Trump und die Fed: Kurzfristiger Börsenschub, langfristige Risiken
Von Dr. Oliver Everling | 9.September 2025
Donald Trump macht keinen Hehl daraus, dass er die US-Notenbank in den kommenden Jahren stärker in seine politische Agenda einbinden will. Schon jetzt gehen die Märkte davon aus, dass die Zinsen von aktuell rund 4,3 Prozent bis Anfang 2027 auf unter 3 Prozent sinken könnten – ein Szenario, das Trump noch aggressiver vorantreiben möchte. „Er braucht die künstliche Konjunktur – ohne die Fed wird sein ganzer Plan scheitern“, sagt Kay-Peter Tönnes, Gründer und Geschäftsführer von Antecedo Asset Management.
Ein solcher geldpolitischer Schub könnte kurzfristig wie ein Konjunkturfeuerwerk wirken und die Aktienmärkte ähnlich wie während der Corona-Zeit beflügeln. Doch die Schattenseiten liegen auf der Hand. „Eine solche Politik treibt langfristig die Inflation an und schwächt den Dollar massiv“, warnt Tönnes. Gerade für europäische Anleger sind die möglichen Folgen deutlich spürbar. Einerseits könnte ein stärkerer Euro ungesicherte US-Investments belasten. „Wer im Dollarraum investiert ist, sollte unbedingt auf Währungsabsicherung achten“, rät der Anlagestratege. Andererseits könnte auch die Europäische Zentralbank unter Druck geraten, ihre Zinsen zu senken, um den Euro nicht zu stark werden zu lassen – mit weitreichenden Auswirkungen auf Renten- und Aktienmärkte in Europa.
Neben den geldpolitischen Risiken weist Tönnes auf die politische Dimension hin. Sollte Trump mit seinen Vorstößen vor dem Supreme Court scheitern, könnte er seinen wirtschaftspolitischen Kurs noch weiter verschärfen. „Das wäre eine ernsthafte Gefahr für die Stabilität der Märkte. Denn Trump wird nicht nachgeben, sondern im Zweifel extremer auftreten.“ Damit sehen sich Investoren nicht nur geldpolitischen, sondern auch politischen Schocks gegenüber.
„Trump kann kurzfristig die Börsen befeuern, aber je stärker er die Fed instrumentalisiert, desto größer werden die langfristigen Risiken“, fasst Tönnes die Lage zusammen.
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Zertifikate-Emittenten für risikofreudige Sparer
Von Dr. Oliver Everling | 8.September 2025
Die aktuelle Marktstatistik des Bundesverbands für strukturierte Wertpapiere für August 2025 erlaubt einen tiefen Einblick in die Frage, welche Emittenten von Zertifikaten in Deutschland als besonders risikofreudig einzustufen sind. Die Unterscheidung zwischen sicheren Anlageprodukten mit Kapitalschutz und hochspekulativen Hebelprodukten macht die unterschiedlichen Risikoprofile der Banken deutlich sichtbar.
Wer die Zahlen betrachtet, erkennt, dass HSBC an der Spitze der risikoreichen Produkte steht. Mit einem Marktanteil von fast 17 Prozent im Bereich der Hebelprodukte und über 20 Prozent bei Knock-out-Optionsscheinen stellt das Haus die größte Anlaufstelle für Anleger dar, die auf schnelle und überproportionale Gewinne aus sind. Diese Produkte sind jedoch zugleich mit dem Risiko verbunden, dass Anleger ihr eingesetztes Kapital innerhalb kürzester Zeit vollständig verlieren können. HSBC agiert damit als einer der aggressivsten Emittenten im Markt und positioniert sich bewusst in jenem Segment, in dem die Gewinn- und Verlustchancen am stärksten schwanken.
Unmittelbar dahinter folgen UniCredit, Goldman Sachs und Morgan Stanley. Auch sie erzielen zweistellige Marktanteile bei den Hebelprodukten und treten damit als wichtige Anbieter im spekulativen Segment auf. Diese Banken haben ihre Rolle am Markt in den vergangenen Jahren gezielt ausgebaut, indem sie Anlegern Produkte offerieren, die es erlauben, mit kleinen Einsätzen große Marktbewegungen zu hebeln. Damit schaffen sie hohe Umsätze, gehen jedoch auch das Risiko ein, dass bei Marktverwerfungen die Reputation des Emittenten leidet, da Privatanleger oftmals erhebliche Verluste erleiden.
