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Öffentlichkeitsarbeit von Finanzorganisationen

Von Dr. Oliver Everling | 14.Januar 2008

In der Öffentlichkeitsarbeit von Finanzorganisationen gewinnen Ratings unabhängiger Agenturen an Bedeutung. Wie Zusammenbrüche einst namhafter Unternehmen zeigen, können Bonitätszweifel selbst große Konzerne in eine gefährliche Abwärtsspirale und zu einem Rückzug der Gläubiger führen. Insbesondere für Finanzorganisationen, für die ein einwandfreies Standing von existentieller Bedeutung ist, kommt es auf eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit an.

fischerAppelt ist eine führende inhabergeführte Agentur für integrierte Kommunikation in Deutschland mit rund 250 Mitarbeitern. Integrierte und kanalspezifische Kommunikation in den Bereichen  Public Relations, Investor Relations, Design, Werbung, TV-Produktion, Internet und Intranet, Sponsoring, Event, Dialogmarketing und POS zählen zu den Kernkompetenzen der Agentur. Dr. Matthias Larisch, Geschäftsführer der fischerAppelt, ziegler GmbH in Frankfurt am Main, einer auf Finanzkommunikation spezialisierten Agentur in der fischerAppelt-Gruppe, stellt anlässlich seines Vortrags im Europäischen Finanz Forum zunächst die Begriffsvielfalt heraus, die sich in der Kommunikation und in der Finanzkommunikation im Speziellen entwickelt hat. Seiner Abgrenzung nach versteht man unter Finanzkommunikationen alle zielgerichteten Kommunikationsaktivitäten, die von Finanzorganisationen unternommen werden. Hierzu gehören insbesondere Finanz-PR, Investor Relations und Finanzwerbung.

Zielgruppe der Finanz-PR sei immer die allgemeine Öffentlichkeit, während die Zielgruppe der Investor Relations die Aktionäre seien. Bei der Finanzwerbung, z.B. in Form von Anzeigen, Spots, Bannern, Plakaten, Mailings, Messeständen und Promotionaktivitäten, geht es typischerweise um unterschiedliche Zielgruppen. Denn Werbung ist meist dann erfolgreich ist, wenn sie pointiert und auf die gewünschte Zielgruppe fokussiert ist.

Larisch stellt einige Besonderheiten der Finanz-PR heraus, die mit der volkswirtschaftlichen Rolle der Finanzorganisationen einerseits und mit der engen Verzahnung zu den Investor Relations von Finanzorganisationen andererseits zusammen hängen. Um den Status quo der Öffentlichkeitsar-beit von Finanzorganisationen zu verdeutlichen, führt Larisch ein Vergleich der Finanzberichterstattung von 1987 und von 2007 an: 1987 begrenzte sich die Berichterstattung in führenden Tageszeitungen fast ausschließlich auf Aktien und Anleihen; andere Finanzprodukte wurden quasi nicht erwähnt. Fokussierung auf Marktdaten, sachlich-nüchterne Marktbeschreibungen von den Börsenplätzen der Welt und dies in einer schwer verständlichen Sprache seien damals die typischen Charakteristika in der Finanzberichterstattung der Frankfurter Allgemeine Zeitung wie auch des Handelsblattgewesen. Die Finanzberichterstattung vor 20 Jahren war eine reine Insider-Berichterstattung, Zielgruppe waren folglich Marktteilnehmer und sehr erfahrene Anleger.

Heute findet dagegen eine umfangreiche Berichterstattung über alle Geldanlageformen statt, z. B. Fonds, Zertifikate, Optionen, Immobilien oder Gold. Verlagert hat sich auch der Blickwinkel und die Tonalität: Typisch ist die Fokussierung auf den Verbrauchernutzen, die häufige Einbindung von Analysen, Studien, Umfragen, Zitaten und Markteinschätzungen von Marktteilnehmern und die Verwendung einer verständlicheren Sprache. Die veränderte Berichterstattung schlägt sich auch in einem anderen Vokabular nieder: Im gesamten Jahr 1987 fand sich beispielsweise der Begriff „Geldanlage“ nur 66 mal im Handelsblatt, im Jahre 2007 dagegen 1.905 mal. Dass das Thema Finanzen auch außerhalb der gängigen Finanz- und Wirtschaftsmedien an erheblicher Bedeutung gewonnen hat, weist Larisch anhand einer Auswertung über die am häufigsten erwähnten Branchen  in den 50 größten Printpublikationen der Tages- und Wochenpresse nach.

