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Moody’s ist in China gefürchtet

Von Dr. Oliver Everling | 28.Januar 2020

Weder Moody’s noch eine ihrer Tochtergesellschaften im Mehrheitsbesitz ist eine qualifizierte Ratingagentur in der Volksrepublik China (VR China). Die fehlende offizielle Registrierung bzw. behördliche Anerkennung wirft Fragen auf.

Jedes Rating, das von Moody‘s oder einer ihrer mehrheitlich verbundenen Unternehmen vergeben wird (1) stellt kein Rating dar, wie es nach den einschlägigen Gesetzen oder Vorschriften der VR China erforderlich ist; (2) darf nicht in einer Registrierungserklärung, einem Rundschreiben, einem Prospekt oder anderen Dokumenten enthalten sein, die den Regulierungsbehörden der VR China vorgelegt wurden; und (3) dürfen in der VR China nicht für aufsichtsrechtliche Zwecke oder für andere Zwecke verwendet werden, die nach den einschlägigen Gesetzen oder Vorschriften der VR China nicht zulässig sind. Mit „VR China“ ist hier das Festland der Volksrepublik China mit Ausnahme von Hongkong, Macao und Taiwan gemeint.

Moody’s genießt fachlich bei Investoren in der VR China höchstes Ansehen. Aus den Finanzzentren Chinas ist zu erfahren, dass die Anerkennung von Moody’s in der VR China als Bedrohung der lokalen Ratingagenturen gesehen wird. Es sei politisch nicht gewünscht, in die Abhängigkeit der US-amerikanischen Agentur zu geraten, zumal die US-Agenturen die VR China als Schuldner nicht mit der Bestnote AAA bzw. Aaa beurteilen.

In China sind die Entwicklungen in der Europäischen Union bekannt. Hier haben der Zwang zur Registrierung und die zahlreichen Gründungen von Ratingagenturen seit 2011 nicht dazu geführt, die Macht von Moody’s einzuschränken. Im Gegenteil: Wie die jährlichen Erhebungen der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA zeigen, gewinnen die führenden US-amerikanischen Ratingagenturen in Europa stetig Marktanteile zu Lasten der lokalen Agenturen.

So verlieren auch in Deutschland ansässige Ratingagenturen nicht nur Marktanteile, sondern schaffen es nicht einmal in die Gewinnzone. Die in Berlin ansässige Agentur Scope weist für 2019 erneut Rekordverluste aus, eine Besserung ist trotz mehrfach erfolgtem Austausch des Managements nicht in Sicht. Seit rund zwei Jahrzehnten schreibt die deutsche Ratingagentur Scope nur rote Zahlen.

In China wird befürchtet, die offizielle Anerkennung von Moody’s könnte ähnliche Effekte auf die in Shanghai und Peking heimischen Ratingagenturen haben. Erst im letzten Jahr wurde die letzte in privater Hand geführte und nicht zuletzt auch aufgrund gescheiterter Internationalisierungsversuche in die Verlustzone geratene Ratingagentur in staatliche Hand überführt.

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