Blick hinter Subprime
Von Dr. Oliver Everling | 10.Juni 2008
Hinter Subprime schauen – das bestimmt den europäischen Ausblick für Banken, den Alison J. Le Bras auf der Globalen Bankenkonferenz in Frankfurt am Main gab. Le Bras ist Managing Director in Fitch Ratings‘ Gruppe für Finanzinstitutionen und verantwortlich für allgemeine Forschungsprojekte zur europäischen Bankwirtschaft. Le Bras gehört zu den erfahrensten Analystinnen Europas für Bankenratings, da sie für die Ratingagentur bereits seit 1981, nach ihrem Traineeprogramm bei Barclays Bank PLC, tätig ist. Bei Fitch Ratings gibt es keinen anderen Analysten, der bereits so lange Banken aus der Perspektive der Ratingagentur untersucht.
„Sind wir am Ende des Anfangs oder am Anfang des Endes?“ Le Bras hinterfragt plakativ die Liquiditätssituation bei den Banken. Sie sieht drei Phasen der im letzten Sommer ausgelösten Panik: Erstens eine banksystemische Krise, zweitens eine Vertrauens- bzw. Gegenparteikrise und drittens die Phase der Liquiditätshortung. Le Bras vermag für die europäischen Banken noch keine generelle Entwarnung zu geben, sondern vermutet, dass möglicherweise die schärfsten Auswirkungen der Krise, die aus den USA die europäischen Banken traf, noch nicht vollständig verarbeitet wurden.
Le Bras unterstreicht, dass keine der wichtigen europäischen Bankengruppen von Liquiditätslinien der Europäischen Zentralbank abhängig sei. Auch sei die Gefahr minimal, dass aus den USA heraus die europäischen Märkte für Wohnimmobilienfinanzierungen angesteckt werden könnten. Die Marktdynamik in Europa sei nicht zu vergleichen, zumal diese vor dem Hintergrund eines hohen Niveaus der Regulierung zu beurteilen sei. Die verschiedenen nationalen Märkte zeigten unterschiedliche Reaktionen. In Kontinentaleuropa seien Hypothekenfinanzierungen außerdem für die Banken Anker für ihre Cross-Selling-Aktivitäten. Nachrangige Hypothekenfinanzierungen würden in Europa nur eine geringe Rolle spielen, nur in Großbritannien gebe es [Ä]hnlichkeiten mit US-amerikanischen Verhältnissen.
Le Bras weist aber auf die Signale hin, die der Crunch-O-Meter zeigte, nämlich das Differential aus Euribor und Libor zu ECB Minimum Bid Rate und BOE Bank Base Rate. Der Spread zeige, dass die Märkte sich noch in Anspannungen befinden würden. Eine Reihe von Banken machten davon Gebrauch, aus unterschiedlichen Gründen ihre Eigenkapitalbasis deutlich zu verstärken. Société Générale, UBS; RBS, HBOS, B&B und Credit Agricole sind Beispiele dafür, allesamt im im Kategorienbereich von A oder AA geratet.
Mit einer Landkarte schafft Le Bras einen Überblick über die gefährdeten Bankensysteme in Europa: Dazu gehören in Rot Island, Irland, Großbritannien und Deutschland. Ein gelbes Signal gibt sie für Frankfreich, Spanien und Italien, während für die restlichen Bankensysteme Westeuropas die Ampeln auf „Grün“ stünden. Im internationalen Vergleich seien die deutschen Banken klar am stärksten von Verlusten aus Investitionen in exotischen Wertpapieren betroffen, IKB, WestLB, SachsenLB, Düsseldorfer Hypothekenbank seien einige bekannte Beispiele.
Im Wholesale-Bankensektor hätten sich deutsche Banken in ihrem Bemühen um mehr Rendite in hochriskanten Geschäften engagiert, um ihre Erträge zu steigern. Die Widerstandskraft des deutschen Bankensystems beruht nach Ansicht von Le Bras insbesondere auf der starken Stellung Sparkassen und Genossenschaftsbanken im Retailgeschäft. Es bleibe aber abzuwarten, inwieweit die jüngsten Marktturbulenzen auch für eine Konsolidierung des Bankensystems genutzt würden, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen.
