Kontroverse um Geschäftskonzept der Fraport

Von Dr. Oliver Everling | 21.Oktober 2008

Die Luftverkehrsbranche wird langfristig weiter wachsen. Allerdings wird sich ihre Struktur ändern, prognostiziert Felix Kreutel, Leiter Masterplanung Non-Aviation, Fraport AG. Er sprach zum Thema „Voraussetzungen für ein erfolgreiches Non-Aviation Geschäft“ im Rahmen der Euroforum-Konferenz „Flughafen und Standortentwicklung“ in Frankfurt am Main. Der Luftverkehrsmarkt werde zunehmend durch Krisen und andere Probleme beeinträchtigt werden. Die Kunden haben sich nach seinen Feststellungen verändert und dieser Trend werde sich fortsetzen.

Neue Entwicklungsgesellschaften haben einen Paradigmenwechsel verursacht. Traditionell wird die Sichtweise auf Flughäfen von Schlagworten wie „Hub-Airport“, Passagieren, Besuchern, Mitarbeitern, Flächen und Infrastruktur geprägt. Für die neue Perspektive stehen Begriffe wie „Airport City“ (www.flughafencity.de), Kunden/Konsumenten und die Chancen für Immobilienmanagement und -entwicklung.

„In den letzten Jahrzehnten hat die Luftverkehrsindustrie deutliche Veränderungen hinsichtlich ihrer Abläufe, ihrer Beschaffenheit und ihrer Struktur durchlaufen: Erlöse aus aeronautischen Aktivitäten sind weitestgehend statisch geblieben, da Fluggesellschaften versuchten, mit kleinen Margen zu operieren und die Preise niedrig zu halten.“ Und: „Es sind die Gewinne aus nicht-aeronautischen Aktivitäten, die state-of-the-art-Flughäfen wirtschaftlich lebensfähig machen“, so ein Zitat von Prof. Dr. Odoni vom Massachusetts Institute of Technology.

Non-Aviation sei daher von strategischer Bedeutung für Flughafenbetreiber. Non-Aviation Erlöse seien in Zeiten stagnierender Aviationserlöse wichtige Werttreiber, ein strategischer Erfolgsfaktor und biete enormes Wachstumspotenzial. Non-Aviation reduziere die Abhängigkeit von Flughäfen von staatlicher Förderung und Flughafenentgelten. Kreutel skizziert den ganzheitlichen Ansatz zum Management des Non-Aviation Geschäfts am Flughafen Frankfurt.

Externe Treiber für den Erfolg seien gesetzlichen Rahmenbedingungen, Wirtschaftslage, Währungsschwankungen, Konsumverhalten, Kaufkraft, Steuern, Preisniveau und Inflation. Zu den internen Treibern zählt Kreutel die Flächenverfügbarkeit nach Art und Umfang, Passagierzahl und -struktur, Passagierprozess und Verweildauer. Während vorgenannte Faktoren keiner oder nur geringer Kontrolle durch den Flughafen unterliefen, lässt sich auf die Qualität der Infrastruktur, die Vertragsbedingungen, die Qualität und Performance der Betreiber, den Mieter- und Branchenmix, das Marketing und die Verkaufsförderung sowie die Organisation der Bewirtschaftung aktiv Einfluss nehmen.

Kreutel setzt auf konsequentes Management für Leistung und Qualität in den Phasen „Analysieren“, „Coachen“ und „Belohnen“. Mystery shopping, Mystery eating, Centerchecks und Kundenzufriedenheitsbefragungen (Passagiere und Mieter) sind die Grundlage der Analyse. Trainings „Fit for Retail“ und individuelles Coaching und Mitarbeitertraining durch Experten fördern die Entwicklung. ShopStars-Auszeichnung lenkt die Aufmerksamkeit auf erfolgreiche Konzepte.
 
Kostentransparenz soll durch kontinuierliches Kostenbenchmarking, genaue Kostenüberwachung, Überprüfung und Anpassung von SLA und Einführung einer angepassten IT-Architektur gewährleistet werden. Einsparungen bei Neben- und Herstellkosten werden durch genaue Spezifizierung der geforderten Leistung, Definition und Implementierung von Standards für Gebäude und Ausstattung und Optimierung der Nebenkosten bereits während der Planungsphase durch Betrachtung der Lebenszykluskosten erreicht.

Das Category Management sieht Kreutel als wesentliches Element zur Steuerung der Mieterperformance. Durch Category Management sollen die Verstärkung des Branchen-knowhows, die Professionalisierung der Vermarktung (Mieterauswahl, Ausschreibung, Vertragsschluss) als auch die Optimierung des Bestandes, die Funktion als Ansprechpartner für die Mieter und Branche sowie der Abbau von Schnittstellen gewährleistet werden.

„Wir gehen den anderen Weg“, kommentiert Hellmut R. Gebhardt, Geschäftsführer der eurotrade Flughafen München Handels-GmbH, die Ausführungen von Kreutel. Gebhardt stellt die besseren Geschäftsmöglichkeiten an Flughäfen am Beispiel München heraus. Von der Ertragskraft sollte der Flughafen darüber nachdenken, sich auf die Felder zu konzentrieren, die in der Zukunft noch stärker anwachsen werden.  Es gehe darum, etwas Neues aufzubauen. In Manila habe die Fraport 400 Mio. Euro versenkt, gibt Gebhardt ein Beispiel: Es müsse doch möglich sein, 10 Mio. Euro in die Hand zu nehmen für ein Geschäftsmodell. Bisher habe man immer nur an die technische Seite gedacht.

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Schwarzer Kennedy ändert nichts

Von Dr. Oliver Everling | 20.Oktober 2008

In Washington kursiert der Treppenwitz, dass auch für die Präsidentenwahl 2008 ein Präsidentschaftskandidat den Antrag auf Nachzählung der Stimmen stellen werde. Diesmal aber nicht der unterlege Kandidat, sondern der Sieger �?� Dr. Christoph von Marschall sprach über „McCain, Obama und der lange Weg ins Weiße Haus“ im Rahmen einer Veranstaltung des US-Generalkonsulats im Campus Westend der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Christoph von Marschall ist Autor des Buches „Barack Obama – Der schwarze Kennedy“ und seit 1991 als Redakteur der Berliner Tageszeitung „Der Tagesspiegel“, für den er derzeit als US-Korrespondent in Washington arbeitet.

