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High Returns From Low Risk

Von Dr. Oliver Everling | 30.Januar 2017

Das neue Buch aus dem FinanzBuch Verlag mit dem Titel „high returns from low risk“ ist seine persönliche Geschichte, die eine Reihe von persönlichen Anekdoten enthält: nämlich die Geschichte von Pim van Vliet. Pim van Vliet ist Gründer und Portfolio-Manager milliardenschwerer Fonds von Robeco. Er ist zugleich Gastdozent  an verschiedenen Universitäten und Verfasser einer Vielzahl finanzwissenschaftlicher Publikationen. Um diese Geschichte zu Papier zu bringen, als ihm Jan de Koning, der als Client-Portfolio-Manager bei Robeco tätig ist. Er leitet Kunden- und Berater-Gespräche, spricht auf Konferenzen und gibt Seminare zu Themen wie die systematische Auswahl von risikoarmen Aktien.

Im Kern räumt das Buch mit einem Klischee auf, dass höhere Risiken an den Finanzmärkten auch immer höhere Renditen versprechen würden. Die Autoren versuchen das mit Worten, die einerseits sachlich genug sind, um das wissenschaftliche Fundament nicht zu verlieren, andererseits aber verständlich und unterhaltsam genug, um ein breites Leserpublikum zu erreichen. Wahrscheinlich ist es insbesondere das Verdienst des Mitautors Jan de Koning, das nun jedermann die Gedanken von Pim van Vliet in verständlicher Sprache nachvollziehen kann.

Pim van Vliet präsentiert in einem neuen Gewand, was eine umfangreiche Literatur vor gemacht hat und ohne Übertreibung ganze Bibliotheken füllt, nämlich die Frage danach, wie Risiko sinnvoll aus Anlegersicht definiert werden sollte. Obwohl jedermann eine intuitive Vorstellung vom Risiko auch bei Geldfragen hat, ist es keineswegs eine triviale Frage, das Risiko richtig zu definieren. Manche Zeitungen und Zeitschriften profitieren davon, genauso wie selbsternannte Gurus, kurzerhand eine eigene Risikodefinition zu wählen und an dieser den Erfolg ihrer Investmentfonds zu messen. Indem ein kurzfristiger Anlagehorizont als maßgeblich erklärt wird, rufen auf diese Weise die genannten Medien in jedem Jahr neue Gewinner aus. Wer als Anleger den Stars auf den Titelseiten folgte, wundert sich dann nach vielen Jahren, warum nicht auch ein überdurchschnittliche Anlageerfolg erzielt wird.

Pim van Vliet stellt der in den Medien verbreitet fern, kurzfristigen Betrachtungsweise eine einfache Frage entgegen: „Wie viele Anleger aber haben wirklich einen Zeithorizont von einem Monat? Wahrscheinlicher ist, dass Ihr Horizont mehrere Perioden mit vielen Quartalen, Jahren oder sogar Jahrzehnten umfasst. Und selbst wenn das bei Ihnen persönlich nicht so ist, dürfte es zumindest bei Ihrer Lebensversicherungsgesellschaft, Ihrem Rentensparplan oder dem Anlagemanager Ihres Pensionsfonds so sein. Mit anderen Worten: Ein-Perioden-Renditen mögen nett und praktisch sein, sind aber in den meisten Fällen unrealistisch.“

Pim van Vliet zeigt an Beispielen auf, das langfristig mit Risiko ärmeren investments eine höhere Performance erreicht werden kann. „Das Paradox, dass Sie mit risikoarmen Aktien reich werden können und mit risikoreichen Aktien arm, scheint also zu existieren, aber es ist im Dunkel der Statistik verborgen. Es ist offenbar nur für diejenigen zu erkennen, die wissen, wo sie danach suchen müssen. Einer dieser Menschen, und zwar der erste, war der amerikanische Finanzprofessor Robert Haugen, denn er hat das Paradox im Jahr 1975 entdeckt. Gelungen ist ihm das, indem er die aufgezinsten Renditen von risikoarmen und risikoreichen Anlageportfolios analysierte.“ Pim van Vliet insistiert darauf, dass es stark auf den Anlagehorizont ankommt – je länger er ist, desto stärker beeinträchtigt Risiko über den Zinseszins-Effekt Ihre langfristigen Renditen.

Pim van Vliet hält die Fokussierung der Fondsbranche auf relatives Risiko zwar nicht für die einzige, aber als eine Erklärung dafür, dass risikoarme Aktien von so vielen Anlegern in einem so gewaltigen Ausmaß übersehen werden. Für die meisten Vermögensverwalter, Fondsmanager und Analysten lohne es sich, immer weiter in risikoreiche Aktien zu investieren, obwohl umfangreiche historische Datensammlungen beweisen, dass bei diesem Spiel nicht viel zu gewinnen ist. „Ich möchte betonen, dass dieses Verhalten tief verwurzelt, nachvollziehbar und vollkommen rational ist. Das macht es ja zu einer so mächtigen Triebkraft für die Märkte – insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass das meiste Geld heutzutage von Profis statt von den Eigentümern selbst verwaltet wird.“

Was also ist nach Meinung von Pim van Vliet zu tun? „Aller guten Dinge sind drei: Um ein Aktienportfolio mit hohen Renditen und niedrigem Risiko zusammenzustellen, brauchen Sie nur niedrige Volatilität sowie gutes Income und Momentum.“ In seinem neuen Buch vermittelt er das notwendige Wissen, um mit diesem drei Zutaten zu einer guten Anlagestrategie umzugehen.