Das Gegenstück zu dieser risikofreudigen Positionierung findet sich bei den klassischen deutschen Instituten. Die DZ BANK ist Marktführer bei Anlageprodukten und erreicht hier einen Anteil von 19 Prozent. Besonders bei Discount- und Express-Zertifikaten sowie bei Aktienanleihen zeigt sie ihre Stärke. Diese Produkte bergen zwar ebenfalls Risiken, bieten Anlegern aber im Vergleich zu Knock-outs oder klassischen Optionsscheinen eine kalkulierbarere Chance-Risiko-Struktur. Auch die LBBW und die Deutsche Bank treten eher konservativ auf. Mit über 25 Prozent beziehungsweise 26 Prozent Marktanteil im Bereich der Anlageprodukte mit Kapitalschutz adressieren sie gezielt Anleger, die weniger an spekulativen Gewinnen interessiert sind, sondern einen soliden Kapitalschutz bevorzugen.
Die Analyse der Marktanteile verdeutlicht, dass sich das Verhalten der Emittenten klar nach Risikoneigung differenziert. Internationale Investmentbanken wie HSBC, Goldman Sachs, Morgan Stanley und UniCredit dominieren das Segment der hochriskanten Produkte. Sie schöpfen in einem Umfeld, das von spekulativ orientierten Anlegern geprägt ist, besonders hohe Umsätze ab. Demgegenüber agieren deutsche Institute wie DZ BANK, LBBW und DekaBank stärker im konservativen Bereich und positionieren sich als Anbieter für sicherheitsorientierte Kunden. Eine Zwischenstellung nehmen Banken wie Société Générale, BNP Paribas und Vontobel ein, die sowohl in den risikoreicheren als auch in den sichereren Segmenten nennenswerte Marktanteile halten und damit ein ausgewogeneres Geschäftsmodell verfolgen.
Auffällig ist, dass die risikofreudigen Häuser mit ihrer Strategie zwar hohe Marktanteile im spekulativen Geschäft gewinnen, jedoch auch einer stärkeren öffentlichen Kritik ausgesetzt sind. Denn die Vermarktung von Produkten mit hohem Verlustpotenzial wirft stets die Frage auf, ob Banken die Verantwortung gegenüber ihren Kunden ausreichend wahrnehmen. Auf der anderen Seite zeigt sich, dass gerade internationale Investmentbanken durch ihre globale Präsenz und ihre Produktpalette in der Lage sind, risikofreudige Anlegergruppen gezielt zu bedienen, während deutsche Institute traditionell stärker den sicherheitsorientierten Teil des Marktes abdecken.
Die Frage, welche Emittenten sich als besonders risikofreudig erweisen, lässt sich damit klar beantworten. HSBC, Goldman Sachs, Morgan Stanley und UniCredit stehen im Zentrum der hochriskanten Produktsegmente und setzen auf das Geschäft mit Knock-outs, Faktor-Zertifikaten und Optionsscheinen. Die DZ BANK und andere deutsche Häuser suchen hingegen ihre Stärke in den konservativeren Produktkategorien, während französische und schweizerische Anbieter wie Société Générale, BNP Paribas und Vontobel eine Balance zwischen beiden Welten anstreben. Damit ist der Markt für strukturierte Wertpapiere in Deutschland nicht homogen, sondern spiegelt die sehr unterschiedlichen Strategien und Risikoneigungen der beteiligten Banken wider.
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Politische Instabilität in Frankreich: Risiken für Euro und Kreditratings
Von Dr. Oliver Everling | 8.September 2025
Die französische Politik treibt derzeit die Märkte in Unruhe und birgt erhebliche Implikationen für die Bewertung von Kreditrisiken. Der Euro und französische Staatsanleihen stehen im Fokus, da Investoren die Konsequenzen einer möglichen Regierungskrise in Paris einpreisen. Wie die deVere Group warnt, „ist der Euro in für kurzzeitige Schwankungen, da das politische Risiko in Frankreich zunimmt“.