„Im nächsten Jahr wird Deutschland über den gewählten Präsidenten enttäuscht sein. Im nächsten Jahr werden die USA über den gewählten Präsidenten enttäuscht sein.“ Marschall zeigt auf, dass die ökonomische Ausgangslage für den neuen Präsidenten ihm kaum Handlungsspielräume geben werde. Die in Barack Obama wie auch die in John McCain gesetzten Erwartungen könnten praktisch nur enttäuscht werden.

Marschall listet die Faktoren auf, die der Wahl von Obama ins Präsidentschaftsamt noch entgegenstehen könnten. Dazu zählt die Emotionalität, einem vergleichsweise jungen und unerfahrenen Kandidaten die Verantwortung über die größte Volkswirtschaft der Welt zu geben. Andererseits hätten die letzten Fernsehauftritte unübersehbar gezeigt, dass die USA mit McCain doch einen älteren Präsidenten wählen würden. Wenn Obama gewählt würden, könne er anschließend seine Wähler nur desillusionieren: Die versprochene Wende könne bei den bescheidenen haushaltspolitischen Spielräumen kaum finanziert werden.

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Scope, IZA, Feri und EDG für Zertifikateratings

Von Dr. Oliver Everling | 20.Oktober 2008

Florian Schoeller von der Scope Group stellt die Scope Analysis auf dem �??Deutschen Derivate Tag �??08�?� in Frankfurt am Main als das derzeit größte bankenunabhängige, deutsche Analystenhaus dar. Der Fokus des Unternehmens liege auf der Analyse und Bewertung von Investmentmärkten, Kapitalanlagen und Managementgesellschaften. Mit ihren Dienstleistungen unterstützt Scope Analysis aktuell über 980 Finanzinstitute aus 18 Ländern bei der Auswahl, der Prüfung und dem Controlling ihrer Investments, berichtet Schoeller. Das Unternehmen wurde im Jahr 2000 gegründet, beschäftigt derzeit rund 45 Mitarbeiter und ist in den Sektoren Investmentfonds, Geschlossene Fonds, Offene Immobilienfonds und Zertifikate tätig.

Das Geschäftsmodell von Scope Analysis zielt auf die Vermeidung von Interessenskonflikten und damit auf ein Maximum an Unabhängigkeit. Scope bewertet Kapitalanlagen ausschließlich im eigenen Auftrag und nicht im Auftrag der Anbieter. Scope refinanziert seine Leistung durch Verlizenzierung der Analyseplattformen und durch die Mitveröffentlichungsrechte an den Ergebnissen. Scope berät keine Anbieter von Kapitalanlagen bei der Konzeption oder der Emission ihrer Investmentprodukte, unterstreicht Schoeller. Scope verkauft oder vermittelt keine Investmentprodukte.

Die Analyse von Zertifikaten zielt auf die Steigerung von Transparenz und Produktvergleichbarkeit. Die Analyse basiert auf einer wissenschaftlich fundierten Methodik. Alle für eine aussagekräftige Bewertung relevanten Faktoren werden berücksichtigt. Die Ergebnisse der Analysen sind keine abstrakten Kennziffern, vielmehr konkrete und nachvollziehbare Erwartungswerte. Die Aktualität und Korrektheit der Datengrundlage wird durch entsprechende Systeme sichergestellt. Alle Analysen werden täglich aktualisiert, berichtet Schoeller.

Scope analysiert und bewertet Sekundärmarkt-Zertifikate seit 2005. Seit Q3 2008 bewertet Scope auch Zertifikate in der Zeichnungsphase. Aktuell bewertet Scope über 150.000 Produkte von 34
Emittenten. Standardgemäß werden derzeit über 40 Zertifikatetypen berücksichtigt. Bei thematischen Index-Produkten bewertet Scope über 300 Produkte von 15 Emittenten. Standardgemäß werden derzeit über 15 Themen- und Strategiesegmente berücksichtigt.

Schoeller gibt einen Überblick über die Kriteriologie: Chancen-Risiko-Relation (Erwartungswertanalyse, Auszahlungsprofil des Zertifikats, Log-normalverteilte implizite oder historische Volatilität des Basiswerts
entsprechend der Restlaufzeit des Zertifikats, Währungsvolatilität, aktuelles Zinsniveau, Korrelationseffekt von Basiswert und Währung), Handelsqualitätsanalyse (Höhe des Spreads, Schwankungsverhalten des Spreads über die Laufzeit, Häufigkeit und Dauer von Handelsaussetzungen) und Bonitätsanalyse (Ausfallrisiken des Emittenten, Garantieerklärung / Haftungsübernahmen und Credit Default Swaps).

Nach einer Befragung des �??Zertifikateberaters“ sieht Schoeller für die Ratings seiner Agentur einen höheren Wirkungsgrad als bei denen anderer Anbieter. 64,4 % der Befragten gaben an, Scope Analysen regelmäßig oder zumindest gelegentlich zu nutzen. Nur 10,2 % kenne das Rating der Scope Analysis gar nicht. Demgegenüber seien die anderen Agenturen im Durchschnitt bei mehr als der Hälfte der Anleger nicht bekannt und nur 10 % würden deren Ratings gelegentlich oder regelmäßig nutzen.

�??Das Produktversprechen der Zertifikate ist gehalten worden“, kommentiert Prof. Dr. Lutz Johanning von der European Derivatives Group die aktuelle Diskussion um die Rolle und Zukunft der Zertifikate in und nach der Krise. 85 % des in Zertifikate investierte Volumens weist eine Voll- oder Teilabsicherung gegen Verluste im Basiswert auf. Diese Produkte haben im vergangenen Jahr zum großen Teil deutlich weniger Verluste eingefahren als die Basiswerte, zum Teil sogar Gewinne gemacht.

Ein Rating trage dazu bei, die Transparenz zu erhöhen. Florian Schoeller gebühre das Kompliment, als erster das Thema des Ratings von Zertifikaten aufgegriffen zu haben. �??Aus unserer Sicht ist es extrem wichtig zu verstehen, was wir überhaupt mit einem Rating erreichen können“, sagt Johanning. Das Ziel des EDG-Ratings sei eine unabhängige und dynamische Einschätzung der Produktqualität auf Basis objektiv messbarer Faktoren (kosten, Handel, Information, Bonitätsrisiko) und Einschätzung der Risikoeignung eines Produktes (Risikofit).

Es gehe um einen relativen Qualitätsvergleich ähnlicher produkte, aber keine Bevor- oder Benachteiligung von Basiswerten und / oder Strukturen. Der Anleger bzw. Berater wählt einen Basiswert, eine Struktur und eine Laufzeit. Das EDG-Rating erleichtert die Selektion des richtigen Zertifikats dafür. Kern des Ansatzes der EDG sei, dass jedes Produkt 1:1 �??nachgepreist“ wird. Der Aufwand dazu ist enorm.