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Klimacheck für Fonds und Indizes
Von Dr. Oliver Everling | 10.Juni 2008
Die Diskussion um die Folgen des Klimawandels vor Augen, stellen sich immer mehr Fondsmanager und Investoren die Frage, wie es um die Klimarisiken ihres Portfolios steht. Mit dem „Climate Risk Portfolio Check“ hat oekom research (www.oekom-research.com) ein Instrument entwickelt, um Art und Ausmaß der Klimarisiken in Anlageprodukten transparent zu machen. Der Risiko-Check richtet sich an Anleger, die die Risiken ihres Portfolios im Hinblick auf den Klimawandel analysieren und aktiv managen wollen.
Das Herz des neuen Portfolio Checks ist ein von oekom research entwickelter Klimarisiko-Index, der den potenziellen Einfluss von sechs klimabedingten Risiken auf verschiedene Branchen abbildet. Dazu zählen physische Risiken wie etwa Sturmschäden oder Trockenheiten sowie regulatorische Risiken wie eine mögliche Grenzwertverschärfung für Treibhausgas-Emissionen. Ferner fließen Marktrisiken wie die veränderte Nachfrage durch die Verbraucher in die Analyse ein. Hinzu kommen Marktpreisrisiken, die etwa durch die Verteuerung von Energie bestimmt werden, Rechtsrisiken, die durch Klagen zu klimarelevanten Sachverhalten entstehen und schließlich Reputationsrisiken aufgrund mangelnder oder kontroverser Aktivitäten der Unternehmen in Fragen des Klimaschutzes.
Vor allem energieintensive Branchen wie Energieversorger, die Öl- und Gasbranche sowie die Automobilindustrie werden von den Folgen des Klimawandels betroffen sein. oekom research stellt die Risikoexposition anhand eines Indexes mit Skalenwerten von 1 (geringe Risikoexposition) bis 5 (sehr hohe Risikoexposition) dar. Die Versorgerbranche erreicht einen Risiko-Index von 4,42, die Automobilbranche kommt auf einen Index-Wert von 4,25. Aber auch der Immobilienbranche (3,33) und dem Tourismus (3,17) wird ein vergleichsweise hohes Risikopotenzial zugeordnet. Gering betroffen sind dagegen die Medien- (1,50) und die Softwarebranche (1,75).
Anhand dieser Branchenbewertung lassen sich Index-Werte für ganze Portfolios berechnen. Oekom research hat dies beispielhaft für einige europäischer Aktienindizes durchgeführt. Das Ergebnis: Selbst breit diversifizierte Portfolios sind unterschiedlich stark von den Risiken des Klimawandels betroffen (s. Abbildung im Anhang). So erreicht der Swiss Market Index (SMI) einen vergleichsweise niedrigen Risiko-Index von 2,32, was auf den hohen Anteil von Finanztiteln zurückzuführen ist. Der österreichische ATX kommt auf einen Risiko-Index von 2,71, der französische CAC40 auf 2,82 und der spanische IBEX auf 2,88. Mit einem Risiko-Index von 2,79 reiht sich der DAX 30 im oberen Mittelfeld ein. Der TecDax erreicht einen Wert von 2,4.
Für das aktive Management von Portfolios rät Rolf D. Häßler, Director Business Development bei oekom research: „In Branchen mit hohem Klimarisiko ist es von besonderer Bedeutung, diejenigen Unternehmen auszuwählen, die sich aktiv mit den Risiken des Klimawandels auseinandersetzen und entsprechende Managementstrukturen und Maßnahmen implementiert haben.“
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AA+ für Life Settlements Portfolio
Von Dr. Oliver Everling | 9.Juni 2008
TELOS hat den Fonds Life Settlements Portfolio geratet. Der Fonds erfüllt sehr hohe Qualitätsstandards und erhält die Bewertung „AA+“ auf einer Skala von A bis AAA (höchste Qualitätsstandards). Das Fondsrating von TELOS beurteilt auf qualitative Weise die Stringenz des Investmentprozesses, die Person des Fondsmanagers und sein Team sowie das Qualitätsmanagement innerhalb des Prozesses vor dem Hintergrund der Einhaltung ethischer Grundsätze wie Fondsklarheit und -wahrheit. Die Performanceergebnisse des Fonds dienen zur Beurteilung der Konsistenz des Investmentprozesses.
Das von Liechtenstein aus gemanagte Life Settlements Portfolio richtet sich an langfristig orientierte Anleger und investiert in den Zweitmarkt für US-Lebensversicherungspolicen. Das Portfolio besteht aus vier Anteilsklassen, von denen sich jeweils eine in Euro und USD an Retail- sowie institutionelle Kunden richtet, heißt es bei TELOS. Die Euro-Anteilsklassen unterliegen dabei Wechselkursschwankungen, die jedoch immer abgesichert werden. In den gut strukturierten Investmentprozess sind aufgrund der Komplexität auch verschiedene externe Einheiten involviert.