Pim van befasst sich auch ausführlich mit den Vorteilen von Indexfonds. Die Ratingagentur „Morningstar hilft bei der Suche nach ETFs, ebenso aber beim Vergleichen von unterschiedlichen aktiv verwalteten Fonds. Das Unternehmen hat eine globale Präsenz und bietet seine Dienstleistungen in mehreren Sprachen sowie auf die Besonderheiten der einzelnen Länder abgestimmt an.“

Wer sich einem Vermögensverwalter anvertraut, muss diesen sorgfältig auswählen. Diese Aufgabe bleibt jedem vermögenden Sparer, trotz der vielen „guten Nachrichten“ aus diesem Buch. „Vielleicht war ich ein bisschen zu locker, als ich geschrieben habe, dass Sie sich einfach ‚zurücklehnen und entspannen‘ können, wenn Sie jemand anderem die Verwaltung Ihres wenig volatilen oder konservativen Aktienportfolios überlassen. Denn in Wirklichkeit können Sie auch ein solches Portfolio nicht einfach vergessen, sobald Sie sich für einen passiven Tracker oder einen aktiven Fondsmanager entschieden haben. Die meisten dieser Manager werden hervorragende Arbeit für Sie leisten, aber ab und zu müssen Sie trotzdem überprüfen, wie gut sie es tatsächlich schaffen, im Lauf der Zeit mit wenig volatilen oder konservativen Aktien Renditen zu erzielen.“

Pim van Vliet räumt mit einigen Vorteilen auf, mit denen manche Menschen der Wirtschaftswissenschaft begegnen. „Tatsächlich ist sie eine Sozialwissenschaft. Warum? Nun, Ökonomen untersuchen, wie menschliche Wesen im Interesse ihres eigenen Wohlergehens Entscheidungen treffen.“ Die frühesten Ökonomen wie zum Beispiel Adam Smith waren Moralphilosophen, weist Pim van Vliet nach. Ohne Moralphilosophie würde es die Ökonomie also gar nicht geben.

Anhand einer alten Weisheit macht der Autor klar, wie Wirtschaft wissenschaftliche Modelle funktionieren. Er stellt Konfuzius vor, den chinesischen Philosophen aus dem 4. Jahrhundert vor Christus: „Zwinge nie anderen auf, was du für dich selbst nicht wählen würdest“, habe dieser weise Mann einmal gesagt. Dieselbe ethische Regel findet sich auch in alten ägyptischen Schriften und ist in der westlichen Welt in der etwas positiveren Version „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ gut bekannt. „Dass man sie im Westen kennt, ist nicht überraschend“, schreibt Pim van Vliet Hillel: „ein jüdischer Religionsführer aus dem 1. Jahrhundert vor Christus, hat das Judentum mit diesem einen Zitat zusammengefasst.“

Obwohl zum Beispiel die Religionen Abrahams seit mehr als tausend Jahren daran scheitern, die Lehrsätze in ihrem Kirchen oder Moscheen umzusetzen, gelten die Gebote immer noch als Handlungsempfehlungen. Entsprechend empfiehlt auch Pim van Vliet, nicht jede Handlungsmaxime aus wirtschaftswissenschaftlichen Modellen nur deshalb abzulehnen, weil sich nicht alle daran halten.

„Eine weitere Dimension für das Risiko für Anleihen- wie Aktienanleger ist neben der Laufzeit die Kreditwürdigkeit. Das größte Risiko für Anleihenanleger besteht darin,“ schreibt Pim van Vliet, „dass das Unternehmen zahlungsunfähig wird und sie ihr Geld nicht zurückbekommen. Um ihnen dabei zu helfen, mit diesem Risiko umzugehen, vergeben Ratingagenturen wie Moody’s oder Standard and Poor’s (S&P) Bewertungen für den Risikograd von Unternehmen. Sogenannte ‚Junk‘- oder ‚High-Yield‘-Anleihen weisen ein höheres Risiko auf als ‚Investment-Grade‘-Anleihen. Erbringen diese risikoreicheren Anleihen mehr Rendite als weniger riskante? Die kurze Antwort lautet Nein. Junk-Anleihen zahlen zwar höhere Zinsen, doch diese Zusatzeinnahmen reichen nicht aus, um die höhere Zahl an Zahlungsausfällen auszugleichen.“

Pim van Vliets Hinweis ist schon deshalb wichtig, weil viele Anleger die Ratingagenturen dafür verantwortlich machen, dass diese Anleger mit Anleihen aus mittleren oder niedrigen Ratingklassen keine glücklichen Anlageerfolge erzielen. Solche Anleger übersehen, dass das Rating keine Aussage über die Vorteilhaftigkeit der Geldanlage macht, sondern lediglich die Dimension des Bonitätsrisikos erfasst. Oft sind Anleihen mittleren Risikos trotz hohen Renditeversprechens noch zu teuer. Pim van Vliet empfiehlt daher, in konservativere Anleihen mit kürzeren Laufzeiten und guten Kreditratings zu investieren, „denn langfristig entwickeln sich solche risikoarmen Anleihen besser als noch risikoärmere Alternativen wie ein Sparbuch.“

Das Buch von Pim van Vliet ist privaten Anlegern zu empfehlen und wird auch vielen Finanzberatern und Vermögensverwaltern Freude machen, die von ihren Kunden an allzu kurzfristigen Erfolgsmaßstäben gemessen und dadurch bedrängt werden. Das Buch liefert die notwendige Argumentation, mit weniger riskanten Anlageformen langfristig einen höheren Erfolg zu erzielen.

Themen: Aktienrating, Anleiherating, ETF-Rating, Fondsrating, Rezensionen | Kein Kommentar »

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