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PSD2 – neue Qualität im Kundenzugang?

Von Dr. Oliver Everling | 11.April 2018

Gewinnt der Zugang zum Kunden eine neue Qualität? Dieser Frage geht vor dem Hintergrund von PSD2 eine Podiumsdiskussion nach mit Sebastian Garbe, Direktor Digitalisierung und Payment beim DSGV, Kate Pohl, Head of Payments Innovation / Payconig, Germany Austria, Wholesale Banking bei ING Bank, Stefan Lamprecht, Mitglied der Geschäftsleitung der Sopra Steria Consulting, Dr. Felix Strassmar-Renshagen, Referent im Referat GIT 1 der BaFin und Andree Stomberg, Abteilungsdirektor Global Liquidity and Cash Management, HSBC Deutschland. Die Experten diskutieren in der Frankfurt School of Finance & Management anlässlich der 11. Jahreskonferenz „Finanzdienstleister der nächsten Generation“.

„Der Kunde wird nicht nur über seine eigene Bank die Möglichkeit haben, an seine Bank zu kommen, sondern auch über Third Party Providers, FinTechs und andere“, macht Kate Pohl einleitend klar.

Garbe blickt über Deutschland hinaus und weist darauf hin, dass die meisten Dinge, die PSD2 bietet, in Deutschland schon vorhanden seien. Dennoch hält er es für falsch zu glauben, dass die Veränderungen sich nur in den anderen Ländern Europas vollziehen würden. „Wir werden in den nächsten 12 Monaten nicht bahnbrechende Veränderungen sehen, aber die Bankenlandschaft wird in fünf Jahren anders aussehen“, sagt Garbe. Einige Anbieter werden sich als zentrale Anker und Plattformen etablieren, andere mit spezialisierten Dienstleistungen.

Strassmair-Reinshagen macht klar, dass der Zugang von Dritten nur ein Bereich von vielen in der PSD2 sei. „In der BaFin sehen wir die Beschwerden der Kunden, wir bekommen Beschwerden in beide Richtungen“, sagt Strassmair-Reinshagen, denn einerseits fürchten sich Kunden um die Sicherheit ihrer Konten, andererseits würde der Aufwand der Banken kritisiert, der sich mit der Erhöhung von Sicherheitsstandards verbindet. „In Wild West gibt es Chancen, aber eben auch einige Unsicherheiten.“ The Berlin Group habe einen API-Standard vorgeschlagen, man solle jetzt über technische Einzelfragen diskutieren.

Stomberg findet es Schade, dass zu oft auf die FinTechs verwiesen werde, die auf der grünen Wiese ohne Erfahrung anfangen. Der Vorteil etablierter Banken sei, die Regulierung genauer zu kennen und mehr Erfahrungen einbringen zu können. Bei einem historisch gewachsenen Haus gebe es mehrere verschiedene Zugangssysteme, allein in Deutschland bei HSBC drei, so dass man hier nicht einfach um „einen“ Zugriff auf Daten handele.

Pohl glaubt, dass Banken quasi ein Monopol hatten und nicht gezwungen waren, Dritte einzubeziehen. Nun würden FinTechs usw. mit großer Freude sehen, dass sie über APIs mit dem Einverständnis ihrer Kunden Kundendaten herunterladen dürfen. Schon 2014 habe die ING verstanden, wohin die Reise hingehe. Daher sei die ING nun bereits gut aufgestellt, um konkurrieren zu können. „Alle Banken, da schließe ich uns mit ein, haben doch ein wenig spät reagiert“, fügt sie selbstkritisch hinzu und räumt ein, dass durch PSD2 weitere Impulse gegeben werden.

Garbe skizziert, wie sich die Sparkassen auf der Kundenseite aufstellen werden. Die größte Sichtbarkeit in der Trefferliste, zahlreiche Seitenaufrufe vor bild.de usw. zeigen, dass schon einiges erreicht worden sei. Die Plattform werde weiter geöffnet. Insbesondere werden sich die Sparkassen bei Dritten integrieren. Eventbezogene Reisekrankenversicherung sei ein Beispiel dafür, wie weitere Leistungen eingefügt werden.

Strassmair-Reinshagen weist darauf hin, dass man in manchen Ländern bezüglich PSD2 noch im Gesetzgebungsverfahren stecke, so dass sich diese Länder von weiteren Erkenntnisse auf europäischer Ebene leiten ließen, während man sich in Deutschland schon festgelegt habe.

Auf die Frage eines Teilnehmers der Konferenz, ob die PSD2 mehr Bequemlichkeit im Zahlungsverkehr für den Kunden bringen werde, antwortet Stomberg klar mit „nein“: Er skizziert die künftige Situation im Webshop, wo es eine große Anzahl von Dienstleistern geben werde, die es für den Endverbraucher eher unübersichtlicher mache. Hier sieht er einen Konsolidierungsprozess kommen. „Für den Endverbraucher wird sich in Deutschland erst einmal nicht so viel tun“, dämpft Stomberg die Erwartungen.

Pohl verweist auf den Vertrauensvorteil, den die Banken immer noch bei ihren Kunden genießen. Dies würden alle einschlägigen Untersuchungen zeigen. Erst kommen für die Banken mit PSD2 die Kosten, jedoch sieht sei auch Chancen auf zusätzliche Erträge.

Garbe verweist auf China und Schweden, wo die Durchdringung bargeldloser Transaktionen schon weit über 70 % gekommen sei. „Ich will es nicht als Kundenschelte verstanden wissen, wenn in Deutschland die Kunden so langsam sind. In China gab es vorher nichts Besseres“, zeigt Garbe auf und unterstreicht die Bequemlichkeit, mit der schon bisher in Deutschland Kunden ihren Zahlungsverkehr erledigen konnten.

Fazit der Podiumsdiskussion: Ja, der Zugang zum Kunden gewinnt eine neue Qualität, aber möglicherweise anders, als es sich manche vorstellen, und vielleicht auch nicht so schnell, wie es sich manche erhoffen.

Themen: Bankenrating | Kein Kommentar »

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