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Schicksal Italiens gerät zur Spekulation

Von Dr. Oliver Everling | 31.Oktober 2012

Die Gothaer Asset Management AG (GoAM) ist davon überzeugt, dass es noch 10 bis 20 Jahre dauern wird, bis die Eurozone die realökonomische Krise endgültig überwunden hat. „Die Krise ist kein gordischer Knoten, den man mit einem Schlag lösen kann. Sie ist vielmehr als neuer Normalzustand zu betrachten. Märkte und Menschen müssen lernen, damit umzugehen“, so Christof Kessler, Vorstandssprecher der GoAM.

Der Euro sei politisch gewollt gewesen und er sei trotz aller Turbulenzen noch immer eine starke Währung, glauben die Experten aus Köln: So war die Gemeinschaftswährung bei der Gründung 1,18 US-Dollar wert, heute liegt sie bei 1,31 US-Dollar. „Solange in den einzelnen Mitgliedsländern der Eurozone mehrheitlich Euro-freundliche Parteien an der Macht sind, ist der Weg zu einer Finanzunion unumkehrbar“, erklärt Christof Kessler. Auf dem Weg dahin sind Rettungsschirme, Sanktionen und mögliche politisch gemanagte Austritte wichtige Instrumente. Möglicherweise wird die Europäische Zentralbank beauftragt, spekulieren die Analysten der Gothaer, Marktverwerfungen bei Staatsanleihen durch entsprechende Käufe zu kontrollieren. „Europa wird die Krise überwinden, wenngleich Rückschläge wie ein weiterer Anstieg der Verschuldung oder eine Rezession nicht auszuschließen sind“, so Kessler.

Voraussetzung hierfür ist, dass die einzelnen Staaten mithelfen und ihren Haushalt in Ordnung bringen. Laut Kessler müssen sich insbesondere die Primärsalden in einigen Ländern verbessern, der Markt erwartet positive Signale. Aktuell liegen die erwarteten Primärsalden der verschiedenen Länder weltweit 2012 durchschnittlich sechs Prozent unter den erforderlichen Zahlen. Betrachtet man die Entwicklung in der Eurozone über mehrere Jahre hinweg, so zeigt sich, dass Irland und Italien bei der Sanierung ihrer Haushalte auf einem guten Weg sind, Spanien jedoch relativ schlecht dasteht. So benötigt Italien beispielsweise ein Nominalwachstum von 1,7 Prozent, um seinen Haushalt auszugleichen – ein durchaus realistischer Wert. „Spanien hat jedoch zu spät alle Karten auf den Tisch gelegt. Wir befürchten, dass das Land aufgrund seiner strukturellen Probleme mittelfristig auf den Status ‚Non investment-Grade’ heruntergestuft wird“, meint Christof Kessler.

Für die Geldanlage großer Versicherer wie der Gothaer bedeutet der anhaltende Krisenmodus eine noch schärfere Beobachtung des Marktes. Zudem ist eine verstärkt taktische Allokation des Vermögens erforderlich, da rein strategische Vorgaben in Zeiten volatiler und instabiler Märkte nicht mehr zielführend sind. Es geht insbesondere darum, kurzfristige Trends auszunutzen. Allerdings ist es keine Lösung, bei der Geldanlage nur noch auf kurzfristige Anlagen zu setzen. „Für einen Zeitraum von weniger als fünf Jahren können Anleger ihr Geld derzeit lediglich parken, nicht anlegen“, so Kessler abschließend.

Themen: Länderrating | Kein Kommentar »

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