zahlung einer Abgabe an die Gemeinde mit insgesamt mindestens 20 % an deren Ertrag zu beteiligen.
Dadurch soll die Akzeptanz für neue Windenergieanlagen verbessert und so der weitere Ausbau der Windenergie an Land gefördert werden. Die damit verfolgten Gemeinwohlziele des Klimaschutzes, des Schutzes von Grundrechten vor Beeinträchtigungen durch den Klimawandel und der Sicherung der Stromversorgung sind nach Ansicht des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hinreichend gewichtig, um den mit der Beteiligungspflicht verbundenen schwerwiegenden Eingriff in die Berufsfreiheit der Vorhabenträger aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) rechtfertigen zu können.
Gemäß Art. 12 Abs. 1 GG haben alle Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
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M&S revitalisiert den Einzelhandel
Von Dr. Oliver Everling | 5.Mai 2022
Als Ende des 18. Jahrhunderts die ersten Straßenhändler ihre Waren auf der Oxford Street zu verkaufen begannen, konnten sich nur wenige vorstellen, wie sich Europas wichtigste Einkaufsstraße in den nächsten 150 Jahren verändern würde. Seit ihren Anfängen als Handelsstraße hat sich die Oxford Street kontinuierlich weiterentwickelt, um sich an die veränderten Einkaufsgewohnheiten der Menschen anzupassen.
„Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wichen die Straßenhändler Tuchmachern und Schuhmachern, denen zuerst kleine und dann viel größere Geschäfte folgten, darunter unser eigenes Geschäft von Marks & Spencer, das sich seit den 1930er Jahren in der West Oxford Street befindet“, berichtet Sacha Berendji, Group Property, Store Development and Technology Director bei Marks & Spencer, dem großen Einzelhandelsunternehmen aus Großbritannien. „Die Kontinuität der Oxford Street ist den Unternehmen und der Kommune zu verdanken, die immer hart daran gearbeitet haben, innovative Lösungen zu finden, was bedeutet, dass Londons berühmteste Einkaufsstraße nicht nur überlebt, sondern gediehen ist.“
Die Auswirkungen der Pandemie auf das Gebiet waren jedoch akut. Die Besucherzahlen im West End von London brachen ein, als die Kunden ihre Art zu kaufen grundlegend veränderten – sie wählten Online-Shopping, Lieferung nach Hause und Einzelhandelsparks außerhalb der Stadt statt traditioneller Einkaufsstraßen. Touristen reisen nach dem Ende der Reisebeschränkungen weiterhin in immer größerer Zahl zu Designer-Discountern, berichtet der Experte von Marks & Spencer.
Der Westminster Council arbeitet daran, Partner hinter Pläne für Oxford Street zu vereinen, wobei das Angebot von Marks & Spencer zur Modernisierung des Marble Arch-Geschäfts ein Beispiel dafür ist, wie in die Zukunft zu blicken ist.
Marks & Spencer begann damit, die Optionen für die Renovierung des bestehenden Ladens sehr genau zu prüfen, aber es wurde schnell klar, dass eine Neuentwicklung der einzig gangbare Weg war, um einen Laden neu zu gestalten, der seinen Zweck erfüllt und für die Zukunft gerüstet ist, um ein bahnbrechendes Gebäude mit gemischter Nutzung mit modernen Einzelhandelsflächen und erstklassigen Büroflächen zu schaffen, das sicherstellt, dass M&S langfristig in der West Oxford Street tätig bleibt.
Das Marble Arch-Design ist kreativ, unternehmerisch und der Höhepunkt einer über zweijährigen Zusammenarbeit mit dem Westminster City Council, der Greater London Authority und der lokalen Geschäfts- und Anwohnergemeinschaft. Es gibt eine Menge lokaler Unterstützung für unsere Vorschläge, da ihr Ziel nicht nur darin besteht, das Geschäft umzugestalten, sondern auch das West End der Oxford Street wiederzubeleben. Während andere Einzelhändler ihre Größe verkleinern oder ganz aufgegeben haben, schlägt M&S das einzige von Einzelhändlern geleitete Erneuerungsprojekt vor.