Auf der Basis der Preise selbst lässt sich kein Rating ableiten. Das relativ am besten gepreiste Instrument lässt sich aus der Analyse der EDG ableiten. Das Kriterium �??Information“ erfasst die Qualität der bereitgestellten Daten. Ebenso werden Bonitätsaspekte erfasst und anhand von Credit Ratings und Credit Spreads ausgewertet.  Für jedes Produkt wird  der Value at Risk berechnet und in eine der 5 Risikoklassen des Deutschen Derivate Verbands eingeordnet. Der Value at Risk hat sich als Standard im Bank-, Fonds- und Versicherungsbereich etabliert. �??Es gibt keine bessere Alternative“, kommentiert Johanning die Vorgehensweise seiner Agentur. Über die Entwicklung und Gewichtung des Ratings entscheidet bei der EDG eine unabhängige Kommission. Nur eine unabhängige und dynamische Einschätzung der Produktqualität auf Basis objektiv messbarer Faktoren werde auf Dauer Akzeptanz beim Anleger erwarten lassen.

Florian M. Roebbeling, Leiter des IZA Instituts für ZertifikateAnalyse in München, knüpft an den Vortrag von Johanning an, denn das IZA beziehe auch Daten von der EDG. Der Anspruch und die Idee der IZA sei, eine absolute Bewertung vorzunehmen. Ein Großteil des Volumens der Zertifikate sei auf vergleichsweise wenige Produkte konzentriert. Daher brauche man sich nicht mit allen Produkten zu befassen, die teils gar nicht im Vertrieb seien.

Das Ergebnis der Analyse müsse ausgedruckt werden können, nicht nur Ergebnis eines komplizierten Bewertungsschemas sein, sondern so simpel, dass es auch von der Zielgruppe verstanden werden könne. Die Qualitätsprüfung der Struktur werde anhand von 13 Kriterien geprüft.

Dr. Tobias Schmidt von de Feri EuroRating Services AG stellt den neuen Ansatz seiner Ratingagentur zum Zertifikaterating vor. Ausgangspunkt der Überlegungen seien die Kundenbedürfnisse gewesen. Für Kunden stünde beispielsweise die Frage nach der Qualität des Emittenten ganz an der Spitze, und zwar schon vor der Kreditkrise. Der Fokus liege auf den mittel- bis langfristigen Investor mit einem ausgeglichenen Chance-Risiko-Profil. Die Feri konzentriere sich mit ihren Diensten auf diese Zielgruppe.

Produktqualität und Emittentenqualität sind die Determinanten der Zertifikatequalität, stellt Schmidt das System dar. Die Produktqualität wird durch Gegenüberstellung von Chance und Risiko analysiert. Die Emittentenqualität müsse anhand von Fairness, Erfahrung und Stabilität beurteilt werden. Bei der Beurteilung der Emittentenqualität handele es sich um eine absolute Beurteilung, während die Produktqualität relativ zu beurteilen sei. Gewinnpotenzial, Gewinnwahrscheinlichkeit, Verlustpotenzial und Verlustwahrscheinlichkeit sind mit verschiedenen Aspekten zur Produktqualität zu berücksichtigen. Für jedes Underlying werden 10.000 mögliche Kursverläufe simuliert.

�??Wir hatten als FWW Rating GmbH keine Note in Form von einem GüteSiegel und/oder Report veröffentlicht, die schlechter war als 2,5�?�, berichtet Roebbeling. �??Erstens weil es keinen Gütesiegel geben sollte, für etwas, das keine Güte hat, und zweitens weil der Aufwand zur Erstellung eines RatingReports erheblich ist, und wir den Mehrwert von 2 Seiten �??Du sollst das nicht kaufen�?? nicht erkannt haben. Niemand liest sowas“, ist sich Roebbeling sicher. Das sei eine �??herablassende Art mit der Zeit des Nutzers umzugehen, die wir uns nicht erlauben wollten bzw. konnten.“ Jetzt gebe es ein PrüfSiegel und kein �??GüteSiegel“ mehr, und außerdem werden ausnahmslos alle Detailkrieterien einzeln in der Bewertung angezeigt, entsprechend kann der Nutzer selber sehen, was für ihn wichtig ist.

Roebbeling richtet sich an die Frage, ob es künftig auch von der IZA nur gute Ratings geben werde. Roebbeling verspricht, alle Ratings unterschiedslos zu publizieren. Das Ergebnis jedes Ratingprozesses werde publiziert, auch wenn der Emittent dafür einen Auftrag gibt. Eine Reduktion der Analysetiefe sei durch die Verkürzung der Kriterienliste nicht gegeben. Die Subkriterien würden nach wie vor berücksichtigt.

Emittenten- und Marktrisiko zu trennen, mache Sinn, sagt Johanning. Der separate Ausweis könne durch die Einzelkriterien geschehen. Schmidt fügt dem hinzu, dass das Rating eine Verdichtung sein müsse. Wer immer mehr Kriterien mit Einzelbeurteilungen aufschlüssele, lasse schließlich den Anleger mit der Vielzahl der Kriterien alleine. Wichtig sei im Dienst der Ratingagentur, Informationen zu verdichten.

Tobias Kramer vom �??Zertifikateberater“ fordert Schoeller in der Frage der Unabhängigkeit der Agentur heraus. Bei Indices werde – wie bei S&P�??s – eine Gebühr genommen. Die Scope berate niemanden, der ein Produkt anbiete. Intermediäre, Vermittler und institutionelle Anleger würden auch mit Rat und Tat unterstützt, aber eben nicht die Produktlieferanten beraten, betont Schoeller. Kramer kommt auf die Informationsflut zu sprechen, die dem Betrachter auf der Plattform von Scope entgegenschlage. Die große Plattform, die einem geschlossenen Nutzerkreis vorbehalten sei, richte sich auf Profis, sagt Schoeller.

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Klinz setzt auf Selbstregulierung und Transparenz

Von Dr. Oliver Everling | 20.Oktober 2008

„Sie buhlen um die Gunst ein und desselben Retailinvestor“, sagt Dr. Wolf Klinz, MdEP auf dem „Deutsche Derivate Tag ’08“ in Frankfurt am Main mit Blick auf die verschiedenen Produktanbieter. Entsprechend würde von diesen Lobbyarbeit geleistet. Klinz wendet sich aber gegen die Vorstellung, dass nur staatliche Regulierung zielführend sein könne, sondern spricht vielmehr der Selbstregulierung das Wort, die sich an Transparenz, Anlegerinformation und klaren Rahmenbedingungen das Wort.

