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Widersprüchliches Verhalten oder Spaltung der Gesellschaft?

Von Dr. Oliver Everling | 12.August 2021

Deutschland ist zwar nicht das einzige, aber eben auch eines der Länder mit faszinierenden Widersprüchen: Während ein großer Teil der Vermögen auf Giro- und Sparkonten unverzinslich oder sogar bestraft mit Negativzinsen gehalten werden, statt in riskanteren Anlageformen Verwendung zu finden, widmet sich doch ein großer Teil der Bevölkerung dem Spiel der Wette.

Online-Glücksspiele erfreuen sich nämlich immer größerer Beliebtheit. Die Pandemie beschleunigte den ohnehin schon in Gang gesetzten Aufwärtstrend: 64 Prozent der Spieler investierten im Angesicht von Corona mehr Zeit und Geld in Glücksspiele im World Wide Web, wie aus einer neuen Infografik von Wette.de hervorgeht.

Längst sind es nicht mehr nur die Männer, die ihr Glück auf die Probe stellen – im Gegenteil. In den USA sind die Frauen beim Online-Glücksspiel sogar in der Mehrzahl, das Verhältnis liegt dort inzwischen bei 57 zu 43 Prozent. Wie die Infografik aufzeigt, erzielte die Branche im vergangenen Jahr weltweit Umsätze in Höhe von 66,67 Milliarden US-Dollar. Doch dies könnte erst der Anfang sein, gemäß aktuellen Prognosen soll der Umsatz bereits im Jahr 2026 die 100 Milliarden-Dollar-Marke überschreiten.

Einzelne Betreiber konnten zuletzt die Umsätze fulminant steigern. So setzte die Lotto24 AG im Corona-Krisenjahr 2020 88 Millionen Euro um, wohingegen es im Vorjahr lediglich 44 Millionen Euro waren. Gegenüber dem Jahr 2015 schlägt der Anstieg mit 550 Prozent zu Buche.

Europa steht für 49 Prozent des weltweiten Marktes. An zweiter Stelle steht Asien/Naher Osten mit 31 Prozent, wohingegen Nordamerika lediglich auf einen Marktanteil von 12 Prozent kommt. Auch in Deutschland steigt die Anzahl der Online-Glücksritter. Inzwischen geben bereits 27 Prozent der Bundesbürger Monat für Monat Geld für Wetten und Glücksspiele aus.

Angesichts dieser Zahlen stellt sich die Frage, ob sich die Gesellschaft zunehmend spaltet in solche Menschen, die risikofreudig ihr Geld „verspielen“, und solche, die ihr Geld auf Konten horten und Minuszinsen in Kauf nehmen, oder ob dieselben Menschen, die auf dem Bankkonto jedes Risiko scheuen, im Internet aber das Glück mit Risiko suchen.

Themen: Risikoprofiling | Kein Kommentar »

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