Für Ratingagenturen ist das Signal eindeutig: Politische Unsicherheit verschlechtert die Planbarkeit der Fiskalpolitik und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Konsolidierungsziele verfehlt werden. Premierminister François Bayrous Versuch, das Defizit von 5,8 % des BIP im Jahr 2024 bis 2026 auf 4,6 % zu senken, stößt parteiübergreifend auf Widerstand. Scheitert die Vertrauensabstimmung, könnte dies „die zweite Regierungskrise in weniger als einem Jahr“ auslösen – ein Szenario, das den politischen Handlungsspielraum drastisch einschränken würde.
Der Markt reagiert bereits spürbar: die Renditen langlaufender französischer Staatsanleihen zogen an. Nigel Green von der deVere Group fasst es prägnant zusammen: „Der Anleihemarkt ist ein Barometer des Vertrauens, und derzeit zeigt er Gelb.“ Für die Kreditratings bedeutet dies, dass Investoren künftig höhere Risikoaufschläge fordern – eine Entwicklung, die die Schuldentragfähigkeit Frankreichs weiter belasten könnte.
Besonders kritisch für die Bonitätseinschätzung ist die Verknüpfung von politischer Instabilität mit strukturell hohem Schuldenstand. Ein anhaltender Machtwechsel, verbunden mit schwachem Wachstum und europäischen Defizitregeln, deutet auf mittelfristig steigende Finanzierungskosten hin. Ratingagenturen werden dies in Form negativer Ausblicke oder gar Herabstufungen reflektieren, sollte sich die Situation verfestigen.
Hinzu kommt der Währungseffekt. „Politische Instabilität in einem großen Mitgliedsstaat untergräbt das Vertrauen in die Währung“, warnt Green. Für das Kreditrating Frankreichs und des Euroraums bedeutet dies eine doppelte Belastung: Einerseits erschwerte Refinanzierung an den Kapitalmärkten, andererseits ein möglicher Vertrauensverlust in den Euro selbst.
Während kurzfristige Volatilität für spekulative Investoren auch Chancen birgt, bleibt für die Bewertung der Kreditqualität das Risiko klar im Vordergrund. „Der Euro und französische Anleihen stehen vor kurzfristigen Turbulenzen“, resümiert Green, „Anleger sollten sich auf unruhigere Handelsbedingungen einstellen, da die Politik die Stimmung treibt.“ Für die Ratingagenturen ist dies ein klassisches Beispiel, wie politische Risiken unmittelbare Relevanz für die Bonität entfalten – mit potenziellen Konsequenzen weit über Frankreich hinaus.
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Jetzt Flattener- oder Steepener-Strategie?
Von Dr. Oliver Everling | 8.September 2025
Der US-Arbeitsmarkt zeigt deutliche Ermüdungserscheinungen, und dies bereits seit mehreren Monaten. „Der US-Arbeitsmarkt schwächt sich nun bereits seit mehreren Monaten ab, obwohl die Inflation leicht anzieht“, sagt Matthias Scheiber, Head of Multi-Asset Solutions bei Allspring Global Investments. Besonders problematisch sei, dass die Märkte ihre Aufmerksamkeit derzeit „stark auf Wachstum und den Arbeitsmarkt – und weniger auf die Inflation“ richten, während die Inflationserwartungen gleichzeitig steigen.
Die aktuellen Daten zeichnen ein trübes Bild. Der Bericht zu den Non-Farm-Payrolls blieb hinter den Erwartungen zurück, die Industrieproduktion stagniert, das Lohnwachstum verlangsamt sich und die Erwerbsquote steigt. „Der Arbeitsmarktbericht für Juni wurde nach unten revidiert und weist nun ein negatives Ergebnis aus – der erste negative Wert seit 2020“, betont Scheiber. Auch der JOLTS-Bericht für Juli deutet auf Schwäche hin: höhere Trennungsraten bei gleichzeitig niedrigstem Einstellungstempo seit fünf Jahren.