„Gehen Sie in einen konstruktiven Dialog“, ruft er den Teilnehmern des Fachkongresses zu. „Die Politik ist nicht drin in der Materie.“ Durch das Rating sei wertvolle Vorarbeit geleistet worden. Klinz lobt die Ansätze, die mit wissenschaftlicher Fundierung im Rating entwickelt wurden, um auch Zertifikate zu durchleuchten. „Viele von denen, die jetzt gebeutelt sind, haben die Produkte gekauft mit der Erwartung, dass ihnen nicht viel passieren könne“, sagt Klinz.

Fazit von Klinz: Die Entwicklung der Finanzkrise hat zu einer gewandelten Einstellung geführt. Er hoffe, dass man nun nicht über Bord gehe. „Wir müssen was tun, was Transparenz und Wissen angeht“, fordert Klinz. „Financial and economic literacy“ seien wichtige Schlagworte. Viele würden mangels Bildung mit falschen Vorstellungen in Finanzprodukte investieren. Hier fordert Klinz aufzuholen.

„Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich“, kritisiert Dr. Hartmut Knüppel, Geschäftsführender Vorstand des Deutschen Derviate Verbands e.V., den Ausspruch von Walter, dass man den Hunden nicht überlassen dürfe, den Wurstvorrat zu verwalten. Bei den Derivaten stünden eine ganze Reihe von Anbietern in einem scharfen Wettbewerb zueinander. Knüppel pflichtet Klinz darin bei, die Möglichkeiten der Selbstregulierung zu nutzen.

Das Expertenwissen müsse miteinander in Verbindung kommen. Die staatliche Regulierung dürfe nicht strikt genommen und die Selbstregulierung völlig ausgeschlossen werden. Produkttransparenz liege auch im eigenen Interesse der Branche. Nur wenn Anleger fair beraten würden, könne es gelingen, die Anleger, die wir haben, zu halten und neue zu gewinnen.

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Walter auf Expedition Deutschland

Von Dr. Oliver Everling | 20.Oktober 2008

Prof. Dr. Norbert Walter von der Deutschen Bank spricht sich klar für staatliche Regulierung im Finanzsektor aus. „Man könne es dem Hund nicht überlassen, die Wurstvorräte zu verwalten“, warnt Walter auf dem „Deutschen Derivate Tag ’08“ in Frankfurt am Main. Statt einseitig der Selbstregulierung das Wort zu reden, müsse auf die Vernetzung abgestellt werden. Es dürfe nicht hingenommen werden, dass die Regulierer auf Dorfschulen von Nationalstaaten ausgebildet und dann unvorbereitet mit den Problemen einer irreversiblen Globalisierung konfrontiert würden. „Die Herren Wirtschafsbosse müssen ihre Missachtung der Politik überwinden“, fordert Walter für die andere Seite.

Wissen und geistiges Eigentum tragen Früchte. „Wir werden nicht durch unsere Hände Arbeit Eigentum schaffen“, warnt Walter. Wissens- und Datenmärkte boomen, intellektuelle Eigentumsrechte sind Assets auf Basis einer innovationsfördernden Regulierung. Effiziente Wachstumsmärkte für Lernen in Projektwirtschaft, Lernen mit System – ein leben lang und „Brain Gain“ sind die Stichworte, mit denen Walter die Bildung intellektuellen Kapitals beleuchtet.

Die Deutschen werden wegen ihrer Kompetenz im Systemischen gewinnen, prophezeit Walter. SAP sei kein Zufall. „Auch bei der Energieeffizienz werden wir Pioniere sein.“ Deutschland werde 2009 den Titel als „Exportweltmeister“ an China weitergeben müssen. „Created in Germany“ bleibe aber oft die erste Wahl. Es gebe massive Auslandsinvestitionen in deutsche Innovatoren. Multinationale Projekte würüden in lokalen Cluster verankert. Deutschland sei ein politisch cleveres Mittelgewicht, ein entscheidender Gestalter Europas und ein Pfeiler für globale Regulierung, auch im Finanzsektor. Deutschland werde „Nettowissensexporteur“.

„Wenn Deutsche zur Revolution in den Bahnhof müssen, lösen sie vorher eine Bahnsteigkarte“, zitiert Walter Lenin. Warum in Richtung „Expedition Deutschland“? Globalisierung und Beschleunigung der Entwicklung sind die maßgeblichen Faktoren, die für den Weg Deutschlands keine Alternative lassen. „Wir werden unsere Atomkraftwerke weiter laufen lassen und Spitze sein bei Photovoltaik, Windrädern usw. Wir werden aber nicht so dumm sein, dort Windräder aufzustellen, wo kein Wind weht“, sagt Walter.

„Warum laden wir Disney nicht ein?“ Walter gibt ein Beispiel: Warum soll nur mit Pappmaschee Geld verdient werden, fragt Walter, warum nicht auch mit den Originalen, über die Deutschland verfüge? Walter fordert die Phantasie heraus, kommerzielle Konzepte zur Vermarktung von Kulturdenkmälern weiterzuentwickeln und das Feld nicht der Welt aus Pappmaschee in den USA zu überlassen.

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DDV mit Optimismus gegen die Krise

Von Dr. Oliver Everling | 20.Oktober 2008

„Die Zertifikatebranche wird aus der Krise gestärkt hervorgehen“, sagt Dr. Hartmut Knüppel, Geschäftsführender Vorstand des Deutschen Derviate Verbands e.V. auf dem „Deutschen Derivate Tag ’08“ in Frankfurt am Main. Während Journalisten nur noch Stifte in dunklen Farben kennen würden und gescheiterte Minister, Musiker oder Schauspieler in den Medien freimütig ihre Unkenntnis einräumen und dennoch Empfehlungen geben würden, frage sich, ob nur Meinungen gegen Meinungen gestellt werden sollten.

„Das Leitmotiv unserer Kommunikation lautet: Fakten gegen Meinungen“, sagt Knüppel. „Letztlich werden wir damit Gehör finden und Erfolg finden. Zertifikate sind und bleiben attraktive Anlageprodukte. Privatanleger erlauben Zertifikate, in nahezu alle Märkte zu investieren. Mit Zeritifkaten können Anleger ihr investiertes Kapital ganz oder teilweise schützen, gleich, ob die Kurse fallen oder steigen, zeigt Knüppel einige Charakteristika der Produkte auf.

