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Wertschöpfung statt Verschwendung

Von Dr. Oliver Everling | 21.September 2015

Die Wegwerfgesellschaft bringt die Erde an den Rand ihrer Belastbarkeit. Autos, Computer, Handys, Möbel etc., werden in vielen Ländern noch ohne Rücksicht auf die verbauten Rohstoffe entsorgt – egal ob kaputt, nicht mehr gewollt oder einfach aus der Mode.

Wie schon Anfang der 1970er Jahre wird das Ende dieser Welt des Ressourcenverbrauchs vorausgesagt. Bereits 2030 könnte es nicht mehr genug Rohstoffe geben, um den Bedarf der Welt zu decken. Die Rückgewinnung von Ressourcen ist deshalb nicht nur gut für die Umwelt, sondern unbedingte Voraussetzung für die Zukunft eines Unternehmens, für sein gutes Kreditrating wie auch seine Attraktivität für Investoren.

Peter Lacy, Jakob Rutqvist und Philipp Buddemeier zeigen in „Wertschöpfung statt Verschwendung. Die Zukunft gehört der Kreislaufwirtschaft“ den Ausweg aus der Verschwendung. Ihr Buch, im Redline Verlag erscheint, beschreibt, welche Recycling- und Wiederverwendungslösungen es gibt, wie man die zum Unternehmen passende Taktik findet und diese umsetzen kann.

Lacy, Rutqvist und Buddemeier meinen durch ihre Studien zu belegen, „dass die Unfähgikeit des linearen Modells, mit dem wachsenden Ressourcenbedarf, umzugehen, bis zum Jahr 20130 zu einer Differenz zwischen Angebot und Nachfrage begrenzter natürlicher Rohstoffe von acht Milliarden Tonnen führen wird“.

Im Mittelpunkt der Überlegungen von Lacy, Rutqvist und Buddemeier steht die Idee einer „Circular Economy“. In diesen Worten sehen die Autoren eine allgemeine Bezeichnung für ein Wirtschaftssystem, in dem das Wachstum von der Nutzung knapper Ressourcen entkoppelt ist. „Dieses Modell ist von seinem Verständnis her regenerativ. Es gibt zwei Arten von Materialverbrauch: Einerseits den Verbrauch biologischer (erneuerbarer) Materialien, die für die Wiederverwendung und letztlich die Rückkehr in die Biosphäre vorgesehen sind, und andererseits den Verbrauch technischer (nicht erneuerbarer) Materialien, die sich bei minimalem Qualitäts- oder Wertverlust zwischen Produktion und Verbrauch hin und her bewegen.“

Unternehmen in einer Circular Economy sollen sich primär auf die Wertschöpfung auf Grundlage des Ressourcenmanagements in den Märkten konzentrieren – im Gegensatz zum Ressourcenmanagement lediglich innerhalb der Produktion. Letztlich führe die Circular Economy zu rückstandsfreien Wertschöpfungsketten, die von regenerativen (erneuerbaren) Energien angetrieben werden. „Natürliche Rohstoffe werden in miteinander verknüpften Kreisläufen genutzt,“ argumentieren Lacy, Rutqvist und Buddemeier, „anstatt sie zu verbrauchen und in linearen Abläufen zu entsorgen.“

Das Buch von Lacy, Rutqvist und Buddemeier umfasst vier Teile: Ein Plädoyer für die Circular Economy, fünf neue Geschäftsoptionen für das Kreislaufwachstum, Ansätze, um einen „Circular Advantage“ zu schaffen und schließlich einen Aufruf zur praktischen Umsetzung. So sehen Lacy, Rutqvist und Buddemeier Geschäftsoptionen im „Circular-Supply-Chain“, in Wiederverwertung und Recycling, in der Lebenszyklusverlängerung, in Kollaborationsplattofmren und die Geschäftsoption „Product as a Service“, d.h. Leistung geht vor Eigentum. Gehen die Geschäftsmodelle auf, dann wird der Abfall Geschichte, wie Lacy, Rutqvist und Buddemeier schreiben, und Produkte halten länger und ungenutzte Güer werden optimal ausgelastet.