Das Ziel der Fondsmanager von International Life Settlements Prosperity (ILSP) besteht nach Recherchen der Ratingagentur darin, dem Anleger im Gegensatz zu stark risikobehafteten Einzelinvestments durch ein breit diversifiziertes Portfolio eine Investitionsmöglichkeit auf diesem als attraktiv eingeschätzten Markt zu bieten. Investiert wird ausschließlich in reine Ablebensversicherungen, bei denen die Auszahlung erst nach dem Tod des Versicherungsnehmers erfolgt. Sofern ein Versicherungsnehmer seine Police vorab verkaufen möchte, um die Auszahlung zu Lebzeiten vereinnahmen zu können, erfolgt dies in aller Regel über den Sekundärmarkt. ILSP beabsichtigt, durch gezielte Investitionen in verschiedene Einzelverträge Anlegern mit einem Horizont von mindestens 8 bis 10 Jahren einen zweistelligen Return auf diesem Markt zu bieten.
Beim Eintritt des Todesfalls des ursprünglichen Versicherungsnehmers wird die Todesfallsumme im Life Settlements Portfolio vereinnahmt. Im Gegenzug wird bis zu diesem Zeitpunkt die Prämienzahlung durch ILSP vorgenommen. Ein relevanter Risikofaktor besteht somit in der Langlebigkeit des Versicherungsnehmers. Wesentlich für den Erfolg des Portfolios sind vor diesem Hintergrund eine möglichst gute Optimierung des Zahlungsstroms, der realistische Annahmen zugrunde liegen – insbesondere hinsichtlich der erwarteten Restlebensdauer. Diese wird auf Basis mindestens zweier unabhängiger medizinischer Gutachten geschätzt. Sofern die Einschätzungen weit auseinander liegen, wird grundsätzlich die konservativere herangezogen, ansonsten der Mittelwert.
Investmententscheidungen werden vor dem Hintergrund einer buyand- hold-Strategie getroffen, berichtet TELOS. Die Bewertung der Versicherungspolicen wird seit kurzem von ILSP selbst vorgenommen. Zuvor war ein externer Investment Advisor für diese Aufgabe zuständig.
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Unbeirrter Konsum der Amerikaner
Von Dr. Oliver Everling | 9.Juni 2008
„Wenn die amerikanischen Haushalte jetzt nicht sparen, werden sie wahrscheinlich nie mehr sparen“, sagt Brian Coulton, Manging Director Sovereign von Fitch Ratings Ltd. aus London. Coulton sprach auf der Global Banking Conference von Fitch Ratings in Frankfurt am Main zum „Global Economic Outlook“. Die durchschnittlichen Preise für Wohnimmobilien in den USA sind inzwischen unter das Niveau von 2005 gefallen.
Nimmt man die Beschäftigung des privaten Sektors als Maßstab, so lässt sich klar erkennen, dass die USA sich in eine Rezession bewegen wie zuletzt 2001. Der Beschäftigungsrückgang habe aber noch nicht das Ausmaß früherer Konjunkturabschwächungen erreicht. Die Frage sei daher, wie sich die Haushalte verhalten würden und damit Produktion und Beschäftigung beeinflussen. Während sich von den 1950er bis in die 1980er Jahre die Sparquote der US-Amerikaner stets zwischen 8 % und 12 % bewegte, sank sie seit Mitte der 1980er Jahre und erreicht heute 0 %.
„Die Amerikaner geben ihr gesamtes Einkommen für Konsum aus“, fasst Coulton zusammen. Fraglich erscheine nun, ob sich daran etwas ändere durch die Krise. Wenn die Sparquote jetzt ansteige, könne dies die Nachfrage negativ beeinflussen und damit die Rezession weiter verschärfen. Tatsächlich sieht Coulton dafür in den Statistiken noch keine Anzeichen. Selbst jetzt in der Kreditkrise würden die Amerikaner nicht zum Sparen übergehen, sondern weiter konsumieren. Im Chart der Sparquote bewegt sich die Kurve seitwärts bei Null Prozent. Nach einem Jahr Subprime-Krise und Immobilienpreisverfall schränken Amerikaner ihren Verbrauch immer noch nicht ein. Daher geht Coulton davon aus, dass die Amerikaner nicht kurzfristig zur Ersparnisbildung vergangener Jahrzehnte zurückkehren, sondern weiterhin konsumieren werden.