Auf die Zeritifkatebranche können die Deutschen Stolz sein. Mit mehr als 100 Mrd. Euro ist der Zertifikatemarkt der einzige Markt, bei denen die deutsche Finanzbranche noch die Nase vorn haben. „Jeder Anleger soll nur das Produkt kaufen, das er versteht, das gilt natürlich auch für Zertifikate“, sagt Knüppel. Jeder Anleger sollte Produktinformationen gelesen und verstanden haben, fordert Knüppel.

„Zertifikate gehören in jedes Depot“, analysiert Knüppel. Bei den meisten Anlagezertifikaten hätten die Anleger das „Blutbad“ vermeiden können, das sich durch respektive Direktanlagen ergeben habe. Zertifikate haben zu guten Gewinnen für Anleger geführt. Die Gewinne hätten sich herumgesprochen, so dass Anleger immer mehr nach Zertifikaten gefragt hätten.

Eine funktionierende Selbstregulierung sei besser als eine staatliche Regulierung. Die Selbstregulierung funktioniere in der Zertifikatebranche. Derivatekodex, Zertifikaterating und Markstatistiken sind die Eckpunkte der Selbstregulierung. Förderung der Beraterschulung und Schulung von Anlegern zur Erhöhung ihres Zertifikatewissens kommen hinzu. Der Verband ist auf allen Ebenen aktiv, um das Vertrauen in Zertifikate zu stärken. „Wir sind überzeugt, dass Zertifikate weiterhin eine wichtige, vielleicht noch eine größere Rolle spielen als heute“, schließt Knüppel.

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Wo war die KPMG bei HRE?

Von Dr. Oliver Everling | 17.Oktober 2008

Investoren, die auf Worte in den Geschäftsberichten der Banken vertrauen, werden später oftmals eines besseren belehrt. So heißt in dem Vorwort zum 2007er Geschäftsbericht der Hypo Real Estate u.a.: „Vor allem im Bereich der Kommunikation legt die Hypo Real Estate auf Transparenz und Glaubwürdigkeit. Diese ist eine wesentliche Voraussetzung für eine offene und klare Kommunikation nach innen gegenüber Mitarbeitern und nach außen gegenüber dem Kunden, den Aktionären und den Marktteilnehmern“. Mit Blick auf die Geschäftsprinzipien der Bank heißt es weiter, dass das „Management bestrebt ist, transparente Strukturen, klar kommunizierte Unternehmensziele und durch deren Umsetzung einen echten Shareholder-Value für ihre Aktionäre zu genieren. Auch beim Risikomanagement setzte sich der Gewerbeimmobilienfinanzierer hohe Ziele. „Das ist unerlässlich, um langfristigen Erfolg und eine hohe Rentabilität zu erzielen“.

Mit Blick auf die Vorkommnisse in den letzten Monaten liest sich das wie ein „Märchen aus Tausend und einer Nacht“, formuliert Karl-Heinz Goedeckemeyer, Finanzanalyst und Spezialist für Beurteilungen von Banken und in der Immobilienwirtschaft. Nachdem nun offenbar alle Fakten auf dem Tisch liegen, stellt sich zweifelsfrei die Frage nach der Verantwortung, so Goedeckemeyer: Haben die Top-Manager der Hypo Real Estate (HRE) fahrlässig gehandelt, sind sie inkompetent oder opportunistisch? Haben die Investoren dem Management zulange vertraut in der Hoffnung, dass die Krise nicht allzu gravierende Folgen für die Bank haben werde? Hätte die Bankenaufsicht durch eine aktivere Rolle die Krise um die HRE entschärfen können? Oder haben wie so oft die Wirtschaftsprüfer versagt? So die Fragen von Goedeckemeyer und fügt hinzu: „Sicherlich fallen dem geschulten Beobachter sofort die Fälle um Enron und Worldcom wieder ein.“ Er verweist auch auf Irrtümer der Ratingagenturen.

Trotz der bereits im Jahr 2007 heraufziehenden Krise hat der Wirtschaftprüfer KPMG am 25. März dieses Jahres bei der Prüfung der HRE-Bilanz keine Unzulänglichkeiten festgestellt. Vielmehr heißt es in dem Statement: „Der Konzernlagebericht steht im Einklang mit dem Konzernabschluss und vermittelt insgesamt ein zutreffendes Bild von der Lage des Konzerns und stellt die Chancen und Risiken der zukünftigen Entwicklung der Gesellschaft zutreffend dar“. Infolge dessen hat die Prüfung auch zu keinen Einwänden des Prüfers geführt. „Offenbar ist den Prüfern bei der Durchsicht der HRE-Bilanz entgangen,“ so Goedeckemeyer, „dass zu diesem Zeitpunkt die Finanzkrise in den USA schon zu erheblichen Verwerfungen geführt hat.“

Schon im März 2008 haben die großen Notenbanken unter Führung der US-Federal Reserve (Fed) mit milliardenschweren Stützungsaktionen versucht, der angeschlagenen Finanzindustrie aus der Klemme zu helfen. Bereits zu diesem Zeitpunkt stellte die Fed den Banken Liquidität in Höhe von 200 Mrd. Dollar zur Verfügung.

Das war aber nicht die erste Rettungsaktion der Notenbanken. Im Dezember 2007 hatten die großen Notenbanken erstmals mit einer konzertierten Aktion den Markt gestützt. Hintergrund war die Krise am US-Immobilienmarkt, die damals bereits bei den Banken zu Abschreibungen im Volumen von mehr als 200 Mrd. Dollar geführt haben. Schon zu dieser Zeit hatten einzelne Experten davon gesprochen, dass die Krise tiefgreifende Folgen für die Weltwirtschaft haben werde. Zugleich hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) in einer ersten Analyse zu der Finanzkrise Anfang März darauf hingewiesen, dass mit einem Verlust von rund 800 Milliarden Dollar zu rechnen sei.

Am 19. März schrieb die „Financial Times Deutschland“ in einem Kommentar: „Die große Finanzkrise fängt jetzt langsam an: Was die gemeldeten Verluste oder die Zahl der Insolvenzen im Finanzsektor angeht, haben wir noch nicht einmal zehn Prozent der Krise gesehen – und was die Folgen für die Gesamtwirtschaft betrifft, noch nicht einmal fünf Prozent.“ Ergänzend erklärten die Redakteure, dass „mittlerweile kein Zweifel mehr daran bestehe, dass dem Staat die Aufgabe zufallen werde, den Dreck im Finanzsektor aufzukehren“.

