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Mehr Insolvenzen in Großbritannien zu erwarten

Von Dr. Oliver Everling | 7.Juni 2017

Die britische Wirtschaft wird derzeit gestützt vom privaten Konsum (plus 2,6 % in 2016), günstigen Kreditkonditionen und der starken globalen Nachfrage. Dennoch soll es nach Prognose des Kreditversicherers Coface bald mehr Insolvenzen geben. Im letzten Quartal 2016 stiegen die Unternehmensgewinne auf über 105 Milliarden Pfund Sterling und damit auf ein Allzeit-Hoch. „Die Zuversicht ist wieder erkennbar gestiegen, besonders unter KMU, nachdem sie unmittelbar nach dem Referendum deutlich gesunken war“, heißt es in der Coface-Analyse. Bei einem gebremsten Wachstum – 1,4% in diesem und 1,2% im nächsten Jahr – bleiben Insolvenzen nicht aus. Das erwartet der internationale Kreditversicherer Coface in einer aktuellen Analyse der britischen Wirtschaft. Coface errechnet plus 8,7% Insolvenzen 2017 und plus 8% in 2018.

„Trotz der hohen Profite zeigen die Ungewissheiten bezüglich des Ausganges der Verhandlungen mit der EU Auswirkungen auf die Investitionen. Sie lagen mit 8,8 Prozent des BIP 2016 auf dem niedrigsten Stand seit der Wirtschaftskrise 2008. Diese Entwicklung dürfte sich bis April 2019 verstärken. Am stärksten betroffen sind Branchen, in denen Investitionen besonders kostenintensiv sind: Metallverarbeitung, Automobil, Bau“, warnen die Experten der Coface.

Die Verhandlungsphase wird für die britische Wirtschaft zu einer harten Belastungsprobe. Die steigende Inflation wird die Kauflaune der Konsumenten und damit den Einzelhandel bremsen. Coface hat die Branche im März 2017 von „mittleres“ in „hohes Risiko“ herabgestuft. Problematisch sehen die Coface-Analysten auch, dass voraussichtlich weniger EU-Bürger einwandern werden. Allein das bremse das BIP-Wachstum um 0,3 Punkte bei einem „weichen“ und um 0,6 Punkte bei einem „harten Brexit“.

Unabhängig von einer harten oder weichen Trennung – Coface hält einen weichen Brexit für wahrscheinlich – wirkt sich der Ausstieg aus der EU auf die Attraktivität des Landes für Investoren aus. Derzeit ist Großbritannien die erste Adresse für FDI in Europa. Investitionen fließen vor allem in den Finanzsektor, in die Informations- und Kommunikationsbranchen, gefolgt von Transport und Logistik. „Der Brexit wird Investitionen und damit auch Innovationen und Forschung und Entwicklung bremsen“, erwartet Coface. Dennoch hebele der Brexit nicht die strukturelle Attraktivität Großbritanniens aus. Wichtige Faktoren bleiben bestehen: Transparenz, gute Governance, differenzierter und flexibler Arbeitsmarkt und nicht zuletzt das günstige Steuersystem. Und um die Nachteile des EU-Ausstiegs abzufedern und einen Einbruch der Direktinvestitionen aus dem Ausland (FDI) zu verhindern, werde die Regierung sicher weitere Vergünstigungen für Investoren schaffen.

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