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Marktstimmung, Zinsentwicklung und Goldrally: Implikationen für Credit Ratings

Von Dr. Oliver Everling | 11.August 2025

Die jüngsten Entwicklungen an den Finanzmärkten, wie sie Michaël Lok, Group CIO und Co-CEO Asset Management der Union Bancaire Privée (UBP), beschreibt, haben nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf Aktien, Anleihen und Rohstoffe, sondern auch auf die Einschätzung von Kreditrisiken und damit auf Credit Ratings. Wenn Lok feststellt, dass „der Rückgang der Aktienrisikoprämien in Verbindung mit hohen Bewertungen“ das Potenzial für Aktien begrenzt und eine diversifizierte Vermögensallokation erfordert, bedeutet dies für Ratingagenturen, dass die makroökonomische Stabilität aktuell eher durch externe Faktoren wie Zollpolitik, Zinsentwicklung und Investitionszyklen beeinflusst wird als durch klassische Konjunkturindikatoren.

Für Emittenten im Investment-Grade-Bereich kann dies vorübergehend stabilisierend wirken, da sinkende Aufwärtsrisiken auf der Zinsseite die Refinanzierungskosten dämpfen. Lok betont, dass „hochverzinsliche Strategien wie High Yield, vorrangige Kredite und AT1-CoCos unser bevorzugtes Segment innerhalb dieser Anlageklasse“ bleiben – eine Einschätzung, die Ratingagenturen aufmerksam beobachten. Steigende Investitionen in High-Yield-Titel können nämlich zu einer Verschiebung der Risikobereitschaft führen und bei schwächerer Konjunktur schnell in höhere Ausfallraten umschlagen.

Auch Rohstoffmärkte wie Gold spielen bei Kreditratings indirekt eine Rolle. Loks Einschätzung, dass sich Gold „inmitten eines langfristigen Bullenmarktes befindet und die Grundlage für die inflationsbereinigte Vermögenssicherung und das Risikomanagement für Anlegerportfolios bleibt“, verweist auf eine zunehmende Bedeutung von inflationssicheren Anlageformen für die Bonitätsbewertung – insbesondere in Regionen oder Branchen, die stark von Währungs- und Zinsbewegungen abhängen.

Für Ratingagenturen ergibt sich daraus ein komplexes Bild: Während die Berichtssaison in den USA mit einem Gewinnwachstum von 10 % und insbesondere 21 % im Technologiesektor kurzfristig positiv wirkt, können „hohe Bewertungen in Verbindung mit der fragilen Anlegerstimmung“ – wie Lok warnt – bei plötzlichen Stimmungsumschwüngen zu schnellen Bewertungsanpassungen führen. Für die Kreditwürdigkeit von Unternehmen, insbesondere im spekulativen Bereich, bedeutet dies erhöhte Volatilität der Kapitalmarktzugänge.

In Summe zeigt die Analyse, dass makroökonomische Entspannung – etwa durch begrenzte Zollerhöhungen – zwar die Unsicherheit reduziert, Ratingagenturen jedoch weiterhin eine breite Palette an Risikofaktoren im Blick behalten müssen: von geopolitischen Spannungen über Zentralbankpolitik bis hin zu Investitionszyklen in Schlüsselbranchen. Die Verbindung zwischen Marktstimmung, Bewertungsniveaus und fundamentaler Bonität bleibt dabei ein sensibler Balanceakt, der sich schnell verschieben kann.

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