Trotz Diskussionen über den Einfluss von Künstlicher Intelligenz auf die Jobentwicklung sehen Unternehmen aktuell von drastischen Maßnahmen ab. „Unserer Ansicht nach zögern Unternehmen jedoch noch, endgültige Kürzungen vorzunehmen – zu sehr sind sie noch von den Arbeitsmarktturbulenzen der Jahre 2020–2022 geprägt“, erklärt Scheiber.
Besonders auffällig ist, dass das Beschäftigungswachstum inzwischen fast ausschließlich von Gesundheit und privater Bildung getragen wird. „Alle anderen Branchen sind nun seit rund einem Quartal auf rollierender Basis negativ“, stellt Scheiber klar. Regionale oder sektorale Sondereffekte, die das Bild verzerren könnten, gebe es nicht – was die Entwicklung umso besorgniserregender mache.
Die Konsequenzen sind weitreichend. „Die Abschwächung am US-Arbeitsmarkt wird weiterhin Forderungen nach geldpolitischer Lockerung unterstützen – insbesondere Zinssenkungen, sowohl von Seiten der Märkte als auch der Regierung.“ Tatsächlich habe der Markt bereits drei Zinssenkungen bis Jahresende eingepreist. Gleichzeitig stellt sich für das FOMC die Herausforderung, dass die Inflation wieder steigt: „Unserer Ansicht nach kann eine Zinssenkung um 50 Basispunkte durch das FOMC im September nicht ausgeschlossen werden.“
Für die Kapitalmärkte ergibt sich daraus eine klare Positionierung. „Wir bevorzugen weiterhin globale ‚Steepener‘-Strategien entlang der Kurve, insbesondere im 5–30- oder 10–30-Jahres-Bereich – sowohl in den USA als auch in der Eurozone“, erläutert Scheiber. Zudem halte man an einer Short-USD-Position gegenüber G10- und Schwellenländerwährungen fest und setze in Multi-Asset-Portfolios auf eine Barbell-Strategie mit Qualitäts- und Value-Titeln. Chancen sieht er auch in zinssensitiven Sektoren: „Wir sehen ein sich verbesserndes Umfeld für REITs.“
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Neuer Auftritt, neue Partner, neue Märkte – Was kommt als nächstes für Raisin?
Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2025
Raisin, das digitale Finanz- und Anlage-Ökosystem, stellt sich auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2025 neu auf. Tamaz Georgadze, CEO und Co-Founder, gab Einblicke in die strategische Ausrichtung des Unternehmens, die neuen Partnerschaften und die geplante Expansion in bislang unerschlossene Märkte. Im Mittelpunkt steht die Frage: Wie will Raisin seine Position im europäischen Finanzmarkt weiter ausbauen und welche nächsten Schritte stehen an?
Raisin zieht auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2025 Aufmerksamkeit auf sich, weil das Unternehmen zentrale Fragen der Finanzbranche direkt adressiert. Wachstum und Expansion stehen dabei ebenso im Vordergrund wie regulatorische Herausforderungen und technologische Innovation. Die Branche interessiert, wie Raisin seine Präsenz in bestehenden Märkten ausbaut, neue Märkte erschließt und sein Produktportfolio um innovative Finanzprodukte erweitert. Gleichzeitig beobachtet man, wie das Unternehmen regulatorische Anforderungen meistert, mit Aufsichtsbehörden zusammenarbeitet und Compliance-Themen im Tagesgeschäft integriert.
Auch technologische Aspekte machen Raisin für die Fachwelt interessant: Plattformentwicklung, Optimierung der Benutzererfahrung und der Einsatz neuer Technologien sind entscheidend, um effizientere Dienstleistungen anbieten zu können. Darüber hinaus spielt die finanzielle Performance eine Rolle. Analysten und Investoren wollen wissen, wie nachhaltig die jüngsten Erfolge sind und wie das Unternehmen Investitionen für langfristiges Wachstum einsetzt.