Als eine der Herausforderungen in der Öffentlichkeitsarbeit von Finanzorganisationen sieht Larisch die geringe Markenorientierung von Finanzunternehmen an. Eine Gegenüberstellung der Global Titans 50 und der 50 wertvollsten Marken zeigt, dass die größten Finanzorganisationen nur vergleichsweise geringe Markenwerte aufweisen. Die Relation zwischen Marktkapitalisierung und Markenwert ist bei Finanzorganisationen durchschnittlich deutlich geringer als bei anderen Branchen, stellt Larisch fest. Allianz und Deutsche Bank schneiden in den Markenwerten der DAX 30 -Unternehmen günstig ab, hinten seien aber Postbank (Platz 23), Commerzbank (Platz 25), Deutsche Börse (Platz 26) und Hypo Real Estate (Platz 29) angesiedelt.

Befragt man die Deutschen nach ihrem Vertrauen in einzelne Berufe, so tauchen in einer langen Liste von Berufen die Finanzberater erst auf den letzten Plätzen auf. Nur 20 % der Deutschen – und 38 % der Europäer – haben Vertrauen in Finanzberater. Die vordersten Plätze nehmen Feuerwehrmänner (94 % bzw. 95 %), Piloten (93 % bzw. 92 %) und Krankenschwestern (91 % bzw. 86 %) ein. Pfarrer genießen in Deutschland dasselbe Vertrauen wie Taxifahrer (55 %), während Politiker mit 5 % den schlechtesten Vertrauensbonus genießen. Auswertungen über die Kundenzufriedenheit zeigen, dass sich Banken und Sparkassen zwar in den vergangenen Jahren verbessert haben, sie liegen aber immer noch weit hinter Optikern, Buchversand und -clubs, Reiseveranstaltern, Kfz-Prüfstellen, Elektrohaushaltsgroßgeräten, Kaffeefachgeschäften oder Drogerien. Alarmierend sei die geringe Zufriedenheit mit Fondsgesellschaften, die einen ähnlichen Kundenzufriedenheitswert wie Finanzämter besitzen.

Bezüglich der zukünftigen Entwicklung der Öffentlichkeitsarbeit von Finanzorganisationen macht Larisch auf drei wesentliche Bereiche aufmerksam. Erstens: Information overload, selektives Informationsverhalten und das damit verbundene Wahrnehmungsproblem erfordern auf Seiten der kommunizierenden Unternehmen einen integrierten Kommunikationsansatz, d.h. eine in sich konsistente, die gleichen Botschaften vermittelnde Kommunikation über alle Kommunikationskanäle hinweg. PR, IR, Werbung und alle sonstigen Kommunikationskanäle müssen sich zukünftig noch deutlich stärker abstimmen und zusammenarbeiten. Die Grenzen zwischen den Disziplinen verschwimmen zunehmend. Zweitens: Es hat eine starke Veränderung des Medienverhaltens gegeben. Nach neuesten Untersuchungen beschäftigt sich der durchschnittliche Deutsche heute nur noch 26 Minuten mit der Zeitungslektüre, sucht täglich aber schon 56 Minuten Informationen im Internet. Aktive Informationssuche und Infotainment werden immer stärker nachgefragt. Dies führt dazu, dass sich auch der Kommunikationsprozess zwischen Unternehmen und Stakeholdern verändert. Zukünftig wird eine passive Informationsbereitstellung nicht mehr genügen; der Trend geht zum direkten Dialog und zur Interaktivität. Dies hat wiederum Auswirkungen auf das Antwortverhalten, auf die Antwortgeschwindigkeit und auf die geforderte Individualität der Kommunikation.

In der gleichen Richtung verändert sich laut Larisch auch das Verhältnis zwischen Unternehmen und Medien. Journalisten haben in immer kürzerer Zeit immer mehr zu leisten. Während es früher durchaus üblich war, dass ein Journalist nur einen Artikel pro Tag schreiben musste, muss dieser heute deutlich mehr Beiträge erstellen und dies auch für unterschiedliche Mediengattungen wie Print, Online oder sonstige Mediengattungen. Hierin liegt die Chance für kommunizierende Unternehmen: Indem sie den Journalisten die Arbeit erleichtern und ihre Aufgabe als Servicefunktion betrachten, sind sie in der Lage, ihre Botschaften zu streuen.

Drittens: Larisch geht davon aus, dass das Thema „Finanzen“ weiterhin an Bedeutung gewinnen wird. Dies führt aber auch dazu, dass sich die Tonalität der Berichterstattung verschärfen wird. Bereits heute ist eine starke Zunahme von Krisenfällen bei Finanzorganisationen festzustellen. Zu erwarten ist, dass diese eher noch zunehmen. Eine klare Positionierung, der Aufbau von Vertrauen und eine Kommunikation auf Augenhöhe nennt Larisch als die geeigneten Reaktionen der Finanzorganisationen auf diese Entwicklungen. Wichtig sei, dass Finanzorganisationen auch ihren Beitrag zu einer Verbesserung des Finanzwissens in Deutschland leisten.

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