Sharon Haas, Managing Director in Fitch Ratings‘ Gruppe für Finanzinstitutionen, und Gruppenführerin verantwortlich für die Abdeckung nordamerikanischer Banken sowie Mitglied des Komitees der Ratingagentur für Hybridkapital, pflichtet ihrem Kollegen bei. „Ja, wenn Amerikaner jetzt nicht die Lektionen lernen, werden sie diese voraussichtlich nie lernen.“ In den meisten Fällen sei keine Entschuldung, sondern nur eine Umschuldung durch private Haushalten vorgenommen worden, indem teure Kredite aus Kreditkarten durch billigere Hypothekenkredite ersetzt worden seien. Eine Verminderung der Hypothekenverschuldung sei so nicht erreicht worden.
„Was für ein Kreditcrunch?“, fragt Coulton. Darlehen zu Konsumenten im Eurowährungsgebiet steigen weiter an, zeigt Coulton. Zugleich gehe aber das Konsumentenvertrauen in Deutschland zurück. Die Wirtschaftserholung in Deutschland sei vom Angebot getrieben, nicht durch den Konsum. Deutschland profitiert vor allem von dem Wachstum in den Schwellenländern.
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Ratings and the Efficient Market Hypothesis
Von Dr. Oliver Everling | 7.Juni 2008
The „efficient market hypothesis“ is a still-controversial economic theory with implications for rated debt issuers, writes Rod Rumreich, Senior Advisor, Global Investment Advisors, Inc., Carlsbad, California, USA (www.gia-inc.com), in the GIA Bulletin. „The hypothesis says that the market price of a security fully and accurately reflects all available information. Changes in the price of a security are the result of new information in the market. Let’s see if we can relate this theory of market pricing to credit ratings.“
Ratings indicate relative risk of default. That risk is less than 3% over the first five years of the life of a corporate bond initially rated BBB minus. The risk increases at lower ratings. The prices of bonds reflect a variety of factors, states Rumreich, including supply and demand, maturity, coupon, tax status, and liquidity, in addition to non-payment risk. Over time, prices of regularly traded issues will reflect all available information. Ratings, on the other hand, primarily reflect the agency’s perception of relative risk of non-payment and not other factors with which the market is concerned.
When the price of a regularly traded bond is „out of sync“ with its rating, it can be assumed that either the market knows more than the agencies, or the agencies know something the market doesn’t. Some market segments are currently being hit by sub-prime and related mortgage problems, including accelerating default experience in securities backed by mortgages. In these cases, the disconnect between ratings and prices seems to reflect a difference between the agencies‘ expectations for performance of the securities in question and the market’s assessment of the reality of that performance. Agencies generally take note of the difference, but don’t feel the need to „follow“ the market absent new facts.
One reason the rating agencies can have a different rating than the pricing in the marketplace stems from the manner in which ratings are derived, says Rumreich. Rating agencies (1) rely on historical date, and (2) cannot predict with certainty what the future will hold. Nevertheless, the rating agencies are focused on future risk. The analyst is responsible for assessing risk based on historical information and can therefore tell a rating committee what has happened and why. He or she will then extrapolate and derive a set of expectations on a fact-supported basis. This involves estimates and opinions, and is therefore speculative and less easily defended should the projections not be realized. The rating team may then be exposed to criticism from both internal and external sources.
Therefore, argues Rumreich, agencies tend toward conservatism. In addition, the agencies are attempting to inform fixed income investors as to the likelihood of timely payment on their investments. Since fixed income investors are entitled only to what has been promised, upside potential is irrelevant. It’s only the downside risk that matters. The equity market can freely speculate about the „what ifs.“ If things go well, equity holders may reap a profit, but debt holders get no bonus. This fuels the agencies‘ beliefs that they should be especially vigilant in „protecting“ debt investors.
