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Martini.ai sieht bei Stellantis einen „Credit-Stresstest“ für den US-Markt
Von Dr. Oliver Everling | 16.Oktober 2025
Der Datenanbieter Martini.ai bewertet den jüngsten Schritt von Stellantis, 13 Milliarden US-Dollar in die Ausweitung seiner US-Produktion zu investieren, als Balanceakt zwischen industrieller Stärke und finanzieller Belastung. „Das Vorhaben ist das größte Einzelinvestment in der Unternehmensgeschichte und soll die heimische Produktion um 50 % steigern“, heißt es in der Analyse. Gleichzeitig warnt Martini.ai, dass die Kapitalstruktur zunehmend unter Druck gerät.
Nach Angaben der Plattform liegt das Kreditrating von Stellantis aktuell bei B1, mit einer einjährigen Ausfallwahrscheinlichkeit von 0,08 %. Damit bewege sich der Konzern „auf einem Niveau mit höher eingestuften, aber risikoreicheren Investment-Grade-Peers wie Ford“. Der 5-Jahres-Z-Spread notiere bei rund 160 Basispunkten – mehr als doppelt so hoch wie bei General Motors, das bei etwa 70 Basispunkten gehandelt werde.
„Das Problem liegt in der Kapitalstruktur“, schreibt Martini.ai. Das Unternehmen weise eine Netto-Cash-Position von rund –11,6 Milliarden US-Dollar sowie ein negatives Free-Cash-Flow-Ergebnis von etwa –14 Milliarden US-Dollar zur Jahresmitte 2025 aus. S&P Global und Fitch hätten Stellantis bereits Anfang des Jahres von BBB+ auf BBB herabgestuft – ein Schritt, den Fitch mit „anhaltendem Margendruck und erhöhter Verschuldung“ begründet habe. Um ein Investment-Grade-Profil zu halten, seien laut Fitch „EBIT-Margen über 6 % und nachhaltige Free-Cash-Flow-Margen über 2 % erforderlich“.
Der auf Martini.ai basierende „Assistant’s Take“ vergleicht Stellantis zudem mit den Konkurrenten Ford und GM. Kurzfristig werde die Investition „neue Schulden erfordern, sofern sie nicht durch höhere Profitabilität oder Vermögensverkäufe ausgeglichen wird“. Das erhöhe das Verschuldungsrisiko in einer Phase „anhaltender Cashflow-Volatilität“. Während GM „die stabilste Finanzlage mit besseren Margen“ habe, bewege sich Ford auf ähnlichem Druckniveau wie Stellantis. Letzterer „hinke bei Liquidität und Nettoverschuldung hinterher“ und nähere sich bei weiter steigender Verschuldung „den Schwellenwerten des spekulativen Bereichs“.
Langfristig sieht Martini.ai jedoch Potenzial: Die Expansion solle „die Wettbewerbsfähigkeit in den USA stärken, mit fünf neuen Elektrofahrzeugmodellen und 19 Produktauffrischungen bis 2029“. Wenn der Plan aufgehe, könne „die Profitabilität zurückkehren und die kurzfristigen Kreditbelastungen durch Skaleneffekte und optimierte Lieferketten kompensiert werden“.
Das Fazit fällt abgewogen aus: „Die Expansion ist zugleich ein Meilenstein der industriellen Erneuerung und ein Kredit-Stresstest“, resümiert Martini.ai. Der Konzern beweise langfristigen Optimismus, doch bleibe „eine wachsame Beobachtung der Kreditkennzahlen unabdingbar“. Sollte sich die Cash-Generierung nicht deutlich verbessern, könne der „Kredittrend von Stellantis bis 2026 in Richtung spekulativer Einstufung driften“.
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