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Organisation der Wertpapier-Compliance-Funktion

Von Dr. Oliver Everling | 1.April 2012

Die Finanzkrise hat das Wertpapiergeschäft der Banken in besonderem Maße in die Kritik der Öffentlichkeit gebracht. Geschädigte Anleger suchen auf vielfältigen Wegen, Schadensersatz geltend zu machen. Die Einhaltung aller gesetzlichen Bestimmungen und unternehmensinterner Richtlinien wie auch die laufende Kontrolle vertraglicher Verpflichtungen liegt insofern schon im Eigeninteresse jeder Bank, die Wertpapierdienstleistungen erbringt.

Würden allein drohende Schadensersatzansprüche von Anlegern Compliance-Funktionen in Wertpapierdienstleistungsunternehmen erzwingen, blieben viele Fehlfunktionen und Regelverstöße unerkannt, da Anlegern der Zugang zu den Interna fehlt. Daher ist es folgerichtig, dass der Gesetzgeber nicht nur weitergehende Anforderungen stellt, sondern auch organisatorisch die Einrichtung einer Compliance-Funktion erwartet.

Gemäß § 33 des Wertpapierhandelsgesetzes muss ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen die organisatorischen Pflichten nach § 25a Abs. 1 und 4 des Kreditwesengesetzes einhalten. Darüber hinaus muss es sicherstellen, dass die Geschäftsleitung und das Aufsichtsorgan in angemessenen Zeitabständen, zumindest einmal jährlich, Berichte der mit der Compliance-Funktion betrauten Mitarbeiter über die Angemessenheit und Wirksamkeit der aufgestellten Grundsätze, vorgehaltenen Mittel und eingerichteten Verfahren erhalten, die insbesondere angeben, ob zur Behebung von Verstößen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens oder seiner Mitarbeiter gegen Verpflichtungen dieses Gesetzes oder zur Beseitigung des Risikos eines solchen Verstoßes geeignete Maßnahmen ergriffen wurden.

Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss folglich angemessene Grundsätze aufstellen, Mittel vorhalten und Verfahren einrichten, die darauf ausgerichtet sind, sicherzustellen, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen selbst und seine Mitarbeiter den Verpflichtungen dieses Gesetzes nachkommen, wobei insbesondere eine dauerhafte und wirksame Compliance-Funktion einzurichten ist, die ihre Aufgaben unabhängig wahrnehmen kann.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) veröffentlichte daher ein Rundschreiben, in dem sie ihre Auslegungen zu den Wohlverhaltenspflichten des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) zusammenfasste und durch neue Regelungen ergänzte. Das Rundschreiben mit dem Titel „Mindestanforderungen an Compliance und die weiteren Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten nach §§ 31 ff. WpHG (MaComp)“ konkretisiert die Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten des WpHG, die Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute beachten müssen, wenn sie Wertpapiergeschäfte gegenüber Kunden erbringen.

Harmut Renz und Dirk Hense legen 2012 dazu ein Sammelwerk vor: „Organisation der Wertpapier-Compliance-Funktion – Implementierung angemessener Compliance-Strukturen“ im ESV Erich Schmidt Verlag). Dr. Jürgen Brockhausen, Dr. Philipp Byers, Dr. Matthias Dann, Julia Dost, Torten Fett, Prof. Dr. Björn Gaul, Dr. Stefan Gebauer, Dirk Hense, Dr. Heiner Hugger, Jochen Kindermann, Dr. Dnaiel Ludwig, Dr. Richard Reimer, Hartmut Renz, Franz Russo, Dr. Annette Salomon, Dr. Christian Schmies, Thomas Steidle, Jens Welsch , Prof. Jürgen Wessing und Tim Wybitul stehen für einen in der Branche bekannten Autorenkreis.

Antworten auf die Fragen nach den organisatorischen Maßnahmen zur Umsetzung der MaComp stehen im Mittelpunkt des Buches, wobei naturgemäß die gesetzlichen Rahmenbedingungen eine zentrale Rolle spielen. Das Buch ist aber kein rein juristisches Werk. Es stellt die rechtlichen Rahmenbedingungen an den Anfang der sieben Teile des Buches. In weiteren Teilen folgen detaillierte Erörterungen der Analysen und Prozesse, der Stellung, Funktion und Kontrollpflichten von Compliance, des Nutzens einer Compliance-Funktion, der arbeits- und datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen sowie Auslagerung bis hin zu den strafrechtlichen Rahmenbedingungen und zu einem Exkurs über den Aufbau einer Compliance-Organisation im atypischen Umfeld (Bad Bank oder im nicht regulierten Umfeld).

Wie kompliziert die Umsetzung der MaComp geworden ist, zeigen beispielsweise die Ausführungen zur Compliance versus Arbeitnehmerdatenschutz. Auf der einen Seite verlangt der Gesetzgeber, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen organisatorische Vorkehrungen treffen, um die Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien durch alle Mitarbeiter sicherzustellen, auf der anderen Seite ist aber auch das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) einschlägig.

Dürfen Bewerber „gegooglt“ sowie Informationen aus „facebook“ oder „StayFriends“ ausgewertet werden? Wie verhält es sich mit Darstellungen der beruflichen Qualifikation aus „Xing“ oder „LinkedIn“? Auf diese und viele weitere Fragen gibt das Buch von Renz und Hense Antworten.

Das Buch eignet sich sowohl als Nachschlagewerk, als auch als Lesebuch, um sich umfassend in die Problematik einzuarbeiten. Der Leser findet sich schnell durch eine konsistente Gliederung, Tabellen, Abbildungen, Hervorhebungen im Text sowie durch Randziffern zurecht. Ein Stichwortverzeichnis erleichtert das Auffinden relevanter Textstellen.

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