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Kartell der Ratingagenturen perfekt
Von Dr. Oliver Everling | 6.Juni 2008
In der fast hundertjährigen Geschichte der Ratingagenturen haben die drei Marktführer, die bereits heute zusammen mehr als 80 % des gesamten Ratingmarktes und in etwa gleichem Verhältnis die globalen Kapitalströme kontrollieren, am Donnerstag, den 5. Juni 2008 ein für die Ratingbranche historisches Preis- und Konditionenkartell erreichen können. Die Ratingagenturen Fitch Ratings, Moody’s und Standard & Poor’s (S&P’s), ohne deren Ratings weltweit Verbriefungen zwecks Emission vermögensgedeckter Wertpapiere praktisch unmöglich sind, verständigten sich auf die Gebührenstaffel, nach denen künftig Emittenten Gebühren an diese Agenturen zahlen müssen. Darüber hinaus verabredeten die Anbieter die Konditionen, unter denen sie für Emittenten tätig werden.
Die Börse honorierte die gute Nachricht mit einem Kursprung für die Aktien der Ratingagenturen. Immerhin erreichte z. B. die Notierung von Moody’s Corp. am Tag der Verkündung gut 41 US$, nachdem die Aktie noch zwei Wochen zuvor mit nur 34 US$ gehandelt worden war. Dies entspricht einem Kursgewinn von ca. 20 %, der insbesondere Moody’s Hauptinvestor Warren Buffet zugute kommt. Die Marktkapitalisierung von Moody’s beträgt rund 10 Mrd. US$. Da Exekutive und Gesetzgeber in Europa nicht eingeschaltet sind und es keine europäische Alternative zu den US-Agenturen gibt, kommen die jüngsten Abstimmungen auch mit Blick auf die europäischen Geld-, Kredit- und Kapitalmärkte voll den drei führenden Agenturen zugute.
Das Kartell sichert US-amerikanische Interessen und wurde daher in Abstimmung mit der Wertpapieraufsichtsbehörde U.S. Securities and Exchange Commission (SEC) durch den Generalstaatsanwalt in New York, Andrew M. Cuomo, arrangiert. Die Vereinbarung über die Reform des Ratingmarktes ist nach den Worten von Cuomo ein Markstein. Der Generalstaatsanwalt trat mit den Spitzenvertretern von Fitch Ratings, Moody’s und S&P’s vor die Presse. Als wichtigstes Ergebnis der Kartellvereinbarung sieht Cuomo die Festlegung der Preisberechnung, nach der künftig Investmentbanken die Leistungen von Ratingagenturen vergüten müssen. Darüber hinaus wurde eine Reihe weiterer Belastungen verabredet, die von Emittenten zu tragen sind.
Cuomo spricht von einer „geschichtlichen Landmarke“ für die Ratingagenturen. Durch eine Reihe von Elementen der Grundsatzentscheidung werde die Unabhängigkeit der Ratingagenturen gestärkt. Tatsächlich dürften die Maßnahmen dazu beitragen, die Ertragskraft und Ertragsstabilität der führenden US-amerikanischen Agenturen entscheidend zu verbessern. Durch die Subprime-Kreditkrise war die langjährige Umsatzrentabilität der Ratingagenturen auf unter 50 % gesunken.
Durch das Kartell stimmen sich die führenden Ratingagenturen über ihr Parallelverhalten in folgenden Punkten ab: Preise, Offenlegung, Überwachung, Due Diligence, Unabhängigkeit und Garantien. Anders als früher werden künftig Ratinggebühren nicht erst fällig, wenn der Emittent für ein Wertpapier auch tatsächlich das Rating einer Agentur nutzt, sondern schon für jede Dienstleistung, die die Ratingagentur im Vorfeld erbringt. Die Agenturen stellen für ihre Dienste den Emittenten künftig auch dann bereits Rechnungen, wenn sie gar kein Rating veröffentlichen. Dies eröffnet den Ratingagenturen neue Ertragspotentiale, da nun auch Emittenten zur Kasse gebeten werden können, die sich für das Rating durch einen alternativen Anbieter entscheiden.
In der Absprache der Preisbemessung gegenüber den Betroffenen sieht der Generalstaatsanwalt die entscheidende Verbesserung. Weitere Vorteile dürften sich für Fitch Ratings, Moody’s und S&P’s auch daraus ergeben, dass in die Beratungen des Generalstaatsanwalts konkurrierende, kleinere Ratingagenturen nicht einbezogen wurden. Regelungsdetails bleiben so der Einsicht der Kartellmitglieder vorbehalten.