Diese hinreichenden Warnungen sollen der KPMG, die zu jeder Zeit, wie zuletzt auf der Immobilienmesse „Expo Real“, mit Stolz auf ihr internationales Netzwerk verweist, entgangen sein? Oder, fragt Goedeckemeyer, wollte bzw. konnte der Prüfer aus fehlender Sachkenntnis (was u.a. die Bewertungen von Immobilien angeht), in seinem Statement diese Entwicklungen nicht antizipieren? Er hätte wissen müssen, dass die HRE auf dem amerikanischen Immobilienmarkt (Subprime) engagiert ist. Folglich hätte die KPMG auf die Risiken in dem Konzernabschluss verweisen müssen. Denn hätten auch Investoren die Risiken aus dem Engagement der Bank besser einschätzen können. „Stattdessen aber hat der Prüfer der Immobilienbank einen Persilschein ausgestellt. Zudem war die Finanzkrise nach dem Milliardenverlust bei der IKB sowie dem Beinahe-Konkurs der SachsenLB bereits im Herbst 2007 auf Deutschland übergesprungen“, stellt Goedeckemeyer fest. Infolge dessen kann der Prüfer auch keine Ausreden geltend machen, dass zu dieser Zeit noch keine deutsche Bank von der Hypothekenkrise in den USA getroffen wurde. Offenbar hat sich die KPMG im März so verhalten wie es der Anfang Oktober zurück getretene HRE-Chef Funke es tat. Dem zeichnete in den letzten Wochen vor allem eins aus: Schweigen. Mit Beginn der Krise war der ansonsten nicht mundfaule Funke untergetaucht.

Hinzu kommt, dass die Hypo Real Estate Holding in einer Ad-hoc-Mitteilung am 15. Januar 2008 erklärte, dass sie im Zusammenhang mit dem Erwerb und Integration der Depfa Bank im vierten Quartal 2007 eine Abschirmung des US-Portfolios an Collateralized Debt Obligations (CDOs) in Höhe von 390 Mio. Euro, davon 295 Mio. Euro ergebniswirksam, vorgenommen hat. Goedeckemeyer: „Aus heutiger Sicht reibt man sich die Augen, dass der damalige Vorstand mit Blick auf die Neubewertung des US CDO-Portfolios von einer konservativen Risikopolitik spricht.“

Ermutigend sei zumindest, so Goedeckemeyer, dass der Aufsichtsrat der HRE nach dem Rücktritt des Aufsichtsratvorsitzenden Kurt Viermetz die Kanzlei Milbank Tweed Hadley McCloy LLP damit beauftragt hat, das Vorliegen etwaiger Pflichtverletzungen der ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder Georg Funke und Bo Heide-Ottosen zu untersuchen. Unterdessen haben die Aktionärsschützer bei der Staatsanwaltschaft in München Strafanzeige gegen Verantwortliche bei der Hypo Real Estate gestellt. Der Aktionärsverband DSW wirft den Managern Betrug, Fehlinformationen und Manipulation des Markts vor. Das Unbehagen der Investoren dürfte noch erhärtet werden, wenn sie vernehmen, dass nach Darstellung der DSW die Hypo Real Estate der Finanzaufsicht Bafin am 26. September von ihrer Finanzierungsnot berichtet haben soll. Nur einen Tag zuvor habe die Bank auf einer Investorenkonferenz noch von einer „stabiler Lage“ und Liquiditätspuffern in Höhe von 33 Mrd. Euro gesprochen.

„Infolge dessen ist kaum zu erklären, dass die Ad-hoc-Mitteilung über die Schieflage und die Notwendigkeit einer Staatsintervention erst am 29. September an die Öffentlichkeit gelangt ist“, urteilt Goedeckemeyer. Der Kursrutsch der HRE-Aktie vor Bekanntgabe der Notwendigkeit eines Rettungspakets lasse jedoch vermuten, dass Insider am 26. September verkauft haben, so der DSW. Nun wartet die Öffentlichkeit mit Spannung auf ein Zwischenbericht des Prüfers. Unklar ist jedoch ob der Bericht von der KPMG oder einer anderen Prüfungsgesellschaft erstellt wird.

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Verhaltenssteuerung durch Managerhaftung?

Von Dr. Oliver Everling | 15.Oktober 2008

Selbst die FTD-online titelt am 5. Oktober 2008 „Hartz IV für bölde Banker!“, zitiert Prof. Dr. Axel Halfmeier von der Frankfurt School for Finance and Management in seiner Antrittsvorlesung. Er erläutert die Managerhaftung im deutschen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht – ein Thema, das in der Finanzkrise zu ungeahnter Popularität gelangt. Das unverantwortliche Handeln von Managern stehe im Mittelpunkt. Wenn unüberschaubare oder nicht verstandene Risiken eingegangen werden, hält Halfmeier ein unverantwortbares Risiko im Sinne der Rechtsprechung für möglich.

Eine Auszahlung an ein insolvenzgefährdetes Unternehmen ohne Sicherheiten sei ein weiteres Beispiel. Halfmeier ist sich sicher, dass die Rechtsprechung in der nahen Zukunft noch weitere Beispiele liefern werde. Beamte haften allerdings erst an der Schwelle der groben Fahrlässigkeit. Der Aufsichtsrat vertritt die Gesellschaftsinteressen und ist dazu auch verpflichtet, sie gegenüber dem Vorstand durchzusetzen. Die faktische Verbundenheit von Vorstand und Aufsichtsrat will Halfmeier nicht kommentieren. Für den Aufsichtsrat gebe es keine besonderen Anreize, tätig zu werden, es sei denn, dass er selber hafte.

Der Gesetzgeber habe in §§ 147 f. Regeln vorgesehen, eine Anspruchsdurchsetzung gegenüber dem Vorstand zu erzwingen. Bisher sei dies aber kaum relevant geworden. Anders als im amerikanischen Recht kann dies ein einzelner Aktionär nicht. In Deutschland gebe es zurzeit – im Gegenteil – eine Diskussion über den Abbau von Aktionärsrechten.

Der deutsche Corporate Governance-Kodex sehe eine angemessene Selbstbeteiligung bei D&O-Versicherungen, um das moralische Risiko zu vermindern. Halfmeier spricht sich dafür aus, über das „soft law“ einer Selbstverpflichtung hinauszugehen. Bei vorsätzlicher, sittenwidriger Schädigung kann auch ein direkter Anspruch von Anlegern relevant werden, wie etwa bei Comroad, wo fiktive Umsätze dargestellt wurden. Der BGH habe aber die Durchsetzung von Ansprüchen insofern erschwert, als er strenge Anforderungen an den Nachweis formuliert habe. Für Kleinanleger sei es eher unrealistisch, das diese von ihnen stets erfüllt werden könnten.

