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Bewertungsrisiken von Immobilienportfolien

Von Dr. Oliver Everling | 23.Februar 2009

Im Rahmen eines aktiven Portfoliomanagements werden in der Immobilienwirtschaft die erzielbaren Renditen der einzelnen Objekte oder Cluster sowie deren Variabilität als Ausdruck des Risikos analysiert. Alternativ werden zur Bestimmung des Risikos Scoring-Modelle angewendet, wobei über mehrstufige Verfahren zunächst volkswirtschaftliche und immobilienwirtschaftliche Indikatoren bestimmt werden, und dann deren Ausprägungen für die einzelnen Standorte mittels eines Punktesystems (Risiko-Score) quantifiziert werden, schreiben Eckhard Schultz und Karen Körnig von der Bayerischen Bau und Immobilien GmbH & Co. KG im Praxishandbuch „Rating von Immobilienportfolios“, herausgegeben von Oliver Everling und Raphael Slowik im Immobilien Manager Verlag, Köln 2009, http://www.immobilienmanager.de/, ISBN 978-3-89984-197-8.

„In der Praxis werden dann Rendite-Risiko-Forderungen des Investors den Einzelergebnissen der Immobilien gegenübergestellt und entsprechende Entwicklungs- oder Desinvestitionsstrategien für einzelne Märkte oder Immobilien erarbeitet“, schreiben die Experten aus München. „Nachteilig für die Beurteilung von Bewertungsrisiken ist, dass mittels dieser Vorgehensweise jedoch nur die Risiken der Ertragsseite berücksichtigt werden, nicht jedoch Komponenten wie die Unsicherheit von Diskontierungszinssätzen oder der Höhe von Instandhaltungsstaus. Darüber hinaus können bei dieser Betrachtungsweise zwar Klumpenrisiken durch die Zusammenführung von einzelnen Immobilien zu Clustern zwar dargestellt werden, jedoch erfolgt keine Analyse von Korrelationen innerhalb des Portfolios.“

Um eine Reduzierung von Bewertungsrisiken zu erreichen, sind nach Darstellung von Schultz und Körnig generell zwei Ziele zu verfolgen: die Eliminierung von Objekten / Clustern mit hohen Variationskoeffizienten, d. h. schlechten Rendite-Risiko-Relationen und        die Verringerung der Korrelationen zwischen den Objekten / Clustern im Portfolio mit dem Ziel, ein effizientes Portfolio zu schaffen, dessen Gesamtrisiko kleiner als das der Einzelimmobilien ist. Hintergrund ist die Anwendung der Kapitalmarkttheorie nach Markowitz für Immobilenportfolien. Kernaussage dieser Theorie ist, dass das Risiko eines effizienten Wertpapier-Portfolios kleiner oder maximal gleich dem durchschnittlichen Risiko der einzelnen Wertpapiere ist.

Zwar werden für alle Einzelobjekte die Variationskoeffizienten ermittelt, die Höhe des Variationskoeffizienten ist dabei jedoch nicht das alleinige Kriterium für die Festlegung von Entscheidungen. Vielmehr müssen in diesem Kontext auch andere Einflussfaktoren wie Transaktionskosten, Cash Abflüsse, Finanzierung und Steuern wahrgenommen werden, heißt es aus dem Hause der Bayerischen Bau und Immobilien GmbH & Co. KG. Im Ergebnis bestehen für die analysierten Objekte nach Schultz und Körnig als mögliche Handlungsalternativen neben dem Halten der Erwerb oder Verkauf sowie die eigenständige Entwicklung der Immobilie. Im Regelfall wird der Investor nur Anlageobjekte präferieren, deren Variationskoeffizient unterhalb seiner Zielvorgabe für das Gesamtportfolio liegt, d. h. die relativ gesehen, eine geringe Volatilität aufweisen. Bei Verfolgung dieser sicherheitsorientierten Strategie können im Regelfall zwar keine kurzfristigen Wertsteigerungen erwartet werden, da diese im Allgemeinen nur in stark volatilen Märkten realisiert werden können, jedoch sinkt das Bewertungsrisiko im Hinblick auf den Wert des Portfolios, da die Schwankungsbreite abnimmt.

Neben der Analyse der Risikosituation einzelner Objekte des Portfolios kann zusätzlich das Bewertungsrisiko durch die bewusste Streuung der Objekte auf verschiedene Anlagestandorte oder Anlageklassen reduziert werden. Hierbei ist seitens des Investors darauf zu achten, schreiben Schultz und Körnig, möglichst Standorte oder Nutzungsarten mit gegenläufigen Entwicklungen oder zumindest ohne Korrelationen zu wählen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzmarktkrise bedeutet dies, dass Standorte mit hohem internationalen Focus wie Frankfurt oder München deutlich stärker von Bewertungsrisiken erfasst sein werden als Standorte mit hohen lokalem Bezug wie klassische B-Standorte. Darüber hinaus werden gewerbliche Immobilien, insbesondere Büro- und Logistikimmobilien stärker von Schwankungen betroffen sein als Wohnimmobilien. Es ist davon auszugehen, dass große Bestandshalter zukünftig ihre Portfolien unter Risikogesichtspunkten neu ausrichten und neben Büroimmobilien an A-Standorten verstärkt auch Alternativen im Bereich der Wohnimmobilien bzw. Gewerbeimmobilien an guten B-Standorten prüfen.

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