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Rating von Einzelhandelsimmobilien auf der Expo Real

Von Dr. Oliver Everling | 6.Oktober 2008

Rating von Einzelhandelsimmobilien – Pflicht oder Kür? Mit diesem Thema beschäftigte sich eine Podiumsdiskussion in der Media Lounge auf der Expo Real in München. Ratings dienen längst nicht mehr nur dazu, Mindestanforderungen der Bankenaufsicht zu erfüllen. Sie helfen beim Vergleich von Investmentchancen und beim Abschätzen von Risiken. Wie arbeiten Ratings von Einzelhandelsimmobilien und werden sie unverzichtbar? So die einführende Fragestellung von Ralf Hartmann, Freier Wirtschaftsjournalist, der die Runde moderierte mit Wolfgang R. Bays, Brune Consulting GmbH, Düsseldorf, Olaf Jahn, Stellvertretender Geschäftsführer, Activ Consult Real Estate GmbH, Frankfurt, Dr. Helmut Knepel, Vorstand, FERI EuroRating Services AG, Bad Homburg, Deutschland, und Christian Lange, Prokurist/ Bereichsleiter Immobilien- und Standortbewertung, Metro Group Asset Management, Ukraine.

„Ratings sind heute wichtiger denn je“, argumentiert Knepel aus Sicht der Ratingagentur. Seine Agentur sei von der Kreditkrise „zumindest noch nicht“ betroffen. Bei den auslösenden Ereignissen der Kreditkrise habe seine Agentur keine Rolle gespielt. Fast 600 Seiten zum Rating von Einzelhandelsimmobilien wurden nun im Gabler-Verlag veröffentlicht, hebt Hartmann heraus. Knepel argumentiert, dass Einzelhandelsimmobilien deutlich komplexer zu beurteilen seien. „Ganz viele Kriterien und Komponenten wirken hier in der Beurteilung zusammen“, sagt Knepel. Er stellt sich aber gegen die Vorstellung, dass es beim Rating um die Vereinheitlichung gehe. Ganz im Gegensatz dazu sei es erforderlich, unterschiedliche Meinungen und Ansätze zu fördern.

Knepel tritt dafür ein, mehr Wettbewerb der Meinungen zu schaffen. In der Kreditkrise wurden die Probleme u. a. dadurch potenziert, dass die Urteile nur zwei Agenturen überlassen wurden. Deren Fehlurteile wirkten sich entsprechend drastisch aus, da es nicht genügend Wettbewerb der Meinungen gibt. Lange unterstreicht die Bedeutung von Ratings: Gerade für einen international agierenden Konzern sei es wichtig, über viele Länder hinweg vergleichen zu können.

Bays erinnert daran, dass man in Sachen Rating zunächst von der Hausbank mit dem Thema konfrontiert wurde. Während es beim persönlichen Rating um ganz andere Fragen gehe, stehen bei Einzelhandelsimmobilien Rating von Investor und Ratings der Mieterschaft gegenüber. „Alles Erfahrungspotential ergebe sicher ein gutes Bonitätsrating für den Developper“, sagt Bays, weist aber auf die Problematik hin, dass neue Projekte und Ansätze kaum mit einfach Matrizen zu analysieren sind. Das Fingerspitzengefühl für die Entwicklungen des Marktes sei gefordert, gerade die letzten zwei Wochen zeigen die Problematik. Ein Wust von Informationen sind im Rahmen einer Projektentwicklung zu berücksichtigen. Alte Daumenregeln gelten zurzeit nicht mehr, es sei sehr ins Wanken geraten, nach welchen Maßstäben Banken als Kreditgeber zur Verfügung stünden.

„Jeder wollte kaufen, kaufen, kaufen“, so Jahn. Die Zukunftsaussichten seien zu kurz gekommen. Das habe sich ganz extrem gedreht. Jetzt würden mit dem Buch „Rating von Einzelhandelsimmobilien“ Antworten auf die Fragen gesucht, die sich für die Immobilienwirtschaft im Zusammenhang mit Einzelhandelsimmobilien ergeben.

Knepel räumt ein, dass auch die Feri EuroRating Services AG die Kreditkrise nicht vorausgesehen habe. Die Parameter der Wertentwicklung einer Immobilie würden aber durch seine Agentur systematisiert und eingeordnet. Lange pflichtet dieser Sichtweise bei, da ein Rating zur Standort- und Marktbeurteilung einen entscheidenden Beitrag leisten könne. Lange: „Am Ende geht es bei einer Handelsimmobilie nur um den Kunden, der beste Mieter nutzt nichts, wenn der Kunde nicht zu ihm kommt.“

Jahn warnt, dass auch bei Vorzeigemieter Probleme auftreten könnten, denn auch große Handelskonzerne könnten davon betroffen sein. Hartmann spricht davon, dass die ganz Großen kleiner und die Kleinen etwas größer werden. Hätte vorher ein Rating angeschaut werden sollen? „Nur das Rating von Arcandor anzuschauen, wäre nicht ausreichend gewesen“, sagt Knepel. Darum gehe es auch gar nicht. Selbst wenn ein Ankermieter ausfalle, komme es auf diesen nicht an, wenn das Zentrum insgesamt „stimmt“. Es wäre dann eben keine unlösbare Situation. Es komme auf alle wertbestimmenden Faktoren an.

Lange zeigt auf, dass bei der Metro mit den Asset Managern gemeinsam Entscheidungen getroffen werden. Dieses Zusammenwirken habe sich bewährt. Lange betont, dass ein Rating nur eines von mehreren Bausteinen in der Investitionsentscheidung sei. „Das Rating sei ja nicht alles“, so Lange. Der große Vorteil des Ratings sei aber, dass man anschließend anhand von Umsatzzahlen prüfen könne, ob man die Prognose richtig gemacht habe. Damit werde durch Rating ein entscheidender Knowhow-Vorteil gewonnen.

„Um die Kristallkugel komme man nicht herum“, sagt Knepel. Ein Investor müsse sich letztlich immer eine Meinung über die Zukunft bilden. Monitoring und Rating gehören ganz eng zusammen, sagt Knepel. Nur wer sich ein Raster geschaffen habe, könne dieses auch den Entwicklungen gegenüberstellen. So könne der Erfolg gemessen werden. Rating ist eine systematische Erfassung und Bewertung aller Faktoren, die für den Erfolg einer Immobilie entscheidend sind. „Es müssen eben möglichst alle Faktoren erfasst sein,“ sagt Knepel, „aber es muss nicht immer eine Ausfallwahrscheinlichkeit gesucht sein.“ Nach Knepel sei es mindestens so wichtig, die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Investition zu beurteilen. Aus dem Rating werde eine Wertermittlung abgeleitet, da Diskontierungsfaktoren ermittelt werden könnten. Mit dem Rating könne die Bewertung unterstützt werden.

Das Wissen verschiedener Disziplinen müsse zusammengetragen werden, fasst Hartmann zusammen. Jahn bestätigt den Eindruck, dass manche, die Kaufentscheidungen trafen, nicht hinter die Zahlen zu schauen vermochten. Was sich hinter den Zahlen sich verberge, bedürfe der Interpretation. Nur durch ein Rating, dass sich von Zahlen löst, könne eine ganzheitliche Beurteilung herbeigeführt werden.

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