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Anreize gegen öffentliche Verschwendung

Von Dr. Oliver Everling | 5.September 2012

Die europäischen Märkte für die Finanzierung der öffentlichen Hand befinden sich im Umbruch. „Traditionelle Geldgeber“, schreibt Marco Daldoss von der Fedafin AG, Schweiz, im Buch „Kommunalrating“ (Bank-Verlag, Artikel-Nr.: 22.485-1200, ISBN 3-86556-353-8), „wie Banken, Versicherungen und Pensionskassen sehen sich seit Ausbruch der jüngsten Finanzkrise im Jahr 2008 mit der realen Gefahr von Zahlungsausfällen auf allen Staatsebenen konfrontiert.“ Die Fedafin AG gehört zu den anerkannten Ratingagenturen in Europa.

Um Bonitätsrisiken von Staaten und Gebietskörperschaften aktiver als in der Vergangenheit bewirtschaften zu können, steigt nach Beobachtung von Daldoss bei längerfristig orientierten institutionellen Investoren der Wunsch nach fundierten Ratingmodellen. Gleichzeitig zeige die kontrovers geführte Diskussion über die fragwürdige Rolle von Banken und internationalen Ratingagenturen als Ursache der Finanzkrise auch offensichtliche konzeptionelle und methodische Mängel in der Bonitätsbeurteilung von öffentlichen Schuldnern auf.

Die Ausführungen von Daldoss im Buch „Kommunalrating“ beleuchten einige ausgewählte Aspekte für eine fundierte Bonitätsbeurteilung von Gebietskörperschaften in föderalistischen Staatsstrukturen, dargestellt am Beispiel von Schweizer Kantonen und Gemeinden. Die Schlussfolgerungen finden sinngemäss Anwendung auf andere Länder sowie auf öffentliche Schuldner aller Staatsebenen.

„Die Bonitätsbeurteilung von Staaten und Gebietskörperschaften unterscheidet sich fundamental von der Bonitätsbeurteilung im Privat- und Firmenkundengeschäft. Die Anforderungen an Architektur und Konzeption eines fundierten Ratingmodells für öffentliche Schuldner sind komplex. Die wohl grösste Herausforderung besteht darin,“ schreibt Daldoss, „die finanziell-rechtlichen Verflechtungen in einer föderalistischen Staatsstruktur und die sehr vielfältigen bonitätsrelevanten institutionellen Rahmenbedingungen systematisch zu berücksichtigen und konsistent zu beurteilen.“ Dies trage der Tatsache gebührend Rechung, dass ein wesentlicher Teil des Bonitätsrisikos von Gebietskörperschaften auf den unteren Staatsebenen nicht durch die exekutiven Amtsträger vor Ort direkt beeinflusst werden kann, sondern von Parlamenten auf den höheren Staatsebenen zu verantworten ist.

Die föderalistischen Staatsstrukturen in der Schweiz unterscheiden sich von den Strukturen in Deutschland und Österreich, so Daldoss, primär durch die umfangreichen Steuererhebungskompetenzen der Kantone und Gemeinden (Finanzautonomie) sowie die ausgeprägten Mitspracherechte der Stimmbürger (Referendum). „Ferner basiert die öffentliche Rechnungslegung in der Schweiz seit über 30 Jahren auf der doppelten Buchhaltung mit einer laufenden Rechnung, einer Investitionsrechnung und einer Bestandesrechnung. Die nach Schweizer Vorbild gestalteten föderalistischen Staatsstrukturen sind zweifellos geeignet, eine starke Fiskaldisziplin mit wirksamen Anreizen für eine effiziente Leistungserbringung von öffentlichen Gütern und einer vergleichsweise geringen Verschwendung von Steuermitteln zu generieren.“

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