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Kommunen swappen und bürgen

Von Dr. Oliver Everling | 28.Oktober 2012

Die Kassenkredite für Kommunen sind in Deutschland so stark angeschwollen wie nie zuvor und liegen auf dem Niveau der langfristigen Schulden einer Stadt. „So stieg der Kassenkredit am Beispiel NRW auf 22,2 Mrd. Euro und die langfristigen Verbindlichkeiten lagen bei 22,7 Mrd. Euro bezogen auf das erste Halbjahr 2011, schreibt Brigitte Bremer in ihrem Beitrag zum Buch „Kommunalrating“. Die aggregierten Zahlen auf Bundesebene seien nicht ganz so dramatisch und der Verschulungsgrad pro Einwohner unterscheide sich von Bundesland zu Bundesland. „Die Gesamthöhe der Kassenkredite aller Kommunen lag zuletzt bei einem Rekordstand von 44 Mrd. Euro. Finanzierungen über den Kassenkredit sollen nur von kurzfristiger Natur sein und dienen zur Überbrückung von Zahlungsengpässen im täglichen Geschäftsverkehr“, erläutert Bremer. Sie gehört zu den Autoren im Buch „Kommunalrating“ (Artikel-Nr. 22.485-1200, ISBN 3-86556-353-8), das im Bank-Verlag, Köln, erscheint.

Der Kassenkredit sei somit der „Dispokredit“ der Kommune. Steigen die Zinsen, wird es von den Banken 1:1 an den Gläubiger weitergegeben, schreibt die ex-Bankerin, die heute die Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach leitet. Einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen wird immer schwieriger. Hauptproblem ist nach Feststellung von Bremer, dass die Einnahmen nicht mit den steigenden laufenden Ausgaben und hohen Schulden mithalten. „Die Gemeinden leiden unter den Problemen Arbeitsplatzabbau, hohe Sozialhilfelasten und Finanzkrise. Aufwendungen für die laufende Verwaltung und die steigenden Personalkosten belasten die Kommunen immer stärker. Der Bereich der Daseinsvorsorge und der Infrastruktur ist mit der technischen Entwicklung und der Bevölkerungsabnahme, aber auch durch steigende Ansprüche stark angestiegen. Die Förderung des wirtschaftlichen Bereichs nimmt ebenfalls ständig zu.“

Allen beteiligten Parteien sei es mittlerweile klar, so Bremer, dass es sich dabei um strukturelle Defizite handelt und eine Haushaltssicherung allein als Maßnahme nicht reicht.

Am Beispiel Willy Brandt Flughafen (Berlin-Schönefeld) zeigt Bremer, dass selbst dann, wenn private Investoren für einen Großteil der Finanzierung eines im öffentlichen Interesse liegenden Projekts gewonnen werden konnten, die öffentliche Hand als Bürge durch den Ausbruch der Finanzkrise 2008 herangezogen wird, damit das Großprojekt zu Ende geführt werden kann. „Swap-Geschäfte – mittlerweile auch für einen Kämmerer einer Kleinstadt üblich – rissen jüngst neue große Lücken in das bestehende Finanzierungskonzept.“ Das von Bremer genannte Beispiel zeigt sehr gut, welche Risiken auf eine Kommune zukommen können.

Seit etwa 2005 erfreuen sich Public Private Partnership (PPP) -Finanzierungmodelle großer Beliebtheit. „Verkannt wird dabei,“ warnt Bremer, „dass die öffentliche Hand in der Regel bürgt und durch die langfristig eingegangenen Mietverträge die Schuldenbremse unterlaufen wird.“

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