Konsens erreichten die drei führenden Ratinganbieter auch über die Offenlegungspolitik. So werden die Ratingagenturen alle Anfragen zu Verbriefungen künftig veröffentlichen und es dadurch den Emittenten erschweren, sich diejenige Agentur zu suchen, von der sie sich die günstigste Beurteilung erwarten. Investoren erhalten so Gelegenheit nachzuvollziehen, ob der Emittent möglicherweise durch ein „Rating Shopping“ eine bessere Klassifizierung erreichte.
Da „Rating Shopping“ von Investoren negativ beurteilt wird, werden Emittenten künftig sorgfältig abzuwägen haben, ob sie Ratingagenturen außerhalb des Kreises der „großen drei“ beauftragen. Wenn ein Emittent mit dem Rating eines Wettbewerbers aufwartet, nachdem er bereits einmal zu den führenden Agenturen Kontakt hatte, dürfte ihm unterstellt werden, nur wegen des günstigeren Urteils auf einen kleineren Wettbewerber „ausgewichen“ zu sein. Da sich das Gegenteil in diesen Fällen nicht beweisen lässt, dürfte das durch den New Yorker Generalstaatsanwalt geschaffene Kartell dazu beitragen, die Markteintrittsbarrieren gegen kleinere und insbesondere ausländische Wettbewerber noch weiter zu erhöhen und das Oligopol aus Fitch Ratings, Moody’s und S&P’s gegen internationale Konkurrenz abzusichern.
Hypothekenfinanzierer werden sich künftig auf einen umfassenderen Kontrollprozess der Ratingagenturen einstellen müssen. Die Originatoren von Hypothekendarlehen müssen ihre Kreditprozesse detaillierter als bisher dokumentieren. Die Ratingagenturen verständigten sich darauf, für die Überwachung der Hypothekarfinanzierer weitreichende Kriterien zu entwickeln. Fitch Ratings, Moody’s und S&P’s koordinierten sich auch bezüglich einer Reform der Due Diligence. Demnach werden Kriterien aufgestellt, nach denen relevante Informationen von Investmentbanken eingesammelt werden. Darüber hinaus müssen Investmentbanken künftig den Ratingagenturen eine Reihe von Garantien und Zusicherungen in Bezug auf Darlehen machen, die als Grunddeckungen für mit Hypotheken aus privaten Wohnungsbaudarlehen unterlegte Verbriefungstransaktionen (Residential Mortgage-Backed Security, RMBS) herangezogen werden.
Die durch den New Yorker Generalstaatsanwalt arrangierte Kollusion wird von den Kartellmitgliedern einhellig begrüßt. Deven Sharma, Präsident von S&P’s kommentierte: „S&P’s freut sich darüber, mit dem New Yorker Generalstaatsanwalt Andrew M. Cuomo in diesen wichtigen Maßnahmen zusammenzuarbeiten. S&P’s bleibt unerschütterlich, wenn es um Transparenz, Offenlegung und die Stärkung der Führung des Ratingprozesses geht, und wir sind erfreut darüber, dass diese Prinzipien im Kern der heute erreichten Vereinbarung liegen.“ Diesem Urteil schließt sich Michel Madelain, Chief Operating Officer von Moody’s Investors Service, an und bringt seine Freude darüber zum Ausdruck, dass nun strenge Maßstäbe noch breiter über die gesamte Branche bewilligt sind. Stephen Joynt, Präsident und CEO von Fitch Ratings, fügt hinzu, dass die verfügten Maßnahmen zur Wiederherstellung des Investorenvertrauens und zur Stabilisierung der Hypothekenmärkte beitragen.
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Moody’s Aufschwungsposition
Von Dr. Oliver Everling | 5.Juni 2008
Der wichtigste Indikator für die Prognose der weiteren Entwicklung der Kreditkrise in den USA ist nach Meinung von Ray McDaniel, CEO der Moody’s Corp., die Ausfallrate bei den Haushalten in den USA: Geraten immer mehr US-Haushalte in Zahlungsschwierigkeiten, werde dies nicht zur Beruhigung der Märkte beitragen können.
Linda Huber, CFO von Moody’s Corp., bestätigt auf dem „2008 Investor Day“ am 5. Juni 2008, dass ein zweistelliges Umsatzwachstum entscheidend helfen würde, die Umsatzrendite von Moody’s auf das gewohnte Niveau von über 50 % zu bringen. Sie will sich aber nicht darauf festlegen, unter welchen Bedingungen diese Marge erreicht wird. Huber sagt, dass Moody’s bisher keine detaillierten Berechnungen durchgeführt habe, in welchen Konstellationen die langfristige Umsatzrendite erreicht wird.
