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Wertewandel in der Kommunalfinanzierung

Von Dr. Oliver Everling | 18.Juni 2013

Über den Wertewandel in der kommunalen Finanzierung disktuieren in der Frankfurt School Uwe Proll, Herausgeber und Chefredakteur des „Behörden Spiegel“, Stephan Heilmann, geschäftsführender Gesellschafter der Carl Schumacher GmbH, Prof. Dr. Luise Hölscher, Staatssekretärin im Hessischen Ministerium der Finanzen, Rudolf Scharping, Geschäftsführender Gesellschafter der RSBK GmbH und Ashok Sridharan, 1. Beigeordneter und Kämmerer der Stadt Königwinter.

„Durch den kommunalen Schutzschirm nehmen wir Kassenkredite rund 100 Kommunen ab“, sagt Hölscher, „so kehren wir zum Grundprinzip der Fristenkongruenz in der Finanzierung zurück.“ Proll hakt nach, welche Auflagen damit für die Kommunen verbunden sind und ob nach dem Muster von Sachsen-Anhalt damit Zwangsfusionen anstehen. Das Thema der Neustrukturierung der Kommunen habe Hessen lange hinter sich, sagt dazu Hölscher.

Scholz von der Deutschen Pfandbriefbank unterstreicht die Bedeutung der Fristenkongruenz. „Wir sind vollständig fristenkongruent finanziert, um den Risiken zu begegnen, dass die Liquidität knapper wird und sich die Zinsen verändern.“ Scholz skizziert, dass genügend Kapital zur Verfügung steht, um kommunen zu finanzieren. „Früher war die öffentliche Hand per se kreditwürdig. Das hat sich nachhaltig geändert. Den Kreditgebern muss eine gewisse Plausiblität und Sicherheit vermittelt werden, dass der Kredit auch bedienbar ist.“ Scholz plädiert für eine langfristige Berechenbarkeit. Den Kommunen fehle es an langfristiger Planung, um die wirtschaftliche Positionierung deutlich zu machen.

„Ich habe kein Problem damit, wenn ich 50 % statt 30 % Steuern bezahle. Bedingung ist aber, dass diese Steuern wirklich aus Gewinnen bezahlt werden.“ Heilmann zeigt auf, an wie vielen Stellen den Unternehmen Geld abgenommen werde, ohne dass dieses aus Gewinnen genommen werden könne. Heilmann kritisiert die Hektik, die die Beziehungen zwischen Staat und Wirtschaft kennzeichne. Kurzfristige Ereignisse dürften langfristige Strategien nicht in Frage stellen.

Sridharan skizziert aus der Perspektive der Stadt Königwinter, wie sich die Bedingungen für Investitionen verändern. Inzwischen müssen Städte viele Anfragen verschicken, um Rückläufe von Banken zu erhalten. „Die Rückläufe sind wenig erquicklich. Es ist nicht mehr so, dass wir eine große Auswahl hätten.“ Die meisten Banken würden sich zurückhalten.

„Wir müssen uns fragen, ob das Stichwort Gebietsreform nicht stärker in den Vordergrund gerückt werden könnte“, sagt Scharping und wirft das Konnektivitätsprinzip in die Waagschale, „wer bestellt, bezahlt“. Für die Beteiligung von Bürgern an der direkten Finanzierung ihrer Gemeinde gibt es beispielsweise das Modell eines Bürgerkredits.

Hölscher sieht den Bürgerkredit in den ersten Anfängen, jedoch habe das noch kein Standardformat. „Das in eine strukturierte Form zu überführen, wird eine Aufgabe für die Zukunft sein.“ Hölscher geht auf die Frage des Kommunalratings ein. „In Deutschland haben wir schon Kommunen, die von den Banken keinen Kredit mehr bekommen.“ Die Begeisterung von Kommunen über ein Rating halte sich daher in Grenzen.

„Mir wäre es lieber, wenn die Ratingagenturen wirklich Geld hineinstecken würden. Die Banken machen das. Wenn wir uns täuschen, tragen wir auch die Verluste. Wir brauchen“, fordert Scholz, „das gesamte Spektrum.“ Nicht alle Eier in einen Korb zu stecken, sei das Problem des Bürgers. Deshalb benötige man breit gestreute Anleihen. „Währungsanleihen sind“, merkt Scholz an, „eine Massenvernichtungswaffe für Vermögenswerte“, warnt Scholz. „Anleihen müssen in ein gesamtstrategisches Konzept integriert werden.“

„Ich weiß, dass Banken ihre Meinung zum Rating und der Bonitätseinschätzung haben“, sagt Scharping. Sridharan entgegnet: „Welche Kriterien müssen wir denn noch erfüllen, um Kredit zu bekommen?“ Die Stadt Königswinter agiere auf der Basis eines genehmigten Haushalts.

Scharping gibt Beispiele für gelungene PPP. „Warum sollte im Erdgeschoss eines günstig gelegenen Finanzamtes nicht Einzelhandel stattfinden und sich nicht auf dem Dach Maisonettewohnungen anbieten?“ Hölscher erinnert ebenfalls an eine Reihe von „Erfolgsstories“, jedoch sei das Pendel auch wieder mit einigen kritischen Erfahrungen zurückgeschlagen. „Wichtig ist natürlich, dass die Verträge alle so klar strukturiert sind, dass sie alle Beteiligten verstehen. Wir haben beispielsweise in einem Fall alle Verträge ins Internet gestellt. Wir werden immer mehr Offenheit bekommen.“ Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht, sage ein altes Sprichwort. Langsam müsse daher an die neue Kost herangeführt werden, zeigt Hölscher den Weg in die Zukunft der kommunalen Finanzierung auf.

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