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Ratingagenturen der Bankengruppen

Von Dr. Oliver Everling | 27.Juni 2008

Diplom-Volkswirt Andreas Buschmeier von Buschmeier Consulting (www.buschmeier-consulting.de) befasst sich in einem Diskussionspapier mit den Kritikpunkten am internationalen und nationalen Ratingmarkt. Durch sein „Diskussionspapier – Modell zur Förderung des Wettbewerbs und der Transparenz auf dem Ratingmarkt unter Berücksichtigung der Besonderheiten der deutschen Bankenstruktur“ wird der Versuch einer wissenschaftlichen Untersuchung und Systematisierung unternommen. Dabei wurden sowohl die juristischen als auch die ökonomischen Probleme betrachtet und die politische Relevanz dieses Themas herausgestellt. „Als Ergebnis lässt sich die Aussage treffen, dass zwei Punkte ursächlich sind für den suboptimalen Marktzustand, der bereits seit Jahren besteht und momentan aufgrund der US-Hypothekenkrise große Beachtung erfährt“, urteilt Buschmeier.

Zum einen ist der Marktmechanismus durch die oligopolistische Marktform und die fehlende Haftung der Ratingagenturen für ihre Ratingurteile ausser Kraft gesetzt. Zum anderen existiert keine ausreichende Regulierung, die das Problem der fehlenden Selbstheilungskräfte des Marktes ausgleicht. Dementsprechend werden von Buschmeier zwei Lösungswege genannt, die die Situation verbessern können: eine Verbesserung des Wettbewerbs und regulatorische Eingriffe.

Ausgehend von diesen Lösungsmöglichkeiten wird ein Modell entwickelt, das die Anzahl der Anbieter auf dem Ratingmarkt – zunächst in Deutschland – erhöht, um das Oligopol von S&P, Moody’s und Fitch Ratings aufzubrechen. Die Wettbewerbssituation wird somit verbessert. Zusätzlich wird implizit sowohl die Forderung nach Übertragung der IRBA-Kriterien auf die externen Ratingagenturen als auch die Forderung nach stärkerer Kontrolle der Agenturen erfüllt. Ein regulatorischer Eingriff über die bestehende Regulierung durch Basel II hinaus wird vermieden. Durch die Einführung jeweils mindestens einer zentralen Ratingagentur für die drei Institutsgruppen des deutschen Bankensystems lässt sich die bestehende Regulierung durch die Solvabilitätsverordnung nutzen, so Buschmeier. Danach muss die Ratingmethodik offengelegt und von der BaFin anerkannt werden, was zu einem Wettbewerbs- und Vertrauensvorteil gegenüber den unregulierten amerikanischen Agenturen führen kann. Zusätzlich verfügen die Kreditinstitute über eine langjährige Expertise im Kreditgeschäft ihres Heimatmarktes, was die Marktakzeptanz ihrer Ratingurteile erhöhen sollte.

Da die Vorschläge des Baseler Komitees in Europa bereits in die jeweilige nationale Gesetzgebung übernommen wurden, ist das in diesem Papier für Deutschland ausgearbeitete Modell europaweit übertragbar, meint Buschmeier. Somit ist ein weiteres Überwachungsgremium obsolet. Gleichzeitig führt eine europaweite Umsetzung dieses Modells zu weiteren Ratingagenturen in den Mitgliedsländern, was den Wettbewerb nochmals erhöht. Das insbesondere politisch geforderte europäische Gegengewicht zu den amerikanischen Agenturen wird mit diesem Modell unter fairen Wettbewerbsbedingungen gebildet. Die große Anzahl an europäischen Ratingagenturen führt zu einer Konkurrenzsituation, in der der Marktmechanismus greifen kann. Zusätzlich unterstehen die Agenturen ihrer jeweiligen nationalen Aufsicht nach den Basel II-Regeln, was zu einer Erhöhung der Transparenz führt. Dieser europäische Weg ist dann nicht eine weitere monopolistische Ratingagentur, wie sie von Seiten der Politik und der Finanzdienstleistungsaufsicht befürwortet wird, sondern eine marktwirtschaftliche Lösung unter aufsichtlicher Kontrolle.

Für die Sparkassenorganisation soll das von Buschmeier dargestellte Modell eine mögliche Antwort auf die Frage nach tragfähigen Geschäftsmodellen für die Landesbanken zeigen. Die von verschiedenen Gruppen geforderte Konsolidierung der Landesbanken wird durch die Einführung einer einzelnen „Sparkassen-Ratingagentur“ auf Ebene der Landesbanken ansatzweise umgesetzt. Das Modell für die Sparkassenorganisation lässt sich aufgrund der [Ä]hnlichkeiten in ihrer Organisationsstruktur auch auf die Genossenschaftsbanken übertragen. Insgesamt erfüllt das Modell die Hauptforderungen nach verbessertem Wettbewerb und höherer Transparenz auf dem Ratingmarkt, ohne dass weitergehende staatliche Eingriffe notwendig sind.

Das am 20. Juni 2008 an der Universität Kassel vorgelegte Diskussionspapier am FB07 Wirtschaftswissenschaften, IBWL – Institut für Betriebswirtschaftslehre (Prof. Dr. Rainer Stöttner) kann unter https://kobra.bibliothek.uni-kassel.de/handle/urn:nbn:de:hebis:34-2008062622217 heruntergeladen werden.

Themen: Bankinternes Rating, Unternehmensrating | Kein Kommentar »

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