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Zwei Unternehmensgruppen als Partner: Scope und Greensill

Von Dr. Oliver Everling | 11.August 2021

Georg Graf Waldersee, Aufsichtsratsvorsitzender der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, hat inzwischen als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Berliner Ratingagentur namens „Scope SE & Co. KGaA“ seinen Hut genommen. Damit sind die Strukturen jedoch noch nicht grundlegend verändert, die bei dieser lokalen Agentur unter den Augen der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) zu den Fehlentwicklungen führten. Die zur Scope SE & Co. KGaA gehörige „Scope Ratings GmbH“ ist bei der Aufsichtsbehörde registriert.

In die bisherige Männerriege sind nun zwar zwei Frauen aufgenommen worden – wobei dafür, abgesenen von Georg Graf Waldersee, nicht von Männern Plätze freigegeben wurden, sondern der Aufsichtsrat nur erweitert wurde.

Georg Graf Waldersee hat es bei der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft inzwischen mit einem Unternehmen zu tun, dessen Eigenkapital „auf der falschen Bilanzseite“ steht. Unter den größten deutschen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften handelt es sich bei der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft um die einzige, bei der dieser Fall im letzten Jahresabschluss eingetreten ist. Die bedrohliche Entwicklung war absehbar und wurde an dieser Stelle berichtet.

Ob der Abgang von Georg Graf Waldersee aber bereits ein Zeichen für ein Umdenken in der Scope Group zu sehen ist, bleibt offen. So fehlt beispielsweise im Insolvenzfall der Greensill Bank jedes Geständnis und jede Besserungsabsicht. Statt zu den fraglichen Geschäften Stellung zu nehmen, wurden Unternehmensmeldungen von Scope nachweislich gelöscht und von der öffentlichen Website entfernt. Ebenso verschwand ein Beiratsmitglied ohne Kommentar.

„Scope hat eine Vereinbarung mit Greensill geschlossen,“ hieß es am 7. Oktober 2019 in einer verschwundenen Pressemitteilung der Scope Group mit dem Titel „Greensill Bank signs innovative credit assessment deal with Scope“, mit Greensill, „einem führenden Anbieter von Betriebskapitalfinanzierungen für Unternehmen weltweit. Im Rahmen der Transaktion wird Scope ein wesentlicher Partner, der der Greensill Bank AG Kreditgutachten zur Verfügung stellt.“

Der Initiator des mehrschichtigen Berliner Geschäftsmodells ließ sich in der Mitteilung persönlich zitieren: „Wir freuen uns, dass sich die Greensill Bank für Scope als Partner bei der Bewertung der Kreditqualität entschieden hat. Scope arbeitet eng mit Kunden zusammen, um auf effiziente und skalierbare Weise Bonitätsprüfungen zu erstellen, die den aufsichtsrechtlichen Anforderungen entsprechen. Der Deal zeigt ein starkes Engagement beider Seiten“, sagte Florian Schoeller, CEO und Gründer der Scope Group.

„Als eine Einheit der Scope Group ist Scope Risk Solutions eine hochentwickelte, qualitativ hochwertige Kreditrisikobewertungs- und Überwachungsplattform,“ hieß es in der Pressemitteilung weiter, „die unabhängige Kreditbewertungen von Gegenparteien bereitstellt, die es der Greensill Bank ermöglichen, die regulatorischen Anforderungen an die interne Analyse und das laufende Management von Kreditengagements zu erfüllen.“

Scope argumentierte ausdrücklich mit der Rolle gegenüber der Bankenaufsicht: „Die Leistungserbringung von Scope Risk Solutions für die Greensill Bank fällt unter die aufsichtsrechtlichen Anforderungen der umfassenden Mindestanforderungen an das Risikomanagement der BaFin, die organisatorische Anforderungen an das interne Risikomanagement regeln.“ Die Verbindungen zur Finanzwirtschaft und zur Aufsicht, etwa bei den Zentralbanken, soll u.a. dadurch gezeigt werden, dass ein – in Relation zur Anzahl der Analysten – überdimensioniertes System aus Boards auf der Website zur Schau gestellt wird: Supervisory Board, Honorary Board, Board of Trustees, Advisory Board, Ambassadors Council, Management Board, die alle noch zusätzlich zu Ratingkomitees agieren.

Während in den Medien das noch bis sechs Monate vor dem Zusammenbruch bestehende Rating A- (A Minus) für die Greensill Bank im Vordergrund steht, geriet die umfassendere Verflechtung nicht nur auf den Ebenen der Gesellschafter und Organe, sondern auch mit der Greensill Group insgesamt in den Hintergrund. Diese Meldung hat Scope längst gelöscht: „Die Greensill Group bietet Betriebsmittelfinanzierungen über das gesamte Laufzeitspektrum hinweg. Die Zusammenarbeit mit Scope soll die Prozesseffizienz und Konsistenz bei der Kreditbewertung innerhalb der Greensill-Gruppe verbessern. Zu diesem Zweck bietet Scope Risk Solutions bereits der Muttergesellschaft Greensill Capital seinen Service ‚Assessments Of Credit Risk (AOCR)‘ an.“

Scope konnte dafür sorgen, dass genau die Berichtsformate für die Greensill Bank produziert werden, die diese für die schnelle Bilanzaufblähung benötigte: „Neben der analytischen Strenge der Kreditanalyse liegen die Hauptattribute der Dienstleistungen von Scope für die Greensill Bank in der Fähigkeit von Scope Risk Solution, die Berichtsformate an die Bedürfnisse des Kunden anzupassen, sowie in den kurzen Reaktionszeiten und der Fähigkeit, mehrere Anlageklassen abzudecken.“

Scope stellte klar, dass es sich hier nicht lediglich um einen Ratingauftrag handelte, der der Greensill Bank die Möglichkeit gab, mit dem aufsichtsrechtlich anzuerkennden Rating zu werben. Wie Scope in der Presseerklärung klarstellte, agierte Scope auf Basis eines umfassenden „partnership arrangement“: „Im Rahmen der Partnerschaftsvereinbarung kann die Greensill Bank Bewertungen für beliebig viele Kontrahenten anordnen. Diese werden aufgrund der jüngsten Kapitalzufuhr durch den Vision Fund von Softbank deutlich wachsen. Im Mai 2019 gab der Fonds eine Investition von 800 Mio. USD in Greensill bekannt.“ Scope hatte für das Vermögensportfolio der GAM Greensill Supply Chain Finance Fund SGSP das außerordentlich gute Rating AA(AP) bereits am 24. April 2019 erteilt.

Themen: Bankenrating, Fondsrating | Kein Kommentar »

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