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Mumm zum Bodenlosen

Von Dr. Oliver Everling | 3.Mai 2022

„Für Anleger gestaltet sich der bisherige Jahresverlauf weiterhin komplex“, räumt Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL, angesichts allgegenwärtiger und zuletzt vielfach noch verschärfter Risiken ein, denn nach einer kurzen Hoffnungsphase dominiert nun wieder der Pessimismus.

„Dabei sorgten massiv steigende Zinsen für erhebliche Verluste im Anleihen-Segment und die hohen Bewertungen nahezu aller Anlageklassen werden einer Überprüfung unterzogen. Wenn mit Staatsanleihen zumindest nominal wieder Zinsen im positiven Bereich verdient werden können,“ so Carsten Mumm, „dürften in der aktuell unsicheren Gemengelage einige auch bald wieder verstärkt verzinslich anlegen, so dass der außergewöhnlich schnelle Zinsanstieg seit Januar trotz anhaltend hoher Inflationsraten und dadurch überwiegend negativer Realzinsen, in den kommenden Monaten etwas langsamer vonstattengehen dürfte.“

Carsten Mumm sieht das Bodenlose: „An den Aktienmärkten hingegen ist kurzfristig keine Bodenbildung der aktuellem Abwärtstrends erkennbar. Zu unberechenbar sind derzeit die Konjunkturerwartungen für den weiteren Jahresverlauf und damit auch die Gewinnprognosen vieler Unternehmen. Der Euro dürfte sich erst bei einer konkreten Aussicht auf den Einstieg der EZB in die überfällige Zinswende stabilisieren.“

Vorerst rät er dazu, die Kapitalanlage weiterhin etwas vorsichtiger zu gestalten, selbst wenn bei einer überraschenden Trendwende für Risikoanlagen erst etwas später der Einstieg gelingt. Die mittel- bis langfristigen Perspektiven bleiben aber positiv und dürfen bei aller Sorge nicht aus dem Blick geraten, denn massive Investitionen zur Steigerung der Resilienz seien in den kommenden Jahren absehbar.

„Staaten werden nicht nur ihre digitale Infrastruktur modernisieren. Auch die robustere Aufstellung der Gesundheitssysteme und die Steigerung der Unabhängigkeit von fossilen Energierohstoffen werden angegangen. Zudem kann in Deutschland mit einer Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren gerechnet werden“, was eine nicht zu unterschätzende Errungenschaft wäre. Deutschland hat seit 2013 fast ein Jahrzehnt der – politisch bedingten – Stagnation in allen wesentlichen Fragen erlebt, was die Planungs- und Genehmigungsverfahren angeht.

„Auch Unternehmen werden in die Dekarbonisierung ihrer Produktion investieren,“ sagt Mumm, „ihre Geschäftsabläufe an die neuen geopolitischen Gegebenheiten anpassen und Lieferketten robuster aufstellen. Mit diesen Veränderungen werden in den kommenden Jahren auch für Anleger wieder enorme Chancen entstehen, die an den Kapitalmärkten wie immer rechtzeitig eingepreist werden dürften.“

 

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