Das neue Gebäude wird zu den 10 % der leistungsstärksten Gebäuden in London gehören und weniger als ein Viertel der Energie verbrauchen, die von den bestehenden Gebäuden benötigt wird, die bereits die Ziele der Regierung zur CO2-Reduktion übertreffen. „Wir sind der festen Überzeugung, dass der Ersatz der drei bestehenden Gebäude die richtige Antwort auf die Klimakatastrophe ist, da sie innerhalb von 17 Jahren eine bessere CO2-Bilanz und Nachhaltigkeitsvorteile für die nächsten hundert Jahre bietet“, sieht Sacha Berendji voraus.
„M&S handelt seit 63 Jahren in der West Oxford Street, und mit der Unterstützung unserer Kollegen, der örtlichen Gemeinde und des Westminster Council sind wir zuversichtlich,“ so Sacha Berendji, „dass unser Vorschlag bedeutet, dass M&S auch in den nächsten 63 Jahren in Marble Arch handeln wird und darüber hinaus.“
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VPNs umgehen deutsche Pressezensur
Von Dr. Oliver Everling | 4.Mai 2022
Für viele Reisende in die Volksrepublik China, die Islamische Republik Iran und viele weitere Staaten sind „Virtual Private Networks“ (VPN) ein vertrauter Weg, um die Internet-Zensur der jeweiligen Länder zu umgehen.
Da die Zensur in der Europäischen Union und damit auch in Deutschland im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine ausgeweitet wurde, gewinnen VPN auch für Nutzer an Bedeutung, die sich über Ereignisse und Meinungen aus anderen Ländern informieren wollen, aber neuerdings auf die politsch gesetzten Schranken in Europa stoßen.
Mit VPN wird der Internetzugang verschlüsselt und ermöglicht, mit einer neuen IP-Adresse im Internet surfen. VPNs verschlüsseln den Internetverkehr eines Nutzers und verschleiern seine Online-Identität. Ein VPN verbirgt die IP-Adresse des Nutzers, indem das Netz sie über einen speziell konfigurierten Remote-Server umleitet, der von einem VPN-Host ausgeführt wird. Wenn der Nutzer also mit einem VPN online surft, wird der VPN-Server zum Ursprung der Daten.
Ein VPN macht es dem Internetdienstanbieter (ISP) des Nutzers oder anderen Dritten unmöglich zu sehen, welche Webseiten besucht werden oder welche Informationen der Nutzer im Internet eingibt. Mit VPN-Standort-Spoofing können Nutzer zudem auf einen Server in anderen Ländern wechseln und ihren Standort effektiv „ändern“.
Der Nutzer eines VPNs in China kann so beispielsweise auch auf Dienste von Google oder Facebook zugreifen, obwohl diese Dienste in der Volksrepublik China gesperrt sind. Umgekehrt kann ein Nutzer in Deutschland auch Informationen aus anderen Ländern erhalten, obwohl diese Inhalte der Zensur in Deutschland unterliegen.
Auf europäischer Ebene setzt sich die deutsche Bundesregierung in enger Abstimmung mit den Ländern für Einschränkungen ein, so etwa bei den laufenden Verhandlungen zur Verordnung der Europäischen Union (EU) „Digital Services Act“.
Die Bundesregierung hat im Europäischen Rat bereits für das am 2. März 2022 in Kraft getretene EU-weite Verbreitungsverbot der Sender RT und Sputnik gestimmt. Die Website von RT wird wegen der EU-Verordnung 2022/350 vom 1. März 2022 auf Wikipedia zum Beispiel auch nicht mehr verlinkt.
Zur Ausrichtung der strategischen Kommunikation der Bundesregierung liegen Antworten aus einer „Kleinen Anfrage“ der Fraktion der CDU/CSU vor, so auch zur Frage, wie technische Umgehungsmöglichkeiten, z. B. über das genannte VPN, eingestellt werden sollen. „Die Bundesregierung verfolgt die Entwicklung der Situation sehr aufmerksam und prüft das weitere Vorgehen“ – aas geht aus der Antwort hervor.
