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Verhaltenssteuerung durch Managerhaftung?

Von Dr. Oliver Everling | 15.Oktober 2008

Selbst die FTD-online titelt am 5. Oktober 2008 „Hartz IV für bölde Banker!“, zitiert Prof. Dr. Axel Halfmeier von der Frankfurt School for Finance and Management in seiner Antrittsvorlesung. Er erläutert die Managerhaftung im deutschen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht – ein Thema, das in der Finanzkrise zu ungeahnter Popularität gelangt. Das unverantwortliche Handeln von Managern stehe im Mittelpunkt. Wenn unüberschaubare oder nicht verstandene Risiken eingegangen werden, hält Halfmeier ein unverantwortbares Risiko im Sinne der Rechtsprechung für möglich.

Eine Auszahlung an ein insolvenzgefährdetes Unternehmen ohne Sicherheiten sei ein weiteres Beispiel. Halfmeier ist sich sicher, dass die Rechtsprechung in der nahen Zukunft noch weitere Beispiele liefern werde. Beamte haften allerdings erst an der Schwelle der groben Fahrlässigkeit. Der Aufsichtsrat vertritt die Gesellschaftsinteressen und ist dazu auch verpflichtet, sie gegenüber dem Vorstand durchzusetzen. Die faktische Verbundenheit von Vorstand und Aufsichtsrat will Halfmeier nicht kommentieren. Für den Aufsichtsrat gebe es keine besonderen Anreize, tätig zu werden, es sei denn, dass er selber hafte.

Der Gesetzgeber habe in §§ 147 f. Regeln vorgesehen, eine Anspruchsdurchsetzung gegenüber dem Vorstand zu erzwingen. Bisher sei dies aber kaum relevant geworden. Anders als im amerikanischen Recht kann dies ein einzelner Aktionär nicht. In Deutschland gebe es zurzeit – im Gegenteil – eine Diskussion über den Abbau von Aktionärsrechten.

Der deutsche Corporate Governance-Kodex sehe eine angemessene Selbstbeteiligung bei D&O-Versicherungen, um das moralische Risiko zu vermindern. Halfmeier spricht sich dafür aus, über das „soft law“ einer Selbstverpflichtung hinauszugehen. Bei vorsätzlicher, sittenwidriger Schädigung kann auch ein direkter Anspruch von Anlegern relevant werden, wie etwa bei Comroad, wo fiktive Umsätze dargestellt wurden. Der BGH habe aber die Durchsetzung von Ansprüchen insofern erschwert, als er strenge Anforderungen an den Nachweis formuliert habe. Für Kleinanleger sei es eher unrealistisch, das diese von ihnen stets erfüllt werden könnten.

Halfmeier stellt vor dem Hintergrund seiner Analyse der Stellung und Beziehungen des Aktionärs zu seiner Gesellschaft zur Diskussion, dass ökonomisch auch ein direkter Anspruch der Aktionäre argumentierbar wäre. Eine gewisse persönliche Haftung des Vorstands könne als internationaler Standard betrachtet werden.

Halfmeier geht auf das Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz 2004 ein. Er warnt vor rein statistischer Rechtsvergleichung und gibt dazu ein Beispiel, nachdem Zimbabwe vor Deutschland liege. Die aktuellen Ereignisse zeigen, dass die Probleme aus den USA kamen. Obwohl es dort eine strengere Privatrechtsordnung gebe, habe es keine messbaren Auswirkungen auf das Entscheidungsverhalten gegeben. Es habe sich nicht gezeigt, dass Manager aufgrund der Haftung „zu schüchtern“ oder zu risikoavers gewesen seien.

Die Präventionswirkung persönlicher Haftung (Abschreckung) sei fragwürdig. Halfmeier spricht von einer „bounded rationality“ der entscheidenden Personen. Weitere Stichworte sind „over-confidence, kurzfristige Orientierung und „fashion bias“. Es sei aber eine positive Generalpräävention möglich („einübung von Rechtstreue“ und Stabilisierung von Normerwartungen durch Haftung der Verantwortlichen). Die Kritik daran, auf „private law enforcement“ zu setzen, sei ein „gesellschaftliches Pacebo“. Die gesellschaftliche Regulierung der Ökonomie sei nach dieser Auffassung vorzugswürdig. Ein Gegenwicht und Bedingungen der Deregulierung sei aber schwer vorstellbar.

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