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Staatenkartell der Geldfälscher

Von Dr. Oliver Everling | 4.Oktober 2011

Wer bei den Autoren Roland Leuschel und Claus Vogt einmal in Ungnade gefallen ist, hat nicht mehr viel zu lachen: Allen voran die Geldpolitik Alan Greenspans und seines Nachfolgers sowie seiner opportunistischen Kollegen nicht nur in den USA, sondern auch in den Zentralbanken Europas sind die Zielscheiben fundierter Kritik der beiden Autoren, die schon in ihrem Buch „Das Greenspan-Dossier“ vor der Finanzkrise die Verfehlungen der US-amerikanischen Geldpolitik dokumentierten.

Prognosen sind schwierig, insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen – daher lässt sich über Bücher schwer urteilen, die Szenarien künftiger Entwicklungen aufzeigen. Seit 2009, seit Erscheinen des Buches im WILEY-VCH Verlag „Die Inflationsfalle – Retten Sie Ihr Vermögen!“ (ISBN 978-3-527-50418-3), sind immerhin zwei Jahre vergangen, um die von Leuschel und Vogt skizzierten Entwicklungen der Realität gegenüber- und wiederum festzustellen, wie sie erneut Recht behalten mussten.

Im Kern geht es um die leeren Versprechungen von Politikern, die immer wieder demselben Muster folgen: Gleich, ob Technologieblase oder Subprime-Katastrophe, stets wird zum probaten Mittel der Geldmengenvermehrung gegriffen, um durch staatliche Nachfrage dem keynesianischen Modell folgend den Konjunkturabsturz zu bremsen. Hinter den bloß buchungstechnischen Geldmengenvermehrungen stehen aber keine realen Leistungen: Irgendwann müssen die Gläubiger von Staatsanleihen leer ausgehen, entweder durch Inflation, also Reduktion des realen Geldwertes, oder durch Währungsreform.

Leuschel und Vogt warnten schon 2009 vor dem, was 2011 aktenkundig wurde: Durch immer weitere Hilfs- und Rettungspakete blähen sich die Geldmengen praktisch ohne jeden Widerstand der verantwortlichen Geldpolitiker und Zentralbankgouverneure in schier unvorstellbare Größenordnungen auf. Während die Bürger an den Wahlurnen nur in Kategorien von Jahresgehältern oder allenfalls des Preises ihres Einfamilienhäuschens denken, koppeln sich die Werte der Hilfspakete völlig von jedem Vorstellungsvermögen ab. Angesichts der irrealen Zahlen macht sich dann keiner mehr Sorgen, da ohnehin jedes Verständnis für die Zusammenhänge fehlt.

Leuschel und Vogt machen deutlich, warum die beim Aldi oder Lidl von jedermann wahrgenommene Preissteigerung nicht die wirkliche Inflationsrate repräsentiert. Das „Falschgeld“ der Notenbanken fließe in andere Assetklassen. Bis zum Platzen der Technologieblase waren es die dot.com-Aktien, danach die mit Subprime-Krediten finanzierten US-Immobilien. Leuschel und Vogt machen klar, warum die von Politikern fast jeder Couleur mitgetragenen Rettungspakete höchst unsozial wirken, da sie stets zum Vorteil von denjenigen Eigentümern und Aktionären wirken, die im Besitz der Assetklassen sind, in denen die überflüsssige Geldmenge absorbiert wird.

Leuschel und Vogt machen die Geldpolitik daher für die weltweit auseinanderkrätschende Schere von Arm und Reich verantwortlich. „Gerettet“ wird durch Rettungspakete stets nur das Vermögen der Reichen, die sonst – ohne „Rettung“ – für ihre Fehlentscheidungen durch Insolvenzen ihrer Schuldner büßen müssten. Statt das Staatsversagen zu erkennen, wird umgekehrt von einem Marktversagen und der Notwendigkeit der Regulierung und von Eingriffen gesprochen, um wirtschaftlich und sozial ungerechte Einkommens- und Vermögensstrukturen zu erhalten.

Inzwischen ist klar, dass die Prognosen von Leuschel und Vogt in wichtigen Punkten eintreten: Von der Subprime-Krise ging es weiter zur Bankenkrise, von dort weiter zur Staatenkrise. Leuschel und Vogt prognostizierten 2009, dass die Politik versuchen werde, die Probleme weiter in die Zukunft zu verschieben – so geschehen.

Der Sündenfall des Aufkaufs von Staatsanleihen durch die Zentralbanken, durch die Fed in den USA wie auch durch die Europäische Zentralbank (EZB) in Europa vergleichen Leuschel und Vogt in ihrer ökonomischen Tragweite mit der Aufgabe der Goldstandards durch US-Präsident Richard Nixon 1971, durch den der Weg der „Geldfälschung“, also der ungezügelten Gelddruckerpressen, frei gemacht wurde. Indem Zentralbanken nun auch offiziell leere Versprechungen (Schrottanleihen) durch weiteres Geld ersetzen, wird ein neues Gefahrenstadium erreicht, das noch bedenklicher erscheint, als es zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches von Leuschel und Vogt absehbar war.

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