Nicht zuletzt ist Raisin für den Banken-Gipfel relevant, weil das Unternehmen stark auf Kundenorientierung setzt. Die Frage, wie Kundenzufriedenheit erhöht, Vertrauen aufgebaut und Feedback systematisch in die Weiterentwicklung integriert wird, trifft den Nerv der gesamten Branche. In einer Zeit, in der digitale Plattformen und innovative Finanzlösungen die traditionellen Bankenmodelle herausfordern, zeigt Raisin exemplarisch, wie man diese Themen in einem wachsenden und regulierten Markt erfolgreich miteinander verbindet.
Die jüngsten Ermittlungen der BaFin hatten nach Aussage von Tamaz Georgadze, CEO und Co-Founder von Raisin, keine Auswirkungen auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Im Kerngeschäftsfeld, das ein Volumen von über 70 Milliarden Euro umfasst, sieht er zahlreiche Opportunitäten für weiteres Wachstum. Besonders die Custodial-Funktionen könnten künftig ausgebaut werden, um bestehende Dienstleistungen zu erweitern und effizienter zu gestalten.
Marktseitig betrachtet sieht Georgadze Potenzial, den Marktanteil zu erhöhen, da Raisin bislang nur einen vergleichsweise geringen Anteil am Gesamtmarkt hält. Die größten Wachstumstreiber liegen dabei in längerfristigen Engagements sowie in ausgewählten ausländischen Märkten, die sich sehr erfolgreich entwickelt haben. Teilweise entfallen bereits über 50 Prozent des Neugeschäfts auf Märkte außerhalb Deutschlands. Parallel wächst die digitale Vermögensverwaltung stark, und das Unternehmen plant, diese Dienste in weitere europäische Märkte auszurollen.
Auch im Bereich strategischer Akquisitionen bleibt Raisin aktiv, wobei bislang fünf Übernahmen erfolgreich integriert wurden. Georgadze betont, dass das Unternehmen offen für weitere Transaktionen ist, aktuell jedoch keine konkreten Pläne vorliegen. Besonders interessant seien dabei Einlagen und Einlagenplattformen sowie Märkte in Indien, Australien oder den USA. Auch der Vorsorgebereich wird als Wachstumsfeld angesehen, das künftig stärker erschlossen werden könnte.
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AI Agents und Agentic AI – Die neuen Akteure im Banking
Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2025
Auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2025 präsentierte Andreas Strunz, Competence Center Lead Banking AI bei adesso, seinen Impuls „AI Agents und Agentic AI – The new kids on the block“. Strunz erläuterte, wie diese neuen Technologien die Finanzindustrie nachhaltig verändern könnten.
Andreas Strunz leitet in der adesso Gruppe das Competence Center Banking AI und entwickelt für Kunden aus der Finanzbranche praxisnahe Lösungen auf Basis Künstlicher Intelligenz, insbesondere Generativer KI. Nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann und einem Diplom in Bank- und Börsenwesen sammelte er umfangreiche Erfahrung im Kreditgeschäft und in der Strategie-, Organisations- und Prozessberatung. Seit 2016 widmet er sich verstärkt den Möglichkeiten der KI im Finanzwesen und leitet seit 2020 ein Competence Center, das die praktische Umsetzung KI-basierter Anwendungen im Banking vorantreibt.
In seinem Impuls erklärte Strunz die Unterschiede zwischen „AI Agents“ und „Agentic AI“. AI Agents sind spezialisierte KI-Systeme, die Aufgaben selbstständig ausführen, Daten analysieren und Handlungsempfehlungen generieren können – oft als Schnittstelle zwischen Kunden, Banken und digitalen Prozessen. Agentic AI geht noch einen Schritt weiter: Hierbei handelt es sich um KI-Systeme, die eigenständig Ziele verfolgen, Entscheidungen treffen und selbstständig lernen, um komplexe Aufgaben über längere Zeiträume zu erfüllen.
AI-Agents sieht er als neue virtuelle Kollegen. Er zeigt Beispiele für Porzessabläufe in Multi-Agent-Systemen, sequenziell, hierarchisch oder auch parallel. Context Engineering verbindet Prompt Engineering mit dem AI Agent. Das Model Contest Protocol (MCP) reicht vom Host über den Client zum Server. Das revolutionäre an dieser Technologie sei, dass hier eine Standardschnittstelle genutzt werden kann.