Halfmeier stellt vor dem Hintergrund seiner Analyse der Stellung und Beziehungen des Aktionärs zu seiner Gesellschaft zur Diskussion, dass ökonomisch auch ein direkter Anspruch der Aktionäre argumentierbar wäre. Eine gewisse persönliche Haftung des Vorstands könne als internationaler Standard betrachtet werden.

Halfmeier geht auf das Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz 2004 ein. Er warnt vor rein statistischer Rechtsvergleichung und gibt dazu ein Beispiel, nachdem Zimbabwe vor Deutschland liege. Die aktuellen Ereignisse zeigen, dass die Probleme aus den USA kamen. Obwohl es dort eine strengere Privatrechtsordnung gebe, habe es keine messbaren Auswirkungen auf das Entscheidungsverhalten gegeben. Es habe sich nicht gezeigt, dass Manager aufgrund der Haftung „zu schüchtern“ oder zu risikoavers gewesen seien.

Die Präventionswirkung persönlicher Haftung (Abschreckung) sei fragwürdig. Halfmeier spricht von einer „bounded rationality“ der entscheidenden Personen. Weitere Stichworte sind „over-confidence, kurzfristige Orientierung und „fashion bias“. Es sei aber eine positive Generalpräävention möglich („einübung von Rechtstreue“ und Stabilisierung von Normerwartungen durch Haftung der Verantwortlichen). Die Kritik daran, auf „private law enforcement“ zu setzen, sei ein „gesellschaftliches Pacebo“. Die gesellschaftliche Regulierung der Ökonomie sei nach dieser Auffassung vorzugswürdig. Ein Gegenwicht und Bedingungen der Deregulierung sei aber schwer vorstellbar.

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Über die Währungsunion zur Politikunion

Von Dr. Oliver Everling | 15.Oktober 2008

Gelangt Europa über die Währungsunion zur politischen Union? Diese Frage bewegt die Diskussion um die Europäische Währungsunion praktisch von Anbeginn. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Otmar Issing sprach als Präsident des Center for Financial Studies bei den CFS President Lecture zu diesem Thema in Frankfurt am Main. „Die Veranstaltung fällt in eine Zeit, in der einige absagen mussten, um anderswo die Welt zu retten“, sagte Issing und freute sich über das dennoch gefüllte Auditorium der Commerzbank.

„Wenn sich der Staub einmal gelegt haben wird, wird sich herausstellen, dass das die Grundfragen sind“, bezieht sich Issing auf das Thema der Veranstaltung. Issing erinnert an die Ursprünge Europas in der griechischen Mythologie und an die mittelalterlichen Interpretationen der Schichtungen. Der eiserne Vorhang habe die geistigen Eliten auch im Osten Europas nicht daran gehindert, an das Gedankengut Europas weiterhin anzuknüpfen. „Die Offenheit für neue Länder mindert den Anspruch Europas nicht“, sagt Issing. Die Mitglieder würden darüber bestimmen, was zu Europa zähle und zählen werde.

Noch Winston Churchill habe sich mehr dem Common Wealth als Europas verpflichtet gefühlt, unterstreicht Issing mit einem Zitat. Dies werde noch heute durch die angelsächsische Orientierung Großbritanniens deutlich. Die gemeinsame Kontrolle der Produktion von Kohle und Stahl sollte nach dem Zweiten Weltkrieg jeden Krieg zwischen Deutschland und Frankreich unmöglich machen. Mit der Montanunion wurde der Schumann-Plan Realität. Um auch die weitergehenden Absichten zu befördern, schien der Weg der Wirtschaftsunion vorgezeichnet.

Europa sei nicht an einem Tag erbaut, sondern Schritt für Schritt und an konkreten Projekten entstanden. Die EWG startete 1958 und 1973 erweitert. Insbesondere die Verhandlungen mit Großbritannien spiegelten die politischen Interessen hinter den wirtschaftlichen Erwägungen. Die EWG bezeichnet Issing als das erfolgreichste Integrationsprojekt in der Geschichte der Menschheit. Für ihn stechen folgende Elemente hervor: Zusammenwachsen der Wirtschaft, statt sektoraler Integration (Beispiel Montanunion) Integration der Gesamtheit der Volkswirtschaften, nicht der Weg der supranationalen Behörde, sondern Ziel eines einheitlichen Binnenmarktes. Die Wirtschaftsbeziehungen sollten sich nicht von den Vorgängen in einem Nationalstaat unterscheiden.

Hemmnisse im Wirtschaftsverkehr zu beseitigen, Freizügigkeit von Personen, Waren und Kapitalverkehr wurden unabdingbare Erfordernisse eines einheitlichen Marktes gesehen. Alle Versuche, diese Absicht auf dem direkten Weg zu erreichen, blieben stecken – nur über die Wirtschaft wurden die maßgeblichen Fortschritte erreicht. Eine gemeinsame Währung leistet einen wichtigen Beitrag zur Identifikation der Bürger mit Europa.

Die Abschaffung nationaler Währungen überschritt den Rubikon rein wirtschaftlicher Integration, zeigt Issing auf. Die Einführung des einheitlichen Geldes kam einer Krönungszeremonie gleich. Der letzte Schritt dieser politischen Entscheidung erzwingt entsprechende Institutionen. Issing sieht in den Vereinbarungen von Maastricht den Konsens über Teilnahmebedingungen. Die monetaristische Sicht habe sich aber durch Terminvereinbarungen durchgesetzt. Die Währungsunion sei immer auch als Schrittmacher der politischen Union gesehen worden.

Die instrumentale Rolle des gemeinsamen Geldes sei auch in Bezug auf die Außenpolitik gesehen worden, da so Ausgleichszahlungen fällig würden. Für Ökonomen erschließe sich aber nicht, wie eine gemeinsame Währung eine gemeinsame Außenpolitik garantieren solle. Issing warnt davor, die Einheit der Währung mit einer politischen Mission zu überfrachten. Vom katholischen Ministerpräsidenten Portugals wurde 1995 der Euro in seiner Rolle für Europa mit Petrus verglichen, auf den Jesus seine Kirche baute . Die britische Ministerpräsidentin Margaret Thatcher habe dagegen dem Euro ein Scheitern vorausgesagt.

Vollendung des Binnenmarktes einerseits, Veränderung der institutionellen Ordnung andererseits seien die beiden Eckpfeiler. Die ökonomische Logik der Währungsunion verlange nicht die Aufgabe der Steuerhoheit. Die Regierungen seien ihren Parlamenten und diese ihren Wählern verantwortlich. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt hätten die nationalen Regierungen seine Regeln anerkannt. Fraglich sei aber, unter welchen Bedingungen man sich tatsächlich zu Sanktionen durchringe. Die Währungsunion rufe Spannungen unter dem Dach eines unvollendeten europäischen Hauses aus.