McDaniel freut sich auf die Erholung des Marktes: Dann sei Moody’s sehr gut positioniert. Wie Huber ausführt, wurden Analysten nicht einfach entlassen, sondern in den meisten Fällen der Versuch unternommen, diese in anderen Bereichen des Unternehmens zu beschäftigen. Wenn der Markt zurückkehre, könnten diese Experten also schnell wieder in neue Aufgaben gebracht werden. McDaniel sieht darin eine wichtige Voraussetzung, um von einem Aufschwung zu profitieren.
Die aktuelle Marktsituation werde Moody’s nicht zum Anlass nehmen, einfach nur niedrige Ratings zu erteilen. Es gebe eine Reihe von Stimmen, die zu „mehr Vorsicht“ raten würden. Darunter würden diese verstehen, niedrigere Ratings zu erteilen. Moody’s werde auf diesen Musikwagen nicht aufspringen, denn die einzig richtige Strategie sehe er für Moody’s darin, möglichst korrekte Ratings zu erteilen. Eine pauschale Absenkung von Ratings stünde dazu im Gegensatz.
„Wir arbeiten in einer regulierten Branche“, charakterisiert McDaniel die Ratingindustrie. Ein Team bei Moody’s sei damit befasst, mit Regulierern auf der ganzen Welt zu sprechen, um allen Anforderungen der Aufsichtsbehörden gerecht zu werden. Abschließend zeigt sich McDaniel optimistisch, Moody’s auf den gewohnten Wachstumspfad zurückzuführen.
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Award von ULI an Commerz Real
Von Dr. Oliver Everling | 4.Juni 2008
Die Amsterdamer Büroimmobilie „Kraanspoor“ aus dem Spezialfonds „EURO OFFICE 1″ der Commerz Real ist vom Urban Land Institute (ULI, www.uli.org) mit dem „Award for Excellence“ in der Europa-Kategorie ausgezeichnet worden. Neben vier weiteren Objekten setzte sich die Immobilie in einem Wettbewerbsfeld von ursprünglich 24 Beiträgen aus elf Ländern durch. Mit dem „Award for Excellence“, der in der Europa-Kategorie zum fünften Mal verliehen wurde, würdigt die ULI innovative sowie nachhaltige Immobilienprojekte und Revitalisierungskonzepte. Bei „Kraanspoor“ hob die Jury neben der umweltgerechten Entwicklung den außergewöhnlichen Charakter des Gebäudes hervor, der auf vielfältige Weise neues Leben in das ehemalige Brachland zurückbringe.
Das dreigeschossige, rund 270 Meter lange Gebäude ist voll verglast und ruht auf einer industriellen Kranspur im Fluss IJ. Das Objekt umfasst nach Angaben der Commerz Real AG eine Gesamtmietfläche von rund 11.000 m². Seine Unterteilung in vier autonome Kernbereiche bietet die Möglichkeit alternativer Mietflächennutzungen. Mit ihrer ausgefeilten Klimatisierung besitze die Immobilie Vorbildfunktion, heißt es bei der Commerz Real AG, da sie an ein System angeschlossen sei, welches das Flusswasser sowohl zum Heizen als auch zum Kühlen verwende. „Kraanspoor“ dient zudem den verschiedenen am Fluss lebenden Vogelarten als Nistplatz.
Vor dem Hintergrund ihres ausgeprägten Nachhaltigkeitscharakters war die Immobilie im März 2008 bereits mit dem MIPIM Award in der Kategorie „Green Building of the Year“ ausgezeichnet worden. Zudem hatte sie den „Special Jury Award“ erhalten. Die Commerz Real hatte das im November 2007 fertig gestellte Objekt im Februar 2008 mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von über 34 Millionen Euro von dem niederländischen Entwickler ING Vastgoedontwikkeling B.V. erworben.
„Wir freuen uns sehr, dass das innovative Modell von ‚Kraanspoor‘ auch durch das Urban Land Institute gewürdigt wird. In diesem mehrfach ausgezeichneten ‚Green Building‘ sehen wir einen wichtigen Beitrag für die Umwelt. Seine Energieeffizienz stärkt zudem die Nutzungsqualität und Wettbewerbsfähigkeit des Objekts“, sagt Hans-Joachim Kühl, im Vorstand der Commerz Real für die Immobilienakquisition verantwortlich.
