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IOSCO und ESMA Spitzen in Frankfurt

Von Dr. Oliver Everling | 1.Oktober 2013

„Vor einem Jahr wettete ich, dass die Finanztransaktionssteuer eingeführt wird“, führt Prof. Dr. Jörg Franke, Vorsitzender des Bundesverbandes der Wertpapierfirmen e.V. (bwf). Nach dem vorletzten Wochenende konnte er seinen Einsatz verdoppeln, scherzt Franke und kommt auf den Ernst der neuen Situation nach der Bundestagswahl zu sprechen. Franke spricht auf der 6th Annual bwf/ICMA Capital Markets Conference in Frankfurt am Main. Mit der Finanztransaktionssteuer verbinden sich eine Vielzahl ungelöster Rechtsfragen. Schon der Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes sei tangiert, damit müssen sich Juristen befassen.

„Europa ist zu sehr von Bankenfinanzierungen abhängig“, sagt Martin Scheck, Chief Executive der International Capital Market Association (ICMA), und erinnert an die wichtigen Funktionen von Kapitalmärkten. Markteffizienz sei eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Märkte ihre Aufgaben wahrnehmen können. „Es war extrem schwierig für die Gesetzgeber, die Konsequenzen ihrer Regulierung und insbesondere ihre kumulierten Effekte richtig einzuschätzen“, so Scheck. Er gibt Beispiele für Widersprüche in der Regulierung. Daher sei die IOSCO mit der Prüfung von Regulierungen und Fragen der geeigneten Umsetzung befasst.

David J. Wright, Secretary General der International Organisation of Securities Commissions (IOSCO), fragt danach, ob die Instrumente zur Verfügung stehen, um die anstehenden Aufgaben an den Kapitalmärkten zu erfüllen. Wright mahnt, an die Unterschiedlichkeit der Voraussetzungen in den verschiedenen Staaten der Welt, von hoch industralisierten bis Emerging Markets, zu denken.

Wright gibt Einblick in die Komplexität der Abstimmungsprozesse in der Gruppe der 20 Staaten, G20, die in Wahrheit noch mehr Konsultationen mit weiteren Staaten und 14 Organisationen umfasse. Hinzu komme die Interpretationsfreiheit, die zu vielen verschiedenen Auslegungen verabredeter Regelungen führe. „Werden überstimmte Minderheiten die Regeln umsetzen, die von der Mehrheit verabschiedet wurden?“ Hier bestehe keinerlei gesetzliche Verpflichtung, dies zu tun.

Wright fordert mehr finanzwirtschaftliche Analyse ein und gibt dafür einige Beispiele. So würden Sicherheiten für verschiedene Geschäftsarten eingefordert. „Es gibt niemanden in der Welt, der die kollektive Wirkung all dieser Anforderungen einzuschätzen vermag.“ Bevor weitreichende Entscheidungen getroffen würden, sollte mehr Klarheit über die Konsequenzen der Regulierungen geschaffen werden. Speziell im Derivatebereich bezweifelt Wright, mit schnellen Schlüssen richtig zu liegen.

„Die Eigenkapitalanforderungen an Banken sind eher willkürlich“, sagt Wright. So erschließe sich nicht, warum bestimmte Assets von Banken privilegiert würden. Wright vermeidet es, auf Einzelheiten einzugehen. Der mangelnde Zusammenhang zwischen Eigenmittelunterlegung der Banken und Risiko ihrer Geschäfte wird beispielsweise bei Staatskrediten deutlich, für die trotz Risiko keine Eigenmittelunterlegung erforderlich ist.

Wright warnt vor der „extrem ernsten“ Gefahr des Cyber Crimes. Die Motivationen für die Attacken seien sehr unterschiedlich. Von Spielern, Hackern, über gewöhnlichen Kriminellen bis hin zu Aktivisten, die damit gegen Kapitalismus zu kämpfen glauben, reichen die verschiedensten Motivationen. „Es sind Regeln verabredet, aber wir haben keine Instrumente, um diese Durchzusetzen. Wir können keine Jurisdiktion zwingen, für die Umsetzung zu sorgen.

„Wir werden noch mehr große Kapitalmärkte sehen. Alle meine Mitglieder, Regulierer, verstehen, dass wir uns hin zu einer mehr marktorientierten Finanzierung bewegen.“ Wenn aber statt drei oder vier mal 20 verschiedene große Kapitalmärkte mit 20 verschiedenen Interpretationen der Regeln der Finanzmärkte aufwarten, sei man mit einer ungeheuren Steigerung der Komplexität konfrontiert. Wright unterstreicht die Bedeutung der Zeitschiene: Die politischen Systeme müssten stärker in Harmonie agieren, zeitgleich Regeln umsetzen. „Wir benötigen eine zwingende Regel, um Streitigkeiten beizulegen“, fordert Wright.

„Sich für Finanzmärkte auf Stabilität zu konzentrieren, ist eine eher neue Sache“, sagt Steven Maijoor, Chair der European Securities and Markets Authority (ESMA). Die Finanzdienstleistungsaufsicht sei bisher eher auf die Stabilität des Bankwesens ausgerichtet gewesen. Alle wichtigen Maßnahmen zur Überwachung von 22 Ratingagenturen seien inzwischen umgesetzt worden. Das alles sei in nur zwei Jahren realisiert worden. Ein besonderes Augenmerk legt Maijoor auf Bankenratings, die in besonderem Maße die Stabilität des Finanzsystems tangieren.

Maijoor glaubt, dass viele die ESMA als Regulierer sehen. ESMA habe eine Vielzahl von Regeln umgesetzt und auch Zeit aufgeholt, die für dringende Projekte verflossen sei. Die Richtlinie und Verordnung über Märkte in Finanzmärkte MiFID II und MiFIR werfen einige delikate Fragen auf, macht Maijoor deutlich. „ESMA kann sich nicht nur auf die Daten verlassen, die uns von Marktteilnehmern geliefert werden. Daher haben wir eigene Datenbanken aufgebaut. Zum Beispiel haben wir extensive Analyse über Leerverkäufe gemacht und können die Rolle von Hedgefonds nachweisen.“

„Es muss eine gute Balance zwischen Regulierung und Aufsicht gefunden werden. Regulierung macht nur in Kombination mit Aufsicht Sinn“, glaubt Maijoor. ESMA habe ihre Kapazitäten als Aufsichtsinstanz auf- und ausgebaut. ESMA überwache die Arbeit von Ratingagenturen direkt. Weitere Aufgabenfelder kommen hinzu. ESMA entwickelte beispielsweise Richtlinien für ETDs. Insbesondere die Berichtsstandards für ETDs seien von großer Bedeutung.

ESMA habe mehr als 1.000 Fragen erhalten, wie European Markets Infrastructure Regulation (EMIR) umgesetzt werden soll. Maijoor macht das Potential für regulatorische Arbitrage deutlich. Maijoor bittet zur Kasse: Maijoor macht die Grenzen der gegenwärtigen Finanzierung der ESMA deutlich. Zu einem großen Teil sei die ESMA auch für Institute außerhalb der Europäischen Union tätig. Daher sei es nur fair, auch von dieser Seite einen Beitrag zu erhalten.

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