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Rezession eingepreist – Europäische Qualitätsunternehmen bevorzugt

Von Dr. Oliver Everling | 20.November 2023

Der spektakuläre Zinsanstieg der letzten beiden Jahre hat laut Laurent Denize, CIO ODDO BHF Asset Management, zu einigen Kollateralschäden geführt. „In diesem Zusammenhang zeichnen sich die Aktienmärkte nach wie vor durch eine Polarisierung aus. Besonders augenfällig ist dies zweifellos in den USA, wo die Aktienmarkthausse fast ausschließlich den Kurszuwächsen der als wachstumsstark geltenden „glorreichen Sieben“ zuzurechnen ist“, so Denize, der auch Co-CIO der ODDO BHF ist, in einem aktuellen Marktkommentar.

Auch der MSCI USA Growth Index habe seit Jahresbeginn um 36% zugelegt. Der MSCI USA Value Index sei hingegen – belastet durch das Rezessionsrisiko – um 2% gefallen. Diese Polarisierung zeige sich auch in Europa. „Für das Plus des Stoxx Europe 50 Index seit Jahresbeginn waren die steigenden Aktienkurse von Novo Nordisk und ASML zu 45% die treibenden Faktoren“, so Denize. Er weist darauf hin, dass durch die Outperformance der US-Märkte seit Jahresbeginn der Bewertungsabschlag gegenüber Europa auf ein Rekordniveau von 35% gestiegen ist.

Das Szenario einer schweren Rezession ist ODDO BHF AM zufolge in den Bewertungen zyklischer europäischer Unternehmen bereits eingepreist. „Noch nie wurde eine Rezession so breit vorhergesagt (ohne bislang einzutreten)“, merkt Denize an. Zwar habe sich die europäische Wirtschaft als sehr widerstandsfähig erwiesen. Bei den zyklischeren Werten ist der Abschwung jedoch bereits seit mehreren Quartalen spürbar. Unternehmen aus den Sektoren Chemie, Stahl, Papier/Pappe und Bergbau, die zu den zyklischsten Branchen gehören, haben in den letzten Quartalen aufgrund des Lagerabbaus bei ihren Kunden deutliche Volumen- und Rentabilitätseinbußen hinnehmen müssen.

„Wir gehen aber davon aus, dass der absatzbelastende Lagerabbau nun weitgehend abgeschlossen ist. So haben die jüngsten Quartalsberichte bei vielen dieser Unternehmen eine Stabilisierung erkennen lassen. Hinzu kommt, dass viele zyklische Unternehmen inzwischen Bewertungsniveaus aufweisen, die bereits das Szenario einer schwerwiegenden Rezession einpreisen, ähnlich wie es in den letzten Phasen eines konjunkturellen Abschwungs der Fall ist“, analysiert der Chefanlagestratege. „Zwar waren es diese Unternehmen, die als erstes die Konjunkturabkühlung zu spüren bekamen. Sie werden jedoch – das sollten wir nicht vergessen – auch als erstes profitieren, wenn die Konjunkturindikatoren wieder anziehen.“ Anlagen in zyklische Unternehmen in dieser Zyklusphase erforderten jedoch eine genaue Prüfung der Bilanzqualität, um sicherzustellen, dass die Unternehmen in der Lage sind, eine Abschwungphase unbeschadet zu überstehen.

Vor diesem Hintergrund baut ODDO BHF die Aktienallokation in der Eurozone leicht aus, und zwar sowohl bei bestimmten unterbewerteten Titeln als auch bei profitablen Wachstumswerten. Letztere dürften durch die Stabilisierung der Zinsen gestützt werden, wenngleich ein Großteil der Neubewertung bereits erfolgt ist. In den kommenden Monaten werde daher die Gewinnentwicklung das Zünglein an der Waage für eine Out- oder Underperformance sein.

Denize zufolge tun sich hier für langfristig orientierte Anleger zahlreiche Chancen auf: „Es ist an der Zeit, Wachstums- und Value-Aktien nicht länger als ein Gegensatzpaar zu betrachten. Qualitätsunternehmen sind in beiden Segmenten zu finden.“ Die relativen Renditen, die für 2023 in Europa sehr ähnlich ausfielen, seien ein Beleg dafür. Vor diesem Hintergrund ist ODDO BHF davon überzeugt, dass es 2024 wie bereits in diesem Jahr auf die gezielte Auswahl der überzeugendsten Titel ankommen wird, um Performance zu generieren.

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