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Alternativvorschlag für EZB-Stresstests

Von Dr. Oliver Everling | 18.November 2014

„Nun wissen wir es also ganz genau: 13 Banken primär aus dem Süden Europas haben den fast ein Jahr dauernden Stresstest nicht bestanden. Ihnen fehlen für die Gesundung in Summe genau 10 Mrd. Euro. Dann wird alles gut. Dann gehen wir zur Tagesordnung über und sind – einmal mehr – gerettet.“ So führt Dr. Markus Krall, Managing Director Financial Institutions goetzpartners Management Consultants, in seinen neuesten Beitrag in der Ausgabe 6/2014 der Zeitschrift „Kredit & Rating Praxis“ (www.krp.ch) ein, aber fügt hinzu. „Ich glaube das Ergebnis nicht.“ Mit dieser Auffassung steht Krall nicht allein (vgl. NYU Stern School, http://vlab.stern.nyu.edu/welcome/risk/).

Krall sieht eine Reihe von Gründen, die mit der Frage der Risikobewertung von Krediten, also mit ihrem Rating zu tun haben. Der bekannte Experte geht in seinem Artikel “ Was brachte der Stresstest der Europäischen Zentralbank?  – ein kritischer Rückblick“ auf Einzelheiten ein.

Er beginnt zunächst mit einigen Hypothesen, die seine Kritik zusammenfassen. So ist für Krall beispielsweise klar, dass die Methodik des Asset Quality Review von Anfang an fehlerhaft und untauglich für eine Bewertung der Bankbilanzen war. „Die Stress-Szenarien waren gar keine Stress-Szenarien, sondern bestenfalls Trockenübungen für nicht ganz so gute Zeiten. Sie blendeten die bereits sichtbaren, existenten Gefahren für die Banken so gut wie vollständig aus.“

Die Methodik des Stresstests war für den Methodik-erfahrenen Krall untauglich und hätte selbst dann nicht zu verlässlichen Ergebnissen geführt, wenn die gewählten Szenarien realistisch gewesen wären, so sein klares Urteil. „Um einen AQR und Stress Test durchzuführen, der für eine realistische Einschätzung der Lage geeignet wäre, müsste die EZB zunächst eine eigene Infrastruktur bauen, analog den internen Rating Systemen der Banken, aber mit einer über die Industrie aggregierten Datenbasis für die Entwicklung. Dafür benötigte die EZB völlig andere Daten, als die, welche sie mit großem Aufwand im Rahmen des Stress Tests eingesammelt hat.

Die Ergebnisse sowohl des AQR, als auch des Stress Tests sind vor diesem Hintergrund nicht glaubwürdig. Die verkündete Kapitallücke für die gesamte Bankenindustrie in Europa ist geringer als der Messfehler der aufgrund der mangelhaften Methodik für viele der großen Institute statiert werden muss.“

Krall sieht sich bestätigt durch das Urteil der Märkte, welches sich aus verschiedenen Indikatoren herauslesen lässt. „Diese Indikatoren haben sich auch nach Veröffentlichung der Ergebnisse durch die EZB nicht verändert, was bedeutet, dass die Marktteilnehmer der EZB keinen Glauben schenken. Das tun sie wohl zu recht nicht.“ Tatsächlich hatten die Ergebnisse offenbar auch keinen echten Neuigkeitswert für die Ratingagenturen, denn die Bankenratings gerieten durch die Arbeit der EZB nicht in Bewegung.

Im Ergebnis befürchtet Krall daher, dass die EZB schon bald von den Ereignissen eingeholt und falsifiziert werden wird, wenn eine größere Bank, der volle Gesundheit attestiert wurde, in Schwierigkeiten gerät, wie dies schon nach den früheren Stress Tests der Fall war. Krall belässt es jedoch nicht bei Kritik, sondern zeigt auch konkrete Schritte auf, wie man es künftig besser machen könnte. Mehr dazu in der Ausgabe 6/2014 der „Kredit & Rating Praxis„.

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