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Spannungsverhältnis von Kreditinstituten und Kreditnehmern

Von Dr. Oliver Everling | 16.Oktober 2009

Die Finanzkrise führt zu verschärften Anforderungen gegenüber Kreditinstituten, wodurch das Verhältnis zum Kunden belastet wird, zeigt Prof. Dr. Michael Lister, Lehrstuhl für Finanzen, Banken und Controlling, Lehrstuhl Real Estate, School of Management and Innovation SMI, Steinbeis-Hochschule Berlin SHB, auf dem EOS Kongress in Berlin auf.

EZB, Nationalbanken, Sachverständigenräte und andere Meinungsführer, wie z. B. das Institute for International Finance, Washington DC, fordern von Kreditinstituten, so Lister: Das Risikomanagement muss verbessert werden. Die Anreizstrukturen müssen optimiert werden. Insbesondere die Konstruktion und der Handel von bzw. mit Kreditderivaten müssen genauer durchleuchtet und verstanden werden. Dies wird dazu führen, so Lister, dass die Banken die Kreditvergabepolitik weiter verschärfen, die Kreditzinsen weiter erhöhen und aufgrund knapper Eigenmittel und Liquidität weniger Kredite vergeben.

Prof. Dr. Michael Lister arbeitete von 1984 bis 1987 in einer Bank, studierte danach bis 1992 BWL an der Uni Münster, promovierte 1996, wurde 1998 zum Assistenzprofessor ernannt und habilitierte sich 2002 an der Uni Basel. Von 2003 bis 2008 übernahm er den Lehrstuhl für Finanzen, Banken und Controlling an der WHL Wissenschaftliche Hochschule Lahr, wo er von 2005 bis 2008 auch Prorektor für Forschung war. Prof. Dr. Michael Lister ist seit 2008 Inhaber des Lehrstuhls für Finanzen, Banken und Controlling sowie des Lehrstuhls für Real Estate an der SMI School of Management and Innovation der SHB Steinbeis Hochschule Berlin. Gleichzeitig ist er akademischer Leiter des CRES Center for Real Estate Studies an der SMI. Seit 1993 ist er als Dozent und Berater für bank-, finanz- und immobilienwirtschaftliche Fragestellungen tätig. Er ist zudem Autor verschiedener Veröffentlichungen, z. B. der Bücher „Ertragsorientiertes Bankmanagement“ und „Value Controlling“.

Im Risikotragfähigkeitskalkül tragen Kreditinstitute dem gestiegenen Risiko Rechnung, berichtet Lister. Durch die gestiegene Marktvolatilität nimmt der VaR zu. Die bei Stresstests zu beobachtenden Effekte müssen extremer werden. Die Bedeutung von Risikomaßen für tail events, z. B.: Lower Partial Moments, Conditional Value at Risk, Risikomaße der Extremwerttheorie nimmt zu. Allerdings stellt sich die Frage, so Lister, ob man dem VaR überhaupt noch trauen kann. Die wenig überraschende Konsequenz zeigt Lister auf: Es müssen mehr Risikodeckungsmassen und damit tendenziell mehr Eigenkapital für Erfolgs- und Liquiditätsrisiken bereit gestellt werden. Die Kosten hierfür trägt der Bankkunde.

Im Risiko-Chancen-Kalkül verrechnen die Kreditinstitute mit der Kennziffer RORAC die Eigenkapitalkosten. Im Fokus des Risiko-Chancen-Kalküls steht die Verrechnung von Eigenkapitalkosten über die Kennziffer RORAC: Grundsätzlich müssten bei gleichbleibenden Werten für den geplanten VaR und den Gewinnanspruch für einzelne Geschäfte bei gestiegener Volatilität mehr Eigenkapitalkosten verrechnet werden. Lister: „Zudem dürften nur noch weniger Geschäfte getätigt werden.“

Wenn die Deckungsmassen ausgebaut werden, kann auch der Plan-VaR zunehmen. Je nach Veränderungsrate kann der Ziel-RORAC gleichbleiben. „Dann werden zwar“, sagt Lister, „immer noch höhere Eigenkapitalkosten für volatilere Geschäfte verrechnet. Aber die Beschränkung der Menge der Geschäfte entfällt.“ Erst wenn der RORAC sinkt, können die Eigenkapitalkostenverrechnungen für volatilere Geschäfte vielleicht konstant gehalten werden. Dazu muss der Anstieg des Gewinnbedarfs fällt kleiner ausfallen als der Anstieg des geplanten – und zulässigen – VaR. Auch hier besteht also die Gefahr einer Verteuerung der Kreditkonditionen, warnt Lister.

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