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Mangelnde Bonitätsdifferenzierung

Von Dr. Oliver Everling | 6.Juni 2011

“Nach mehreren Wochen der Gerüchte, Dementis und Ungewissheit ist jetzt klar,” sagt Valentijn van Nieuwenhuijzen, Head of Strategy, Strategy & Tactical Asset Allocation Group, ING Investment Management, Den Haag, “dass die politisch Verantwortlichen in Europa erneut vorgeführt wurden und es Europa immer noch an der zur Lösung der Staatsschuldenkrise erforderlichen Transparenz und Koordination mangelt.” Nun habe es den Anschein, dass die „politischen“ Initiativen einiger im Mittelpunkt stehender Akteure in den letzten Wochen wiederum zu einer Meinungsschere geführt haben. In Europa sei der Populismus auf dem Vormarsch und der politische Wille, dem Gemeinwohl Europas Wählerstimmen zu opfern, scheine deutlich nachzulassen.

Insofern sei es wichtig, zu erkennen, dass die Staatsschuldenkrise an der Euro-Peripherie nicht nur eine, sondern mehrere Ursachen habe. Doch nicht alle dieser Ursachen fallen (oder fielen) in den Einflussbereich der Regierungen der betreffenden Länder. “Das gilt natürlich nicht für die unverantwortliche Haushaltspolitik von Ländern wie Griechenland und Portugal.” Vielmehr betreffe dies Auslassungen und Mängel beim Entwurf der Währungsunion (fehlende Regelungen zur fiskalischen Umverteilung), übermäßiges Kreditwachstum sowie die daraus folgenden Immobilienmarktblasen.

Im Falle Spaniens und Irlands spielten die letztgenannten Faktoren eine weitaus größere Rolle als die Führung der öffentlichen Haushalte vor Ausbruch der Schuldenkrise. Van Nieuwenhuijzen: “Hinzu kommt, dass auch Deutschland und Frankreich in fiskalpolitischer Hinsicht nicht mit gutem Beispiel vorangegangen sind. Vielmehr haben diese Länder im Herzen Europas die Stabilitäts- und Wachstumsregelungen seit Einführung des Euro weitenteils ignoriert und sogar für eine Änderung der Vorschriften plädiert, als ihre Regelverstöße zu offensichtlich wurden.”

Zudem haben die geldpolitischen Entscheidungsträger bislang nicht signalisiert, dass eine Notwendigkeit bestehe, die Staatsschuldner der Eurozone nach Bonität zu differenzieren, warnt van Nieuwenhuijzen. “Die EZB hat Banken gegenüber bisher stets dieselben Kreditvergabekriterien angewandt – ganz gleich, ob sie griechische Staatsanleihen oder deutsche Bundesanleihen zur Besicherung ihrer Darlehen anboten. Desgleichen hat die EZB bislang nicht kategorisch vor den Gefahren für die finanzielle Stabilität gewarnt, die eine übermäßige Kreditaufnahme durch öffentliche und private Stellen in den Peripherieländern darstellt.”

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