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Wendepunkt erreicht oder überschritten?

Von Dr. Oliver Everling | 1.November 2017

„Die voraussichtlich weiterhin positive Entwicklung der Unternehmensgewinne in Europa ist für Investoren mit Fokus auf europäischen Aktien von nicht zu überschätzender Bedeutung“, glaubt die global tätige Investmentgesellschaft T. Rowe Price. Nach Jahren mit enttäuschendem Ergebniswachstum und Ratingherabstufungen markiere die Aussicht auf eine Rückkehr zu Gewinnzuwächsen im zweistelligen Bereich in diesem Jahr einen wichtigen Wendepunkt.

Dean Tenerelli, Portfoliomanager des Continental European Equity Fund von T. Rowe Price, nennt vier Dinge, die bei europäischen Aktieninvestments zu beachten sind: Europas jüngste Gewinnhistorie ist enttäuschend gewesen, Erwartungen wurden neu abgesteckt – mit positiver Wirkung, Verbesserungen im Finanzsektor sind eine wichtige Einflussgröße, das makroökonomische und politische Umfeld wirkt unterstützend.

Wirft man einen Blick zurück auf den Zeitraum von 2012 bis 2016, so fällt Tenerelli auf, dass jedes Jahr mit einer großen Einigkeit darüber begonnen hat, dass die Gewinnerwartungen zu hoch seien und einen übermäßig optimistischen Blick auf die Aussichten europäischer Unternehmen reflektierten. „Das führte soweit, dass die Ertragserwartungen im ersten Quartal bedeutend herabgestuft wurden, weil Unternehmen zwangsläufig enttäuschten und von Jahr zu Jahr immer schwächer wurden. Infolgedessen konnte auch die gesamte Entwicklung der europäischen Erträge über einen längeren Zeitraum hinweg nicht überzeugen“, sagt Tenerelli. Im Ergebnis führte dies dazu, dass sie sich heute nach wie vor deutlich unterhalb jener Levels befinden, die vor 10 Jahren erreicht worden sind. Im Vergleich dazu haben sich die Erträge in den Vereinigten Staaten im selben Zeitraum deutlich erholt und die Hochs übertroffen, die es im Vorfeld der Finanzkrise gegeben hat.

Von den Stoxx-600-Unternehmen, die ihre Q2-Ergebnisse veröffentlichten, sieht Tenerelli bei 59,8 Prozent die Erwartungen entweder erfüllt oder übertroffen. Mit zwei starken Quartalen im Rücken befinden sich die Konsensschätzungen für das Wachstum europäischer Gewinnerwartungen 2017 auf einem gesunden Level von 15,7 Prozent¹. „Im Vergleich dazu wird das Ertragswachstum für US-amerikanische Unternehmen für das Gesamtjahr bei 9,7 Prozent² erwartet“, so Tenerelli.

2017 konnten Banken die Ertragserwartungen bisher in den meisten Fällen erfüllen oder schlagen. „Wir haben mit einem größeren Engagement bei ausgewählten Banken begonnen, wobei wir uns auf liquide, gut kapitalisierte Geschäfte mit starken Franchises fokussiert haben. In Spanien etwa haben wir bestimmte Holdings aufgenommen, bei denen wir erwarten, dass sie gegebenenfalls von Konsolidierungs-/M&A-Möglichkeiten profitieren werden“, sagt Tenerelli.

Nach Tenerelli dürfte der Brexit-Prozess auch weiterhin ein ungewisser Einflussfaktor für Europa sein, genauso wie geopolitische Faktoren, darunter die anhaltenden Spannungen mit Nordkorea. Während der Verlauf des Konjunkturzyklus eine Risikoquelle darstellt, scheinen sich die wirtschaftlichen Fundamentaldaten in Europa zu verbessern. „So legen es belastbare Daten und Umfragen, wie etwa der ISM-Einkaufsmanagerindex, nahe. Das Umfeld mit geringem Wachstum und niedriger Inflation wirkt unterstützend,“ urteilt Tenerelli, „während das stabilere politische Umfeld in Europa zu deutlich mehr Selbstvertrauen geführt hat. Wenn in diesem Jahr und darüber hinaus ein Ertragswachstum realisiert werden sollte, dürfte das Investoren größeres Vertrauen in die Möglichkeiten relativer Bewertung geben, die bei europäischen Aktien existieren.“

Themen: Bankenrating, Unternehmensrating | Kein Kommentar »

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