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Mehr als Reichtum

Von Dr. Oliver Everling | 4.Juli 2017

Das Buch „Mehr als Reichtum – Wie Sie nie mehr finanzielle Sorgen haben und langfristig Vermögen aufbauen“ von Robert Velten im Wiley-VCH Verlag (ISBN 978-3-527-50915-7) gehört zu einer seltenen Sorte: Der Leser spürt hier nicht schon auf den ersten Seiten, wie bei manch anderen Büchern mit ähnlich klingenden Titeln, dass es dem Autor im Endeffekt um den Verkauf eines bestimmten Anlageproduktes geht, sei es beispielsweise um Fonds, um Aktien, um Gold oder um andere Edelmetalle, oder das Angebot der Dienstleistungen eines Vermögensverwalters oder -beraters.

Velten will in seinem Buch auch nicht einfach nur zeigen, wie man aus einem kleinen Vermögen ein großes macht, oder darum, wie gewöhnlich Bankberater ihr Versprechen einhalten, ihrem Kunden ein kleines Vermögen zu verschaffen, indem sie mit einem großen Vermögen des Kunden anfangen. „Darum geht es hier nicht. Aber darum, sich ab sofort als vermögend zu erkennen und in der Folge auch immer reicher zu werden. Wenn Sie Ihr Vermögen wahrnehmen, können Sie leicht reich sein. Aber der Reichtum wird Ihnen dann weniger bedeuten. Denn Vermögen ist mehr als Reichtum.“

Der kluge Kerngedanke des Buches ist es, den Blick des Lesers auf sein eigenes Vermögen zu lenken, das eben nicht nur aus Münzen und Banknoten, nicht nur aus Spareinlagen, Wertpapieren oder Immobilien besteht, sondern neben materiellem auch immaterielles Vermögen umfasst, auch Fähigkeiten, Kenntnisse, Kontakte und sonstige Möglichkeiten. Der Leser spürt, wie der junge Autor seinen eigenen Reflexionsprozess offen mit dem Leser teilt.

Der Markt der „Schnell Reichwerden“-Bücher ist überflutet mit Titeln, die aus dem Amerikanischen übersetzt wurden. Dementsprechend unscharf sind oft die Übersetzungen und unpassend die Empfehlungen. Für den deutschen Leser wohltuend beweist Velten dagegen auch sprachliches Feingefühl, indem er sich präziser mit den Wortbedeutungen z.B. von „Vermögen“ und „Reichtum“ befasst. Außerdem gelingen ihm manche Wortspiele, die das Buch zur unterhaltsamen Lektüre werden lassen.

Das Buch ist aus der Perspektive privater Anleger geschrieben. So fragt sich Velten beispielsweise nach dem Sinn der Abwrackprämie. Ausgelöst durch die Wirtschaftskrise 2008/2009, unter der auch die Autoindustrie schwer litt, beschloss die schwarz-rote Bundesregierung im Januar 2009 eine Umweltprämie von 2.500 Euro für bestimmte Fahrzeuge. Einen Sinn für die damals vorgeblich beglückten Privatleute sucht Velten natürlich vergeblich, denn es ging der Bundesregierung damals auch nur um die Stützung der von Automobilkonzernen dominierten Leasingwirtschaft, die in den „offiziellen“ Begründungen kaum erwähnt wurde.

Ohne sich des analytischen Instrumentariums der Österreichischen Schule zu bedienen, gelangt Velten in seiner Analyse des Verhältnisses von Investition und Konsum zu ähnlichen Schlussfolgerungen: Eine nachfrageorientierte Politik à la Keynes führt durch künstliche Steigerung des Konsums nicht zu besseren Investitionen, also auch nicht zur Vermögensmehrung. Korrekt unterscheide Velten auch zwischen Krediten für Konsum, die er als „kontraproduktiv“ bezeichnet, und solchen für Investitionen.

„Beschäftigen Sie sich nicht allzu viel mit Krisen anderer oder mit möglichen Katastrophen“, warnt Velten, der aber dennoch auch für die Ängstlichsten Tipps für die sekundäre Krisenvorsorge im Ausnahmefall bereithält. Die medienvermittelten Krisen der Welt dürfen aber kein Grund dafür sein, nicht auch in Aktien zu investieren, urteilt Velten und gibt Beispiele.

Velten ermuntert den Leser dazu, sich konkret mit eigenem Erwerbs- und Zeitvermögen zu beschäftigen. Seine Anleitungen können als Denkanstöße gelesen werden, die bei jedem Leser zu individuell unterschiedlichen Entscheidungen führen können. Auch Zeit lässt sich verbrauchen oder investieren. Indem sich Velten mit dem Thema Zeit befasst, streift er auch Fragen des Selbstmanagements, der Prioritätensetzung und der Opportunitätskostenanalyse.

Velten kommt auf alle wesentlichen Assetklassen zur Vermögensbildung zu sprechen und zeigt auf, dass jedermann „einsteigen“ kann. Korrekt zieht er aus Erkenntnissen der Kapitalmarktforschung zur Informationseffizienz der Märkte die Konsequenz, dass auch Aktienanlagen selbst dann noch als Beimischung sinnvoll sein können, wenn Kenntnisse über den optimalen Einstiegszeitpunkt fehlen – das perfekte Timing gelingt auch den Profis kaum.

Biografien bekannter Persönlichkeiten sowie die Erfahrungswerte, die von diesen weitergegeben wurden, spielen in diesem Buch eine größere Rolle als in anderen Büchern zur Geldanlage. Velten schreibt nicht einfach nur zusammen, was er sich angelesen hat, sondern das Buch trägt eine deutliche, sehr persönliche Handschrift des Autors. Es ist daher Veltens Verdienst, die Literatur zum Thema „Reichtum“ um einen zwar nicht wissenschaftlichen, aber dafür leicht verständlichen und erfahrungsfundierten Titel bereichert zu haben.

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