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Hyperinflation beim Personalaufwand
Von Dr. Oliver Everling | 4.Juni 2008
Obwohl weniger Personal beschäftigt wird, steigt für Unternehmen der Personalaufwand. Das belegt zum Beispiel der Abschluss der börsennotierten Fabasoft AG. Unter den betrieblichen Aufwendungen im Geschäftsjahr 2007/2008 ist allein der Personalaufwand um 5,2 % gestiegen, sonst konnten die Steigerung begrenzt oder sogar Aufwendungen reduziert werden, berichtet Dipl.-Ing. Helmut Fallmann, Mitglied des Vorstandes der Fabasoft AG in Frankfurt am Main. Die 1988 gegründete Gesellschaft mit Hauptsitz in Linz (Österreich) beschäftigt per 31.03.2008 insgesamt 200 Mitarbeiter. Während die Fabasoft AG ihre Personalkosten im Griff halte, herrsche allgemein bereits eine Hyperinflation beim Personalaufwand, Löhne und Gehälter steigen wie schon lange nicht mehr.
Der Nachrichtenaufwand konnte um 38,8 % gesenkt werden. Auch die Reisekosten wurden deutlich, um gut ein Viertel, resultiert. Fallmann führt dies auf den sich verschärfenden Wettbewerb unter den Telekomanbietern zurück. T-Mobile beispielsweise sei in Österreich aggressiv dabei, Marktanteile durch attraktive Konditionen zu gewinnen. Auch von den neuen Technologien der Videokonferenzen und den Möglichkeiten, für einzelne Kunden online eindrucksvolle Präsentationen durchzuführen, profitiere ein Unternehmen wie die Fabasoft AG.
In der Software werde die Fabasoft AG bald 12 Sprachen unterstützen. Damit könnten Partner auch in anderen Regionen mit der Software der Gesellschaft tätig werden. Meist sei es notwendig, dass man kommerziell wie auch technisch einen landessprachlichen Ansprechpartner einsetzt. „Ein Römer kauft einem Südtiroler nichts ab“, aber die technische Unterstützung funktioniere, berichtet Fallmann. Österreich sei in jedem Fall für den Markt in Italien gut positioniert.
Fallmann sieht in den regionalen Gegebenheiten und Sprachproblemen Europas auch Chancen: Die Amerikaner würden versuchen, alles mit Englisch zu überwalzen. Insbesondere in der Softwarebranche könne man daher durch Berücksichtigung der Landessprache einiges erreichen. Der kulturelle Reichtum Europas sei kein Standortnachteil, sagt Fallmann.
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B2B-Suchmaschine BranchenIndex
Von Dr. Oliver Everling | 4.Juni 2008
Unter www.BranchenIndex.de ist im Juni 2008 die neue B2B-Suchmaschine für Firmenadressen der GWV Fachverlage an den Start gegangen. Umfassende Datenbankrecherchen, Firmeneinträge und Portraitbuchungen sind seitdem online möglich. Jedes Unternehmen kann seinen Eintrag unter www.BranchenIndex.de prüfen und persönlichen Zugangsdaten anfordern. Der aktuelle Adressbestand umfasst nach Angaben des Verlags Firmen aus den Bereichen Automobiltechnik, Elektrotechnik, Klebtechnik, Leichtbautechnik und Oberflächentechnik. Erweiterungen auf andere Branchen sind im Herbst 2008 geplant.
www.BranchenIndex.de steht ab sofort für Suchmaschinen optimiert online. Alle Firmeneinträge sind zusätzlich über die relevanten Fachportalen wie ATZonline.de, jot-oberflaeche.de und adhaesion.com abrufbar. „Mit einem Klick zum Überblick!“ Das ist das Motto des Anbieters. Entscheider und Einkäufer aus den Bereichen Konstruktion, Entwicklung, Produktion, Fertigung sowie Forschung und Management erhalten mit einem Klick alle relevanten Informationen.
Die verschiedenen Branchenindices der GWV Fachverlage sind in gedruckter Form schon lange eine feste Größe. Auch weiterhin veröffentlicht die Verlagsgruppe die klassischen zweisprachigen (deutsch/englisch) Ausgaben zu den Themen Automotive Electronics, Automotive Materials, Engineering Services, Galvanotechnik und Powertrain sowie den englischsprachigen Band Connecting Materials. Abgerundet wird das Angebot durch die JOT Marktübersicht, deren umfassendes Leistungsverzeichnis für die industrielle Oberflächentechnik nun auch im Branchenindex Online zur Verfügung steht.
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