Strunz betonte, dass der Einsatz solcher Systeme nicht nur Effizienzgewinne ermögliche, sondern auch die Kundeninteraktion revolutioniere. AI Agents könnten einfache Routineaufgaben übernehmen, während Agentic AI in der Lage sei, komplexere Finanzprozesse zu steuern – von Portfoliooptimierung über Kreditentscheidungen bis hin zu personalisierten Beratungsservices. Damit entstünden völlig neue Geschäftsmodelle und Möglichkeiten für Banken, ihre Services effizienter und individueller zu gestalten.
Der Impuls machte deutlich, dass Banken, die frühzeitig auf AI Agents und Agentic AI setzen, ihre Prozesse und Dienstleistungen deutlich beschleunigen und gleichzeitig innovative Kundenerlebnisse schaffen können. Für Strunz steht fest: Wer die Potenziale dieser Technologien erkennt und umsetzt, gestaltet die Zukunft des Bankings aktiv mit.
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Next-Level Customer Experience trifft Geschäftsmodell-Innovation
Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2025
Auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2025 diskutierten Philipp Bohrn, Geschäftsführer von Bitpanda, Julian A. Kramer, Principal Thought Leadership bei Adobe Central Europe, und Dr. Oliver Vins, Chief Financial & Risk Officer von Boerse Stuttgart Digital, über die disruptiven Potenziale von Künstlicher Intelligenz und digitalen Technologien im Finanzsektor.Thema des Panels: „Next-Level Customer Experience trifft Geschäftsmodell-Innovation: Wie KI und digitale Technologien Banking & Brokerage neu denken“.
Philipp Bohrn betonte, dass KI die Art der Kundeninteraktion grundlegend verändern werde. Die traditionelle Eingabe über Tastaturen werde zunehmend durch sprachbasierte Kommunikation ersetzt. Kunden möchten lieber sprechen als tippen, was neue Möglichkeiten für personalisierte Beratung und automatisierte Services eröffne.
Dr. Oliver Vins wies auf die regulatorischen Aspekte hin. Interessant sei, dass KI-Systeme wie ChatGPT in der Lage seien, blitzschnell Antworten zu liefern – und potenziell regulatorisch besser kontrolliert werden könnten als tausende menschliche Finanzberater. Zudem hob er das Potenzial der Blockchain-Technologie hervor. Junge Anleger investierten zunehmend in Kryptowährungen, und digitale Assets könnten künftig direkt auf der Blockchain begeben werden. Durch den Wegfall komplexer Transaktionsprozesse könnten Abwicklungskosten drastisch reduziert werden, und eine europäische Plattform für tokenisierte Assets könnte neue Dynamik in den Kapitalmarkt bringen.
Julian A. Kramer ergänzte, dass sich durch KI die gesamte Kundenansprache und Beratung dramatisch verändern werde. Finanzielle Literacy sei nicht bei allen Kunden vorhanden, und viele Informationen, die vor Jahren noch händisch recherchiert werden mussten, würden heute direkt durch LLM-Systeme (Large Language Models) verarbeitet. Die Phase von Recherche bis Transaktion werde so erheblich verkürzt, was Banken und Broker in die Lage versetze, effizienter und gezielter auf Kundenbedürfnisse einzugehen.
Das Panel machte deutlich, dass die Kombination aus Künstlicher Intelligenz, Blockchain und digitaler Plattformtechnologie nicht nur die Customer Experience revolutioniert, sondern auch Geschäftsmodelle nachhaltig verändert. Banken und Broker, die diese Technologien strategisch einsetzen, könnten künftig schneller, effizienter und kundenorientierter agieren – und zugleich neue Umsatzpotenziale erschließen.
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Die Zukunft der Kapitalmarktunion: Neobroker zeigen, wie es geht
Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2025
Erik Podzuweit, Founder und Co-CEO von Scalable Capital, nutzte sein Interview auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2025, um die Notwendigkeit einer stärkeren Verzahnung von Altersvorsorge und Kapitalmarkt in Deutschland zu unterstreichen. Für ihn sei es entscheidend, dass die Rentensysteme stärker für den Kapitalmarkt geöffnet werden: „Wenn Ihr das nicht macht, könnt Ihr es euch sparen“, betonte Podzuweit.
