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Kämpferin mit Herz und Verstand

Von Dr. Oliver Everling | 26.August 2009

Wer die Autobiografie „Kämpfen mit Herz und Verstand – Mein Leben“ (ISBN 978-3-7716-4429-1, http://www.fackeltraeger-verlag.de/) von Dr. Ursula Engelen-Kefer liest, dem wird klar, dass diese Frau 2006 nur nach einer gescheiterten Kampfkandidatur aus dem DGB-Bundesvorstand ausscheiden konnte. Es handelt sich um eine Kämpferin, die kein bequemes Ende kennt. In ihrem Buch findet der Leser die Triebfedern des unermüdlichen Einsatzes einer Frau nachgezeichnet, die ihr Leben dem Kampf für mehr soziale Gerechtigkeit widmet. An den lauteren Absichten dieser Politikerin, die am 27. September 2009 für die SPD im Bundeswahlkreis 217 für Ingolstadt, Eichstätt & Neuburg-Schrobenhausen kandidiert (http://www.engelen-kefer.net/), bestehen kein Zweifel.

Das Buch der Volkswirtin, die nicht nur mit einem renommierten Journalisten verheiratet ist, sondern auch selbst als Journalistin tätig war, ist schon allein als unterhaltsames Buch eine Empfehlung: Autobiografien sind gelegentlich von der mangelnden schriftstellerischen Begabung ihrer Autoren gezeichnet oder dadurch, dass die persönliche „Handschrift“ aufgrund der Mitwirkung eine Ghostwriters völlig verloren geht. Ganz anders bei diesem Buch von Engelen-Kefer, das von Anfang an in kurzen Sätzen und prägnanten Aussagen glaubwürdig zur Sache geht.

Engelen-Kefer gelingt es, Aussagen zu ihrem Privatleben nicht auszusparen, ohne dabei exhibitionistisch zu wirken, und politisch zielorientiert zu schreiben, ohne ihre Autobiografie zum bloßen Wahlkampfmaterial zu machen. Anekdoten, wie die von den schläfrigen Industriebossen in Japan oder von ihrem Ehemann unter falschem Terroristenverdacht in den 1970er Jahren, fehlen ebenso wenig wie klare programmatische Aussagen für die Zukunft.

In den Gewerkschaften musste Engelen-Kefer immer wieder „anecken“: Ihr sozialpolitisches Engagement für die weniger Privilegierten wurde von den Spitzenfunktionären mit Skzepsis gesehen, denn sie waren in erster Linie den Mitgliedern der eigenen Gewerkschaft verpflichtet. Engelen-Kefer musste sich des Öfteren aus den eigenen Reihen den Satz anhören: „Der DGB ist keine Organisation für die Entrechteten, Mühseligen und Beladenen.“

„Einigkeit bei den Gewerkschaften“, beklagt Engelen-Kefer, „gibt es eher in der Ablehnung des Sozialabbaus als in der Gestaltung der Zukunft des Sozialstaates.“ Dies habe ihre Arbeit sehr erschwert, insbesondere auch unter Schröders „Durchmarschstrategie“. Ein „böses Erwachen“, einen „Schock“ gab es für die Gewerkschaften, als Oskar Lafontaine 1999 zurücktrat. „Als Sozial- und Arbeitsmarktpolitikerin“, schreibt Engelen-Kefer, „hatte ich meistens mit Lafontaines Unterstützung rechnen können.“

Mit Oskar Lafontaine seien auch die ihr seit Jahren gut bekannten Staatssekretäre gegangen, Heiner Flassbeck und Claus Noé, „beides verlässliche Ansprechpartner“. Die rot-grüne Koalistaion sei danach in der Lage gewesen, ohne Störfeuer von Lafontaine und seinen Experten mit einer stromlinienförmigen Mannschaft die öffentliche Sparpolitik zu forcieren, beklagt Engelen-Kefer: „Den anschließenden drastischen Sozialabbau durch Rot-Grün verfolgte ich oft mit geballter Faust in der Tasche.“

„Ein Buch zur richtigen Zeit“, überschreibt Engelen-Kefer ihren Epilog und fragt: „Was ist nach dem Zusammenbruch der Bankensysteme und dem schwersten Konjunktureinbruch der 1930er Jahre für die Marktreformer von gestern auf einmal alles möglich? Jetzt werden sogar die politischen Weichen für die gesetzliche Begrenzung von Managergehältern gestellt. Es gibt grünes Licht für Eingriffe des Staates in geschäftspolitische Entscheidungen bei gestürzten Banken und Unternehmen – und sogar für den Eigentumserwerb bei privaten Banken, wie dies im Fall der Commerzbank vorexerziert wurde.“ Für Engelen-Kefer eröffnet sich durch die Krise die Chance, endlich auch Tabus der sozialen Marktwirtschaft zu brechen: „Selbst Verstaatlichungen werden nicht mehr ausgeschlossen.“

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