Lacy, Rutqvist und Buddemeier gehören nicht zu der Sorte grüner Romantiker, die ihre Hoffnungen allein auf „bio“ und Rückkehr zur eigenen Vieh- und Gemüsezucht setzen. „Digitale Technologien ermöglichen den Informationsaustausch zwischen Anwendern, Maschinen und Managementsystemen in Echtzeit. Neue digitale Technologien sind darüber hinaus spezifisch kundenorientiert und bieten die notwendigen Verbindungen,“ schreiben Lacy, Rutqvist und Buddemeier, „um eine Beziehung aufrechtzuerhalten, die weit über den Point of Sale hinausgeht. Sie ermöglichen die Sichtbarkeit und Kontrolle von Gütern, die entscheidend ist für die Geschäftsoptio-nen Product as a Service, Kollaborationsplattform und Lebenszyklusverlängerung.“

Indem diese Technologien Virtualisierung ermöglichen und den Umgang mit physischen und digitalen Gütern verändern, könnten digitale Technologien Wertschöpfungsketten so gestalten helfen, dass keine zusätzlichen Ressourcen mehr für ihr Wachstum benötigt werden, glauben Lacy, Rutqvist und Buddemeier und befassen sich z.B. mit den fünf gebräuchlichsten Kategorien digitaler Technologie: mobil, sozial, Cloud, M2M und analytisch.

Lacy, Rutqvist und Buddemeier zeigen die Vorteile von Big-Data-Analysen auf, denn diese Analysen können Herstellern Einblicke in Nutzungsmuster und -anforderungen geben und ihnen helfen, ihr Anlagenmanagement und ihr Kundenangebot zu optimieren. „Unternehmen können Angebote und Um-satzmodelle besser auf die Nutzungsweise von Produkten zuschneiden,“ plädieren Lacy, Rutqvist und Buddemeier und geben ein Beispiel wie durch die Kombination eines physischen Produkts mit relevanten Zusatzdienstleistungen leistungsabhängige Product-as-a-Service-Modelle finanziell attraktiver gemacht werden können als ein traditioneller Herstellen-und-verkaufen-Ansatz.

„Die Fähigkeit, das Nutzerverhalten aufgrund historischer Daten vorherzusehen,“ so Lacy, Rutqvist und Buddemeier, „kann die Instandhaltung effizienter machen und den unnötigen Verbrauch finanzieller, personeller und natürlicher Ressourcen vermeiden helfen. Und durch die Analyse des Nutzerverhaltens können Unternehmen betrügerische Aktivitäten besser ermitteln und die besten Zeitpunkte bestimmen, um effektive Maßnahmen zur Risikoverrin-gerung zu ergreifen – zum Beispiel die Verhinderung von Manipulationen an Waren während der Spitzenzeiten.“

Das Buch „Wertschöpfung statt Verschwendung“ fügt sich zu einer Vielzahl weiterer Buchtitel zum Thema „Nachhaltigkeit“. Der Neuigkeitswert liegt weniger in der Analyse der sich verknappenden Rohstoffe, zumal auch die Studie von Lacy, Rutqvist und Buddemeier zu konkreten Zahlen nur nach Setzen vieler Annahmen bzw. Prämissen gelangt. Wäre es nur um diesen Teil gegangen, hätte es einer Übersetzung des Buches aus dem Englischen nicht bedurft, denn deutsche Leser erhalten dazu schon sein Jahrzehnten genügend Lesestoff.

Das Buch empfiehlt sich daher aufgrund der konkreten, wenn auch gewagten, aber doch umsetzbaren Handlungsempfehlungen an Unternehmen. Es stimmt nicht einfach in das von grünen Politikern, entrückten Wissenschaftlern oder Ökoromantikern gesungene Lamento ein, das der vermeintlich „guten alten Zeit“ nachtrauert und nur in der Wiederbelegung toter Technologien und altertümlicher Produktionsweisen Hoffnungen setzen.

Themen: Nachhaltigkeitsrating, Rezensionen, Unternehmensrating | Kein Kommentar »

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