Issing geht auf die Forderung nach einer europäischen Wirtschaftspolitik ein. Der EU-Rat sei mit genau den Kompetenzen ausgestattet, um Stabilität und Wachstum zu sichern. Es gehe bei der Forderung nach einer europäischen Wirtschaftspolitik eher darum, ein Gegengewicht zur Europäischen Zentralbank zu schaffen. „Die Finanzmarktkrise offenbaren einmal mehr das Bild des unvollendeten europäischen Hauses“, sagt Issing. Das Vorpreschen einzelner Länder sei aus nationaler Sicht verständlich, habe aber erhebliche „beggar my neighbor“-Implikationen. Wettbewerbsverzerrungen seien die Folge. Gleiche Wettbewerbschancen seien aber die Grundlage des Binnenmarktes.

Issing warnt vor einer Sozialunion, die Wachstum und Beschäftigung durch Rigiditäten auf den Arbeitsmärkten beschädigen würde. Ein Zusammenhang zur Währungsunion ergebe sich erst dann, wenn es um ambitionierte Finanzierungen gehen. Zu Zeiten des Kalten Krieges habe die äußere Bedrohung den inneren Zusammenhang gestärkt. Nach 1945 dominierte das Interesse, Europa eine Wiederholung des Schreckens zu ersparen. Heute stehe die Währungsunion zwischen der Europäischen Union und einer noch weitergehenden Integration.

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Feuerprobe der Zertifikateanbieter

Von Dr. Oliver Everling | 14.Oktober 2008

Das Emittentenausfallrisiko wird zu einem entscheidenden Gütekriterium für Anleger, die in Zertifikate investieren. Die Ratingagentur Scope Analysis rät zur Vorsicht bei Credit Default Swaps von über 400 Basispunkten. Im Zuge der Finanzkrise stellt Scope Analysis eine ausgeprägte Qualitätsselektion beim Ausfallrisiko der Zertifikateemittenten fest. Ein wichtiger tagesaktueller Maßstab hierfür sind die sogenannten Credit Default Swaps (CDS) – auch Credit Spreads genannt -, die Risikoaufschläge gegenüber Staatsanleihen bei der Kreditvergabe unter Banken. Je höher die Spreads, desto schlechter schätzen andere Kreditinstitute die Zahlungsfähigkeit der betreffenden Bank ein und verlangen entsprechend hohe Aufschläge.

Scope Analysis rät Anlegern zur Zurückhaltung bei Zertifikateemittenten mit Credit Default Swaps über 400 Basispunkten. Der Durchschnitt liegt derzeit bei 185 Basispunkten; allerdings ist eine extrem breite Spanne von 47 bis zu 1360 Basispunkten zu beobachten. Die höchsten CDS-Werte trifft man derzeit bei den drei amerikanischen Banken Goldman Sachs, Merrill Lynch und Morgan Stanley an. „Die aktuelle Übereinkunft zwischen Morgan Stanley und der japanischen Großbank Mitsubishi UFJ Holdings könnte aber einen Wendepunkt in der Finanzkrise markieren. Im Zuge einer Stabilisierung sollten sich dann auch extrem hohe CDS-Levels langsam wieder zurückbilden“, erwartet Sasa Perovic, Leiter der Zertifikateanalyse von Scope Analysis.

Scope Analysis stellt auf der eigenen Zertifikateplattform (www.scopezertifikate.de) neben den Bonitätsbewertungen der Ratingagenturen auch den wichtigen Risikoindikator der Credit Default Swaps des betreffenden Emittenten tagesaktuell zur Verfügung. Das Emittentenausfallrisiko wird auch künftig die entscheidende Schwäche des Investmentvehikels „Zertifikat“ bleiben, so Scope Analysis. Die Entscheidung, ein Zertifikat auf Grund der herrschenden Unsicherheit vorzeitig abzustoßen, sollte aber nicht pauschal, sondern im Einzelfall auf Basis der Bonität des Emittenten getroffen werden, rät Scope Analysis. Die Ratingagentur geht davon aus, dass zusätzliche Sicherungssysteme zur Begrenzung des Emittentenausfallrisikos sowie die Information der Anleger hierüber künftig eine größere Rolle spielen werden. „Hier besteht klarer Handlungsbedarf“, sagt Sasa Perovic. „Die Emittenten sollten künftig verstärkt an Modellen arbeiten, die das Ausfallrisiko systematisch und nachhaltig reduzieren.“

Beispielsweise hat die DWS GO bereits einen neuen Sicherungsmechanismus geschaffen, der ab sofort bei den neu emittierten Zertifikaten greift. Dieser Sicherungsmechanismus der DWS GO SAFE-Produktpalette beruht auf Compartments, über die das Emittentenrisiko neutralisiert wird. Dabei wird das Auszahlungsprofil eines Zertifikats über Swaps durch einen Kontrahenten dargestellt. Im neuen Sicherungsmechanismus ist dieser verpflichtet, laufend hochwertige Sicherheiten in Höhe des aktuellen Zertifikatevolumens zu hinterlegen. Die DWS GO besitzt ein Pfandrecht auf diese Sicherheiten. Dies bedeutet, dass diese im Konkursfall des Kontrahenten nicht in die Konkursmasse einfließen, und das Vermögen des Anlegers somit geschützt ist. Aufgrund dieses Schrittes, mit dem das Sicherungskonstrukt von Investmentfonds nachgezeichnet wird, hat Scope Analysis die Bonität von DWS GO SAFE mit der Note AAA bewertet.

Nach Einschätzung von Scope Analysis werden die Anbieter von Zertifikaten zukünftig umdenken müssen. „Viele Emittenten haben sich vorrangig als Händler mit großem Marketingbudget und weniger als verantwortungsbewusste Anbieter von Kapitalanlagen verstanden, bei denen Produktqualität und Transparenz im Vordergrund steht“, resümiert Sasa Perovic. Ohne Paradigmenwechsel und ohne eine sichtbare Veränderung der Branche dürften zahlreiche Anleger – so Scope Analysis – diesen Investmentvehikeln nachhaltig den Rücken kehren. In diesem Fall könnten die Produkte trotz ihrer unbestreitbaren Vorteile einen scharfen Rückschnitt in ihrer Bedeutung als Anlageklasse erfahren.

Themen: Zertifikaterating | Kommentare deaktiviert für Feuerprobe der Zertifikateanbieter

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