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Rolle von Humankapital im ESG-Rating

Von Dr. Oliver Everling | 29.April 2024

In den letzten Jahren haben Investoren zunehmend die Bedeutung von Umwelt- und Governance-Faktoren im Rahmen von ESG-Ratings zur Beurteilung des nachhaltigen Erfolgs von Unternehmen hervorgehoben. Angesichts der Dynamik auf dem Arbeitsmarkt und aktueller Ereignisse wie dem weltweiten Stellenabbau bei Tesla rücken soziale Aspekte immer mehr in den Fokus. Petra Daroczi, eine ESG-Analystin, erklärt, wie entscheidend der Umgang mit den Mitarbeitenden für das Verständnis der Wachstumsaussichten eines Unternehmens ist: „Nachdem der Umgang mit Mitarbeitenden für uns ein erfolgskritischer Faktor in jedem Unternehmen ist, haben wir nach einer geeigneten Messmethode gesucht.“

Im wirtschaftlichen Umfeld der letzten Jahre, das von Rekordinflation und anderen Unsicherheiten geprägt war, standen viele Unternehmen unter dem Druck, Kosten zu senken. Die Reaktion eines Unternehmens in solchen Zeiten, wie der Abbau von über 10 Prozent der Belegschaft bei Tesla und der schrittweise Weggang wichtiger Führungskräfte, spricht Bände über dessen soziale Verantwortung. „Wie ein Unternehmen in solchen Situationen reagiert, spricht für uns als ESG-Analysten Bände“, betont Daroczi.

Das Konzept des „Human CapEx“ oder der Investitionen in das Humankapital stellt eine Zukunftsinvestition dar, die über traditionelle Sachinvestitionen hinausgeht. „Unternehmen erfassen ihre Investitionsausgaben („CapEx“) und weisen sie in einer Cashflow-Rechnung sowie einer Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) aus. Hierbei werden allerdings nur Sachinvestitionen berücksichtigt… Die Investitionen in Personal werden dagegen in vielen GuV-Aufstellungen nicht separat erfasst, sondern lediglich als Kostenfaktor berücksichtigt.“ Investitionen in angemessene Löhne, Sozialleistungen, die Qualifizierung des Personals durch Schulungen und Weiterbildungsmöglichkeiten sind jedoch entscheidend für die Produktivitätssteigerung und die Reduzierung der Mitarbeiterfluktuation.

Beispielhaft für solche Praktiken steht das brasilianische Unternehmen WEG, das durch sein Trainingszentrum „CentroWEG“ junge Talente fördert und Mitarbeitende je nach Zielerreichung am Nettogewinn beteiligt. „Mit über 39.000 Mitarbeitern in 37 Ländern legt das Unternehmen einen Fokus auf sein Trainingscenter „CentroWEG“, das Nachwuchskräfte mit technischen Fähigkeiten ausstattet und sie dazu ermutigt, eine Karriere im Unternehmen anzustreben.“

Ebenso demonstriert VAT Group, ein weltweit führender Anbieter von Vakuumventilen, wie durch eine zukunftsorientierte Personalstrategie und enge Zusammenarbeit mit führenden Ingenieur-Universitäten ein starkes Innovationsumfeld geschaffen wird, das hochqualifizierte Fachkräfte anzieht und bindet. Investitionen von rund 50 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung in den letzten beiden Geschäftsjahren unterstreichen diese Strategie.

Insgesamt zeigt sich, dass Investitionen in Humankapital nicht nur gleichwertig zu Sachinvestitionen betrachtet werden sollten, sondern auch als wesentlicher Indikator für die Qualität und zukünftige Wachstumsaussichten eines Unternehmens dienen. Während Unternehmen wie Tesla bekannt dafür sind, aggressiv zu expandieren, legen auf ihrem Weg in einer „Quality Economy“ Qualitätswachstumsunternehmen, die gezielt ausfindig gemacht werden, Wert auf eine langfristige Perspektive und die nachhaltige Entwicklung ihrer Belegschaft.

Themen: Aktienrating, Nachhaltigkeitsrating | Kein Kommentar »

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