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Forensische Sonderuntersuchungen bei Banken

Von Dr. Oliver Everling | 10.August 2009

In der aktuellen Wirtschaftskrise gewinnen forensische Sonderuntersuchungen bei Verdacht auf Wirtschaftskriminalität an Bedeutung. Rechtsanwalt Dr. Werner Grebe von der KPMG Advisory Forensic Financial Services zeigt die Problematik des Themas im MontagsMeeting des Europäischen Finanz Forums in Frankfurt am Main vor (http://www.eff.de/). Grebe skizziert die Ausgangslage vor einer forensischen Sonderuntersuchung, die Erteilung eines externen Untersuchungsauftrages, die Vorgehensweise und Berichterstattung. § 25c KWG normiert für die Kreditwirtschaft, dass sich Banken in besonderem Maße dieses Themas annehmen müssen.

„Industrieunternehmen sind oft effizienter aufgestellt,“ zeigt Grebe auf, „da Banken schon eine Menge regulatorischer Anforderungen erfüllen müssen.“ Opfer, Täter oder missbrauchte Institution – Banken finden sich in allen Rollen wieder. Bei Insidergeschäften, Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche besteht für die Banken eine Pflicht zur Erstattung einer Strafanzeige. Bei betrügerischen Handlungen zu Lasten des Instituts besteht dagegen keine Anzeigepflicht.

Motivation, Gelegenheit und Rechtfertigung sind die drei Eckpunkte des Dreiecks, das sowohl auf Organisations-, als auch Personenebene zu beachten ist. Internes Kontrollensystem und Wertesystem („Tone at the top“) spiegeln diese Ebenen. Daraus ergeben sich eine Reihe von Anforderungen an Investigatoren. Früher wurde über wirtschaftskriminelle Vorfälle nach außen nicht berichtet. Inzwischen neigen Bankvorstände jedoch dazu, mit der konsequenten Verfolgung auch Zeichen zu setzen.

Forensische Untersuchungen können ausgelöst werden durch Hinweise von Mitarbeitern/Hinweisgebersystem, externe Hinweise, Prüfungsergebnisse der Internen Revision, Strafverfahren, Geldwäscheverdachtsanzeigen anderer Institute und Anfragen von Strafverfolgungsorganen (Kripo. StA). Unangenehm für die Vorstand ist es, erst aus Presseberichten von Straftaten zu erfahren. Auch sei es schon vorgekommen, dass Geständnisse von Mitarbeitern eine Lawine ins Rollen brachte, berichtet Grebe.

Grebe erläutert die Arbeitsteilung: Wirtschaftsprüfer widmen sich der Sachverhaltsaufklärung und Sicherung von Datenbeständen. Anwälte sorgen für die externe rechtliche Vertretung und die Klärung juristischer Tatbestände. Darüber hinaus kann es geboten sein, eine Agentur für die Öffentlichkeitsarbeit und die Steuerung des Kommunikationsflusses einzuschalten. Wichtig sei eine flexible Anpassung des Vorgehens an neue Erkenntnisse und Anforderungen: Klärung der Interessenlage des Auftraggebers und eventuell weiterer Beteiligter, die Verständigung über „Stil“ und Methoden der Ermittlungen, Konkretisierung von Gegenstand und Ziel der Untersuchung sowie – neben Geheimhaltungsstandards – die Zusammenarbeit mit Dritten (Strafverfolgungsorgane, private Ermittler und Aufsicht).

Wichtig sei für den konkreten Fall die Ableitung von Mustern für die Betrugserkennung. Soll-Prozesse und übliche Verfahrensweisen müssen unterschieden werden, da die Dokumentation zu einschlägigen Verfahren und Prozessen (Workflow) in der Bank möglicherweise an anderes Bild abgibt als die Praxis, wenn der Soll-Prozess sich als de facto kaum einhaltbar erweist. Detailanalysen beziehen sich dann auf die Sichtung und Auswertung schriftlicher Unterlagen unterschiedlichster Art, Auswertung begleitender E-Mails, Mailverkehr, automatische Protokolle (z.B. Zugangssysteme, Zugriff auf bestimmte IT-Systeme) und Auswertung von Bandaufzeichnungen (z.B. aus dem Handelsraum).

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