Ein Entwurf der Europäischen Kommission für den „Media Freedom Act“ wird für das dritte Quartal 2022 erwartet. Die Bundesregierung plant, vorab eine Stellungnahme an die Europäische Kommission zu senden.
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Märkte bereits überverkauft, Einstiegskurse in Sicht
Von Dr. Oliver Everling | 4.Mai 2022
Michael Winkler, Leiter Anlagestrategie bei der St.Galler Kantonalbank Deutschland AG, sieht im aktuellen Marktumfeld, dass dieses „selbst hartgesottenen Marktteilnehmern die Schweißperlen auf die Stirn treiben“ dürfte. Denn während der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine mit all seinen negativen Begleiterscheinungen die Aussichten an den internationalen Kapitalmärkten weiterhin trübt und folglich für Unruhe unter den Anlegern sorgt, setzen unterbrochene Produktions- und Lieferketten sowie rasant steigende Energie- und Rohstoffpreise Unternehmen in aller Welt zusehends unter Druck, schreibt Michael Winkler. Derweil bereitet sich die Industrie in Europa mit Hochdruck auf ein mögliches Worst Case Szenario vor, nachdem bereits Bulgarien und Polen mit einem Stopp russischer Gaslieferungen konfrontiert wurden.
Angesichts der Vielzahl an negativen Einflussfaktoren, die derzeit in geballter Form aufeinandertreffen, wundert es ihn nicht, dass die Stimmung unter den Anleger so negativ ausfällt wie schon lange nicht mehr. So liegen inzwischen vier von sieben Indikatoren des Fear & Greed Index, dem Stimmungsindikator des US-Senders CNN, mit einem Wert von derzeit 27 im „Extrem Angst“-Bereich. Auch die Stimmung des jüngsten AAII Investor Sentiment Survey, die das Bullen-Lager bei nur noch 16 Prozent gegenüber dem Bären-Lager von 60 Prozent sieht, fällt so pessimistisch aus, wie zuletzt im Jahr 2009 zur Zeit der letzten großen Finanzkrise.
„Als weiterer Belastungsfaktor erweist sich zudem die bereits seit Monaten deutlich höher ausfallende Inflation. In den USA betrug der Preisanstieg für März 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat 8,5 Prozent,“ hebt der Leiter Anlagestrategie hervor, „was dem höchsten Wert seit Ende 1981 entspricht. Doch auch hierzulande ist die Inflationsrate im April 2022 überraschend gestiegen, nachdem das Statistische Bundesamt einen vorläufigen Anstieg der Verbraucherpreise von 7,4 Prozent vermeldet hat, was ebenfalls der höchste Wert seit Herbst 1981 ist.“
Angesichts dieser Entwicklung sieht er die Augen zusehends auf das Verhalten der Notenbanken gerichtet: „Während sich die Europäische Zentralbank (EZB) bislang noch nicht dazu geäußert hat, wann sie die Zinsen anheben wird, drückt die US-Notenbank Fed weiter aufs Tempo. So ist zu erwarten, dass die Fed bereits heute die Anhebung des Leitzinses um 50 Basispunkte beschließen wird, was dem größten Zinssprung seit mehr als 20 Jahren gleichkommen würde.“
Jedoch seien nicht nur die Ergebnisse des Fed-Meetings richtungsweisend: „Spannend wird vor allem auch die Einschätzung von Fed-Chef Jerome Powell zur US-Konjunktur und Inflation sein und wie die Märkte schlussendlich darauf reagieren werden. Auch wenn das gesamte Marktumfeld derzeit von mehreren Belastungsfaktoren bestimmt wird und es vorerst wohl weiterhin volatil bleiben wird, mehren sich jedoch die Anzeichen dafür, dass der Markt bereits viel vorweggenommen hat. Zwar ist die Bodenbildung noch nicht ganz erreicht. Doch nachdem die Märkte bereits überverkauft sind, könnten sich in den nächsten Wochen vor allem bei qualitativ hochwertigen und stark gefallenen Aktien neue Einstiegskurse ergeben. Außerdem können sich Discount- und Volatilitätsstrategien als vorteilhaft erweisen, um sicher durch die stürmische See zu navigieren.“
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