Der Gründer kritisierte, dass alle drei Säulen der deutschen Altersvorsorge bislang praktisch keine Berührungspunkte zum Kapitalmarkt hätten. Liquidität, die in IPOs, Start-ups oder andere Wachstumsunternehmen fließen könnte, werde nicht genutzt. Stattdessen dominierten regulatorische Kleinigkeiten, Formulare und bürokratische Hürden. Dies führe dazu, dass Kapitalrenditen, die in Deutschland investiert werden könnten, langfristig in andere Märkte wie die USA flössen. „Wirft man in ein kapitalistisches System einen Euro, kommen nach sieben bis zehn Jahren zwei Euros heraus. Das nutzt man in Deutschland nicht. Der Return geht nach Amerika“, warnte Podzuweit.
Er unterstrich die Notwendigkeit, Risiko und Rendite angemessen zu bewerten. Das Scheitern von Unternehmen dürfe nicht überproportional teuer sein – wie das Beispiel Meta (Facebook) zeige: Nach einem misslungenen Metaverse-Projekt investiere das Unternehmen nun massiv in Künstliche Intelligenz, entlasse dafür tausende Mitarbeiter und lenke Kapital gezielt um. In Deutschland hingegen führe vermeintlicher Schutz langfristig zu einem Verlust an Innovationskraft und Souveränität.
Für Podzuweit ist klar: „Unsere Demografieprobleme lösen wir nur, wenn die Rentensysteme dem Kapitalmarkt geöffnet werden.“ Neobroker wie Scalable Capital könnten hier bereits heute eine Vorreiterrolle einnehmen, indem sie einfache, digitale Zugänge zu Kapitalmarktprodukten schaffen und so eine breitere Beteiligung am Wachstum ermöglichen. Damit positionieren sie sich als Innovationsmotor, während die politische Diskussion häufig nur bei Kleinigkeiten stehenbleibt. „Es gibt nichts Gutes, außer: Man tut es“, zitiert Erik Podzuweit abschließend den Satz von Erich Kästner.
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USA – China – Europa: Chancen im Spannungsfeld von Daten, AI Act und Souveränität
Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2025
Auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2025 diskutierten Tanja Müller-Ziegler, Vorständin beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Dr. Sven Deglow, CEO der Deutschen Kreditbank (DKB), und Thomas Groß, CEO der Helaba, über die strategischen Herausforderungen für Europa im globalen Wettbewerb um Daten, Künstliche Intelligenz und digitale Souveränität.
Tanja Müller-Ziegler betonte die Bedeutung einer klaren Interessenvertretung für die Kunden im Umgang mit Daten. Sowohl Stammdaten als auch Transaktionsdaten seien Teil einer kritischen Infrastruktur, deren Nutzung nicht allein den großen Technologieanbietern überlassen werden dürfe. „Die Beziehung zu den Anbietern muss gestaltet werden“, forderte sie.
Dr. Sven Deglow hob hervor, dass auch große Cloud-Anbieter ein Interesse daran hätten, in Europa sichere und vertrauenswürdige Lösungen anzubieten. Gleichzeitig warnte er davor, die USA als Partner völlig in Frage zu stellen. „Man muss schon noch ein bisschen Vertrauen in die USA haben“, so Deglow. Zugleich sei klar, dass die Konkurrenzfähigkeit Europas im Bereich Künstliche Intelligenz nur durch Milliardeninvestitionen gesichert werden könne.
Thomas Groß stellte die Debatte in einen längerfristigen Kontext. Aus seiner Sicht könne es in einem Jahrzehnt realistisch sein, eine europäische Alternative zu den dominierenden US-amerikanischen und chinesischen Anbietern aufzubauen. Die jüngste Neupositionierung mehrerer führender CEOs in den USA zeige jedoch, wie entschlossen dort die digitale Zukunft gestaltet werde. „Europa muss sich fragen, wie es in diesem Umfeld eigene Alternativen aufbaut“, erklärte Groß.
Das Panel verdeutlichte, dass Europa zwischen Abhängigkeit und Eigenständigkeit einen Weg finden muss. Während Kooperation mit internationalen Partnern unverzichtbar bleibt, wird die Forderung nach digitalen Infrastrukturen „made in Europe“ lauter. Nur so kann der Kontinent im Spannungsfeld zwischen den USA und China langfristig Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit sichern.
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Andrea Orcel über Chancen, Transformation und die Rolle von UniCredit
Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2025
Andrea Orcel, Group CEO von UniCredit, nutzte sein Gespräch auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2025, um die Position Europas im internationalen Vergleich klar zu umreißen. Anhand von Kennzahlen wie dem Einkommen pro Kopf, dem Bruttoinlandsprodukt und der Größe der Banken zeichnete er das Bild eines Kontinents, der in vielerlei Hinsicht hinter den USA zurückliegt. „Europa hinkt den USA immer weiter hinterher“, so Orcel. Doch in dieser wachsenden Differenz sieht er nicht nur ein Problem, sondern auch eine Chance: Europa habe die richtigen Voraussetzungen, um aufzuholen – wenn es gelingt, die notwendige Transformation zu finanzieren.
Dabei komme den Banken eine Schlüsselrolle zu. Sie müssten leistungsfähig sein und die Energie bereitstellen, die Europa für Investitionen und Wachstum braucht. Solange Übernahmen innerhalb Europas stattfinden, seien dies nach Orcels Ansicht keine außergewöhnlichen Vorgänge, sondern notwendige Konsolidierungen, um Stärke im internationalen Wettbewerb zu entwickeln. Für UniCredit selbst erwartet Orcel in den kommenden Jahren eine Ertragssteigerung von rund 30 Prozent – auch ohne eine vollendete Bankenunion.
Mit Blick auf Deutschland unterstrich Orcel, dass UniCredit hier klar als Investor auftritt. Während das Institut in anderen Ländern wie Italien oder Portugal aus Erfahrungen gelernt habe, sei die politische Meinungsbildung in Deutschland noch nicht abgeschlossen. Auf die mögliche Übernahme der Commerzbank angesprochen, verwies Orcel auf die Aktionäre: „Wir werden rund 30 Prozent bis zum Jahresende haben.“ Eine abschließende Entscheidung liege jedoch nicht bei der Politik. Seit dem Erwerb von fünf Prozent von der Bundesregierung habe es keine weiteren Gespräche mit Berlin gegeben. Briefe seien zwar beantwortet worden, doch habe die Regierung stets auf das Management der Commerzbank verwiesen.
Orcel betonte, dass UniCredit seinen Aktionären, Mitarbeitern, Kunden und Partnern verpflichtet sei – nicht den Regierungen. Dennoch könnten politische Rahmenbedingungen nicht ausgeblendet werden. Die möglichen Synergien einer Konsolidierung mit der Commerzbank seien aus seiner Sicht deutlich: Im Mittelstand hätte eine kombinierte Bank noch immer einen niedrigeren Marktanteil als in anderen europäischen Ländern. Zudem habe UniCredit bereits 363 Integrationen erfolgreich umgesetzt, Technologie sei daher kein Hindernis. „Wir sind sehr neutral mit Blick auf den Hauptsitz der Bank“, so Orcel.
Sein Argument für die Konsolidierung war klar: „Wenn die Commerzbank alleine bleibt, werde sie mehr Jobs streichen müssen, als wenn sie mit uns konsolidiert.“ Die unvermeidlichen Effizienzsteigerungen sprächen dafür. In den Einheiten der Commerzbank werde zudem begrüßt, Bürokratie abgeben zu können – ein Vorteil, den eine Zusammenführung mit UniCredit mit sich bringen würde.
Damit machte Orcel deutlich, dass es für ihn nicht allein um Größe, sondern um Effizienz, Schlagkraft und Marktanteile geht. Für die Zukunft Europas sieht er in der Stärkung der Banken nicht nur eine ökonomische Notwendigkeit, sondern eine strategische Aufgabe.
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